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Erschkint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich l Mark 20 PI ÄMM für Inseraie «werden bis spätesten) Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpuöspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 61. Dienstag, den 29. Mai 1883. 8. Jahrg. Bekanntmachung. Die letzte diesjährige öffentliche Impfung erfolgt Donnerstag den SI. Mai a. c. Nachmittags 2 Uhr im Rathskeller. Jmpfpflichtig sind die im Jahre 1882, sowie die in früheren Jahren geborenen Kinder, welche der Jmpfpflicht noch nicht genügt haben. Die Eltern, Pflegeelteen und Vormünder rc. impfpflichtiger Kinder werden unter ausdrücklicher Verwarnung vor der in 8 14 Ab satz 2 des Neichsgesetzes vom 8. April 1874 angedrohten Strafen hierdurch aufgefordert, mit ihren Kindern in dem anberaumten Impf termine zu erscheinen, oder die Befreiung von der Impfung durch ärztliches Zeugniß uachzuweisen. Zwönitz, am 28. Mai 1883. Der B ü r g e r m e i st e r. Adam. Voütische Aundschau. Deutschland. In unserer innern Politik liegt der Schwer punkt augenblicklich wieder einmal bei den kirchenpolitischen Ange legenheiten. Allseitig herrscht die Ueberzeugung vor, daß wir in dieser Beziehung an einem entscheidenden Wendepunkte angelangt sind, denn die Art und Weise, wie die vaticanische Presse die preußische Nole vom 5. Mai discutirt, beweist, daß man im Vatican von dem Inhalt derselben durchaus nicht erbaut ist. Die von Preußen ver langte Erfüllung der Anzeigepflicht ist die Klippe, an der die ge- sammten kirchenpolitischen Unterhandlungen zu scheitern drohen, im Vatican will man sich hierzu nur gegen eine vollständige Revision der Maigesetze bequemen und einem solchen Verlangen wird und kann die preußische Negierung nicht entsprechen, wie dies ans ihrer jüngsten Note auch entschieden hervorleuchtet. In derselben wird die Anzeigepflicht als die Vorbedingung und den Anknüpfungspunkt wohlwollenden Zusammenwirkens zwischen Staat und Kirche bezeichnet und werden eventuell Nepressivmaßregeln in Aussicht gestellt. Daß unter solchen Verhältnissen die Mannen des Eentrums wieder von der Regierungsfahne abschwenken werden, ist klar und dies wiederum muß nothgedrungen eine Aenoerung in unserer innern Politik Her vorrufen, die sich bald nach mehr als einer Richtung hin geltend machen dürfte. Im Reichstage dehnen sich die Debatten über das Kranken cassengesetz, für dessen dritte Lesung nur zwei Tage festgesetzt waren, ungewöhnlich lange aus und dürfte dasselbe erst am vergangenen Sonnabend erledigt worden sein. Ueberhaupt wäre das ganze Ge setz in der Freitags - Sitzung beinahe gescheitert, trotzdem, daß alle Parteien die Vorlegung desselben sympathisch begrüßten, aber der ganze Streit dreht sich um die Einbeziehung der land- und forst- wirthschaftlichen Arbeiter in den Versicherungszwang, wogegen sich die Regierung entschieden erklärt hat. Mit 136 gegen 134 Stimmen lehnte der Reichstag den in der zweiten Lesung angenommenen 8 1» über die obligatorische Versicherung der gedachten Arbeiter- claffen ab, was somit den Intentionen der Negierung entspricht — und genehmigte dagegen 8 2 mit dem Anträge Hertling, welcher die blos facultative Versicherung der land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter bezweckt. Da im weiteren Verlaufe der Debatte auch die Paragraphen 3—10 unverändert genehmigt wurden, so ist das Zu standekommen des ganzen Gesetzes, das in letzter Stunde noch zu scheitern drohte, gesichert und dies kann man im Interesse des arbeitenden Standes nur mit Genugthuung begrüßen. Nebrigens war die erwähnte Sitzung eine der bewegtesten der ganzen Session, wozu eine vor Beginn der sich entspinnenden Discussion zwischen den Abgeordneten Windthorst und Richter darüber, wer die Schuld an der Beschlußunfähigkeit des Hauses in der Mittwochs - Sitzung trage, hauptsächlich beitrug und in deren Verlauf sich der Abgeordnete Richter einen Ordnungsruf des Präsidenten zuzog. Außerdem kam es noch infolge des Umstandes, daß der Bundesrathsbevollmächtigte, preußischer Finanzminister Scholz, während der Abstimmung über die ersten Paragraphen des Krankencassengesetzes das Wort ergriff, zu einer sehr animirten Geschäftsordnungsdebatte, indem die Abgg. Windthorst, Richter und v. Bennigsen das Recht des Regierungs vertreters zu obbenanntem Verfahren energisch bestritten. Die Dis cussion hierüber bewegte sich in sehr lebhaften Formen und wieder holt ergriff Herr Scholz das Wort, um die Berechtigung zu seinem Vorgehen darzuthnn; eine principielle Entscheidung führte dieser Streit um die Rechte des Hauses nicht herbei. Das preußische Abgeordnetenhaus hat am Freitag seine durch die Pfingstferien unterbrochenen Arbeiten wieder ausgenommen. Auf der Tagesordnung stand die zweite Berathung des Gesetzentwurfes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen und wurden die ersten 21 Paragraphen der Vorlage ohne erhebliche Debatte genehmigt. Eine längere Discussion erhob sich nur über 8 22, welcher das neue Princip aufstellt, daß der Verkauf des Grundstückes nur bei völliger Befriedigung der Gläubiger, die vor dem Gläubiger, der die Subhastation betreibt, eingetragen sind, statt finden kann. Die Debatte hierüber wurde schließlich abgebrochen. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers an den Cultusminister und evangelischen Oberkirchenrath, in welchem die feierliche Begehung des 400jährigen Geburtstages Luthers für den 10. November d. I. ungeordnet wird. Am 11. November soll in den evangelischen Kirchen und Schulen ein Kirchenfest stattfinden. Bei dem kirchlichen Hauptgottesdienst ist als Hauptlied: „Ein' feste Burg ist unser Gott" zu wählen. Im Dankgebet ist hervorzuheben, daß es sich nicht um die Lobpreisung eines Menschen, sondern um die Lobpreisung Gottes für die in der Reformation dem deutschen Volke zu Theil gewordene Gnade handelt. Frankreich. Das französische Ministerium hat seine Auf merksamkeit zwischen den überseeischen Angelegenheiten und der sich entwickelnden kirchenpolitischen Frage zu theilen. Was erstere anbe langt, so tritt vor Allem die madagassische Frage hervor, die einen recht kriegerischen Anstrich gewinnt,- die Franzosen haben die Hafen stadt Majünga auf Madagascar sechs Stunden lang bombardirt und dann besetzt; das vorausgegangene Bombardement beweist dem nach, daß die Occupation dieses Platzes nicht ohne Widerstand seitens der Bevölkerung vor sich gegangen ist. Auch im westlichen Afrika müssen sich die Franzosen mit den Eingeborenen herumschlagen und erst vor einigen Wochen hatte die Senegal-Expedition unter Oberst Desbordes einen Angriff der Eingeborenen zurückzuweisen. In Bezug auf die kirchenpolitische Frage ist zu erwähnen, daß sich das Cabinet Ferry in einem gewissen Gegensätze zur Budgetcommission befindet, welche beim Cultusetat verschiedene Redueirungen und Streichungen vorgenommen hat, die der Conseilpräsident und der Unterrichts minister mißbilligen. In dieser Beziehung erweist sich also das Ministerium Ferry der römischen Curie gegenüber entgegenkommend, dagegen bleibt es fest auf dem mit Nom abgeschlossenen Concordate stehen, dessen Abänderung der Vatican anstrebt und es ist nicht un wahrscheinlich, daß es bezüglich verschiedener Bestimmungen des Concordates zu einem Conflicte zwischen der französischen Regierung und dem Vatican kommt. Italien. Das italienische Cabinet hat sich nunmehr recon- stituirt. Giannuzzi-Savelli, Senator und Präsident des Appellhofes in Rom, ist zum Minister der Justiz und der Culte, der Deputirte für Cremona, Genala, zum Minister der öffentlichen Arbeiten ernannt worden. Beide legten am Freitag den Eid in die Hände des Königs ab. Rußland. Das anläßlich der Moskauer Krönung schon längst erwartete kaiserliche Manifest ist nunmehr erschienen. Dasselbe ge währt den polnischen Insurgenten, welche die angebotene Rückkehr in die Heimath annehmen und dem Czaren vollkommene Unter werfung und Gehorsam versprechen, Amnestie. Die heimgekehrten Insurgenten bleiben noch zwei Jahre der Ueberwachung durch dir