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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag- Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Marl 20 PI Änreiger für Inserate -werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf-, unter „Eingesandt" niit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadlgemeinderach, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 11. Donnerstag, den Sächsische Nachrichten. — Nach einer Bekanntmachung im Verordnungsblatte des evangelisch - lutherischen Landes - Consistoriums wird in den ersten Tagen des März eine Taschenausgabe des Landesgesangbuches mit etwas stärkerem Druck zur Ausgabe kommen. Im ganzen Lande sind kaum noch 20 Gemeinden, die das Landesgesangbuch noch nicht eingeführt oder die Einführung in Aussicht genommen, auch private, kirchliche und Wohlthätigkeitsanstalten, wie die Diaconisseuaustalt in Dresden, haben sich für die Einführung entschieden. — Welch enorme Summen nach dem bisherigen, im größten Theile von Deutschland übereinstimmenden Verfahren bei Zwangs- verkäufen an Hypothekenkapitalien verloren morden sind, das läßt sich daraus erkennen, daß allein im Königreich Sachsen bei den in den drei Jahren vom I. Oct. 1878 bis Ende 1882 zur Zwangs versteigerung gekommenen Grundstücken (es fanden 4463 Subhasta- tionen statt) nach den vom sächsischen Justizministerium angestellten Erhebungen gegen 30 Millionen von 123 Millionen Mark, mit welchem die versteigerten Grundstücke belastet waren, wirklich unge deckt geblieben sind. Dem sächsischen Landtag ist deshalb ein Gesetz entwurf vorgelegt, der den jetzigen Zustand beseitigen soll, nach welchem der Zwangsverkauf eines Grundstücks zu jedem Preis, also ohne Rücksicht stattfinden darf, ob die den Ansprüchen des Gläubigers, der ihn herbeiführt, im Range vorangehenden hypothekarischen Forder ungen vom Kaufpreis gedeckt werden oder nicht; er soll ferner dem Uebelstand abhelfen, daß man, wie es bisher geschah, beim Zwangs verkaufe auch die dem beantragenden Gläubiger vorgehenden Hypo theken auch insoweit zum Erlöschen kommen läßt, als deren Tilgung von den Gläubigern nicht begehrt wird. — Der Planet Jupiter, welcher jetzt schon früh am Himmel glänzt, bietet in den nächsten Tagen Gelegenheit zu interessanten Beobachtungen, welche auch mit kleineren Fernrohren angestellt werden können und in sehr bequem liegende Tagesstunden fallen. Am 24. Januar wird nämlich der erste Mond vor der Scheibe des Planeten vorübergehen. Der vorher östlich von der Jnpiterseite als leuchtender Punkt sichtbare Mond tritt um 7 Uhr 40 Minuten Chemnitzer Zeit an den Rand des Planeten und verschwindet auf der erleuchteten Scheibe desselben; sieben Minuten später folgt ihm sein Schatten, der sich als tiefschwarze kleine Scheibe auf den Jupiter projicirt und nun, dem unsichtbaren Monde folgend, langsam über den Planeten hinglritet. Um 10 Uhr erscheint am westlichen Rande — also links im astronomischen Fernrohr — zunächst der Mond selbst wieder als leuchtendes und sich schnell vom Planeten trennen des Scheibchen nnd nach sieben Minuten verläßt auch der Schatten den Planeten und verschwindet im Raume. — Am 25. Jan. Abends 7 Uhr 13 Minuten 17 Sekunden erscheint rechts vom Jupiter, und zwar in einigem Abstande von demselben, ein vorher nicht sichtbares Lichtpünktchen. Es ist dies der erste Mond, welcher um die ange gebene Zeit aus dem Schattenkegel des Planeten, der ihn bis dahin verfinsterte, hervortritt. Da der Austritt ziemlich nahe der Hellen Scheibe des Jupiters erfolgt, so erfordert diese Beobachtung schon ein gutes und lichtstarkes Fernrohr bez. kann sie als Prüfung für die Güte des Instruments benutzt werden. — Geyer. In der Nacht vom Sonntag zum Montag sind Diebe mittelst Zerbrechen einer Fensterscheibe in das Local der Küsterschen Restauration eingedrungen und haben daselbst mehr einen Vandalismus (im Zerstören mehrerer Möbel) ausgeübt, als etwa einige Werth - Objecte gestohlen. Im Uebrigen hat man bis jetzt keine Spur von den Dieben entdeckt. x Auerbach. Straßenwärter Christian Friedrich Fickert ist an der 1. Abth. der Auerbach-Klingenthaler Straße seit dem 1. April 1843 angestellt und hat diesen Posten ausgefüllt ohne irgendwie straffällig geworden zu sein. Er gedenkt am I. April d. Js. sein 40 jähriges Jubiläum festlich zu begehen. — Aus Beschluß des Kreisvereins für innere Mission soll im Bezirke Auerbach eine Her berge zur Heimath errichtet worden. Die Frage, ob diese Anstalt in Auerbach oder Treuen oder je eine in diesen beiden Städten zu begründen sein würde, ist dem Ermessen einer Commission anheim