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8552 Diirs-nblalt I. d. Tlschii. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 200, 29. August 1913. die Kollegen nicht hat zur Rechenschaft gezogen werden können. Da wir gegen jede Schleuderei derart mit voller Schärfe Vor gehen, konnten wir dem Vorstande des Börsenvereins auf eine diesdezügl. Anfrage die Antwort erteilen, daß in unscrm Bezirke alle Lehrmittel ohne Rabatt geliefert würden. Mindere Macht besitzen wir leider gegen die immer noch in ausgedehntem Matze betriebene Verleger-Schleuderei. Obgleich in den 88 11 und 12 der Verkaufsordnung den Verlegern doch wahrlich so weitgehende Rechte zugestanden sind, wie nur die Abhängigkeit des Sortiments es zuzugestehen ver mochte, so begnügen sich doch viele damit nicht und gehen weit über das dort erlaubte Maß hinaus. Wenn z.B. L. Schwarz LCo., Gcsetzverlag, Berlin, weitumher Kataloge versenden mit der Auf schrift: »Besonderes Vorzugsrecht für die Herren Beamten, Kor porationen, Vereine usw.« und darin Vorzugspreise von 6» -z statt des sonstigen Preises von 1,35 «ti (Buchhändler zahlen bar 1 ««) angeben oder gar zu 25 -Z statt 1,1» so liegt darin doch Wohl geradezu eine Herausforderung! Nett ist auch der Zusatz: »Wir liefern ferner jedes erschienene Buch oder Werk billigst.« Das Süddeutsche Zentralversandhaus in Würzburg offeriert das Werk: Der moderne Techniker, herausg. von Müller u. Katzer usw., 3 Bde. 40 für 22,5» -tk resp. in Monatsraten zu 4,1» -K — 24,60 «kk, ferner bietet es den technischen Lehranstalten auf 12 be zogene Exenrplare noch ein Gratisexemplar für die Bibliothek an. Der Inhaber dieses Würzburger Versandhauses ist ein Wein- Händler Benno Goldschmidt. Ein von Würzburg zur Ansicht be stelltes Exemplar ist merkwürdigerweise von Nürnberg gekommen. Die Verlagsbuchhandlung dieses Werkes: »Bücherversandhaus in Leipzig«, an welche sich infolge unserer Beschwerde der Börsen verein wandte, hat auf wiederholtes Schreiben nicht geantwortet, infolgedessen hat der Vorstand ihr mitgeteilt, daß sie an der Auf rechterhaltung des buchhändlerischen Ladenpreises Wohl kein In teresse habe, ihr auch Wohl an einer Verbindung mit dem regu lären Buchhandel nicht viel gelegen sei, — deshalb würde sie im Adreßbuch gestrichen. Die Folgen machen sich auch im Verlag schon bemerkbar und der Kanrpscher konkurrierenden Verlagsftrmen gegeneinander ent brennt. (Siehe Zirkular Bertelsmann bzw. G. Strübig's Verlag.) Auch die Entziehung des Vertriebes von Zeitschriften und Bü chern »infolge Vereinbarung mit Behörden, Vereinen usw.« nimmt in unerfreulichem Maße zu, und man fragt sich, wo es Wohl noch hintreibt im lieben Buchhandel mit all den Schädigungen! Das Schlimmste dabei ist nun immer die Stellung des Sortimen ters dem Publikum gegenüber. Er gilt als der teure Mann, als Apotheker für Bücherbezug. Bei vorhandener Findigkeit und baren Mitteln kann der Bücherfreund fast jedes Buch auf irgend einem Wege »billig« kaufen. — Ob das Wohl der richtige Stand punkt des Buchhandels ist? Wir können das nicht glauben! Ein Preis für gleiche Ware allüberall und unter allen Um ständen ! Um gerecht zu sein, wollen wir nun auch von dem Ent gegenkommen einiger Verleger berichten. So teilt uns E. F. Thie nemann in Gotha mit, daß er für die Folge seine Novitäten direkt franko ohne Portoanrechnung liefern will. Vandenhoeck L Ruprecht-Göttingen liefern ein 60 Bogen gr. 8° umfassendes Buch dem Sortimentsbuchhandel gratis, »um das für seinen Verlag sich verwendende Sortiment nicht Prozessen und Verlusten auszufetzen«. Das ist brav und ehrt unfern hochgeschätzten Herrn vr. Ruprecht. Humboldt-Verlag in Berlin, der durch seine Schleuderofferten uns jahrelang schwer geschädigt hat, will auf Veranlassung des Börsenvereins-Vorstandes künftig seine Angebote im Preise er mäßigter Bücher so fassen, daß klar zu ersehen ist, es handelt sich dabei um Gegenstände des Antiquariats- und Restbuchhandels. Jos. Scholz in Mainz verspricht alle bei ihm einlaufenden Offerten auf ein zu Ausnahmepreisen erlassenes Angebot dem Sortiment mit 25"/« Nutzen zur Expedition zu überweisen. Weniger angenehm ist es, wenn Welter-Paris für 700 seiner Verlagsartikel den Ladenpreis aushebt und Köhler-Gera eben falls für eine größere Anzahl feiner Verlagswerke ein Gleiches tut! Auch ist sehr unangenehm und führt zu berechtigten Be schwerden des Publikums, wenn Werke, die eine sehr große Ver breitung durch das Sortiment erfahren haben, nach wenigen Jahren, oft schon nach wenigen Monaten in bedeutend billigeren Ausgaben erscheinen. Beispielsweise: Jena und Sedan. Zuerst 2 Bde. 6 «tk resp. 8 --tk, dann eine Ausgabe zu 2 -kt resp. 3 und jetzt zu 80 -z resp. 1,20 «/k! — Wie oft wird von der Kundschaft dem Buchhändler vorgehalten, wenn er ein Buch anbietet: »Nein, das ist mir noch zu hoch im Preise! Ich warte noch etwas, dann wird das Buch schon billiger werden oder cs kommt eine ,Volks ausgabe'.