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Ausbruch de« Krieges zwischen Rußland und der Türkei nicht mehr zu verschieden ist, sv wird das gemeinsame friedliche Streben der europäischen Mächte gewiß um so entschiedener darauf gerichtet bleiben, irgend eine weitere Ausdehnung wes Krieges auf jede Weise zu verhüten. Verschiedenen Nachrichten zofolge ist die gesammte russische Süd armee im Vormarsch gegen die rumänische Grenze, uud die Bukarester Meldung, wonach telegraphische Mittheilungen über Truppenbewegungen nicht verbreitet werden dürfen, besagt hinlänglich, daß die russische Armee den Boden Rumäniens entweder bereits betreten hat oder ihn zu betreten im Begriffe stehe. Trotz des vom Reuter'schen Bureau erlassenen Dementi wird behauptet, daß! an der türkischen Grenze eine starke persische Armee konzenlrirt ist. Rüssische Offiziere haben das Kommando über sämmtliche persische Brigaven übernommen. — Fürst Gortschakoff soll den Kaiser ebenfalls nach Kischeneff begleiten. Hierüber wird Weiler dein „H. T. B." aus Petersburg vom 17. April gemeldet: Fürst Gortschakoff konferirt täglich mit dem hiesigen persischen Gesandten, ein gemeinsames Vorgehen Persiens mit Rußland scheint gesichert. Persien stellt ein Corps von 50,000 Mann aus, das von Bagdad aus sich mit der russischen Armee unter General Melikow in Anatolien vereinigen soll. Rußland stellt Persien Offiziere deö Generalstabes, Waffen und Munition zur Verfügung. Tagesgeschichte. Berlin. Ueber die Neichstagsvcrhandlungen bezüglich der Kanzler- frage schreibt die „Prov.-Corr.": Als Gesammtergebniß der Ver handlungen bleibt der Eindruck zurück, daß das Verständniß für die Wirksamkeit und die Verdienste des Fürsten Bismarck an Umfang gewonnen hat. Der Verlauf dieser neuesten Krisis war in der Thal die Häufung einer neuen Fülle von Vertrauensbeweisen auf das Haupt des leitenden Staatsmannes; denn abgesehen von dem Verhältniß des Reichskanzlers zu seinem Souverän, ein Verhältniß, das der Kaiser selbst als unzerreißbar erklärte — haben die Bundesfürsten wie die heißspornigsten Einheitspoliliker, haben Liberale undConservalive ihre Sympathien und ihre Unterstützung dein Fürsten Bismarck zugesichcrt, haben selbst die Clericalen ihn als den Staatsmann bezeichnet, mit dem sie vorzugsweise zu unterhandeln begehren würden. Und diesen Bezeugungen des Inlandes haben sich die des Auslandes zugesellt. Eine solche einzige Stellung -ist nach Außen und Innen ein schwer wiegendes Machtelkiucnt. Daß sie ein nationales Besitztum ist, dieses Gefühl war das vorherrschende Gefühl im deutschen Volk bei der letzten Krisis. Hierauf vor Allem beruhete auch die Befriedigung, welche von allen Seiten über die glückliche Erledigung der Krisis zum Ausdruck kam. Es wird dem Kaiser von der dankbaren Nation als ein neuer Beweis seiner hohen Negenlenwciöheit ungerechnet, daß er es sich vor Allem angelegen sein ließ, in ernster Zeit die bewährte Kraft des großen Staatsmannes dem Dienste des Vaterlandes zu erhalten. Wien, 17. April. Wie der „Pölitischen Correspondcnz" aus Bukarest gemeldet wird, Hal sich »er rumänische Minislerrath mit der Frage der Mobilisirung der ganzen Armee beschäftigt. General Joan Ghila ist gestern Abend in einer Specialmissiou nach Kischeneff ab gereist. Ein Petersburger Telegramm derselben Correspondcnz meldet, der russische Geschäftsträger in Constantinopel, Staatöralh Nelidoff, habe die Weisung erhalten, sich für den 19. d. M. zur Abreise von Constantinopel bereit zu halten. Paris, 15. April. Mehr al« jemals steht Henle »le religiöse Frage im Vordergründe, denn man wird hier inne, daß die von den Ultramontanen erzeugte Aufregung schon im Äuslanve ihre Früchte trägt. Die Regierung hat sich wer ullramvntanen Bewegung bisher nur auf »ie schüchternste Weise widersetzt, indem sie den katholischen Comilv von Paris aüflöste; eine Maßregel, Vie als eine streng gesetz. Uche schon längst hätte getroffen werden müssen. Aber man läßt im Uebrigen die römische Partei schalten und wallen, wie es ibr beliebt. Sie darf Bittschriften für die Wiederherstellung der päpstlichen Gewalt colportireu, die Bischöfe dürfen in anmaßenden Briefen den Präsidenten der Republik öffentlich zum Bruche mit der italienischen Regierung auffordern, ohne baß -bisher die Regierung