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Gordon Pascha wird sich in einigen Tagen nach den insurgirten Distrikten begeben. Locales und Sächsisches. — Am 2. Juni vor 180 Jahren vollzog sich in Baden bei Wien ein.für Sachsen schwerwiegende« Ereigniß: König August der Starke trat von der Landcsreligion zum KatboliciSmuS über. Königstein, 30. Mai. Am heutigen Vormittag entsprangen, wahrscheinlich durch den augenscheinlich gelungenen Fluchtversuch der jüngst entflohenen 3 Kameraden ermuthigt, wiederum 2 Militärsträflinge vom Arbeitsplätze unterhalb der Festung. Sofort wurden zahlreiche Patrouillen den Flüchtigen nachgesandt und gelang es Kalo, den einen in der Nähe der Pulverhäuser einzuholen, während der andere etwas weiter im Walde in der Nähe von NikolSvorf, erst nachdem er in den einen Ann geschossen worden war, eingefangen wurde. Freiberg. Am 31. Mai wurde der Zimmermann Feldmann beim Grundgraben eines Hintergebäudes in der Wallstraße verschüttet. Derselbe erhielt mehrere Rippen- und Rückenwirbelbrüche und mußte mittelst Siechkorbes in das Krankenhaus tranSportirt werden, wo er hoffnungslos darniederliegt. Nossen. Der hiesige Vorschußverein hat am 30. Mai die Hunte- müller'sche Papierfabrik für 235,000 Mark erstanden. Wie man vernimmt, steht der Vorschußverein mit einem Consortium in Unter- Handlung, welches die Fabrik käuflich erwerben will. Werdau, 29. Mai. Gestern Nachmittag verunglückte der Fabrik arbeiter Hupfer aus Fraureuth auf der hiesigen Bahnhofstraße dadurch, daß er beim Ausweichen eines ihm entgegen gekommenen Kohlenfuhr« Werkes von dem mit Wolle beladenen Wagen seines Arbeitgebers her unter und so unglücklich fiel, daß ihm das Hintere Rad dieses Kohlen- geschirreS über die Brust ging. Von zwei herzugekommenen Personen wurde der Bedauernswerthc in da« hiesige Krankenhaus gebracht, wo selbst er an de» erlittenen Verletzungen alsbald verstorben ist. Hupfer hinterläßt eine Frau und zwei Kinder. Nicht nur von seinem Arbeit geber, sondern auch von seinen Mitarbeitern folgt oemselben das Lob eines nüchternen, zuverlässigen und lhätigen Arbeiters in das Grab nach. Werdau, 30. Mai. Die Herstellungskosten der Sachs. Thüring. Ost-West Bahn (Werdau—Weidau) betragen, wie wir aus dem Ge schäftsbericht der bei dieser Bahn belheiligten deutschen VerciNöbank in Frankfurt a. M. ersehen, 3,500,000 Thaler. Meerane, I.Juni. Heute Vormittag hatte sich aus dem Wohn zimmer einer hiesigen Familie ein Kind, das einzige Söhnchen von 3Vs Jahren entfernt. Nach Verlauf von 10 Min. steigt den Eltern über das Verbleiben des Kindes Besorgniß auf. Von trüben Ahnungen erfaßt, sucht man und findet den Kleinen leblos in der Düngergrube. Alle angewandten Wiederbelebungsversuche waren erfolglos. Der stets sorgsam behütete Knabe blieb eine Leiche. In Plauen mußten noch dem „V. A." gegen 1100 Einwohner wegen Slenerrückständen aus dem Jahre 1876 die gerichtliche Exekution beantragt werden und kommt jetzt in den nächsten Wochen zur An wendung. Die Stenern, um deren Eintreibung cs sich bei diesen Restanten handelt, sind die städtischen Anlagen und die Gewerbe- nnd Personalsteuer. Noch nicht inbegriffen sind also die Grundsteuer-, Hunde steuer, Brandcasien- und Schulgeldreslanten. Die seit einer Reihe von Jahren fortwährend steigende Zahl dieser säumigen Schuldner giebl zu denken. Dieselbe betrug im Jahre 1872 312, 1873 426, 1874 521, 1875 652, 1876 1100. Die Mehrzahl derselben