« — Ob Wohl der Verlagsbuchhandel dabei glücklich kalkulieren und spekulieren kann? — Der gesunde Menschenver stand mutz »nein« antworten. Manche Verleger haben zu ihrem Nachteil einen eigenartigen Hang, von vornherein die Auchbuchhändler zu bevorzugen. Wenn z. B. Rohm L Co. in Lorch den in Aussicht genommenen Gesamt verlagskatalog für den deutschen Buchhandel (der, nebenbei ge sagt, ein Phantom bleiben wird) den Schreibwarenhändlern zur Umsatzsteigerung und Gewinnerhöhung empfiehlt, so wird er da mit beim eigentlichen Sortiment sicher keine Gegenliebe finden. Sehr erfreulich ist es aber, daß die Mitglieder des Börsenvereins für die Folge dessen Buchhändler-Adreßbuch gegen eine erschwingbare Erhöhung des Mitgliederbeitrages (5 ««) alljähr lich unentgeltlich erhalten sollen, und auch der Bezug des Börsen blattes durch Postüberweisung ist für die Beteiligten in unserm Verein eine sehr angenehme Sache. Wir haben in keiner Weise über verspätetes Eintreffen der Börsenblattnummern zu klagen und freuen uns über die eingetretene bedeutende Verbilligung gegenüber dem seitherigen Bezug als direkte Drucksache. Die große gewaltige Sache der Gründung einer Deutschen Bücherei in Leipzig, über deren bisherigen Verlauf Wohl jeder Buchhändler durch die Veröffentlichungen des Börsenvereins-Vor standes genügend orientiert ist, haben wir vorurteilslos freudig begrüßt, und Wohl alle namhaften Verlagshandlungen in unserm Bezirke haben sich zur Gratislieferung eines Exemplars ihrer Novitäten und neuen Auflagen dahin verpflichtet. Auch die Mecklenburg. Regierung hat die Behörden des Landes angewie sen, für die Folge 1 Exemplar ihrer amtlichen Veröffentlichungen an die Reichsbücherei, 1 Exemplar an die König!. Bibliothek in Berlin und 1 Exemplar an die Universitätsbibliothek in Rostock ohne Berechnung abzugeben. Die Grundsteinlegung der für die Deutsche Bücherei bestimmten großen Baulichkeiten findet am 18. Oktober d. I. statt, an welchem Tage zugleich die Einweihung des großartigen Völkerschlachtdenkmals vorgesehen ist. Ihr Vor stand wird bei dieser Grundsteinlegung vertreten sein, es ist aber erwünscht, daß auch sonst möglichst viele Buchhändler durch per sönliche Teilnahme ihr Interesse daran bekunden. Die internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig 1914 verspricht eine ganz ausgezeichnete Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und des jetzigen Standes dieser uns so nahestehenden Fächer zu werden, und wir können sowohl deren Beschickung mit hervorragenden Verlagswerken wie deren derzeitigen Besuch allen Kollegen angelegentlichst empfehlen. Auch die Mecklenburg. Regierung, welche durch die Handelskammer von uns über ihre ev. Beteiligung ein Gutachten eingefordert hat, wird sich, wie wir hörten, durch Ausstellung von wertvollen Inku nabeln und Drucken aus der Regierungsbibliothek und der Uni versitätsbibliothek beteiligen. Die Jugendfchriften-Kommissionen und in erster Linie der Dürerbund haben weiter sich mit dem Buchhandel über ihre Pläne und Bücher-Auswahl-Verzeichnisse unterhalten. Nicht immer in einer dem Buchhandel zusagenden und auf die Interessen des Buchhandels Rücksicht nehmenden Weise. Wir können Wohl mit gutem Gewissen behaupten, daß alle Kollegen in unserm Kreis verein von jeher bestrebt gewesen sind und auch heute sich noch bemühen, nur gute und empfehlenswerte Bücher zu vertreiben, — allerdings ohne Rücksichtnahme auf den in den meisten Fällen 1 übersteigenden Verkaufspreis. Wir können es deshalb nur als argen Mißgriff des Dürerbundes ansehen, daß er jetzt dazu schreiten will, die Verlagswerke vieler Verleger durch Abstem pelung mit dem Vermerk »vom Dürerbund empfohlen« gewisser maßen erst als für den Verlauf geeignet zu bezeichnen. Es hört doch Verschiedenes auß demVerlage so etwas zuzumuten. EinVer- langen derart kann man nicht anders als Überhebung bezeichnen. (Kortsctzinig aus Seite 8L89.1