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Geister heftig auf einander platzen und nach de» Erfahrungen frühster Sessionen weiden wohl die Deutschen und speciell die Deutschliberalen wiederum den Kürzeren ziehen. Graf Taaffe und sein Ministerium haben nun einmal ihr Glück auf die Coalitiou der Polen, Czechen, Slovenen, Clericalen und Feudalen gebaut und im Interesse des Cabinets liegt es, dieses natürliche Bündniß aufrecht zu erhalten. Ob das Wirken dieser Allianz dem österreichischen Kaiserstaate zum Heile gereichen wird, das ist freilich eine andere Frage. Frankreich. Der französische Ministerpräsident, Herr Ferry, kann sich eines neuen parlamentarischen Erfolges in der Tonkinfrage rühmen. Der bekannte radicale Abgeordnete Clemenceau versuchte, den Ministerpräsidenten bezüglich dessen ostasiatischer Politik „anzu zapfen", derselbe hatte aber keine Lust, aus der Schule zu plaudern. Vielmehr verlangte er, daß die Interpellation über die^onkin-An- gelegenheit bis zur Berathung der Credit-Vorlage ausgesetzt werden solle. Herr Ferry motimrte diese Forderung damit, daß sich alsdann das sämmtliche zur genauen Prüfung des Falles nöthige Acten- material in den Händen der Deputirten befinden werde und die Kammer fand diese Begründung so einleuchtend; daß sie mit beträcht licher Majorität dem Verlangen Ferry's willfahrte. Da die Kammer am Freitag die Generaldebatte über de» Etat beendigt hat, so dürfte nunmehr die vielbesprochene Debatte über die Tonkincredit-Vorlage folgen. Vom Admiral Courbet, dem französischen Obercomman- direnden in Tonkin, sind jetzt wieder Nachrichten eingetroffen, welche melden, daß die Vorbereitungen zum Vormarsch auf Sontay und Bacninh eifrigst fortgesetzt werden. Eine nachfolgende Depesche Courbet's meldet bereits, daß die französischen Truppen den Vor marsch auf Bacninh begonnen und sehr starke, gut mit Artillerie be setzte Positionen inne haben. Der von der chinesischen Regierung angedrohte camm bollr wäre somit angetreten, auf das Weitere darf man gespannt sein. England. In London hat abermals ein Sensationsproceß mit ausgesprochen politischer Färbung begonnen. Cs handelt sich um den Mörder des Kronzeugen Carey, den Iren O' Donnel, der im Auftrage der geheimen irischen Vehme dem Verräther Carey bis nach den Küsten Afrika's gefolgt war, wo er ihn mit einem Nevolver schuß tödtete. In der erste» Verhandlung vor dem Old - Bailey Gerichtshöfe erklärte sich der Angeklagte für »ichtschuldig, während der öffentliche Ankläger nachwies, daß es sich um einen Act vorbe dachten Meuchelmordes handle. Ein großes Publikum, meist aus irischen Kreisen, wohnte der Verhandlung bei und schien sich sehr für den neuesten „Märtyrer" der irischen Sache zu interessiren. — Das angebliche Complot des Socialisten Wolff gegen das deutsche Botschaftsgebäude in London hat sich als ein einfacher Versuch, Geld zu erpressen, herausgestellt. Italien. Der so geräuschvoll in Scene gesetzte parlamen tarische Feldzug der italienischen Oppositionsparteien gegen das Ca- binlt Depretis hat den Verbündeten bereits eine Schlappe gebracht. In der Sitzung der Deputirtenkammer von, 28. November wurden zwei Secretäre und ein Mitglied der Zolltarifcommission gewählt, wobei die ministeriellen Candidaten Sangiuseppe, Ungaro und Zeppa mit 204, 18l und 193 Stimmen siegten, mährend die Candidaten der Dissidenten nur 124, 107 resp. 103 Stimmen erhielten. Die erste Kraftprobe zwischen der Opposition und der Negierungspartei ist also zu Ungunsten der ersteren verlaufen. Egypten. Aus dem Sudan lagen bis Ende voriger Woche keine neueren Mitthetlungen vor, so daß man hinsichtlich der Be wegungen des Mahdi wie der Details über das Schicksal Hicks Pascha's eigentlich im Dunkeln tappt. Unter den Truppen des Khe- dive scheint eine bedenkliche Disciplinlosigkeit eingerissen zu sein. Ein Telegramm aus Suez meldet laconisch, daß von 600 Mann egyp- tischer Gendarmerie, die in voriger Woche von dieser Stadt nach Suakim abgegangeu sind, 268 desertirt sind. Wie viele werden da an ihrem Bestimmungsorte wirklich eintreffen? Ost-Asien. Weitere Depeschen des Admirals Courbet besagen, daß am 17. November 2000 Chinesen die Stadt Haidzuong ange griffen, aber nach 11 stündigem Kampfe von der dortigen französischen Garnison und den Kanonenbooten „Carabine" und „Lynx" in die Flucht geschlagen wurden. Die Chinese» verloren gegen 200 Todte, die Franzosen hatten 4 (?) Mann todt und 24 Mann, theils See soldaten, theils Hilfstruppen, verwundet. Der falsche Erbe. Von Eduard Wagner. (Fortsetzung.) Neuntes Capitel. Branders Ankunft zu Harrington Hall. Drei Tage nach Empfang des Briefes, welchen Brander in Marseille geschrieben, erhielt Sir Harry Harrington ein Telegramm aus Parich unterzeichnet „Guido