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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag/. AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich I Mark 2» Ps. Inserate werden bi- spätesten» Mittags des vorhergehenden Tages deS Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit in Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 7S. Sonnabend, den 30. Juni 1883. 8. Iahrg. Bekanntmachung. Der 3. Termin Steuer zur allgemeinen Kraukeneasse für Gewerbsgehilfen, Fabrikarbeiter und Dienstboten hiesiger Stadt ist am 1. Juli a. c. fällig und zu Vermeidung der Erinnerung eventuell des Executionsverfahrens innerhalb 8 tägiger Frist an unsere Caffen-Verwaltung abzuführen. Zwönitz, am 28. Juni 1883.. ' D i e D i r e c t i o n. Adam, Bürgermeister. Bekanntmachung. Die Laaszinsen, Wasserständer- lind Fischwasserzinsen pr. 1883, sowie die Schankzinsen pr. 3. Quartal 1883 sind am 1. Juli a. e. fällig und zu Vermeidung der Erinnerung eventuell des Executionsverfahrens innerhalb 8tägiger Frist an unsere Stadtcassen-Verwaltung abzuführen. Zwönitz, am 28. Juni 1883. Der Stadtgemeinderath. Adam, Bürgermeister. Bekanntmachung. Gesuche um Leseholzzeichen auf das Jahr 1883/84 sind Dienstag den 3. Juli a. c. an Rathsstelle anzubringen. Zwönitz, am 29. Juni 1883. Der Bürgermeister. Adam. politische Kundschau. Deutschland. Je mehr wir uns der eigentlichen „saison morts" nähern, desto spärlicher fließt der Quell der politischen Neuigkeiten und der Mangel an bedeutenderen Ereignissen macht sich immer fühlbarer. Vor Allem spüren wir dies in Bezug auf unsre inneren Angelegenheiten, denn seit dem Rücktritt des Herrn von Bennigsen und dem Schluß des Reichstages herrscht hier eine ge wisse Oede, auch die Verhandlungen des preußischen Abgeordneten hauses bezogen sich meist auf Gegenstände von nur provinziellem Interesse und nur die Debatten über die kirchenpolitische Vorlage machten hiervon eine Ausnahme. Dieselben nahmen sogar bei der dritten Lesung eine sehr lebhafte Färbung an, aber jetzt, nachdem der neue kirchenpolitische Gesetzentwurf die definitive Sanktion des Abgeordnetenhauses erhalten hat, haben sich die erregten Wellen wieder geglättet und mit Eifer rüsten sich die Herren Abgeordneten zur Heimreise. Es ist jedoch wieder fraglich geworden, ob der Schluß des Landtages schon an diesem Sonnabend erfolgt, da sich der Erledigung der kirchenpolitischen Vorlage durch das Herrenhaus noch in dieser Woche Schwierigkeiten in den Weg stellen, wenngleich nicht bezweifelt werden kann, daß auch das Herrenhaus der Vorlage zustimmen wird. — Das Abgeordnetenhaus beschäftigte sich am Mittwoch fast ausschließlich mit dem von der Fortschrittspartei ein gebrachten Antrag, betreffend die Abänderung der Städte-Ordnung für die sechs östlichen Provinzen der preußischen Monarchie, wobei indessen beinahe nur von den Berliner Communal-Verhältnissen und der Auflösung der Berliner Stadtverordneten-Versammlung die Rede war. Der Antrag wurde schließlich an die Gemeinde-Commission verwiesen, worauf sich das Haus mit Wahlprüfungen beschäftigte und sich dann bis Freitag vertagte. Die Rücknahme der Negierungsmaßregel, wonach das in Stettin für die chinesische Regierung erbaute Panzerschiff „Ting-Auen" durch deutsche Marinesoldaten nach China überführt werden sollte, hat in weiteren Kreisen nicht geringe Ueberraschung hervorgerusen. Dem Vernehmen nach bildete die Ueberführung des Panzerschiffes durch deutsche Marinesoldaten nach China mit eine Bestimmung des mit der chinesischen Regierung abgeschlossenen Vertrages und da gerade jetzt die Zeit der Ablösung