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Ein Berichterstatter, welcher Matschilt nach der Einnahme durch die Russen besucht hat, schildert den Empfang in folgender Weise: Un» empfingen bulgarische Landleut» Hnd weinten, al- sie unser an* sichtig wurven. Di« Leute können sich vor Freuhe nicht fassen, daß sie die Türken — hoffentlich für alle Zeiten los geworden sind. In der Stadt selbst fanden wir die ganze Ortsbevölkerung mit Aus nahme der Frauen auf der Straße. Sie empfing uns, sowie die unter Gesängen au- dem Wasser herauSrcitenden Kosaken mit Hurrahrufen. Wir gingen in einige Türkenhäuser, sie waren bis auf die Wände kahl, ebenso die Moschee». Die christliche» Läden waren geschlossen und mit Kreuzen bezeichnet. Damit sollten sie den einrückenben Truppen gekennzeichnet und ihr« Schonung anempfohten werden. Die Borsicht war gut, denn die LH-pp'ön waren auf'- Arußerstc erbittert in Folge der Grausamkeiten,Mir die Tscherkesse« selbst auf dem Schlachtfelde verübt hatten; zudem waren sie hungrig und dürftig, lechzten nach einem Trünke Branntwein, Wein oder Wasser -7- und nach Tabak. Letzterer lag vor den türkischen Kaufläden zerstrrul auf dem Erdboden unv die Soldaten ^fielen gierig, darüber her. General Zimmermann aber ver bot auch -das. „Heute nehmen sie nur den Tabak, der da liegt, er taubt man aber solches, so könnte die Freiheit leicht mißverstanden werden und ich will nicht, daß man von den russischen Truppen UebleS zu sprechen Grund habe," das waren seine Befehle an die Offiziere. Wir zogen nun weiter in dem Orte herum. Im Regierungö- gebäude und im Telegraphenamte liegen Akten und Briefe zerstreut umher, kein Feaster war ganz. Die Stadl ist größtentheils von Christen bewohnt gewesen; von 1000 Häusern waren nur 400 türkischen Familien gehörig. Die Christen waren Bulgaren, Armenier, Griechen und Walachen. Die Walachen oder Moldovaner, wie sie hier genannt werben, stehen am wenigsten in Ansehen und sic waren es auch, die nach den Abzug der Türken zu rauben begannen, woran sie jedoch von den russischen Offizieren, als diese einzogcn, gehindert wurden. Zu meiner Verwunderung fand ich hier eine Berlinerin als Gastwirlhin. Sie und die Apothekerin waren die einzig deutsch redenden Personen. Letztere war um ihres Gatten willen sehr besorgt, der nach Tullscha gezogen, um Einkäufe zu machen, allein noch nicht heimgekvnimen war. Sie vernahm die Nachricht, daß die Türken Tullscha geräumt hatten, mit Befriedigung und einigem Tröste. Bon den anderen Be wohnern sprachen viele französisch, so baß wir uns bequem verständigen konnten. Wir befragten sie, wie sich die Türken benommen halten? Nicht schlecht, lautete die Antwort, aber die Beamten haben uns zuerst genommen, was sic konnten und den Nest, der uns blieb, haben die Tscherkessen geraubt. Die Beamten haben es aber nicht für den Staat, sondern für sich genommen. Die Beamten lhun gar nichts als Gelb nehmen. Jeder sucht sich zu bereichern und wenn er genug hat, läuft er davon. Aber wann hat die „Paschawirtbschaft" genug! Uorairs uuö Sächsisches. Leipzig, 30. Juni. Gestern fand vor dem hiesigen Bezirksgericht gegen den Nevacteur des „Vorwärts," Wilhelm Liebknecht, eine öffentliche Gerichtsverhandlung statt. Auf Klage der Strafkammer zu Mannheim war der Beklagte in erster Instanz wegen Beleidigung zu 6 Wochen Gefänniß verurtheilt worden. Die zweite Instanz setzte die Strafe gestern auf 3 Wochen Gesängniß herab. Zwickau, 3. Juli. Gestern Abenv wurde gemeldet, daß sich in der Bosenstraße ein Maurer erschossen habe. Bei uäberer Untersuchung ergab sich, daß der Maurergeselle Moritz LouiS Eberl, welcher mil seiner