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Sächsische Nachrichten. — Die sächsische Hauptbibelgesellschaft hat im Jahre 1882: 14,440 ganze Bibeln, 4713 nene Testamente, 47 Psalter und 23 andere Theile der heiligen Schrift verbreitet. Die Einnahme betrug 60,356 Mk. 89 Pf., die Ausgabe 56,112 Mk. 39 Pf. Diese Zahlen zeugen von dein gesegneten Fortgange des in der Stille mit Treue und Fleiß geführten Werkes. Möge die am 2. Osterfeiertag wie alljährlich zu sammelnde allgemeine Kirchencollecte wieder die nöthigen Mittel einbringen, damit in der Liebesarbeit der Bibelge sellschaft kein Stillstand eintrete. Bedarf dieselbe doch dringend der Unterstützung Seitens der christlichen Gemeinden, damit namentlich die so segensreiche Einrichtung der Darbietung von Traubibeln an Brautleute immer weitere Ausbreitung im Lande erfahren könne. — Lößnitz im Erzgeb. Nath und Stadtverordnete haben, nachdem ihnen vom Bürgermeister jüngst ein diesbezüglicher Plan unterbreitet worden, beschlossen, die Tilgung der Stadtschuld — 140,000 Mark — durch Ausgabe von 4procentigen Jnhaberpapiereu u 200 Mark zu bewirken. — Am Mittwoch Vormittag ist die bei Wiesenburg gelegene, Herrn Schubert gehörige Holzschleiferei ein Raub der Flammen ge worden. — Wild und stürmisch ging am Sonnabend in Plauen i. V. ein dortiger Einwohner aus dein Leben. Nachdem er in seiner Wohnung in der Zimmerstrabe während der Abwesenheit seiner Frau Betten, Kleider, Hüte, Bilder, eine Nähmaschine, überhaupt alles, was ihni in die Hände kam, zerrissen oder zerschlagen und dadurch eine vollständige Verwüstung angerichtet, schrieb er mit Kreide auf die Tischplatte ein Lebewohl an seine Frau in nicht besonders höf licher Art, stürmte fort, traf seine Frau unterwegs, schleuderte ihr die groben Abschiedsworte, die er auf den Tisch geschrieben, ins Ge sicht und erschoß sich bald darauf. — Der sonst in gut geordneten Verhältnissen lebende Haus und Feldbesitzer und Steinbrecher Seligmann in Hermannsdorf wird seit Montag, den 7. ds. Mts. vermißt. S. litt schon seit ge raumer Zeit an Krämpfen und glaubt man annehmen zu können, daß ihm ein Unglück bei einem Krampfanfall zugestoßen ist. Seine Angehörigen haben ihn schon überall gesucht und noch nicht gefunden. — In Leipzig ist durch den Tod des Stadtrath Schilling und Ausrücken der jüngeren Rathsmitglieder die unterste Rathsstelle mit einem Gehalte von 6000 Mark vacant geworden. Eine Aus schreibung der Stelle wird nicht erfolgen. -- In Leipzig ist nunmehr der Strike der Maurergesellen ein allgemeiner geworden. Seit Montag Morgen sind auf sämmtlichen Neubauten die Arbeiten eingestellt worden, da die Meister nicht ge sonnen sind, auf die Forderungen der Arbeiter einzugehen. Als Letzteren dies bei Beginn der Arbeit eröffnet wurde, verließen die Arbeiter die Werkplätze bis auf einzelne, theils Lehrlinge, theils am Strike nicht betheiligte ältere Werkleute. Aber auch diese sind seitens der Baumeister, zur Vermeidung jeden Conflictes mit den Strikenden, aus der Arbeit entlassen worden. Man hört zwar von einer namhaften Strikekasse, die den feiernden Arbeitern zu Gebote stehen soll, aber auch die Zahl der Letzteren ist eine ganz bedeutende. Wie man sich übrigens erzählt, soll der weit größere Theil der strikenden Arbeiter mit der durchaus ungerechfertigten Arbeitsein stellung durchaus nicht einverstanden, vielmehr nur durch die Ueber- redungskunst einzelner Unzufriedener, namentlich aber zweier Berliner Emissäre hierzu vermocht worden sein. — Vorgestern Nachmittag waren in einer Fleischerei zu Niederpesterwitz neben dem Meister der Lehrling Prescher aus Zaukeroda und der Lehrling Nake mit dem Schlachten eines Schweines beschäftigt. Prescher kam vom Kaffeetrinken aus der Wohnung seines Meisters in das Schlachthaus und sprach zu dem arbeitenden Nake: „Der Meister sagte, das