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Redaktioneller Teil. 230, 20, Oktober 1919, Herr Nitschmann (Berlin): Meine Herren! Dieser ein stimmige Beschluß des Verlegervereins mit der Begründung, daß unser Antrag zu 8 4a, den ich Ihnen heute morgen in der Gitdeverfammlung in längeren Ausführungen entwickeln durfte, gegen das Gesetz verstoße, steht in Inhalt und Form fast genau auf demselben Standpunkt wie die Äußerung des Verlegerver eins damals, als wir den Teuerungszuschlag schufen. Sie alle, die Sie damals hier in Leipzig anwesend waren, werden sich erinnern, daß sich ein großer Sturm der Entrüstung in den Ver legerkreisen erhob, und daß allgemein auf Grund von verschie denen juristischen Gutachten gesagt wurde: Der Teuerungszu schlag verstößt unter allen Umständen gegen das Gesetz, Wir haben damals Gelegenheit gehabt, diese irrtümliche Anschauung zurückzuweisen, und Sie werden sich entsinnen, daß uns später allseitig, nicht nur in den Kreisen des Buchhandels, sondern auch in den Kreisen der Juristen und der maßgebenden Behör den, rechtgegeben worden ist. Genau auf demselben Stand punkt steht nun die heutige Behauptung des Verlegervereins, diese Fassung verstoße gegen das Gesetz. Meine Heren, es ist das Verlagsgesetz gemeint. Im Verlagsgesetz steht allerdings: »Die Bestimmung des Ladenpreises, zu welchem das Werk ver breitet wird, steht für jede Auflage dem Verleger zu«. Aber die Kommentatoren des Verlagsgcsctzes haben ausdrücklich und ein stimmig erklärt, daß das Verlagsgesetz lediglich die Verhältnisse zwischen Verlag und Autor regelt, niemals aber die Verhält nisse zwischen Verlag und Sortiment, (Zustimmung.) Es liegt eine Entscheidung des Reichsgerichts vor, die im 63, Bande S, 394 abgedruckt ist und in der klipp und klar nachgewiesen wird, daß das Sortiment sich an den Ladenpreis des Verlegers nicht zu binden brauche, und daß es sowohl Abschläge wie Auf schläge zu machen in der Lage sei, wenn die Organisation des Börsenvereins nicht die Machtmittel habe, den betreffenden Sor timenter daran zu verhindern. Die Verkehrsordnung regelt im Gegensatz zum Verlagsgesetz den Verkehr zwischen Verleger und Sortimenter, und in der Verkehrsordnung steht nicht etwa nur, daß der Verleger den Ladenpreis bestimmt, sondern es steht darin klar und deutlich, daß der Verleger den Ladenpreis und den Nettopreis bestimmt — wohlgemerkt: immer nur im Verkehr zwischen Verleger und Sortimenter, Run, meine Herren, ist das Sortiment ganz zweifellos in der Lage, zu sagen, daß die Bestimmung des Ladenpreises und gleichzeitig des Nettopreises oder die Bestimmung des Laden preises, wenn er Verbindlichkeit für den Sortimenter haben soll, von der Gewährung auskömmlicher Lebensbedin gungen, auskömmlicher Bezugsbedingungen abhängig ge macht werden muß. Also wir dürfen unter keinen Um ständen das Verlagsgesetz, auf das die Herren in diesem Be schluß exemplifizieren, mit der Verkehrsordnung verquicken, die lediglich die Verhältnisse zwischen dem Verleger und dem Sorti menter regelt. Wir sind gern bereit, diese Formulierung, wie wir sic getroffen haben, trotzdem sie uns ausreichend erscheint, und trotzdem sie auch von Juristen anerkannt wird — denn ich habe sie mit einem sehr gewiegten Juristen besprochen, auch im Hinblick auf das vorliegende Gesetz —, etwa derart zu er gänzen : »Das Recht der Bestimmung des Ladenpreises mit Ver bindlichkeit für den Wiederverkäufe! ist abhängig von der Fest setzung ausreichender und den jeweiligen Wirtschaftsverhält nissen entsprechender Bezugsbedingungen.