Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich I Mark 20 Ps Inserate uerden bis spätestens Mittag- deS vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Ilmgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Nedacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 1418. Donnerstag, de» 26. Deccmber >883. 8. Jahrg. Zur socialen Frage. Jeder, der nur einigermaßen über sociale Nothstände nachgedacht hat, weiß, daß dieselben nicht mit einem Umversalmittel zu curircn sind, sondern in ihrer großen Mannigfaltigkeit auch eine sehr ver schiedenartige Behandlung bedürfen. Eine große, wenn nicht die größte Menge socialen Elendes entspringt nun offenbar auf einein Gebiete, an welches viele Menschen bei ihren Klagen über die sociale Noth gar nicht oder doch nicht ernsthaft genug denken. Es ist dies das Gebiet des Ehe- und Familienlebens, in welchem sich ja nock- weit mehr als im Wirthschaftsleben sociale Gegensätze und Schatten seiten fühlbar machen. Die Art wie Jemand verheirathet ist und die Umstände, unter denen er zur Ehe schritt, sind für seine ganze sociale Zukunft folgenschwerer und entscheidender als die meisten Schwierigkeiten im Berufsleben. Für die Ehe gehört Reife des Verstandes, gesichertes Erwerbsleben, Opferwilligkeit und treues Zu sammenhalten. Ohne das Vorhandensein dieser Eigenschaften in der Ehe und Familie kann dieselbe ihr glückliches Gedeihen im Kampfe um das Dasein, in der Förderung des leiblichen und geistlichen Wohles der Gatten wie der Kinder nicht finden. In einer Zeit, die sehr ideale und sittenstrenge Anschauungen von der Ehe gehabt haben muß, ist das schöne Sprichwort entstanden: Die Ehen werden vom lieben Gott im Himmel geschlossen. Dieses Sprichwort enthält die lauterste Wahrheit, wenn weder Eigennutz, noch Leichtsinn, sondern eine edle Liebe verbunden mit vernünftiger Erwägung die Stifterin der Ehe gewesen ist. Ohne aber gerade in allgemeine Klagen einstimmen zu wollen, iverden leider in unserer Zeit wohl mehr Ehen als früher geschlossen, worauf der Segen jenes Sprüchwortes keine Wirkung haben kann. Wir wollen zur Begründung dieser Behauptung nicht etwa die allbekannte Sucht unter den jungen Männer», reich zu heirathen, und die Eitelkeit bei den jungen Mädchen, möglichst in einen höheren Stand zu ehelichen, anführen, sondern wir verweisen zu diesem Behufe auf die er schreckende Zunahme der Ehescheidungsprocesse. Bei den Berliner Landgerichten sind im letzten Jahre nicht weniger als gegen 1500 Ehescheidungsprocesse anhängig gemacht worden und wenn man dabei auf den düstersten Schattenseiten der Großstadt Rechnung tragen muß und diesen Procentsatz durchaus uicht auf die übrige Bevölke rung des deutschen Reiches hinsichtlich der Ehescheidungsprocesse an- wcnden darf, so weist doch auch anderwärts die Statistik eine Zunahme der Ehescheidungsprocesse nach und diese bejammernswür digen Zwiste der Eheleute vor Gericht bezeuge» offenbar ganz unwiderleglich, daß in den letzten zehn Jahren leider sehr viel Ehen mit mangelnden moralischen und vernünftigen Voraussetzungen ge schlossen worden sind. Wir plaidiren nun deshalb nicht für eine Aenderung der vorhandenen Ehegesetze, denn das Wichtigste, die moralische Seite der Ehe kann ja durch kein Gesetz verstärkt werden, wenn nicht die Moral im Herzen der Eheleute wohnt. Alle Ellern, Vormünder und sonstige ältere Leute, die Einfluß auf das junge Geschlecht besitzen, sollte» aber strenger als bisher mit den Voraus setzungen rechnen, unter denen mau einen Eheschluß befürworten kann. Leidenschaft und Leichtsinn oder Geldsucht und Eitelkeit und dabei die am stärksten zu bekämpfenden Unholde, die über Tausende von Familien namenloses Unglück bringen. Sächsische Nachrichten. — Zwönitz. Am Sonntage als den 23. December findet die Orts- und Landbriefbestellung, sowie die Packetbestellung wie an Wochentagen statt. Die Annahme und Ausgabe bei dem Kaiserlichen Postamte ist am genannten Tage