könne ich auch!" Hier auf entgegnete Nake: „Das ist ja recht schön!" und bei diesen Worten legte er, immer noch auf seine Arbeit blickend, das Messer zur Seite. Das Unglück wollte es nun, daß Prescher, an seine Arbeit gehend, daselbst herumhantirt« und sich das scharfe Messer so unglücklich in die Brust stieß, daß der Bedauernswerthe nach wenigen Minuten seinen Geist aufgab. Die sofortige Untersuchung hat ergeben, daß Preschern die Luftröhre zerstoßen worden war. — Kürzlich ist in einem Orte bei Chemnitz der eigenthümliche Fall vorgekommen, daß beim Ausschneiden einer gekochten Schweins- niere, die natürlicherweise vorher gründlich gereinigt und gesäubert, worden war, aus derselben ein völlig mit Grünspan überzogenes 1-Pfennigstück klirrend auf den Teller fiel. Die betreffende Familie hat sich trotz dieses etwas eigenthümlichen Symptoms, für welches sich eine Erklärung nicht aufsinden ließ, doch nicht abhalten lassen, besagte Schweinsniere zu verzehren. Wochenschau. Deutschland. Das Osterfest hat in der Politik wieder eine jener Ruhepausen hervorgerufen, welche nun einmal naturgemäß mit den hohen Festen der Christenheit in einem gewissen Zusammen hangs stehen. Es gilt dies zumal von unseren inneren Angelegen heiten, in welche durch die Vertagung der verschiedenen parlamen tarischen Körperschaften ein vorläufiger Stillstand gekommen ist, wenn auch, unanhängig hiervon, einzelne Fragen das allgemeine Interesse fortdauernd in Anspruch nehmen. Letzteres muß nament- uch von der „Bismarckcrisis" gesagt werden; welchen Ausgang die selbe nehmen wird, ist freilich noch immer ungewiß, doch ist immer hin durch mancherlei Vorgänge der letzten Tage etwas mehr Licht in die Angelegenheit gebracht worden. Lebhaft commentirt wird vor Allem die Abreise des preußischen Ministers des Innern, Herrn von Puttkamer, nach der Schweiz und Italien; zwar versichert man offiziöserseits, daß Herr von Puttkamer nur seine im Süden wei lende Geinahlin zu besuche» und nach dein Osterfeste nach Berlin zurückzukehren gedenke, da indessen die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Reichskanzler noch durchaus nicht ausgeglichen sind, so haben diejenigen vielleicht nicht so Unrecht, welche in der Abreise des Ministers nur die Einleitung zu seiner Demission er blicken. Als feststehend gilt ferner die Uebernahme des preußischen Handelsministeriums seitens des StaatSsecretairS im Neichöamte des Innern, Herrn von Bötticher; wenn jedoch außerdem behauptet wird, daß Herr von Scholz, der preußische Finanzminister, den Vorsitz iin Staatsministerium erhalten solle, so ist diese Meldung noch keines wegs als zuverlässig zu betrachten und muß im Uebrigen der Ver lauf der ganzen Crisis abgemartet werden. Das noch nicht ganz gehobene Unwohlsein des Kaisers hat auch die Neisedispositionen des hohen Herrn beeinflußt. Die ursprünglich auf den 15. April festgesetzt gewesene Abreise des Kaisers nach Wies baden ist wieder um einige Tage verschoben worden und soll dieselbe erst am 20. d. M. stattsinden. Ueber die projectirte Begegnung der Königin von England, welche in Begleitung der Prinzessin Beatrix am 16. April in Darmstadt zu einem längeren Aufenthalte eintrifft, mit Kaiser Wilhelm verlautet noch nichts Näheres. Fürst Bismarck soll sich einem Mitglieds des Bundesrathes gegenüber in mißfälliger Weise darüber geäußert haben, daß die beiden wichtigsten Commissionen des Reichstages — die Socialisten- gesetz- und die Unfallversicherungs-Commission — so bald nach der Vertagung des Reichstages ihre Arbeiten ebenfalls unterbrochen hätten. In der Socialistengesetz-Commisfion sei einzig der Wunsch des Centrums maßgebend gewesen, ihn, den Reichskanzler, dilatorisch zu behandeln, was er zwar nicht billigen, aber doch verstehen könne. Die Unfallgesetz-Commission dagegen habe ihrem eigenen einstimmig gefaßten