bei ihm wohnenden Mutter eine Differenz gehabt halte, angeblich um sich zu tödten, eine Mausergewehrpalrone in die Hand genommen und durch Schlag zur Explosion gebracht hatte. Demselben wurden von den Fingern der linken Hand drei Glieder abgerissen. Oschatz, 2. Juli. Gelegentlich eines Tanzvergnügens im Gast« Hofe in Zschöllau schlugen gestern einige Ulanen den dort als Tanz- meister stationirtkn Arbeiter Gärtner dermaßen, daß derselbe heule an das Bett gefesselt ist. Ein Unterwachmeister Hal ihn mit dem Säbel über den Kopf geschlagen und ihm eine arge Verletzung beigebrachl. Der Vorfall ist bereits zur Anzeige gelangt. Pegau. Am 1. Juli wurde der 8 Jahre alle Sohn deö Guts besitzers Breiting in GauliS auf dem Fußwege von Rötha zwilchen der Mühle und dem Dorfe Gaulis, etwa 100 Schritte von der elterlichen Wohnung entfernt, einer Summe von 9 M. beraubt. Der Thäter wurde inbeß bald entdeckt und an die Staatsanwaltschaft zu Borna abgeliefert; eS ist der Soldat Baumgärtel aus Mtha, bei dem auch die geraubten 9 M. vorgcfunden wurden. Hainichen. In der Nacht zum 30. Juni wurde beim Schäferei- gutöbesitzer Nove in Mobendorf ein etwa vritthalbhuudert Thaler wcrtheS Pferd aus dem Stalle gestohlen. Der davon in Keuniuiß gesetzte Gtndarmeriebrigadier Helbig telegraphiere sofort nach mehreren Richtungen, und so gelang cS dem Obergenbarm Pielschke in Freiberg, de- PlerdeS samml dem Diebe, einen gewissen Linaschk aus Weißkulen, in Naundorf bei Freiberg hätchast zu werden. Colditz. An dem unterhalb der Stadt gelegenen Hainberge hat am 28. Juni Sin bedeutender Abrutsch, welchen man schon seil längerer Zeit befürchtete, stattgefunden und es sind infolge dessen mehrere Häuser überschüttet wvrden. Oie Trümmer stürzten in die vorüberfließeude Mulde und es entstand nun hohes Staubwasser, wodurch ein Tbeil der Stadt und die Spinnfahrtk von D. Whitfield u. Comp. in Gefahr kamen. Man hofft, den Fluß bald wieder frei zu machen. Menschenleben sind nicht zu beklagen. Colditz. In der Nacht des 1. Juli entstand in dem Börtler'schen Hintergebäude der Badergasse Feuer, welches sich schnell über da» Wohnhaus und ein Nachbarhaus verbreitete und dieselben gänzlich in Asche legte. Mehrere anstoßend« Häuser sind beim Löschen mehr oder weniger erheblich beschädigt worden. Die Abgebrannten hatten kämmt- lich ihr Mobiliar versichert. Die in den zwanziger Jahren stehende Tochter Vörtler'S war während veS Brandes auf dem Boden mit AuSräumcn beschäftigt, als sie sich plötzlich durch die schnell überhand- nehmende Flamme den Rückgang, abgeschnitten sah. Da sprang sie vom Dache des zweistöckigen Hauses auf die Straße herab, und zwar auf Besten, welche man für sie bereit gelegt hatte; der Sprung glückte wohl für den Augenblick, inveß scheint sich das Mädchen dabei doch innere Verletzungen zugezogen zu haben. Königstein. Am f. Juli entstand auf dem Ouirlselsrn rin Waldbranv; cs brannte die. obere Fläche, die nur mit Haidekraut, tinzelnen Birken und Kiefern bedeckt war, etwa einen Scheffel Flächen raum umfassend, weg. 23 Mann der Königsteiner Turnerfeuerwehr, sowie Militär von der Festung haben dem Umsichgreifen des Feuer- Einhalt gethan. Ueber die Entstehung läßt sich bis jetzt nichts Be stimmtes sagen, ohne Zweifel ist es aber von Besuchern, welche Streich hölzchen oder Cigarren weggeworfen, verursacht worden. — In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag brach im Gasthofe von Hamisch in Hütten Feuer aus und ist derselbe, sowie ein Holzschuppen, gänz lich, ras Schank- und Seitengebäude bis auf die Umfassungsmauern eingcäschert worden. Hamisch sind gegen 300 Centner Heu, die dies jährige Ernte