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Tagesgeschichle- Berlin. Auf dem Gebiete der Feld- und Forstpolizei haben wir eS in Preußen z. Z. noch mit einer wahren Musterkarte von Gesetzen und Verordnungen zu thuu. Gegenwärtig befinden sich laut einer Miltheilung der „Mgdbg. Ztg.", in den elf preußischen Provinzen nicht weniger als 57 verschiedene Feldpolizcigesetze u»v Verordnungen unv 131 Forslpolizeigesetze und Verordnungen in Krasl, wobei letztere noch zahlreiche, nach den einzelnen Negieruugsbezirken zu ordnende Polizei- »erorkiiungen umfassen. Alle diese Gesetze und Verordnungen, welche in zwei Anlage» znni Entwürfe deS Feld- unv ForslpolizeigesetzeS einzeln aufgeführt werden, treten außer Kraft, „so weit sie den Be stimmungen des neuen Gesetze« wiedersprewen." Da« neue Gesetz tritt gleichzeitig mit dem GerichtSverfassungS-Gesetz, also spätesten« am 1. Oktober 1879, in Kraft. — Als Auszeichnung für besonders tapferes Verhalten in der Schlacht bei Lowlscha bat der Kaiser dem Commanbeur des russischen JnfanlerieregiementeS Kaluga, dessen Chef Kaiser Wilhelm ist, den Orden xour Io morito verliehen. — Durch kaiserliche Bestimmung vom 1. d. werden die Armec- Inspektionen folgendermaßen zusammengesetzt: erste Armee-Inspektion auS dem 4., 5. unv 6. Armeekorps; zweite Armee-Inspektion aus dem i., 2. und 9. Ameecorpö; dritte Armee-Jnspection aus dem 7., 8., 10. u. 12. (königlich sächsischen) Armeekorps; vierte Armee- Jnspectiou aus dem 3., 11. u. 13. (königl. wültcmbergischcn) Armee korps; fünfte Armee-Jnspection aus dem 14. u. 15 Armeekorps. Der General - Inspektor der vierten Armee-Inspektion wird nach Maßgabe deö BüudnißverlrageS vom 23 November 1870 auch mit der periodischen Jnspicirung deö 1. und 2. königlich bayrische» Armeekorps beauftragt werde». In dem bunten Gewühl von Nachrichten, welche jetzt täglich aus Frankreich komme», verdient die in der Armee herrschende Stimmung ganz besondere Aufmerksamkeit. Unter den Offizieren in Garnisonstädteu, soll es häufig politische Streitigkeiten gebe», welche zu Zweikämpfen sichren. Es ist Thatfache, daß die Leidenschaften, welche das Volk aufregen. auch auf die Arme- einzuwirle» beginnen. In den militärischen Kreise», hat maii viel vo» dein AuSspruche ge redet, den Marschall Eanrvbert jüngst gethan. Der Marschall soll zu einem Bonaparlisten, der von einem Staatsstreich sprach, geiagl haben: „Ich fürchte nicht de» Bürgerkrieg auf der Straße, aber ich fürchte den Bürgerkrieg in der Kaserne l" Darauf folgten die Ar tikel in der „France" unv in oer „Presse". Daö erstgenannte Blatt sprach ausführlich über die gegenwärtige Stimmung der Pariser Be satzung, unv sagt unter Anderem: „Uuiere Erkunkigtmgen stellen fest, daß in der Garnison von Paris höchstens zwei orer drei Regimenter sind, an deren Spitze Offistere stehen, die einem selbst gegen das Ge setz gerichteten Befehle gehorchen würden, daß aber in allen ankeren die Oberste», selbst wenn ihre persönliche Meinung sie mit gefallenen Herscherhäusern verbinden, recht gut einsehen, daß alle Suballeru- Offiziere für die neue Ordnung der Dinge gewonnen sind unv lieber ihren Degen zerbrechen würde», als denselben entehren, indem sie ihn gegen dir Gewählten des LauveS ziehen." Was die Unteroffiziere be trifft, so Hörl man sie oft genug aussprechen, daß sie ihren Führer» nicht folgen würde», wen» die Negierung bis zu einem Staatsstreich vorgehen sollte. Oie Unteroffiziere sinv meistens Republikaner, währenv die Offiziere zum große» Theile