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177, 3. August 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. b. DIschn. Buchhandel. 8857 in solchen Dingen da, die von der schiedsgerichtlichen Regelung derartiger Anstände nur Vorteilhaftes zu berichten mußten. Das Verfahren wurde, entgegen einem Anträge auf Rilckweisung zu weiterem Studium, gleich vom Kongreß selbst normiert; es besteht darin, daß die verschiedenen Landes- vercinigungcn ein Verzeichnis von Schiedsrichtern des be treffenden Landes aufzuftellcn haben, woraus das ständige Bureau eine allgemeine Liste zusammenstellt. Wenn nun zwei Verleger verschiedener Nationalität ihre Differenz einem Schiedsgericht unterbreiten wollen, so wählt ein jeder von ihnen je einen Schiedsrichter; diese beiden haben den Handel zu schlichten; erst wenn sie sich nicht einigen, tritt der dritte, vom Vorsitzenden des leitenden Ausschusses auf schriftliches Verlangen der beiden Parteien zu ernennende Oberschiedsrichter in Funktion, der aus dem all gemeinen Verzeichnis gewählt wird und einer anderen Natio nalität anzugehören hat; seine Entscheidung ist endgültig, und gegen sie darf keine Berufung mehr eingelegt werden. Da der leitende Ausschuß des Kongresses wichtige Be fugnisse besitzt und noch neue erhält — das ständige Bureau in Bern") ist, wie verschiedentlich hervorgehoben wurde, nur ein administratives Organ in der Hand dieses Ausschusses —, so konnte man sich fragen, ob nicht eine periodische Veröffent lichung als Kundgebung dieses Ausschusses und als Mittel zur Besprechung der verschiedenen Fragen, sowie zur all gemeinen Aussprache unter Vereinen und Einzelmitgliedern der internationalen Verlegerunion gegründet werden sollte. Herr I. G. Robbers jun. (Amsterdam) befürwortete in seinem Bericht die Gründung einer Vierteljahrsschrift zu diesem Zwecke, und der Kongreß nahm auch eine dahin zielende Resolution an, freilich nicht ohne daß Bedenken wegen der schon bestehenden Pudlikationsorgane einzelner Landesvereinigungen geäußert wurden. Namens des leiten den Ausschusses sagte Herr Albert Brockhaus in der Plenarsitzung nur die wohlwollende Prüfung dieser Anregung zu, deren Verwirklichung aber durchaus vom Stande der Finanzen abhängen werde. Das Wünschenswerte eines internationalen Katalogs der zu herabgesetzten Preisen verkauften und der von anderen Verlegern übernommenen Bücher verfocht in einem besonderen Bericht Herr Felix Dietrich aus Gautzsch - Leipzig, der einen solchen Katalog unter Mithilfe der verschiedenen nationalen Vereine in An lehnung an das von ihm schon zusammengetragene, aber noch zu vervollständigende Material herauszugeben hofft. Die Idee begegnete jedoch starkem Widerspruch namentlich seitens der einzelnen belgischen und französischen Delegierten, die auf die Anhäufung von belanglosem bibliographischem Material, auf die schon in einzelnen Ländern herausgegebenen Bibliographien, die von Annoncen leben müßten, und auf die finanzielle Tragweite der Durchführung des Dietrichschen Planes hinwiesen. Obgleich Herr Dietrich auseinandersetzte, daß es sich nicht um Konkurrenz gegen bestehende Biblio graphien, noch um Neuherausgabe schon erschienener Kataloge, sondern nur um internationale Vervollständigung der jetzigen Kataloge mit wirklich nützlichen Daten unter der wünschens werten Mitarbeit der verschiedenen Organisationen handle, wurde doch der von ihm eingereichte »Vorschlag« stark be schnitten und dahin abgeändert, daß die nationalen Verleger oereine bloß eingeladen werden, die Möglichkeit zu prüfen, in ihren Organen die Angaben betreffend Firmenänderungen und betreffend Besitzänderungen von Werken zu veröffent lichen; das Vorgehen des Börsenvereins hinsichtlich der Herr Alfred Melly, der bisherige Sekretär, wurde von der internationalen Kommission zum »Sscrötniro Aeuerale« gewählt. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 77. Jahrgang. wöchentlichen Veröffentlichung der Firmenänderungen wurde noch besonders gelobt. Der Bericht des Herrn Carl Junker (Wien) über Herausgabe einer internationalen Enzyklopädie des Buch handels fiel wegen Abwesenheit des Herrn Referenten aus. Wir haben die Arbeiten dieser Sektion auf urheber rechtlichem Gebiete bis zuletzt aufgespart, weil sie noch in die Plenarsitzungen Übergriffen. Es gelangte auf diesem Gebiete in Sektion ä. zuerst ein Bericht des Herrn Max Leclerc aus Paris zur Behandlung, der in sehr geschickter Weise die Wandlungen dargelegt hatte, die in den Anschauungen der Verleger Hollands in bezug auf die An erkennung des ausschließlichen Übersetzungsrechtes im Laufe der Jahre erfolgt waren. Herr Leclerc zielte auf eine unbedingte Anerkennung des genannten Rechtes, und zwar nach der Lösung der in Berlin revidierten Berner Konvention hin. Aber schon in der Sektionssitzung, wie nachher in der Plenarsitzung, wurden von seiten der italienischen Abgeord neten, den Herren Vallardi und Barbora, einschränkende Bemerkungen gemacht, wonach man sich in ihrem Lande bloß mit einer bedingten Geltendmachung dieses Rechtes be- sreunden könne, nämlich mit der Gleichstellung des Über- setzungsrechtes mit dem Vervielsältigungsrecht jedoch nur, wenn eine Übersetzung in der betreffenden Sprache innerhalb der ersten zehn Jahre nach Herausgabe des Originalwerkes erscheine, wie dies die Pariser Zusatzakte von 1896 vorsieht. Die von Herrn Hoste (Gent) aufgeworfene Frage nach der Tarifierung der für die Abtretung des Übersetzungsrechtes zu entrichtenden Summen wurde an einen späteren Kongreß verwiesen. Herr Vandeveld (Brüssel) hatte einen ausführlichen Bericht über die in Berlin am 13. November 1908 Unter zeichnete revidierte Berner Konvention ausgearbeitet, in dem er die wichtigsten Artikel auf Grund der verschiedenen amt lichen Quellen kommentierte; in der Sektionssitzung gab er nur einen kurzen Auszug aus diesem Bericht, und im An schluß daran wurde der Wunsch ausgesprochen, nicht nur Holland, sondern möglichst viele andere Länder der inter nationalen Konvention baldigst beitreten zu sehen. In der ersten Plenarsitzung hielt an Stelle des durch Amtsgeschäfte an der Teilnahme am Kongreß verhinderten Herrn Morel, Direktors des offiziellen Bureaus der Berner Ünion, dessen Sekretär, Professor Röthlisberger (Bern), ein Referat über die neue Berner Konvention, ihre Entstehung, ihre Fortschritte und Mängel, sowie über den Stand der Ratifikationen auf Grund der am 9. Juni 1910 in Berlin Unterzeichneten Ratifikationsurkunde, endlich über das System der sogenannten einschränkenden Vorbehalte und die aus dem selben entstehenden Verwicklungen, sosern diese Vorbehalte nicht auf einen Punkt, nämlich den Schutz des ausschließ lichen Übersetzungsrechtes, beschränkt werden?) Derselbe Redner gab dann in der zweiten Plenarsitzung einen Auszug aus dem Bericht des Herrn G. H. Putnam (New V»rl) über das neue amerikanische kodifizierte Urheber rechtsgesetz vom 4. März 1909, da der Bericht wegen Abwesenheit des Herrn Putnam nicht zur Verlesung ge langen konnte; ferner übersetzte er auch eine interessante Darlegung, die Herr R. W. Bowler (New Hock) in kurzen Umrissen über den Stand der Urheberrechtsreformen in den Vereinigten Staaten gab und worin dieser Kommentator des neuen Copyright-Gesetzes die feste Hoffnung aussprach, sein Land werde eines Tages auf die Herstellungsklausel, auch was englische Werke anbelange, verzichten und sich der Union anschließen. Diese, sowie eine ähnliche Erklärung des Wir werden dieses aktuelle, auf dem Kongreß selbst in Druck gelegte Referat demnächst in Übersetzung veröffentlichen. NSZ