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Inserat« werden bi- spStestenS MittagS de- vorhergehenden Lage- de- Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenjeile mit w Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps prssn»mk>r»nän. für Zwönitz und llmgegend Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. SS. Dienstag, den 8. Mai I88Z. 8. Jahrg. Oeffentliche Sitzung -es Sta-tgemein-eraths Dienstag den 8. Mai a. c. Nachmittags 6 Uhr. Die Tagesordnung ist am Verhandlungstage in der Hausflur des Nathhauses angeschlagen. Zwönitz, am 7. Mai 1883. Der Bürgermeister. Adam. Bekanntmachung. Der I. Termin der diesjährigen staatlichen Einkommensteuer ist am 30. April a. c. fällig gewesen und bis längstens am 20. dieses Monats , . an die hiesige Stadtsteuer-Einnahme (welche außer Mittwochs jeden Wochentag Vormittags von 9—12 Uhr, Nachmittags von 2—5 Uhr geöffnet ist) abzuführen. Gegen Säumige ist sofort nach Ablauf der Zahlungsfrist das Mahn- resp. Executionsverfahren einzulerten. Zwönitz, am 1. Mai 1883. Der Bürgermeister. Adam. politische Aundschau. Deutschland. Prinz Wilhelm von Preußen ist am ver gangenen Sonnabend früh von dem längeren Besuche, welchen er der österreichischen Kaiserfamilie abgestattet, wieder nach Berlin zu rückgekehrt. Die Aufnahme, deren sich der dereinstige Erbe des deutschen Kaiserthrones am Wiener Hofe zu erfreuen hatte, war eine überaus herzliche und legte auf's Neue von den innigen Beziehungen zwischen dem deutschen und dem österreichischen Kaiserhause beredtes Zeugniß ab. Donnerstag und Freitag weilte Prinz Wilhelm als Gast des Kronprinzen Rudolf in Prag, von wo aus er auch die Heimreise antrat. Der Reichstag wird im Laufe dieser Woche — vermuthlich am Donnerstag — seine Pfingstferien antreten, deren Dauer bis zum 22. Mai bemessen ist. Den Neichsboten ist diese Erholungspause zu gönnen, denn sie haben heiße Arbeitstage hinter sich und noch wartet ihrer ein reiches Arbeitsmaterial. Die Abspannung hat sich unter den Mitgliedern des Reichstages in den letzten Tagen auch recht merkbar gemacht und am Freitag mar das Parlament sogar beschlußunfähig; es stellte sich dies schon in der um 12 Uhr abge haltenen Sitzung heraus, in welcher die Fortsetzung der Berathnng der Novelle zur Gewerbeordnung auf der Tagesordnung stand. Schon nach ca. einstündiger Debatte mußte die Beschlußunfähigkeit des Hauses constatirt werden und Präsident von Levetzow bestimmte daher für 2 Uhr eine neue Sitzung, aber auch jetzt war der Reichs tag noch nicht beschlußfähig, was zu einer sehr animirten Geschäfts ordnungsdebatte veranlaßte und die Aufregung, welche hierdurch im Hause erzeugt wurde, machte sich nach Schluß der Sitzung in leb haften Debatten unter de» Abgeordneten geltend. Daß der Reichs tag an einem Tage zweimal beschlußunfähig gewesen, steht in seinen Annalen bis jetzt einzig da und documentirt schlagend die Schwierig keiten unserer gegenwärtigen parlamentarischen Lage; ob unter diesen Umständen die Reichsboten nach Pfingsten mit besonderer Freudig keit an ihrer schweren Ausgabe weiterarbeiten werden, läßt sich füg lich bezweifeln. — Für Sonnabend stand die erste Beraihung des Etats pro 1884/85 auf der Tagesordnung des Reichstages. Die Simultanschulfrage beschäftigte am Freitag wieder einmal das preußische Abgeordnetenhaus. Den Anlaß hierzu bot eine von mehr als 3000 Bürgern Crefelds unterzeichnete Petition um Auf hebung der von der Regierung zu Düsseldorf erlassenen Verfügung, durch welche die Reconfessionalisirung der paritätischen Volksschulen in Crefeld angeordnet wird. Die Discussion war von Anfang an eine sehr belebte und wurde von einzelnen Rednern mit wahrer Leidenschaftlichkeit geführt. Der Vertreter Crefeld's, Abg. Seyffardt, characterisirte die erwähnte Maßregel der Regierung als von poli tischen Erwägungen diclirt und jeder inneren Begründung entbehrend. Von conservativer Seite legte der Abg. Strosser seinen den Simul tanschulen principiell abgeneigten Standpunkt dar, womit er im All gemeinen auch die Anschauungen seiner Partei vertrat, während von liberaler Seite Abg. Löwe (Bochum) für die paritätischen Einricht ungen in Crefeld ein warmes Wort einlegte. Cultusminister von Goßler rechtfertigte in längerer Rede seine Entscheidung in dieser Angelegenheit und erklärte es trotz aller entgegenstehenden Anschau ungen als ein Glück für Crefeld, daß es so, wie geschehen, gekommen sei. Die Debatte wurde schließlich bis zum Abend vertagt und nahm das Haus in der Abendsitzung den vom Abg. Rauchhaupt gestellten Antrag zur Crefelder Simultanschulen-Petition: In Erwägung, daß die Regierung in Crefeld von dem Grundsatz abgesehen habe, die Einrichtung der Simultanschulen oder die Rückverwandlung derselben in confessionelle Schulen von dem Beschlusse der Unterhaltungs pflichtigen abhängig zu machen und daß die Annahme gerechtfertigt sei, die Negierung werde künftig ebenso verfahren, zur Tagesordnung überzugehen, mit 158 gegen 127 Stimmen genehmigt. Oesterreich-Ungarn. Nach dem Siege in der Volksschul angelegenheit hat sich "die Rechte des österreichischen Abgeordneten hauses auf anderem Gebiete eine entschiedene Niederlage geholt. Auf Betreiben einer Anzahl czechischer und clericaler Abgeordneten tagte nämlich in vergangener Woche in den Räumen des Abgeord netenhauses eine Versammlung von Vertretern der hohen Aristocratie und des Großgrundbesitzes wie auch der arbeitenden Classe, worunter sich auch mehrere Führer der socialdemocratischen Arbeiterpartei Wiens befanden. Die Versammlung war zum Zweck einer gewerb lichen Euquote einberufen worden und die socialdemocratischen Redner gaben bei dieser Gelegenheit in sehr deutlicher Weise ihre Ansichten über die Lösung der socialen Frage zum Besten und ließen ihr Miß trauen gegen das Eintreten der conservativ-clericalen Partei für die Arbeiter durchblicken. Entschieden sprachen sich die socialdemo cratischen Redner gegen jede religiöse Bevormundung der Arbeiter ans, was die clericale österreichische Presse zu sehr mißfälligen Be merkungen über die socialdemocratische Bewegung veranlaßt. Die Rechte hat mit der Einberufung dieser Versammlung entschieden einen Schlag in's Wasser gethan und hiermit auch das Ministerium Taaffe, welches offenbar hinter der ganzen Affaire steckt, in seinen Bestreb ungen, die Arbeiterpartei für sich zu gewinnen, Fiasco gemacht. Frankreich. Die Rede, mit welcher der französische Minister des Auswärtigen, Challemel-Lacour, die Interpellation des Herzogs von Broglie, betreffend die Tripel-Allianz, neulich im Senate beant wortete, ist trotz ihrer verschiedenen Schwächen in Nom wie in Berlin beifällig ausgenommen worden. In der That wird man namentlich den energischen Hinweis des Ministers darauf, daß Frankreich entschlossen bei seiner Friedenspolitik verharren werde, an der Spree mit Genugthuung aufnehmen, da man hier keine Ursache hat, den Versicherungen Challemel-Lacour's zu mißtrauen, so darf wohl angenommen werden, daß die Revanchepolitik aus dem Pro gramm der jetzigen französischen Regierung gänzlich gestrichen worden ist. Der Dialog zwischen dem Leiter der auswärtigen Angelegen heiten Frankreichs und dem Herzog von Broglie hat somit wenigstens den einen Vortheil gehabt, daß er über die friedlichen Intentionen des Cabinets Ferry keinen Zweifel läßt. England. In der Angelegenheit des parlamentarischen Eides muß die Negierung des Herrn Gladstone eine Niederlage verzeichnen. Mit 292 gegen 289 Stimmen lehnte das Haus der Gemeinen am Donnerstag die Bill über den parlamentarischen Eid ab, obwohl Herr Gladstone wenige Tage vorher für die Bill eine Rede gehalten hat, welche nach Form und Inhalt zu den besten oratorischen Leist ungen des englischen Premiers gezählt werden kann. Dle Agitation