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Anzeiger für Dienstag, den 20. Mai 1884. S. Jahr«. 45-- «» Inserate werden bi- spätesten- Mittag- de- vorhergehenden Tage- de- Erscheinen- erbeten and die Earpu-spaltea-eile mit io Pf-, unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (vormittag- AbonnrmentSpreiS beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps pr»n»w«r»n6->. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen-- und Lchulvorftand zu Zwönitz. Redaction, Druck und Verlag von C. Bernhard Ott in Zwönitz. Sächsische Aachrichten. — Aus dem iin Gesetz- und Verordnungsblatt für das König reich Sachsen publicirten Gesetz voin 21. April dieses Jahres, die Be- fugniß zu Ausschließung säumiger Abgabenpflichtiger von öffentlichen Vergnügungsorten betreffend, theilen wir folgende Bestimmungen von allgemeinem Interesse mit: Durch örtliche Regulative können Bestim mungen getroffen werden, auf Grund deren säumigen Abgabenpflich tigen der Besuch von Gastwirthschasten, Schank- und Tanzstätten ver boten werden kann. Derartige Bestiinlnungen dürfen nur getroffen werden in Beziehung auf Rückstände an direkten Staatsstellern, an directen Bezirks-, Gemeinde-, Kirchen-, Armen- und Schulabgaben, so wie an Schulgeld. Die Ausschließung eines Abgabenpflichtigen von öffentlichen Ver gnügungsorten ist nur dann zulässig, wenn a) Abgabenrückstand iin Wege der Zwangsvollstreckung in be wegliche körperliche Sachen nicht oder nicht vollständig er langt worden ist, oder solche Umstände nachgewiesen sind, aus denen hervorgeht, daß diese Zwangsvollstreckung vor aussichtlich erfolglos sein würde, und überdies d) solche Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfer tigen, daß Abgabenrestant mit Absicht, oder durch ungerecht fertigte Enthaltung von lohnender Arbeit, oder durch un ordentlichen Lebenswandel, oder durch unmäßigen Genuß geistiger Getränke, oder durch unverhältnißmäßigen Aufwand, oder durch Verschwendung seine Zahlungsunfähigkeit her beigeführt hat. Ausnahmen von dem Schankstättenverbote sind festzusetzen, wenn und insoweit der Abgabenrestant nachweist, oder sonst vorlegt, daß derselbe den Besuch von Gastwirthschasten und Schankstätten bei der Be schaffenheit seines Erwerbszweiges zu Versorgung mit Speise und Trank ohne Verlust an Zeit und Geld nicht entbehren kann. Wei ter sind ausgenommen von dem an einen Abgabenrestanten erlasse nen Verbote des Besuches öffentlicher Vergnügungsorte diejenigen Fälle, in denen der Letztere auf Anordnung einer Behörde, oder zur Theilnahme an einer Wahlversammlung oder zu Abgabe von Stimm zetteln bei öffentlichen Wahlen oder zur Betheiligung an enwr Ver sammlung stattfindet, welche auf Grund gesetzlicher Vorschrift oder einer anderen Norm des öffentlichen Rechts abzuhalten ist. Gast- und Schankwirthen kann die Verpflichtung auferlegt werden, Abgaben restanten, welche dem fraglichen Verbote unterstehen, von ihren Gastwirthschasten, Schank- und Tanzstätten wegzuweisen und dafern dies erfolglos geblieben ist, polizeiliche Hülfe zu Durchführung des Verbotes anzurufen. Ebenso kann den Vorstehern von Korporationen, Vereinen und geschloffenen Gesellschaften aufgegeben werden, solche Mitglieder, welche einem derartigen Verbote unterstehen, von denje nigen durch Erstere benutzten Räumlichkeiten auszuschließen, in denen Speisen und Getränke gegen Entgelt verabreicht, oder Tanzlustbar keiten oder sonstige gesellige Vergnügungen abgehalten werden. Die Uebertretung eines solchen Verbotes kann mit Haft bis zu 14 Tagen, die Nichterfüllung der den Gastwirthen und Vorstehern von Gesell schaften rc auferlegten Verpflichtungen mit Geldstrafe bis zu 100 M. bez. 8 Tagen Haft bedroht werden. — Auf der Linie Chemnitz-Aue verkehrt der letzte Zug ab Chemnitz künftig statt Abends 6,15 erst Abends 7,0 und kommt statt 8,30 erst 9,12 Abends nach Aue. Die an Sonn- und Festtagen ab 11. d. M. eingerichtete Personenbeförderung Thalheim-Chemnitz bleibt auch im Sommer bestehen, nur ändern sich die VerkehrSzeilen etwas und zwar geht der Zug Abends 7,25 (statt 7,37) von Thal- heim ab und kommt Abends 9,7 (statt 9,19) in Chemnitz an. — Während der bevorstehenden Pfingstfeiertage haben die an den Billetcassen der sächsischen Staatseisenbahnen entnommenen Tagesbillets im Localvertehre dergestalt eine verlängerte Giltigkeit, daß die am 31. Mai, 1., 2. und 3. Juni gelösten Billets bis mit Freitag den 6. Juni zur Rückfahrt berechtigen. — Die Viehhändler Gebrüder Fischer haben heute von der Mastvieh-Ausstellung