sich rührte, um dieses Treiben entschieden zu desavouircn. Zwar heißt es, daß der Cultus- minister an die Prälaten ein Rundschreiben richten wolle, um sie zur Vorsicht zu ermahnen, aber dasselbe läßt auf sich warten. Und ge stattet man doch erst beute wieder einem Offizier, dem General Malherbe, in einer katholischen Versammlung des Stadtbezirks Montparnasse den Vorsitz zu führen. Die „Nepublique frau§aise" verlangt von der Regierung, daß sie den CleruS auffordere, die italienische Nation zu achten, und den Bischöfen die Unziemlichkeit ihrer Forderungeuffühlbar mache. Ein einziges Wort würde genügen, damit nicht mehr von der famosen Adresse der Katholiken die Rede sei und damit der Bischof von Nevers keine Nachahmer finde. Die Regierung würde eine schwere Verantwortlichkeit auf sich nehmen, wenn sie länger die Aus schreitungen einer Partei duldete, welche den Patriotismus zu sprechen -wagt und welche doch heule wie immer bereit sei, das Land fremden, Interessen aufzuopfcrn. Ju demselben Sinne lassen sich-das „XIX. Siedle" und andere Journale vernehmen; sie haben umsomehr Grund, die Gemeinschaft mit der clericalen Presse -abzulehnen, als -diese den Ton noch steigern zu wollen scheint. Nom, 19. April. Depreti« erklärte in der Finanzcommission auf Anfrage, ob »ie veränderte politische Lage eine Abänderung der Finanz- Projekte herbeiführen werde, Folgendes: Die Regierung sah die in der Oricntfrage eingelretene Phase bei Aufstellung de« Finanzexpose voraus und hoffe, daß der Krieg localisirt bleibe. Nur wenn die Russen auf Constantinopel marschiren sollten, könne die Situation vielleicht ernster und die Verwickelungen ausgedehnter werden; er bitte die Commission, die Finanzprojecle sorgfältig zu prüfen, damit er unter allen Even tualitäten auf unvorhergesehene Ausgabe- oder Einnahmeverminderung vorbereitet sei. London, 17. April. Der „Standard" -bespricht die möglichen Folgen des Krieges zwischen Rußland und der Türkei und meint, ein Eroberungskrieg wer»e nicht geduldet werden. England könnte Rußland an beiden Ufern ver Donau sehen, ohne einen Finger zu rühren; wenn jedoch Oesterreich und Deutschland gegen die Anwesenheit der Russen in Bulgarien Einwendung erheben und England auffordern sollten, ihren Protest zu unterstützen, würde England bei seinem Interesse, Rußland die Herrschaft -über den Bosporus nicht einzuräumen, ge zwungen sein, einer solchen Aufforderung Gehör zu schenken. Loudon, 18. April. Der Moruingpost zufolge ist Oesterreichs Vermilielungsgesuch gescheitert. Dasselbe Blatt erfährt, Schuwalow werde, falls die schwebenden Unterhanviungeu enden, London auf kurze Zeil verlassen. Dieser Schrill involvire keinerlei Abänderung in den Beziehungen zwischen England -uns Rußland; Diese Reise dürfte viel mehr zur schließlichen Verständigung führen. Türkei. ESchrcf Pascha, der seinerzeit die Missethater von Salonichi, trotz der Remonstrationen Deutschlands und Frankreichs, sn Freiheit setzte, ist zum Pascha von Trapezunt ernannt worden. Selbst die „Cöln. Zeitung" nennt dieses Vorgehen eine „Tactlosigkeit." Bukarest, 17. April. Einzelne Ablheilungcn der russischen Süd armee sind von Kischeneff in der Richtung auf Ungheni vorgerückt. Uorales und Sächsisches. — Zu Ende dieses Monats werden von den Reservisten des zum 15. ArmeecorpS commandirten FußartillerieregimentS Nr. 12 (Sachsen) diejenigen Mannschaften der Jabrgänge 1870^71, welche mit den neuen Waffen, Gewehr und Nohr, noch nicht Bescheid wissen, zur Dienst leistung auf 14—20 Tage cinberufen und unter Führung nach Hagenau im Elsaß geleite!, wo dieselben in den auf dem großen Schießplätze daselbst erbauten guten und wetterfesten Baracken Quartier nehmen. Aus Dresden meldet der dortige „Anzeiger": Der Schaven, welchen der Frost der Nächte vom 15. zum 16. d. M. an solchen Pflanzen verursacht, die gegen Kälte besonders empfindlich sind, erscheint stellenweise als bedeutend. Mandelbäume, Theerofen, frühzeitige Kirschen und Pfirsichen, vor Allem aber die Aprikosen, welche gegen Mille eer vorigen Woche in voller Blüthe standen, haben gelitten. Strichweise wird in den Weinbergen am rechten Elbufer genau so wie vor'm Jahre von einer Aprikosenernle abermals keine Rede sein, da die Kälte dort durchschnittlich A'/e Grad Reaumur betrug. Birnen, