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72, 29. März 1909. Nichtamtlicher Teil. «Srl-nil-tt 1 d, Dtschn. «Illhh-Ldel. 3 8 6 s Nachdem ich Ihnen so die Schwierigkeiten, die den Buchhandel im allgemeinen und das Sortiment im besonderen bedrohen, geschildert zu haben glaube, komme ich nun zu den besonderen Notlagen des Verlages. Bevor ich in die Einzelheiten eintrete, glaube ich eine allgemeine Bemerkung über dis Notwendigkeit, auch diese anzuführen, vorausschicken zu sollen. Unser Verband setzt sich aus Sortimentern und Ver legern zusammen; sind die Sortimenter an Zahl auch weit aus überwiegender, so haben doch auch die Verleger als Mitglieder einen Anspruch darauf, in ihren Bertriebsschwisrig- keitcn gewürdigt zu werden. Neben diesem Billigkeitssatze erachte ich es aber für wichtiger, daß die Sortimenter das Luckiatur et Liters, pars hören, denn erst hieraus können sie erkennen, ob Hoffnung besteht, ihre eigene Lage zu bessern. Ich zerlege die zeitigen Schwierigkeiten des Verlages in folgende Gruppen: 1. Der Verkehr mit den Autoren; 2. Die Druckkosten; 3. Die Geldlage; 4. Die Kreditentnahme und Kreditabgabe; 5. Der Reklameetat. »Ein Kerl, der spekuliert, Ist wie ein Tier auf dürrer Heide, Bon einem bösen Geist im Kreis herumgeführt Und ringsumher liegt schöne grüne Weide.«. Dieses Wort unseres Altmeisters Goethe, meine Herren vom Sortiment, möge etwas zur Stimmung beitragen, wenn man den Beruf des Verlegers betrachtet. Es liegt etwas Spekulantentum in seiner Tätigkeit, und es sollte daher stets bedacht werden, daß diese Blutbcimischung seinen Kal kulationen zugute kommen muß. Das erhöhte Risiko ver langt eben höhere Gewinnchancen, als sie im allgemeinen üblich sind. Wenn trotzdem der Erfolg nur wenigen beschicken ist, so ist schon daraus erkenntlich, daß eine Reihe anderer Faktoren notwendig sind um denselben zu sichern. Diese sind es nun, die gerade in den letzten Jahren bedeutenden Schwierigkeiten begegneten und teil weise zu der ablehnenden Haltung der Verleger, höhere Rabatte zu gewähren, beigetragen haben. Der Eingang des Manuskriptes bringt auch die Forde rung des Verfassers. Hierbei wird sich sagen lassen, daß die selbe Steigerungen mit sich gebracht hat, die im Wechsel der Zeiten durchaus begründet sind. Die Schwierigkeiten, die dem Verlage aber neuerdings entstehen, sind in den sogenannten Aufklärungstätigkeiten zu suchen, die den Verlag als ein höchstrentierendes Geschäft hinstellen, dessen beispiellose Ge winne zumeist darauf zurückzuführen seien, daß die Honorare zu gering bemessen würden. Bei bestehenden Verbindungen zwischen Schriftstellern und Verlegern wird diese gegen den Verlagsbuchhandel hetzende Tätigkeit nicht übermäßig viel Schaden anrichten, wenn auch nicht zu leugnen ist, daß selbst in diese Beziehungen hinein ein Ton getragen wird, den man alles andere als fördernd bezeichnen kann. Die Schwierigkeiten, die zwischen Verleger und Autoren in neuerer Zeit aber im besonderen aufgetreten sind, betreffen gerade wieder den der allgemeinen Förderung bedürftigsten Teil unseres Geschäfts, den wissenschaftlichen Buchhandel. Habe ich schon einmal im vorstehenden auf die Tätigkeit des Akademischen Schutzvereins Hinweisen müssen, so darf man gerade an dieser Stelle am allerwenigsten seine Tätig keit übersehen. Es sind nicht nur die das Sortiment schwer belastenden Bestimmungen, die der Verleger neuerdings in seinen Verträgen aufnehmen muß und aus Grund der er verpflichtet wird, an den Autor die Bücher zu dem niedrigsten Abgabepreise abzugeben. Es zeigt sich diese Tätigkeit auch darin, daß die Honorare für den einzelnen Bogen, nach dem sie gemeiniglich bestimmt werden, eine unverhältnismäßig hohe Steigerung erfahren haben, mit dem gleichzeitigen Endziel, in