zu Berlin einen Transport ausgestelltes Mast vieh, darunter 2 Bullen von bedeutendem Gewicht, das Stück 20 Centner, nach Zwickau gebracht. Letztere erregten allgemeines Auf sehen. — Die nach Nossen gefallenen 4 Zehntel des großen Looses der sächsischen Lotterie haben folgende Personen glücklich gemacht: einen Lehrling der dortigen Stadtkapelle, einen Polizeidiener, zwei Schuhmacher, einen Bäcker, eine Magd und einige Fabrikmädchen und — den Lotteriecollecteur Merker. — Nossen, 14. Mai. Die glücklichen Empfänger des Haupt gewinnes von 500,000 Mark der diesjährigen Landeslotterie, acht Manu stark, begaben sich heute Morgen aus Nossen mit dem ersten Zuge nach Leipzig, um ihre Gewinn-Antheile in Empfang zu nehmen. Einen großen Schmerz brachte dieser so seltene Glücksfall einem Nossener Telegraphen-Bediensteten, welcher bis vor Kurzem lange Zeit ein Zehntel dieses LooseS gespielt hatte und endlich, weil immer Nieten darauf entfallen waren, gegen eine andere Nummer vertauschte. Aotitische Aundschau. Deutschland. Die Verzichtleistung des Kaisers auf seine diesjährige Wiesbadener Reise hat zu beunruhigenden Gerüchten über den Gesundheitszustand des hohen Herrn Anlaß gegeben. Es ist indessen erfreulicher Weise zu constatiren, daß sich der Kaiser durchaus frisch und gesund befindet, wie dies auch bei denTruppen- besichtigungen, denen er letzthin beiwohnte, zu bemerken war. In den letzten Tagen conferirte der Kaiser wiederholt mit dem Reichs kanzler Fürsten Bismarck und bringt man diese Conferenzen zum Theil init der Staatsrathssrage in Verbindung. Die Nachricht, daß Fürst Bismarck die Genehmigung seines kaiserlichen Herrn zum Rück tritt aus dem preußischen Staatsministerium — welche Angelegenheit mit der Neactivirung des Staatsrathes mehr oder minder im Zu sammenhänge steht — erhalten habe, wird als verfrüht bezeichnet, wenigstens soll die endgiltige Entscheidung des Kaisers in beiden Fragen noch ausstehen. Der Reichstag ist, entsprechend der allgemeinen Erwartung, am vorigen Donnerstag in die Pfingstferien gegangen und ist seine nächste Sitzung einstweilen noch unbestimmt. Eine Unterbrechung wird in dessen diese Ferienpause durch die Grundsteinlegung zum neuen ReichS- tagsgebäude erleiden, welche dem Vernehmen nach am Pfingstsonn- abend vor sich gehen soll und zu welchem feierlichen Acte sich die Reichsboten jedenfalls in großer Zahl wieder in Berlin einfinden werden. In der Zwischenzeit ist den verschiedenen Commissionen des Reichstages Gelegenheit gegeben, ihre Arbeiten fleißig zu fördern und hat es der Präsident von Levetzow in der Schluß-Sitzung an kräftigen Ermahnungen in dieser Richtung nicht fehlen lasten, so daß das Plenum bei seinem Wiederzusammentritt hoffentlich genügenden Arbeitsstoff vorfindet. Was das preußische Abgeordnetenhaus anbe langt, so boten besten Verhandlungen in der letzten Zeit nichts be sonders Erwähnenswerthes dar und nur die Debatte vom vorigen Sonnabend über den Windthorst'schen Antrag, betr. die Revision der Maigesetze, dürfte in die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses noch einmal einen lebhafteren Schwung gebracht haben. Da dasselbe mit seinen Arbeiten so ziemlich fertig ist, ausgenommen die Steuer vorlagen, die aber für diese Session in den Commissionen „begraben" bleiben, so wird der Schluß der preußischen Landtagssession in diesen Tagen erfolgen. Der Erlaß des Kaisers, den er als König von Preußen an das Staatsministerium gerichtet hat, wird in parlamentarischen Kreisen und in der Presse »och lebhaft erörtert. Bekanntlich kehrt sich der Erlaß gegen den Beschluß des preußischen Abgeordnetenhauses, die Negierung aufzufordern, Beamte, welche sich eine Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse haben zu Schulden kommen lassen, zur Ver antwortung zu ziehen, und erblickt in diesem Beschluß einen Eingriff in die Kronrechte. Selbstverständlich wird eü hierbei im Abgeord netenhause Niemand eingefallen sein, in die Rechte und Executive der Krone einzugreifen und an und für sich hat ja das Parlament das Recht, eine derartige Aufforderung an die Regierung zu richten. Mißlich bleibt es unter allen Umständen, eine scharf abgegrenzte Scheidelinie zwischen Legislative und Executive zu ziehen und dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. Es hieß, die deutsch-frei sinnige Partei werde die Angelegenheit noch vor Schluß der Session im preußischen Abgeordnetenhause zur Sprache bringen, indessen wäre es besser, wenn dies unterbliebe, denn praktischen Werth utid