gehören dem Stande der Handarbeiter, Fabrikarbeiter und Haudwerksgehülfen an, zahlreich vertreten sind auch Sticker, Weber, Handelsleute, Dienst boten; weiter finden sich darunter mehrfach auch selbstständige Ge- werbtreibende, KommiS, Agenten, Kolporteure, Restaurateure u. s. w., ja selbst Rentiers fehlen nicht. In Plauen findet Mittwoch den 6. Juni ein Viehmarkt statt. Llnnabcrzz. Vom 15. bis 19. Juli wird hier das 4. mitteldeutsche Bundesschießen abgehalten werken. DaS Ehrenpräsidium bat der Abvocat Dr. Böhme übernommen, von dem sich vorauSsetzen läßt, daß er daS ganze in würdiger Weise leiten wird. Der Schießstanv ist sehr schön gelegen, es werden in demselben 24 Scheiben, 12 Stand- und 12 Feldscheiben ausgestellt. Sebnitz, 30. Mai. Heute Mittwoch Vormittag gegen 10 Uhr stürzte auf dem bereits bis zum 3. Stocke gediehenen Em. Endler'schen Neubau an der Schandaner Straße auf der Frontseite der Sandstein» sims dadurch zusammen, daß ein Theil der Simömauer das Ueber- gewicht nahm und einen Theil der darunter befindlichen Mauer, sowie das Gerüst mit herabriß. Bei dieser beklageuswenhen Katastrophe verunglückten 5 Arbeiter. Besonders schwer verletzt wurde hierbei der Spitzmaurer Gäbler ans Krumhermsdorf, welcher auf dem Gerüst be schäftigt war. Mau erwartet stündlich seinen Tod. Der mit ihm auf dem Gerüst beschäftigte und gleichfalls mit herabgestürzte Maurer Pietschmann ans Einsiedel wurde ebenfalls schwer verletzt, doch hofft man, ihn am Leben zu erhallen. Ferner erlitt der unterhalb des Ge rüstes mit Ablader, von Ziegeln beschäftigte Fuhrmann Sieber anö Einsiedel einen Armbruch und der ihm helfende Handlanger Bose von hier einen Beinbruch. Ebenso erhielt, ter die Ziegel übernehmende Polier Hartwig von hier eine Verletzung am Kopfe. Johanngcorgenstadt, 30. Mai. Am heutigen Tage hat der Hotelbesitzer und Lotterie - Untercollecteur Ludwig Fink daselbst, in Folge schweren körperlichen Leidens seinem Leben freiwillig ein Ende gemacht. Aus Treuen wird dem „V. A." geschrieben, daß es am 30. Mai den Bemühungen deS dortigen Gendarmen Kretzschmar und den Stadt- wachmeister Fischer gelungen ist, einen jener am 21. Mai auS der Festung Königstein auSqebrochenen drei Militärstrafgefangenen festzu- nehmen. Derselbe namens Kummrow. hat sich in Böhmen von seinen Gefährten getrennt und ist schon im Jahre 1875 Derserteur gewesen. AuS Oberwiesenthal wird uns folgender eigenlhümlicber Un glücksfall gemeldet: Der Eigenthümer von 2 Ochsen war am 29. Mai mit Bestellung eines im Zechengrunde an der böhm. Grenze gelegenen Feldes beschäftigt, verließ um die Mittagszeit die Arbeit und trieb seine 2 Thiere an eine nabe gelegene kleine Vertiefung, um vor Wind und Welter geschützt, daselbst daS FütterungSwerk vorzunehmen. Kaum war das Futter auSgeworfen und der Eigenthümer der Viehstücke nach dem nahen Sleinbruche gegangen, wurde er durch ein Poltern erschreckt und bemerkte, daß sein Vieh plötzlich vom Erdboden verschwunden war. An jener Stelle angelangt, bemerkt er eine kaum 1 Meter breite Oeffnung, aber einen 40 Ellen liefen, schwarzen Schlund. ES war ein lose bedeckt gewesener, verlassener Bergstolln, dessen Decke mit den Thieren eingebrochen ist. Auf den entstandenen Lärm hin eilten viele Menschen, auch die NettungSschaar der hies. freiw. Feuerwehr mit Geräthschaften herbei; eS begann die Wegräumung von Schutt und faulen Holzstücken, die Aufstellung eines Gerüstes und die Einfahrt in