Bonaparlisten oder Reha listen sind. Die Unteroffiziere lesen die Zeitungen, die Soldaten hm- gegen sehr wenig. Auch die Freiwilligen haben viel zur Verbreitung republikanischer Gesiiinungen m ihren Regimentern beigelragen unv man kann sagen, daß augenblicklich die Armee beinahe ebenso geiheilt ist wie eie Ratio». — In Bezug auf die gegenwärtige Ministerlrisiö verlautet, baß Mac Mahon sich zunächst au vie Kouslilutionckleu res Senat« wenden will. Gelingt hier keine neue Mmislerkombinalion, -so schwank! er noch zwischen zwei Möglichkeiten, einem Geschäfts- Ministerium oder einem militärischen Wioerstankö-Kabiuel. Die erstere Eventualität Hal jevoch zur Llunde weit mehr Aussicht, als vie letztere, da diese Politik ver Gewalt und ces Staatsstreiches nie im Senat eine Majorität finden wird. Erst wen» ein Geschäslsministerium mit der Kammer nicht zu Stande kommen kann unv hier ans unbeugsame Opposition stößt, dünste» die Rathgeber der Gewaltmaßregel» mehr Beachtung finden. -Großbritannien. Aus dem Norden Schottlands wird von einem Orkan berichtet, der seit Weihnachten 1800 seines Gleichen -nicht gehabt hat. Die ungerichteten Verheerungen sind außerordentlich -bedeutend. Viele Häuser sinv zum Theil oder gänzlich ihrer Dächer -beraubt. An viele» Stellen brach ter Sturm eie Thüren ein, streute -die Köhlen auf dem Herde umher, und es entstanden Feuersbrünste. Ungeheure Massen Getreide Hal der Winv entführ!, unv die Verrälhe ouf vc» Feldern wm'deli weggesegl. Vieles davon ist in'ü Meer gc- schleudert. Viele Leute entkamen nur mil Muhe aus ihren Häuser», ehe sie züsammeubrachen. Bettlägerige Personen.muhten in Decken chinauögelragen werte», und viele Familien sind obdachlos. Zu kerjüngslen angeblichen Palastoerfchwörung in Goustauliuopol schreibt miau der „Pol. Eorr." vom 9. d. Mt „Zu meinem letzten Berichte über die Vorfälle im PalaiS Tscheragan habe ich die einzige Rektifikation nachzutragen, daß es vo» der Transferirung krS Ex- SliltaiiS Murad nach dem „Alten Serail" sein Abkommen gefuiideit hat. Bei dem Widerstande, welchen Murad persönlich der über ihn verhängten Maßregel entgegensetzte, befürchtete man bei be» Sympathien, welchen der enilhronte Sultan in der mobamedamschen Bevölkerung begegnet, eine Verschlimmerung der Situation. Einstweilen ist Murad Gegenstand der engste» unv schärfsten Ueberwachung. Die ganze frühere Dienerschaft wurde durch neue von Mab,»uv Damat Pascha auSge- wäblle und ihm ergebene Leute ersetzt. Die Milstärwache wird täglich abgelöst, um die Anknüpfung von Beziehungen zu den Offizieren unv der Mannschaft zu verhüten. Nach der BcSpcruöseite ist jede An- nährung, auch nur des kleinste» KaikS, strengste»« untersagt, wie über haupt die Residenz Murads Tag und Nacht van einem Schwarm vo» Polizei-Agenten überwacht wird. Mit einem Worte: Murad scheint, seitdem sein Gesundheitszustand sich erheblich gebessert Hal, eine wirkliche Beunruhigung für seine» Bruder Abkul Hamid zu sein, während er selbst der Gafakr bewußt sein soll, welche es bildet, der Bruder eines regierenden Sultan« zu sein." Auö Italien wird mit Bestimmtheit versichert, daß der Papst infolge zunebmender Schwäche nicht mehr im Stanke sei, die ihm obliegenden Geschäfte zu besorgen. Im Falle des Tore« sei an eine» Ersatz durch einen Ausländer nicht im Entferntesten zu denke»; weder Manning noch LedochowSki, sondern ein Italiener werde deS Papstes Nachfolger sein, unv man will wissen, daß die nächstens zu creirenben Karcinäle sämmtlich Italien angehöreii werden. Die Wahl eines ausländischen Kardinals würde »ach der Ansicht der herrschenden Partei des Vatikan einem Verzicht auf die weltliche Macht des Papst- Ihnms gleich komnieu. Die „Eivill» Caltolica" weist schon den blcßen Gedanken eine« solchen Verzicht« mit Entrüstung zurück und spricht die lleberzeugnng aus, daß das Leben des Papstes unter dem besonderen Schutze Gottes stehe, und daß Golt ihn so lauge am Leben erhalle» werke, bis seine geheimen Rathschlüsse erfüllt sind. Ditse „geheimen Rathschlüsse" gkhen auf die Wiederherstellung der weltlichen Macht noch zu Lebzeiten desselben Papstes hinaus, welcher sie verloren hat. Die „Civillü" versichert, daß von rem päpstlichen Stuhle memals der Verzicht auf die verlorene weltliche Macht auS- gehen wirr, und erinnert zmn Zeugniß der Nolbwenvigkeit dieser Macht an zahlreiche Bulle» der Päpste, an Hirtenbriefe von Bischöfen und ähnliche Docnmknle, aus welchen sich mit Leichtigkeit eine, von einem Dogma verschiedene, Doclrm zusammcnsleUen läßt. Spanien. AuS Madrid, 18. November, berichtet eie „Fr. Ztg": Es wurde hier eine Verschwörung entdeckt, kere» Zweck Ivar da« Opernhaus zu sprengen, während der Anwesenheit v>s Königs. DaS Haus wurde polizeilich geschlossen, mehrere Personen verhaslet. Murles und Sächsisches. Dresden, 21. November. Der in Berlin beglaubigte türkische Botschafter Sarullah Bey hatte kie Ehre, gestern im hiesigen königl. Residenzschlosse von ihren königlichen Maj-siäten in einer Privalaudieuz empfangen zu werken u»d ihrer Majestät der Königin ein Dankschreiben Sr. kaiserl. Majestät des Großsultans auS Anlaß der Absenkung von Krankenpflegerinnen nach Koustanlinopel zu übeireiche». Oer Herr Botschafter und der ihn begleitende erste Botschaftssekretär Oha» Bagvadlian Efeuri nahmen hierauf an kcr königl. Tafel Theil. Leipzig. Eine» hübschen Beweis von der Naivetät ker sogen. HaukweUoburschen gab am Freitag ein solcher beim Fechten in einem hiesige» an der E.musseestraße belegene» Materialwaarengeschäft. AlS derselbe, beiläufig bemerkt, der »euuzehute an eiuem Tage um die übliche Unterstützung ansprach m,v ihm solche bei ker doch gar zu starken Frequenz verweigert wurre, langte er gleichmüthig seine Schuapsflasche heraus nuv meinte: „Na, dann geben Sie mir mal für 15 Pfennige Nordhäuser", bekam das Verlangte und bezahlte auch prompt. Dann wies er auf seine neue» Stieseln und sagte, ganz uugenirl: „ua, kie Leipziger könne» mil un« gute Geschäfte machen, da habe» sie mich abgefangen und beim Freilasse» mir ein Paar neue Stiefeln geben müssen, unv mm (auf seinen bereit« zerrissenen Nock deutend) zerreiße ich den auch noch vollenks, gehe wirrer zurück, lasse mich noch einmal abfcmgeu und — bekomme daun einen neuen Nock." Sprach's unv entfernt- sich lachend. So erzählte das Leip;. Tagebl. Dem Maune kouule man eine gewisse geschäftliche Routine in seinem Fache gewiß nicht absprechen. — Die Neujahr»,esse in Leipzig beginnt am 2. Januar unv endigt mit dem 15. Januar n. I. Der in Bnchvfswcida erscheinende „Sächs. Erzähler" berichtet: Ain 19. k. wurde uns von einem Bürger hiesiger Stadl ein großer Strauß frischer, schön blühender Kornblumen überbracht. Dieselben sind auf freiem Felde in der Gegend von Nothnanslitz gepflückt workeu. Eibenstock, 21. November. Gestern Vormittag drohte unsrer Staci große Gefahr, iuvem gegen 10 Uhr iu einem sehr scuergesähr- licheu Distrikt beim Fleiichermeisier Schmitt Feuer auöbracb, das aber glücklicher Weise trotz des starken Wiuczuges noch im Entstehen gelöscht