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Hufs Vornahme der Operation die sofortige Ueberführung des Kindes nach dem Carolahaufe anordneten, wo die Nadel von der geschickte» Hand des Oberstabsarztes Dr. Jacobi herausgezogen wurde. — Den „Dr. Nachr." schreibt man aus Leipzig: Unwahr ist die durch viele Blätter gegangene Erzählung, daß ein fremder Schützen bruder aus Mangel an Mitteln zur Heimreise seine erschossenen Becher auf dem Leihhaus versetzt habe. Diese Erzählung mag da durch entstanden sein, daß ein hiesiger, auf dem Leihhaus als Taxator aushilfsweise verwendeter Bürger seine beiden erschossenen Becher dorthin mitgenommen. Es ist erfreulich, daß die weitverbreitete Nachricht dementirt wird. — Waldenburg, 27. Aug. Gestern versuchte eine in den 50r Jahren stehende Frau aus den benachbarten Dürrenuhlsdorf sich mit dem Babiermesser ihres Mannes den Hals, resp. die Kehle ab zuschneiden und soll auch die Luftröhre, jedoch nicht die Hauptader verletzt haben. Heute Nachmittag wurde sie noch lebend in das hiesige Krankenhaus gebracht; ihre Wiederherstellung ist aber fraglich. Als Beweggrund zu dieser verzweifelten That wird Furcht vor Strafe wegen Diebstahls bezeignet. — Freiberg, 27. August. Um ein ferneres Entspringen von Sträflingen zu verhindern, ist die Umfassungsmauer des hiesigen Landgerichtsgesängnisses auf 5 Meter erhöht worden. — In den Nachmittagsstunden des Montags fand man auf Böhlitz-Ehrenberger Flur in der Luppe die Leichen eines Liebespaares, das sich am Freitag vergangener Woche von der Leutzsch-Wahrener Brücke aus in den Fluß gestürzt hatte. Die beiden Lebensmüden haben sich an den Armen zusammengebunden und sind so miteinander in den Tod gegangen. Das Mädchen, das im besten Rufe stand, wird allgemein bedauert, während der Geliebte des Mädchens wenig Sympathien genoß, da er mehrfach mit dem Strafgesetzbuche in Conflict gerathen war. — Ronneburg. Auf dem hiesigen Bahnhofe wurden kürzlich 6 von Pößneck hierhergesandte Brieftauben freigelassen. Um II Uhr 10 Min. sind alle Brieftauben in Pößneck wohlbehalten angekommeu. — Eine größere Tour mittelst des Velocipedes hat ein junger Mann namens Barthol von hier in diesem Sommer zurückgelegt, und zwar die Reise von Ronneburg nach Neapel. In Zürich schloß sich dem selben ein Freund an. Beide überstiegen die Alpen die Eisenbahn fahrt verschmähend, auf dem St. Gotthardpaß. Im Hospiz sanden sie freundliche Aufnahme. Die ehrwürdigen Väter sollen übrigens nicht wenig erstaunt gewesen sein, als sie hörten, daß der eine der beiden Wanderer auf seinem Zweirad aus dem Herzen Deutschlands bis auf die Höhe des St. Gotthardhospizes gefahren war. Das leichte Schuhwerk der Reisenden hatte durch das Waten im Schnee auf das Bedenklichste gelitten, als dasselbe aber im Hospiz mieder hergestellt war, wurde die Hinabfahrt nach Italien angetreten, die ungleich leichter — trotz nothwendiger großer Vorsicht — von statten ging, als die Ersteigung der Nordseite des Passes. In Venedig, Florenz und Nom machten die Reisenden Aufenthalt. In Nom be suchte Barthol, der Buchdrucker ist, die k. Staatsdruckerei und wurde, als man von der Art seiner Wanderung Kenntniß erhielt, mit vieler Freundlichkeit in der Anstalt umhergeleitet. Dann eilten die beiden Stahlradreiter auf der alten via durch die Potinischsn Sümpfe dem Süden Italiens zu und nach Neapel. Ein Besuch des Vesuv, freilich mit Zurücklassung des Velocipeds, wurde auch ausgeführt. Die Rückreise erfolgte von Triest aus durch Oesterreich. — In einem thüringischen Dorfe hatte ein Bauer vorige Woche seine blühenden Oleander auf den Hof gestellt. Die Gänse, 17 an der Zahl, welche vorher im Garten gegrast hatten, die aber durch die offene Gartenthür unbeachtet auf den Hof geeilt waren, machten sich sehr bald über die bunten Sträucher her und fraßen ihnen die Blätter ab. Wenige Stunden darauf mußte auch die