von 8—12 Uhr Vorm, und von 2—7 Uhr Nachm. geöffnet. Am 1. Weihnachtsfciertage wird die Packetbestellung im Orte wie au Wochentage» ausgeführt. — In letzter Nummer ds. Bl. brachte» wir ei»e Notiz über die Ausgabe der Tagesbillets zu den Weihnachtsfeiertage»; es sei hierzu ermähnt, daß die Kgl. Generaldirectio» der sächs, StaalSbahnen beschlossen hat, die Giltigkeitsdauer derselben im weiteren Umfange als früher zu verlängern. Es haben die vom Sonnabend, den 22. December, Mittags ab gelösten Tagesbillets Giltigkeit bis mit Freitag, den 28. December. — Wie von der Königliche» Staatsregierung in Aussicht ge stellt worden ist und was ohne Zweifel auch emtreten wird, soll für die nächste Fiuanzperiode der 20proceiüige Zuschlag zur Einkommen steuer wegfaUe» u»d es betrügt deshalb die auf das Jahr 1884 zu bezahlende Einkommensteuer in Steuerklasse: bei einem Einkommen von: M. Pf. 1 über 300 bis 400 M.: — — S 50 - 2 - 400 , 500 s I - — , 3 » 500 - 600 s 2 , — « 4 - 600 700 K 3 - — « 5 . 700 - 800 4 - —— - 6 - 800 - 950 - 6 - 7 - 950 - 1100 K 8 - - - 8 , 1100 - 1250 - 11 . — K 9 - 1250 . 1400 - 14 . — s 10 - 1400 - 1600 S 17 - — « 11 . 1600 . 1900 S 22 - — - 12 . 1900 - 2200 K 30 . — - 13 . 2200 , 2500 s 38 - — X A 14 - 2500 - 2800 - 48 - s 15 - 2800 - 3300 - 59 - — « 16 , 3300 . 3800 s 76 . —— 17 - 3800 - 4300 s 94 ° s 18 . 4300 - 4800 s 114 - — 19 - 4800 - 5400 K 136 - —— » 20 - 5400 - 6300 162 . — « 21 - 6300 - 7200 s 189 - s 22 - 7200 - 8400 - 216 . -. -> 23 - 8400 - 9600 252 . 24 - 9600 - 10800 288 , — - 25 - 10800 - 12000 324 - - 26 - 12000 - 14000 - 360 - —- K 27 - 14000 , 16000 420 - ' » « 28 - 16000 - 18000 480 - —— « 29 - 18000 - 20000 - 540 - » S 30 - 20000 - 22000 s 600 - —- - H 31 - 22000 - 24000 A 660 - — - 32 - 24000 - 26000 720 - - 33 - 26000 - 28000 K 780 - 34 . 28000 - 30000 s 840 - — Das k. Landgericht Zwickau verurtheilte den Polizeidiener Schubert und Stadtwachtmeister Ebert, Beide in Hartenstein, wegen schwerer Mißhandlung eines Gefangene» zu 150 bez. 100 Mk. Geldstrafe. — Wiesenburg. In einem auf Grünauer Flur gelegenen Kalksteinbruche sande» am 12. December die Steinbrecher Gustav Junghänel und Eduard Scheffler aus Grünau einen plötzlichen Tod. Dieselben sind durch hereinbrechende Steinmassen verschüttet und als arg verstümmelte Leichen hervorgebracht worden. — Pirna. Die seit längerer Zeit zwischen dem Kirchenvor- stand und der Stadtgemeinde schwebende Differenz wegen des Eigen- thumsrechtes an der alten Kirche des 1539 säkularifirten Domini kanerklosters, welche bisher seilen des Nathes als Aufbewahrungsort der Marktbuden benutzt worden ist, haben nunmehr dadurch ihren Abschluß gesunden, daß von dem Kirchenvorstand der Stadtgemeinde gegen eine Entschädigungssumme von 1000 Mack das volle Eigen- thumsrecht zugesprochen wurde. Mtitische Kundschau. Deutsches Reich. Fast noch mehr als wie seither die spanische Reise des deutschen Kronprinzen nimmt dessen Besuch in Rom die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch Am Montag ist hier der Kronprinz, von Genua kommend, wo ihm von der Bevölkerung wie derum ein wahrhaft begeisterter Empfang bereitet worden war, ein getroffen, in den festlich geschmückten Straßen von der dichtgedrängten Volksmenge enthusiastisch begrüßt. Aeußerst herzlich war die Be grüßung zwischen Kronprinz Friedrich Wilhelm und König Humbert auf dem Bahnhofe, beide Fürsten umarmten und küßten sich wieder holt; auf dem Bahnhof waren ferner anwesend der italienische Kron prinz und der Herzog von Aosta (der ehemalige König von Spanien), die Minister und höchsten Hofbeamten, die Präsidenten des Senats und der Deputirtenkammer, die Mitglieder der deutschen Boschaft und der deutschen Colonie u. s. w. Der Kronprinz ist im Pavillon des Quirinals, des königlichen Palais, abgestiegen. Ueber die Modalitäten seines Besuches beim Papste liegen noch immer keine sichern Mittheilungen vor, jedenfalls kann man gewiß sein, daß der