dem Verlagsvertrage auch Bestimmungen über Börsenblatt sür dm Deutschen Buchhandel, rs. Jahrgang. den Verkaufspreis des Buches aufzunehmen. Durch diese Bemühungen wird die Kalkulation des Verlages in Grenzen hineingedrängt, die den bestimmten Endzweck haben, den Nutzen des Gesamtbuchhandels — Verlag wie Sortiment — zu beschneiden. Wo der Verkaufspreis nicht mit in der Vertrags- stipulierung bestimmt ist, muß aber die gesteigerte Forde rung des Honorars notgedrungen zu einer Erhöhung der Bücherpreise führen, was wiederum Schwierigkeiten beim Absatz und etwa vorhandenen Konkurrenzausgaben hervorruft. Als weitere besondere Schwierigkeit für den Verlag habe ich die Druckkosten namhaft gemacht. Ihnen allen ist die Steigerung des deutschen Buchdruckertarifes vom Aus gang des Jahres 1907 durch Beispiele bekannt geworden. Sie haben auch in Ihrer Mehrheit gewiß schon gehört, daß diese Preiserhöhung einem Zuschläge von 10 Prozent gleich kam. Bei dieser Steigerung ist es aber nicht geblieben, denn im Laufe der Zeit hat es sich gezeigt, daß neben dieser allgemeinen Erhöhung von 10 Prozent bestimmte Schrift gattungen wie beispielsweise kleiner Schriftsatz und Tabellen satz noch wesentlich höheren Aufschlägen unterlagen. Ja, es ist sogar soweit gegangen, daß der deutsche Buchdruckertarif die technische Vervollkommnung seines Betriebes zu einer ganz bedeutenden Preissteigerung benutzte. Es ist wohl in keinem Erwerbszweige bis jetzt möglich gewesen, die durch technische Vervollkommnung hervor gerufenen Erleichterungen und damit eintretenden Verbilli gungen einfach zu unterdrücken und den durch diese Neuerungen erwachsenden Vorteil der Kundschaft zu ent ziehen. Die Satztätigkeit der Buchdruckereien hat durch die Einführung der Setzmaschinen eine vollständige Umwälzung für bestimmte Satzleistungen hervorgerufen. Der sogenannte glatte Satz, wie wir ihn namentlich beim Werk- und Zeitschriften druck haben, wurde durch die Erfindung der Setzmaschine vollkommen in den Bereich dieser Maschine gezogen. Die selbe schaffte eine große Ersparnis von Handsetzern und gab dadurch die Möglichkeit, in kurzer Frist und zu wesent lich billigeren Herstellungskosten den Satz zu liefern. Dieser Vervollkommnung im Buchdruckgewerbe erfreute sich nament lich der Verlagsbuchhandel im breitesten Maße, bis ihm die Organisation der deutschen Buchdrucker durch die neuen Tarifbestimmungen hier einen kräftigen Riegel vorschob. Derselbe verlangte von seinen Mitgliedern, daß der Satz, der mit Setzmaschinen hergestellt war, in Zukunft genau unter derselben Berechnung zu erfolgen habe, wie der Hand satz, was für den Kostenpunkt eine nachweisbare Steigerung von sechzig bis siebzig Prozent des Maschinensatzes ergab. Welche Schwierigkeiten dem Verlagsbuchhandel durch diese Bestimmung erwuchsen, mögen Sie aus einem kleinen Beispiele erkennen. Ein Zeitschriften-Verleger, der für sein Blatt bis dahin Setzmaschinensatz verwandte, hatte auf Grund der Kosten für diesen seinen Abonnementspreis bestimmt. Durch den vor hin erwähnten kolossalen Zuschlag wurde derselbe vor folgende Alternative gestellt. Er mutzte entweder den Abonnementspreis erhöhen oder er arbeitete glattweg mit Schaden, wenn er denselben bestehen lassen wollte. Ein dritter Weg, das Blatt einfach an anderer Stelle drucken zu lassen, führte zu Aufklärungen, die man im geschäftlichen Leben kaum zu den Möglichkeiten rechnen sollte. Etwa eingeforderte Offerten mutzten seitens des Offerierenden an eine Amtsstelle des Tarifamtss eingereicht werden und erhielten von dieser nur dann die Billigung, falls sie den Bestimmungen des Tarifes entsprachen. Aus deutsch gesagt, der von dem alten Drucker geforderte Prcisaufschlag mußte auch von dem neuen Drucker von vornherein in Rechnung S04