letzte Gans ihre Frevelthat mit dem Leben büßen. Derselbe Fall ist auch kürzlich in Hettstedt passirt. Man kann mit diesen südlichen Pflanzen, welche höchst giftige Eigenschaften besitzen, gar nicht vorsichtig genug sein. Wenn bei Thieren der Saft der Blätter schon sofort tödtlich wirkt, umsoniehr sollte man auf Kindern achten, die öffentlichen Localen, wo Oleander vielfach herumstehen, gar zu gern geneigt sind, davon zu pflücken und in den Mund zu stecken. — In Pan kratz i. B. fand am Dienstag eine Zigeuner-Hoch zeit statt, wobei ca. 80 Zigeuner versainmelt waren, von denen aber nur der vierte Theil der kirchlichen Feier beiwohnen durfte, theils des nicht passenden hochzeitlichen Kleides und theils auch des be schränkten Raumes wegen. Die Zigeunerbraut war vor 16 Jahren auf einem Durchzuge in Pankratz geb. worden. Bekleidet war die Braut in einer nach neuester Mode gefertigten grünen Barege-Robe, zu der sie ein feines Bouquet trug. politische Kundschau. Deutschland. Die Kunde von einem Unfall, den Kaiser Wilhelm jüngst im Parke zu Babelsberg erlitten, indem sein Pferd strauchelte, wodurch der hohe Herr zu Falle kam, hat überall die höchste Theilnahme erregt. Glücklicherweise sind die Verletzungen, welche er hierbei davontrug, nur leichter Natur und qualificiren sich als unbedeutende Muskelquetschungen, sodaß dieselben aus die gewohnte Thätigkcit des greisen Monarchen keinerlei hindernden Einfluß aus üben. Der demselben zugestoßene Unfall ist auch im Auslände nicht unbeachtet geblieben und schreibt das Wiener „Fremdenblatt" anläßlich desselben: Den dankerfüllten Kundgebungen, welche aus allen Gauen Deutschlands für die von dem Leben des ehrwürdigen Herrschers glücklich abgewendeten Gefahr sich erheben werden, schließen sich gleich uns in Oesterreich-Ungarn wohl alle Völker an, die in dem Kaiser Wilhelm den thatenreichen, erhabenen Schirmer des europäischen Friedens verehren. Die Taufe des jüngstgeborenen Sohnes des Prinzen nnd der Prinzessin Wilhelm von Preußen hat nun doch, entgegengesetzt allen bisherigen Meldungen über die Verschiebung des feierlichen Actes, am Sonntag im engsten Familienkreise in Potsdam stattgefunden. Die in dem Befinden der Prinzessin Wilhelm eingetretene entschiedene Besserung hat es jedenfalls gestattet, daß au den seitherigen Dispo sitionen festgehalteu werden konnte. Unter den Taufpathen befand sich auch Prinz Arnulph von Bayern, als Vertreter des Königs von Bayern, welche Thatsache als ein bemerkenswerthes Zeugniß von den intimer werdenden Beziehungen zwischen dem Berliner und dem Münchener Hose registrirt zu werden verdient. Auf dem Gebiete der hohen Politik tritt die Dreikaiserzusammen kunft immer mehr in den Vordergrund. Noch ist Tag und Ort der selben nicht genau bekannt, allen Vermuthungen nach wird sie aber in der ersten Septemberwoche und auf russischem Boden stattfinden. Dem Gerüchte, daß Fürst Bismarck, Graf Kalnoky und Herr v. Giers, der leitende Staatsmann Rußlands, der Monacchenbegegnung bei wohnen würden, ist bis jetzt von officiöser Seite nicht wiedersprochen morden und es ist daher dieses Gerücht durchaus nicht von der Hand zu weisen. Jedenfalls wird die Zusammenkunft der drei Kaiser eine solenne Bekräftigung des trefflichen Einvernehmens sein, welches zwischen Rußland und den beiden allirteu Kaisermächten erfreulicher Weise schon längere Zeit besteht. Die wohlthuende Wirkung dieses Einverständnisses für den europäischen Frieden und speciell für die Ruhe im Orient ist anläßlich der bulgarischen Wirren, der panbul garischen Bewegung, der Frage der Ernennung eines neuen General- Gouverneurs in Ost-Rnmelien m s. w. zu markant zu Tage getreten, als daß nicht Jeder, dem die Erhaltung geordneter und friedlicher Zustände in Europa am Herzen liegt, die bevorstehende Entrevue, die ein Unterpfand der Fortdauer dieses Zustandes bilden wird, mit herzlichster Sympathie