für das in den ostasiatischen Gewässern stationirte deutsche Marine-Commando heranrückt, so hätten die ab- tösenden Mannschaften auf der „Ting-Auen" eine recht bequeme und notabene billige Fahrgelegenheit gehabt. In Berliner diplomatischen Kreisen verlautet, daß die Neichsregierung sich zur Rücknahme jener Maßregel infolge vertraulicher Vorstellungen des französischen Bot schafters in Berlin, Barons v. Courcel, entschlossen habe. Derselbe soll darauf hingewiesen haben, daß ein solcher Transport im Falle eines Conflictes zwischen Frankreich und China sicher politischen Mißdeutungen ausgesetzt sein würde. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit die Berliner officiöse Presse diese Darstellung berichtigen wird. Bezüglich der bevorstehenden Ernennung des Herrn v. Marschall zum badischen Gesandten in Berlin an Stelle des zurückgetretenen Freiherrn von Türckheim ist berichtigend nachzutragen, daß Herr v. Marschall gegenwärtig nicht mehr den Wahlkreis Karlsruhe-Bruchsal im Reichstag vertritt, da er bei den letzten Wahlen dem national liberalen Gegencandidaten Schneider unterlag. Herr von Marschall ist erster Staatsanwalt beim Landgericht Mannheim und Mitglied der ersten badischen Kammer, wo er der conservatioen Partei ange hört; infolge seiner Beförderung wird er jedenfalls sein Mandat niederlegen. Oesterreich - Ungarn. Die Affaire von Tisza-Eszlar bean sprucht durch den überraschenden Gang, den die Verhandlungen vor dem Gerichtshof in Nyiregyhaza nehmen, immer mehr die allgemeine Aufmerksamkeit. Besonders interessant gestaltete sich die Verhandlung am Mittwoch, in welcher der mit Ueberwachung der Voruntersuchung beauftragte Sicherhcitscommiffar Barcza deponirte, daß ihm der Hauptbelastungszeuge Moritz Scharf gestanden habe, er habe eigent lich nichts gesehen und sei zu seiner Aussage bezüglich der Ermordung der Esther Solymossy nur dadurch veranlaßt worden, daß man ihm andernfalls mit ewigem Kerker gedroht habe. Moritz Scharf und der Comitatsbeamte, in dessen Obhut Scharf steht, stellten dies in Abrede. Auf die Bemerkung des Präsidenten, daß Zeugen be haupteten, Barcza habe für seine Aussagen viel Geld erhalten, er widerte dieser, daß seien jene, welche dem Untersuchungsrichter Bary einen Ehrenpokal gewidmet hätten. Jedenfalls ist die Tisza-Eszlarer Affaire und der ganze Proceß in ein förmliches Gewebe von Jn- triguen und Machinationen gehüllt, die anscheinend ihre Spitzen gegen die Angeklagten richten und unter diesen Umständen werden sich die Proceßverhandlungen wohl noch bedeutend in die Länge ziehen. Frankreich. In der Tonkinfrage hat auch diese Woche keine neue Wendung gebracht und was man von dem .angeblich bevor stehenden Rücktritte des französischen Ministers des Aeußern, Challemel- Lacour, spricht, ist vorläufig wohl nichts weiter als ein Gerücht. Herr Challemel-Lacour, welcher noch zur Zeit in Vichy zur Cur weilt, hat seine Rückkehr nach Paris und die Wiederübernahme der Leitung seines Ressorts für die nächsten Tage in Aussicht gestellt, was allerdings den Gerüchten sowohl über seine ernste Erkrankung als auch über seine bevorstehende Demission widersprechen würde. Marquis Tseng soll zwar in London erklärt haben, er würde nicht eher nach Paris zurückkehren, als bis Challemel-Laconr zurückgetreten sei, doch klingt diese Mittheilung wenig glaubhaft. In den Couloirs der französischen Deputirtenkammer war jüngst auch von der in Aussicht stehenden Demission des Marineministers Brun die Rede und wurde dieselbe mit der Tonkin-Angelegenheit in Verbindung gebracht. Es ist nun hierauf eine officiöse Erklärung erfolgt, de4