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der Kaiserin und der großen Krone des Kaisers. Ueber den Krönungs- iaL selbst liegen aber bis zur Stunde noch immer keine genauen Mittheilungen vor, wenn man auch den 27. Mai vorzugsweise als den Krönungstag bezeichnen hört. Indessen befindet sich bereits das Manifest, welches der russischen Nation Kunde von diesem festlichen Ereigniß geben soll, in der Druckerei und somit kann man auch der offictellen Bekanntmachung des Krönungstermins wohl in aller nächster Zeit entgegensehen. — Der Herzog von Chartres ist auf seiner Reise von Constantinopel in Sebastopol eingetroffen und be- abstchtigt, am 15. April nach Batum weiter zu reisen. Italien. Die Rede, welche der italienische Minister des Aus wärtigen, Mancini, letzten Mittwoch im Senate über die von ihm eingeschlagene Politik gehalten hat, enthält bezüglich des Beitrittes Italiens zum deutsch-österreichischen Bündniß nichts Neues. Der Minister versichert jedoch ebenfalls, wie dies bereits die officiösen Wiener und Berliner Preßstimmen gethan haben, daß das Einver- ständniß zwischen Oesterreich, Italien und Deutschland durchaus fried liche Tendenzen verfolge. Aussehen erregend sind die Erklärungen, welche der Minister bezüglich der Beziehungen Italiens zu Frank reich abgab und zwar insofern, als Mancini mit dürren Worten er klärte, daß Italien einer weiteren Vergrößerung Frankreichs am Mittelmeere nicht ruhig zusehen werde. Diese Stelle aus der Rede des italienischen Staatsmannes hat natürlich gewaltig verschnupft und das „Journal des Debüts" verwahrt sich darum lebhaft da gegen, als ob Frankreich nach der Herrschaft im Mittelmeere strebe. Egypten. Aus Kairo wird gemeldet, daß nicht blos eine Commission zur Ausarbeitung einer Verfassung für Egypten nach dem Plane Lord Dufferins niedergesetzt, sondern auch eine englisch- egyptische Convention abgeschloffen werden soll, laut welcher die Dauer der englischen Occupation auf fünf Jahre festgestellt wer den dürfte. Sächsische Aachrichten. — Zwönitz. Auf das morgen Mittwoch Abend im „Blauen Engel" stattfiydende Concert und Künstler-Vorstellung (siehe Inserat) machen wir noch hierdurch aufmerksam. — Die 400ste Wiederkehr des Geburtstages des deutschen Re formators Dr. Luther wird in der sächsischen evangelischen Landes kirche in der Hauptsache am Sonnntag, den 11. November (dem Tauftage Luthers), gefeiert werden. Am eigentlichen Geburtstage (den 10. November) wird in den Schulen das Gedächtniß Luthers gefeiert, wahrend am darauffolgendem Tage erst die kirchliche Feier stattfinden soff. — Nach der Verordnung des könig! Ministeriums des Innern vom 14. November 1882 wurde in Folge der in Rußland und Ga lizien unter den Schweinen ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche die Einfuhr von Schweinen über die sächsische Grenze nur unter der Bedingung gestattet, daß der Transport auf der Eisenbahn erfolgte und die Thiere an der Grenzstation von einem k. sächsischen Bezirks thierarzte untersucht und ausnahmslos für gesund befunden wurden. Von dieser Untersuchung befreit waren diejenigen Eisenbahntrans porte fetter, zur unmittelbaren Schlachtung bestimmten Schweine, die in amtlich verschlossenen Wagen den Schlachtviehhöfen in Dresden, Leipzig und Chemmtz zugeftthrt wurden, oder in solchen, von einer k. preußischen Zollbehörde plombirten Wagen durch Sachsen nach Städten im k. preußischen Staatengebiete durchgesührt wurden. Da nun aber die Maul- und Klauenseuche in Galizien nicht nur fort dauert, sondern immer intensiver wird, so ist nach Verordung des k. Ministeriums des Innern die Ein- und Durchfuhr von galizischen Schweinen Nach und durch Sachsen bis auf