Beschlusse zuwider gehandelt, welcher dahin ging, die Pause in den Plenarsitzungen auszunützen. — Die Arbeiten, welche die beiden Commissionen zu erledigen haben, sind einerseits so dringende, andererseits aber auch noch so wenig gefördert, daß man die uner wartet zeitige Vertagung derselben in der That nicht begreifen kann und ist nur zu wünschen, daß die Commissionen bald nach Ostern ihre Thätigkeit wieder aufnehmen. Der König von Baiern hat dem bairischen Kriegsminister von Maillinger und dem Finanzminister von Riedel das Großkreuz des Verdienstordens der bairischen Krone verliehen. Man faßt diese Gnadenbezeugung als einen besonderen, Beweis des königlichen Ver trauens gegenüber den genannten Ministern auf. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich droht die österliche Ruhe durch den „Ochsenkrieg" empfindlich gestört zu werden. Augen scheinlich spitzt sich die Preßburger Viehmarktssrage durch das schroffe Auftreten der ungarischen Regierung immer mehr zu und will man in Pest den Streit auf das ganze Zoll- und Handelsgebiet hinüber spielen. Allerdings handelt es sich bei dem Erlasse des nieder österreichischen Statthalters, welcher die Zufuhr von Schlachtvieh vom Preßburger Viehmarkt nach Wien gewissen Beschränkungen unter zieht, um Bestimmungen des österreichisch-ungarischen Handels- und Zollbündnisses, keineswegs ist aber die Affaire darnach angethan, dieselbe zu einer Haupt- und Staatsaction aufzubauschen, wie man ungarischerseits beliebt. Der österreichische Ministerpräsident Graf Taaffe hat den vernünftigen Vorschlag gemacht, den Streit durch eine Zollconferenz zu schlichten, wozu man sich in Pest nur erst dann bequemen will, wenn der betreffende Erlaß der Wiener Regierung vorher zurückgezogen wird. Einstweilen ist man auf beiden Seiten zu Vergeltungsmaßregeln entschlossen und so wird denn die merk würdige „Ochsencampagne" ihren Gang weiter gehen. Frankreich. Das französische Parlament hat verschiedene unangenehme Fragen mit in seine Osterferien genommen. Da ist zunächst der unerledigte Streit zwischen Senat und Deputirten- kammer bezüglich der Pariser Municipalrathswahlen; ersterer hat bekanntlich das ganze Gesetz über die Einführung des Listenscruti- niums bei diesen Wahlen schließlich abgelehnt und dadurch Radicale und Opportunisten nicht wenig gegen sich erbittert; jedenfalls wird der Conflict zu neuen Angriffen von dieser Seite gegen den Senat Anlaß geben. Weiter nimmt die Strike-Bewegung im Norddeparte ment einen immer drohenderen Charakter an. An verschiedenen Orten des Kohlenreviers Anzin fanden Dynamit-Explosionen gegen nicht strikende Arbeiter statt, und wenn auch hierbei glücklicherweise Niemand getödtet oder verletzt worden ist, so beweist der Vorgang doch wiederum, welch' bedenkliche Kreise die Bewegung schon zieht. Endlich ist auch aus Tonkin eine Hiobspost eingegangen. In der Provinz Thanhoa sind 5 französische Missionaire und 30 Katecheten niedergemetzelt worden, was darauf schließen läßt, daß die Zustände in Tonkin trotz der Occupation durch die französischen Truppen noch keineswegs befriedigende sind. — Admiral Milot hat sich am Mittwoch in Marseille nach Madagascar eingeschifft und Instructionen erhalten, neue Punkte an der Westküste dieser Insel zu besetzen. England. Das englische Unterhaus ist am Mittwoch in die Osterferien gegangen, ohne daß es einen auf die Lösung der Wirren im Sudan bezüglichen Beschluß gefaßt hätte. Allerdings hat es die Negierung trotz mehrfacher „Anzapfungen" vermieden, dem Hause in dieser Richtung entgegenzukommen und dasselbe muß sich mit dem wenig tröstlichen Bescheide begnügen, daß das Cabinet Gladstone die Dinge in Egypten und im Sudan gehen lassen will, wie sie eben gehen. Währenddessen sind von Gordon endlich etwas günstigere Nachrichten eingelaufen. Derselbe meldet aus Chartum unt-rm