und für 400 Mark buchene- Holz mit verbrannt. Burgstädt, 2. Juli. Ein heute über unsere Gegen» ziehende- Gewitter brachte zwar den längst ersehnten Regen, richtete aber zugleich durch verschiedene Blitzschläge Schaden an. So traf ein Schlag i» das Gut der Frau Gerstenberger in Taura, erschlug eine Kuh und zündete die Gebäude au, welche total niederbranntcn; im benachbarten Göppersdorf soll ei» Dieustmädchcu vom Blitz gelövtet worden sein und in Burgstädt selbst schlug er in den Blitzableiter eines Hauses. Mittweida, 3. Juli. In der Mittagsstunde veS gestrigen Tages entlud sich hier ei» Gewitter -und brachte unseren bürstenden Fluren den langersehnten Regen. Leider ist aber auch ein UuglückSfall zli ver zeichnen. Im nahegelegene» Dorfe Tonneberg fuhr der Blitz in daS Wohnhaus deö Schankwirlh Fischer, während in der Gaststube mehrere Personen anwesend waren. Der Handarbeiter Beck aus Naneubain wurde sofort getödtet, die Fischer'schen Eheleute aber lermaßen ge lähmt, daß ihr Zustand besorguißcrregeuv bleibt. Nathen. Am 2. Juli wurde bei einem Mittags 12 Uhr statt- gehabteu Gewitter, welches in der sächs. Schwei; sehr heftig aufgetroffen ist, ein Berliner auf der Bastei vom Blitz getödtet. Übrigens schlug ein Blitzstrahl in den Pavillon der Restauration, ohne zu zünden, ein Kellner wurde aber betäubt und ebenso im Stalle ein Kutscher und zwei Pferde. Auch i» rem nahe gelegenen Rathewalde hat der Blitz eiugeschlageu und gezündet. In Belgershain stanv am 23. Juni der kleine Junge des Feld- häuSlerS Nebe im Hofe und sagte weinend zu seinem Schwesterchen: „Ich werde wohl rechte Haue kriegen, ich habe die Scheune angebrannl." Und kauni war ihm das Wort entfahren, als die Lohe auch schon aus dem Dache schlug und dann die sämmtlichen Gebäude vom Feuer ver nichtet wurden. Bei dem kleine» Schlingel fand man denn auch, als man ihn durchsuchte, Zündhölzchen. Da die Aeltern auf dem Felde beschäftigt waren, konnte von der unversicherte» Habe nichts gerettet werden. Altenburg. Am 30. J»ni badeten sich zwei Eisenbahndiätisten, Sack »nv Voigt, Ersterer 24 Jahr, letzterer 19 Jahre alt, mit noch zwei Jugcndgenosse» unterhalb des Löhmiger Wehres. Voigt, ein guter Schwimmer, kletterte über das Wehr i» die Wehrliefe, die anveren gingen uni das Wehr herum und in die Tiefe, nur Sack kam über daS Wehr. Kaum war er in die Wehrtiefe, als er sich in Gefahr zu be finde» schien, er klammerte sich an einen seiner Genossen, Schmidt, an und schien diesen mil in die Tiefe zu sieben. Voigt schwamm hinzu um Beide zu retten. Sack ließ Schmidt los und faßte Voigt, de» er bald mit in die Tiefe Hinabriß. Das Wasser war dort sehr lief, man mußte die Webrliefe ablassr», um zu den Leichnamen zu kommen. Erst nachdem man 7 Ellen Wasser entfernt hatte, fand man die Leichen. Auf einem Ball der ErholungSgesellschaft im Deutschen Hause zu Gera gcrietben nach der „V.-Z." ein Offizier der Altenburger Garnison (96. Regiment) und ein Kaufmann wegen einer Tanztour in einen Wortwechsel. Darauf Forderung des Kaufmanns durch den Offizier auf Pistole». Der Kaufmann lehnte das Duell ab und denun- cirte de» Förderer Lieutenant Kürtzel dem Staatsanwalt. Der Lieutenant erklärte hierauf den Kaufmann in einem Hotel, wo Letzterer zu Mittag aß, für einen ehrlosen und gemeine» Menschen. Hierauf wieder Klage deö Kaufmanns. I» diesen Tagen ist daS Urlheil publicirt worden. Wegen Herausforderung zum,Zweikampf mit lebensgefährlichen Waffen wurde Lieutenant Kürtzel zu 3 Tagen Festung, Premierlieutenant v. Haußen in Gera zu 24 Stunden Festung verurtheilt, die Strafen Beider jedoch von dem Kaiser sofort im Gnadenwege erlassen. Wegen