« Das ändert für uns in der Sache gar nichts, nur in der Form, und es wird vielleicht die Herren vom Verlegerverein beruhigen, wenn wir Ihnen diese Fassung morgen Vorschlägen werden. Heute über die Sache weiter zu sprechen, ist, glaube ich, in diesem engen Kreise, wo der Verlag nicht oder mir ge ring vertreten ist, zwecklos, und ich beschränke mich vorläufig auf diese Ausführungen und behalte mir das Weitere für mor gen vor, Vorsitzender: Wünscht noch jemand das Wort? — Das ist nicht der Fall, Meine Herren, dann können wir diesen Punkt verlassen; ein näheres Eingehen auf den Antrag ist ja nich^ möglich, da die Verleger nicht hier sind. Dann komm! Z 4°, der nach dem Anträge der Herren Nitschmann und Genossen folgende Fassung erhalten soll: Läßt der Verleger in den ersten zwei Jah ren nach Erscheinen eines Schriftwerkes eine Aufhebung oder Herabsetzung des Laden preises ei »treten, oder ergreift er Maß regeln, die einer Aufhebung oder Herab setzung des Ladenpreises gleich stehen, so ist er verpflichtet, den Sortimenter für di« auf dessen Lager nachweislich noch vorrätigen, direkt vom Verleger fest oder bar innerhalb der letzten sechs Monate bezogenen Exem plare zu entschädigen. Einer Herabsetzung des Ladenpreises gleichzuachten sind u, a. die Ankündigung besserer äußerer Ausstat tung und die Aufhebung oder Herabsetzung prozentualer Zuschläge, Der Verleger hat die Wahl, Entschädigung durch Vergütung des Unterschiedes der Nettopreis« oder durch Zurücknahme der Exemplare zu gewähren. Dazu hat der Verlegerverein, wie mir soeben mitgeteilt wird, beschlossen, daß im zweiten Satze die Worte: »u. a, die Ankündigung besserer äußerer Ausstattung und« gestrichen wer den sollen, sodatz dieser Satz heißen würde: Einer Herabsetzung des Ladenpreises gleichzuachten ist die Aufhebung oder Herabsetzung prozentualer Zuschläge, Der letzte Satz bleibt nach dem Beschlüsse des Verleger vereins unverändert. Jedoch verlangt der Verlegerverein, daß diese Bestimmungen erst am 1. Juli in Kraft treten sollen, und außerdem soll noch ein Passus über eine Anzelzepflicht einge fügt werden, die darin besteht, daß, wenn der Verleger, falls z, B, eine neue Auflage in Vorbereitung ist, beim Sortimenter anfragt, wieviel Exemplare dieser noch auf Lager hat, der Sorti menter verpflichtet sein soll, dem Verleger die Anzahl der Exem plare zu melden, andernfalls er des Rechts der event, Rückgabe dieser Exemplare verlustig geht. Dann kommt K 4<l, der nach den Anträgen der Herren Nitschmann und Genossen folgenden Wortlaut hat: Der Anspruch des Sortimenters muß für Schriftwerke, deren Ladenpreis aufgehoben oderherabgesetztist.innerhalbeinesMonats nach Bekanntmachung des Verlegers im Bör senblatt oder mangels einer Bekannt- achung innerhalb eines Monats nach ander weitiger Kenntnisnahme des Sortimenters beim Verleger geltend gemacht werden. Verlangt der Verleger in den letzten sechs Monaten fest oder bar bezogene Schriftwerke vor Aufhebung oder Herabsetzung ihres La denpreises durch Anzeige im Börsenblatt zu rück, so finden die Bestimmungen des 8 33 k der Verkehrsordnung sinngemäße Anwendung, Meine Herren, diesem Anträge hat der Verlegervercin fast unverändert zugestimmt; er verlangt nur, daß im zweiten Ab satz statt »in den letzten sechs Monaten« gesetzt wird: »in den letzten drei Monaten«, Ich frage Herrn Nitschmann, ob er auch hierzu das Wort nehmen will. Herr Nitschmann (Berlin): Meine HerrenI Ich konnte Ihnen heute morgen bereits Mitteilen, daß auf Grund der gcstri- gen Verhandlungen der Verlag sich wahrscheinlich bereit erklären würde, die 88 4 c und 4 -1 mit einigen Änderungen anzunehmen. Die Änderungen, wie sie uns hier vorgeschlagen werden, sind zum Teil gestern schon vereinbart worden, und wir haben gestern auch schon erklärt, daß wir in einigen Punkten Konzessionen machen könnten, daß hier und da eventuell auch eine andere, dem Verlage genehmere Fassung gewählt werden könnte. Die Frist von sechs Monaten, die wir gewünscht hatten, auf drei Monate zu beschränken, erscheint uns allerdings, soweit ich mit meinen Kollegen vom Vorstande hier in der Eile soeben Rück- spräche nehmen konnte, etwas bedenklich: aber wir würden eventuell, wie ich es zu übersehen glaube, darauf eingehen kön-