Weiteres ganz verboten ünch fallt demgemäß auch die den Schlachtviehhöfen zu Dresden, Leipzig und Chemnitz zugestandene Vergünstigung bis auf Weiteres damit weg. — Aue. Durch die Musik einer böhmischen Musikantentruppe an das Fenster gelockt, stürzte in einem unbewachten Augenblick das kaum drei Jähre alte Kind des Schieferdeckers Böhm in den Hof herab und ttug so bedeutende innere Verletzungen davon, das sein Hufkommen sehr zweifelhaft ist. — Saupersdorf bei Kirchberg, 14. April, In vergangener Häter Mitternacht brach hier in dem Hause des Nachtwächters N. Feuer aus, welches so rapid um sich griff, daß in wenigen Minuten das Haus von den Flammen vollständig umzingelt und bald darauf in einen Aschehaufen verwandelt war. Entstehungsursache ist bis zur Stunde noch nicht bekannt, doch soll das Feuer in einer Kammer entstanden sein. Die Frau des obenerwähnten N., welche sich nicht anders retten zu können glaubte, als daß sie durchs Fenster auf die Straße sprang, fiel so unglücklich, daß sie leblos hinweggetragen wurde und wie man hört, das Rückgrat gebrochen habe. — Aus dem Vogtlande, 8. April. Man schreibt der „Leipz. Ztg.": Einem Erlaß der königl. Amtshauptmannschaft Auer bach zufolge werden im hiesigen Bezirk die ungeachtet der erlassenen Verbote in einigen Theilen noch sortbestehenden sogenannten Nocken stuben oder Hutzen nunmehr auf das Strengste untersagt, alle Poli zeibehörden und Organe zur strengsten Handhabung dieses Erlasses angewiesen und Diejenigen, welche in ihren Wohnungen das Ab halten solcher ungebührlichen Zusammenkünfte gestatten oder sonst unterstützen, mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder Haft bis zu 14 Tagen bestraft. Diese in Privatwohnungen meist Sonntag Abends unter der oft kaum der Schule entwachsenen Jugend stattfindenden Zusammenkünfte, welche junge Leute beiderlei Geschlechts oft bis in die späte Nacht beim Genüsse starker geistiger Getränke, in der Regel Branntwein, vereinigen und meist recht vergiftend und zer rüttend auf die Sittlichkeit einwirkten, waren schon längst Jedept, der die Folgen derselben kannte und der es mit dem Wohle der dabei inleressirten Kreise ernst meinte, ein Dorn im Auge. Wenn nun in jüngster Zeit auch manches zur Unterdrückung dieser verderb lichen Gewohnheiten geschehen ist, so waren sie doch, namentlich auf den Dörfern, noch nicht ausgerottet worden. Durch diesen Erlaß, von dem wir hoffen, daß er mit Erfolg auch durchgeführt wird, dürfte unsere Bevölkerung in ihren unteren Schichten von einem Krebsschaden geheilt werden, welcher ungemein schädigend auf Familienleben und Sitte eingewirkt hat. — Oelsnitz i. V. Der am 9. ds. Ms. in einem hiesigen Mühlgraben aufgesundene Leichnam ist als der in einer Jnstru- mentenfabrik in Markneukirchen beschäftigt gewesene Werkführer Dölling recognoScirt worden. Durch ein bei dem Todten vorge fundenes Eisenbahnfahrbillet Markneukirchen-Oelsnitz i. V. aufmerk sam geworden, ließ die hiesige Polizei sofort in Markneukirchen Recherchen anstellen, welche das traurige Resultat brachten, daß der in soliden Verhältnissen lebende Dölling jedenfalls in Oelsnitz den Zug versäumt hatte und zu Fuße nach seiner Heimath gehen wollte, wobei er seinen Tod fand. — Am Mittwoch abend vergangener Woche gegen >1/28 Uhr kam zu dem Noßschlächter Menzel in Löbau ein ungefähr 25 Jahre alter, anständig gekleideter Mensch und forderte denselben auf, mit ihm sich nach dem Rittergut Groß-Dehsa zu begeben, um dort ein Pferd, welches gestürzt sei, abzuholen. Der Roßschlächter erklärte sich sofort bereit, hieß aber seinen Gesellen mitgehen. Als sie so zu dreien in der Nähe des Nittergutshofes kamen, zeigte der Unbekannte keine