die Tiefe. Nicht ohne Bangniß sah man 2 beherzte Männer, H. Schmiedel und Gehlert — in Betracht der etwa vorhandenen Gase — hinabfahren. Es gelang, die beiden Biehkadaver ans Tageslicht zu bringen, allerdings unbrauchbar mit gebrochenen Gliedern, abgesprcngten Hörnern rc. Hierauf folgten auch beide Männer nach, die, al« sie frische Luft wieder erlangt hatten, in einem betäubten Zustande sich zu befinden schienen. In Kämmerswalde bei Sahda erfolgte am 23. Mai die Ein weihung des neu erbauten SchulhauseS. DaS alte Gebäude, im Jahre 1787 begonnen nnd vollendet, sollte nach dem Bauanschlage 553 Thlr. 7 Ngr. kosten, kostete aber, nachdem es fertig war, nur 508 Thlr. 17 Ngr. 5 Pf. Die Kirche unterstützte die Schule durch einen Bei trag von 200 Thlrn. Von der noch übrigen Summe trug das da mals eiugeschulte Neuwernsderf Vs, Kämmerswalre Vs; es balle für seine Schule also nur ca. 200 Thlr. aufzubnngeu. Das jetzige Schulhaus kostet 36,000 Mark. AuS Zeitz berichtet die „Prov.-Ztg.", daß am 28. Mai auf dem Wege von Gleina nach der Stadl zwei Korbmachcrgesellen von einem Vagabonden angefallen und ohne daß sie ihm etwas gethan hatten, mit Messerstichen nicht unbedeutend verletzt worden sind. Am 31. Mai wurde nun ein Landstreicher cingebracht, welchen man unter einer Brücke der Gleinaer Straße anfgegriffen hatte und von dem man vermuthet, daß er der Messerheld ist. Vermischtes. * Allgemeine Beachtung verdient ein vor wenigen Tagen in Berlin vorgekommener Todesfall. Ein sechs Monate altes Kino verstarb plötzlich bei Durchstechung der Ohrläppchen für Ohrringe, nach Ansicht des herbeigerufenen Arztes wahrscheinlich am Stimmritzenkrampf. — Es ist übrigens schon mehrfach beobachtet, daß das Durchstechen der Ohrläppchen bei kleinen Kindern namentlich Krämpfe, aber auch andere ernste Krankheitszuslänee hervorruft. * Im brennenden Waggon. Aus Warschau wird der „N. Fr. Pr." geschrieben: Ein vor einigen Tagen von hier nach Petersburg abqelassencr Passagierzug gerielh in der Nähe der Station Pljussa in Brand. Ehe man von dem Unfälle noch etwas wahrnahm, stand schon der dritte Waggon hinter der Maschine in Hellen Flammen, nnd ver gebens bemühten sich Kondukteuer und Passagiere nach dem Stillehalleu des Zuges, das Feuer zu löschen. Man erreichte nur so viel, daß nicht auch noch ankere Waggons zerstört wurden; aber der von den Flammen bereits ergriffene brannte bis auf den Grund nieder. Nun halte fick aber in demselben — es war ein Schlafwaggon — notorischer- weife der japanesische Militäragent von Petersburg anfgehalten, und es kvnule daher Niemanv daran zweifeln, daß derselbe verkohlt sei. Während man aber nach seinen Ueberresten suchte, kam auf dem Geleise eine von Arbeitern getriebene Draisine ungefähren, und auf dieser lag mit verbundenem Kopfe und verbundener Hand der Vermißte. Der Brand halte ihn im Scklafe überrascht. Als der Qualm ihn endlich weckte, sprang er, rasch entschlossen, znm Waggonfenster in'S Feld hinaus, wo ihn gleich darauf Bahnarbeiter fanden. Die Verletzungen des japancsischcn Militärageuten sind zum Glück keine schweren. * Tödlicher Biß. Melnik, 28. Mai. Der „Boh." schreibt man von hier: Im Dorfe Vehlowitz hat kürzlich ein Sohn seinen Vater, der ihn im Streite würgte, wie behauptet wirk, im Akte der Nolhwebr in die Hand gebissen. Die Hand schwoll an, es kam zu einer brandigen Entzündung, und der erst 46jährige-rüstige Mann erlag dieser Tage den Folgen derselben.