begrüßen sollte. In den inneren Angelegenheiten treten die Vorbereitungen zu den Neichstagswahlen mehr und mehr hervor. In parlamentarischen Kreisen wird jetzt angenommen, daß die Wahlen in der zweiten Hälfte des October stattfinden und daß in den nächsten Tagen die diesbe zügliche ofsicielle Bekanntmachung erfolgen würde. Es ist daher jetzt schon von den verschiedenen Parteien mit Nachdruck gearbeitet, um in der Wählerschaft Stimmung zu machen und die ganzen Anzeichen lassen darauf schließen, daß der eigentliche Wahlkampf diesmal ein besonders heftiger sein wird. Inmitten dieser leidenschaftlichen Agitationen erscheint das Sedanfest allen Parteien, soweit sie über haupt nicht principielle Gegner des neugeeinten deutschen Reiches sind, als ein Moment der Ruhe, gewissermaßen als ein neutrales Gebiet, auf dem alle politischen und coufessiouelleu Gegensätze verschwinden und wo nur der Gedanke au das gemeinsame große Vaterland der vorherrschende ist. Hoffentlich wird auch diesmal das Sedansest in der seiner nationalen Bedeutung würdigen Weise verlaufen. Die verbrecherischen Thaten der Stellmacher und Consorten scheinen epidemisch zu wirken. In Hamburg ist am Freitag in dem Geldwechslergeschäft von Moritz Knauer ein Attentat auf den allein im Geschäft befindlichen Besitzer verübt worden, indem Knauer von einem Jndividum einen Schlag mit einem spitzen Instrument in den Nacken erhielt. Glücklicherweise sind die Verletzungen des Angegriffenen nicht lebensgefährlich; der Attentäter ist verhaftet. Frankreich. Die Operationen des französischen Admirals Courbet gegen den Rayon der chinesischen Strom- und Küstenforts des Flusses Ming sind von durchschlagendem Erfolge gekrönt worden. Die sämmtlichen Forts und Batterien der Chinesen in und um den Kriegshafen Foutchou sind zerstört, desgleichen ist die chinesische Kriegs flotte, soweit sie bei Foutchou versammelt war, vernichtet und erscheint somit der erste Abschnitt des französischen Actionsprogramms an der chinesischen Küste erfüllt. Die nächste Aufgabe des Admirals Courbet dürfte darin bestehen, die Inseln Hainan und Formosa zu besetzen, und erscheint deren Lösung in Anbetracht dessen, was die französische Flotte vor Foutchou schon geleistet, nicht allzuschwierig. In Tonkin haben sich die Schwarzflaggen wieder gerührt, sie sind aber von den Truppen des Generals Negrier ohne große Schwierigkeiten in das Gebirge im Norden Tonkins zurückgeworfen worden. Einstweilen macht intensive Hitze größere Operationen in Tonkin unmöglich und hat aus diesem Grunde ein Vormarsch auf Laugson eine Verzögerung erfahren. Nicht unbedenklich ist die Nachricht, daß chinesische Truppen das Fremdenviertel von Foutchou ausgeplündert haben, seitdem die französischen Kriegsschiffe den Mingfluß wieder verlaffen haben; es erscheinen hiernach weitere Excesse gegen Freunde in den chinesischen Hafenstädten nicht unwahrscheinlich. Italien. In Italien hat man gegenwärtig mit einem neuen und einem alten Uebel zu kämpfen. Das letztere wird durch das Brigantenunwesen repräsentirt, welches in Mittel-Italien und speciell gerade in der Umgegend von Nom üppiger als je blüht und dessen Ausrottung der italienischen Negierung größere Schwierigkeiten be reitet, denn zuvor. Das neue Uebel aber ist die Cholera, welche nunmehr die ganze apenninische Halbinsel überzieht und nun fast in allen größeren Städten Italiens aufgetreten ist, merkwürdiger Weise gerade mit Ausnahme Nom, obwohl hier alle Bedingungen für eine Entwickelung der Epidemie vorhanden sind. Die Regierung des Königs Humbert thut alles mögliche, um der Verbreitung der Seuche Einhalt zu thun, leider scheitern aber fast alte ihre Maßregeln an der Beschränktheit und dem Aberglauben der unteren italienischen Volksschichten. Belgien. In Belgien läuft neben der parlamentarischen Action auch eine außerparlamentarische daher, deren Träger bislang meist