Harrington", welches die Ankunft des Reisenden in Glaucester ain nächsten Tage gegen Mittag mel dete, woselbst dieser einen Wagen zu seinem Empfange erwartete. Eine freudige Aufregung herrschte in jedein Winkel des großen, ehrwürdigen Gebäudes, sobald der Inhalt des Telegramm» bekannt geworden war. Aber auch in der Umgegend und besonders in dem etwa eine Meile von Harrington Hall entfernte Dorfe Ardleig, welches zum größten Theile zum herrschaftlichen Gute gehörte, verbreitete sich rasch die Nachricht von der Heinikehr des Erben von Harrington Hall und erregte überall Freude. War der muntere, fast inuthwillige und doch so herzensgute Guido doch bei sämmtlichen Pächtern be liebt gewesen und war man nun begierig, ob das Leben und Reisen in fremden Ländern ihn anders gemacht, oder ob er seinen edlen Sinn, seine Gutherzigkeit und sein einnehmendes Wesen sich be wahrt hätte. Endlich brach der Tag der erwarteten Ankunft an; es mar ein trüber, unfreundlicher Novembermorgen, windisch und regnerisch. Die hohen Eichen der langen und breiten Allee schüttelten ihre ehrwür digen Häupter, wie traurig lind unwillig über die sich vorbereiteten Ereignisse. Im Hause daselbst aber war es heiter; Alles jubelte in freudiger Aufregung. Die Dienerschaft eilte geschäftig hin und her, galt es doch, hier und da noch einige Vorbereitungen für den Empfang zu treffen und Manches, was in der Eile und in freudiger Erregtheit verkehrt gemacht war, mußte doppelt gemacht werden. Sir Harry ging aus einem Zimmer in das andere, unruhig vor Sehnsucht nach dem Augenblick, in dein er seinen Sohn in seine Arme schließen und an sein Herz drücken konnte. Ella flog die Treppe hinauf und hinab, kaum missend, was sie that. Ihre Wangen glühten und ihre Augen leuchteten, wie die Sterne in einer kalten Winternacht. Aus allen Gemächern des Schlosses strömte eine wohlthuende Wärme. Vor dem Hause war eine Ehrenpforte erbaut, die Halle, das Gesellschaftszimmer und der Speisesaal waren mit Guirlanden, Taimenzweigen, Epheu- und Jmmergrünrcmken geschmück.t Die besten Pflanzen hatte Sir Harry aus dem Gewächshause in das Gesell schaftszimmer bringen und in den Nischen, an den Fenstern aufstellen lassen, so daß dieses Gemach einem Feensaal glich. Und darin sah Ella so reizend und bezaubernd aus, wie mau sich eine Prinzessin oder eine Feenkönigin in einem Mädchen vorstellen mag. „Ich muß mir heute das schönste Kleid aussuchen," hatte sie gedacht, als sie in ihrer Garderobe suchte, „damit ich ihm gefalle!" und dabei hatte sich die Röthe auf ihren Wangen erhöht. „Ob er mich wohl lieben mag, oder ob ich ihm wie ein einfaches, unbe deutendes Landmädchen erscheinen werde gegen die stolzen Damen, welche er im Auslande gesehen hat? — Es heißt ja, daß Alles vom ersten Eindruck abhängt." Und dabei suchte sie so eifrig, als hänge ihr Leben von der Wahl einer Farbe ab. Wieder und wieder nahm sie ein Kleid nach dem andern herab und hing es auch wieder an den Haken. Cressy, Ella's Mädchen, welche bei ihr stand und durch zeit weilige Einschaltung und Bemerkung diese wichtige Wahl zu beein flussen suchte, brachte endlich durch einen glücklichen Einfall die Frage zur Entscheidung. „Blau war des Herrn Guido's Lieblingsfarbe, Miß Ella," sagte das Mädchen; „er trug immer blaue Halsbinden und ich erinnere »sich, daß er einmal der Haushälterin, welche ihn fragte, warum er gerade immer nnr diese Farbe trage, lachend antwortete, daß die Farbe des Himmels ja auch blau sei." Das gab den Ausschlag. (Fortsetzung folgt.) Zur Stadtverordnetenwabl! Mtbürxsr! Wir wollen unabhängige Männer mit selbstständigen Urtheil wählen, die Arbeitskraft und Einsicht besitzen, die auf den Geldbeutel des Steuerzahlers Rücksicht nehmen und die endlich Fragen der Gemeinnützigkeit einer glücklichen Lösung ent gegenführen. Wähler, wenn Ihr der gleichen Ansicht seid, so wählt mit uns die nachstehenden Candidaten: a. ansässige: Max Moritz Jostger, Schieferdecker, 74, Ernst Louis Köhler, Kaufmann, 177, Carl Anton Stephani, Seilermstr., 64, Fritz Walther, Schuhmacher, 211, Carl Friedrich Unger, Webermstr., 136, b. unansässige: — Emil Friedrich Büttner, Schuhmacher, 188. soweit möglich senden wir allen Wahlberechtigten Stimmzettel. Aiißerdem sind solche in der Restauration von Herrn Gustav Merkel und im Nathskeller zu haben. Zwönitz, im November 1883. Das permanente Wahleamitee. s unä ?uImeiM6ä6l in großer Auswahl, alle Arten Blnmeu- bindereien von getrockneten sowie auch den ganzen Winter von lebenden Blumen, für Bouquetts große Auswahl feiner Blon- denmanschetten, Mooskränze, Zier- gräserbouquetts, schöne Blatt und blühende Pflanzen empfiehlt zu den bil ligsten Preisen und bittet um gütiges Wohl wollen L. 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