gegeben. Am Sonntage hat in hiesiger Centralhalle eine Versamm lung stattgefunden, in welcher Herr ?. Seidel aus Dresden in 24. Januar 1884. s. Jahr«. längerer Rede die Herberge zur Heimath in ihrer Einrichtung, Wirkungen rc. schilderte. Der Vorsitzende, Herr Superintendent Maltzer, dankte dem Redner herzlichst für den zu Herzen gehenden Vortrag und schloß nach lebhafter Discussiou die Versammlung mit der Versicherung, daß das Unternehmen thunlichst gefördert werde. — Der hiesige Verein der Geflügelfreunde will dieses Jahr von einer eigenen Ausstellung hier absehen, dafür aber die Geflügelaus stellung in Zwickau reichlich beschicken und besuchen. — Plauen i. V. Zur neuen Gewerbenovelle wird folgender Vorfall gemeldet. Ein Fabrikant aus Netschkau wollte in Geschäfts angelegenheiten verreisen, er braucht daher eine Neiselegitimation und die ärztliche Bescheinigung. Nachdem ihm die letztere anstandslos ertheill wurde, ging unser Fabrikant zum Bürgermeister, um auf Grund des Zeugnisses die erstere zu holen. Hier aber wurde ihm eröffnet, daß dies Sache der einschl. Amtshauptmannschaft sei, er, der Bürgermeister, könne dies nicht thun, und unser Gewährsmann mußte nun hierher reisen, wo er die Legitimation gegen Erlag von 50 Pfennigen ausgestellt erhielt. Die Reise wurde dadurch verschoben und der Tag, das Fahrgeld u. s. w. war auch ver loren. — Leipzig, 19. Januar. Eine gestern Abend in der Ton halle hier abgehaltenc große Arbeiterversammlung ist polizeilich auf gelöst worden. Ueber den Verlauf derselben erfährt die „L. Ztg." von wohlunterrichteter Seite Folgendes: Den Gegenstand der Tages ordnung bildete das Neichskrankenkassengesetz. Der große Saal der Tonhalle war bis auf den letzten Platz gefüllt. Es mochten weit über 3000 Arbeiter anwesend sein. Alles, was die Socialdemokratie auf die Beine hätte bringen können, war erschienen, namentlich waren die Vororte Stötteritz, Thonberg rc. stark vertreten. Seit Erlaß des Socialisteugesetzes ist hier noch keine Volksversammlung wieder abgehalten worden, die sich nur annähernd mit der gestrigen hätte messen können. Es war unter den Arbeitern bekannt geworden, daß ein hervorragender auswärtiger Agitator zugegen sein werde und dies war in der That auch der Fall. Der Reichs- und Land- tagsabgeorduele v. Vollmar hatte sich eingefunden. Nach Bildung des Bureaus trat ein Arbeiter aus Lindenau als Referent auf und entwickelte seine Ansichten über das fragliche Gesetz. Er hielt sich in dem Nahmen der Tagesordnung und sprach ziemlich mäßig, ob schon er an dem neuen Gesetze nicht viel Gutes ließ. Nachdem nach ihm noch 2 andere Arbeiter einige Worte gesprochen, meldete sich v. Vollmar zum Wort. Er ging von der „Arbeiterfreundlichkeit" der Neichsregierung aus, behauptete, daß es damit nicht weit her sei und suchte dies nun an der Hand des Neichskrankenkassengesetz nach zuweisen. Er unterwarf dieses Gesetz einer vernichtenden Kritik, wußte sich jedoch in seinen Ausführungen innerhalb der durch das Socialistengesetz gezogenen Grenzen zu halten. Nur zum Schluffe seiner Rede konnte er nicht umhin, die „sog. arbeiterfreundlichen" Bestrebungen der Negierung als „Bauernfang" hinzustellen. Seiner Rede folgte ungeheurer Beifall. Er stellte übrigens für den späteren Theil des Abends noch weitere Ausführungen in Aussicht. Nach ihm traten noch verschiedene Redner auf, richteten zum Theil Inter pellationen an Hrn. v. Vollmar, die dieser zum Schluß sämmtlich zu beantworten versprach und setzten die Kritik des Krankenkassengesetzes fort. Sie wurden in ihren Ausführungen immer heftiger und die Debatte nahm mehr und mehr einen rein socialdemokratischen Charakter an. Die Menge kargte den verschiedenen Schlagworten gegenüber nicht mit Beifall. Schließlich kam ein Redner, der zu gleich auch den Vorsitz in der Versammlung führte, ein Cigarren arbeiter aus Stötteritz, auf das Socialistengesetz zu sprechen. Er suchte nachzuweisen, daß dasselbe im Gegensatz stehe zur „Arbeiter freundlichkeit" der Regierung, auch zur sogenannten „Kaiserbotschaft", da durch dasselbe Leute auf das Pflaster geworfen worden seien, die z. B. auch für die Arbeiterkrankenkassen viel gethan hatten. Hier bei wurde er vom überwachenden Polizeibeamten, Criminalcommissar H., unterbrochen. Der Letztere bestieg die Rednerbühne und erklärte die Versammlung auf Grund von 8 9 des Socialistengesetzes für aufgelöst. Die Anwesenden verließen allmählich den Saal unter fortwährenden Hochrufen auf Vollmar, auf die Socialdemokratie u. s. w. Weitere Ausschreitungen kamen nicht vor. Es waren übrigens eine ziemliche Anzahl Schutzleute am Platze.