Lust, hineinzugehen; er machte die Ausrede, daß er zunächst den „Inspektor" aussuchen wollte (obwohl ein Inspektor auf dem Gut gar nicht existirt), flüchtete plötzlich durch eine Gartenthüre, über stieg dann eine Hecke und verschwand auf einem Fußwege. Wie sich nun durch Anfrage bei dem Dienstpersonal des Herrn Ritter gutsbesitzer Schuster herausstellte, beruhte die Geschichte von dem gestürzten Pferde auf purer Erfindung. Es liegt somit die Annahme nahe, daß der Fremde einen Naubanfall geplant, von der Aus führung seines Vorhabens aber infolge des wahrscheinlich nicht vor ausgesehenen Umstandes, daß Menzel Begleitung mitnahm, abge sehen hat. Menzel hat bei der Polizei Anzeige erstattet. — Von der sächsisch-böhmischen Grenze, 11. April. In dem nicht weit von Carlsbad gelegenen Dorfe Berg hat gestern ein Maurer aus Espenthor im Streite einen jungen Mann erstochen. Derselbe hatte sich mit dem streitsüchtigen Maurer in einen Streit über militärische Angelegenheiten eingelassen und dadurch seinen Gegner so gereizt, daß dieser ihm einen tödtlichen Stich in die Brust versetzte, seinem Vater aber eine leichte Wunde am Rücken beibrachte. — Das Dorf Schmelzthal, das zu arm war, um ein eigenes Schul haus bauen zu können, hat von dem Grafen Berchem-Heimhausen ein für 3 Classen bewohntes Schulhaus zum Geschenk erhalten. — Eger. Die bereits im Vorjahre stattgefundene Massenaus wanderung aus Böhmen nach Amerika scheint dieses Jahr ihre Fort setzung zu finden. Wenigstens beförderten die sächsischen Frühzüge am vergangenen Sonntage und Donnerstage abermals gegen 300 europamüde Böhmen nach den Hafenstädten Hamburg und Bremen. Am Donnerstage führten die Auswanderer allein gegen 50 Ctr. Ge päck bei sich. — Als am 10. d. M. ein Grenzaufseher von hier den Kapellwalde durchstreifte, gewahrte er ein altes Mütterchen, das einen Gegenstand unter einem Baum vergraben wollte. Er glaubte, er habe es mit einer Schmugglerin zu thun, welche gepaschte Waaren zu verbergen im Begriffe sei und rückte der Alten auf den Leib. Diese hatte eben einen Sack mit Erde bedeckt. Der Beamte unter suchte denselben und fand zu seinem Entsetzen, daß darin ein Kinder leichnam ohne Kopf verborgen war. Die Mifsethäterin wurde natür lich festgenommen und in das hiesige Landgericht abgeliefert, wo sich jedenfalls die grauenhafte Geschichte bald aufklären wird. Der Erbe des Blutes. Erzählung von Emma Händen. (Fortsetzung.) Aber stand denn wirklich die achtzehnjährige Waise so ganz^ allein in dem großen, vererbten Besitzthum, kümmerte sich, denn Niemand um die Unerfahrene? Die Thür der Kapelle ging auf und eine hohe, stattliche Dam» trat ein, in reifer Frauenschöne, in deren Antlitz noch kein Erden weh und Erdenleid tiefe, unvergängliche Spuren gegraben. Der Ernst auf dieser hohen Stirn galt dem fremden Leid, dar sie, zu trösten kam, nicht eigenem Kummer. Gertrud vernahm das Oeffnen und Schließen der Thür, sie stand auf und schritt langsam, die Stufen des Katafalks hinab, auf denen die Schleppe des Trauer kleides liegen blieb. Sie stand vor der Fremden, dere liebevolle Züge sie sympathisch berührten, und unwillkürlich fühlte sie sich zu derselben hingezogen. „Wen habe ich die Ehre?" fragte sie. „Haben Sie nie den Namen Ludmilla von Landen gehört?" fragte die Fremde zurück. „Nein, nie", lautete Gertruds Antwort. „Auch nie den Namen der Regierungöräthin Karge?" „Ebensowenig, Frau Regierungsräthin." „Ich bin die Jugendfreundin Ihrer verstorbene» Mutter, liebe« Kind, die noch in der Todsstunde nach mir verlangt hat; ich weiß zwar nicht, wie Sie darüber denken, Ihr Herr Vater gestattete mir ein Wiedersehen mit meiner Freundin nicht, seit ich den bürgerlichen-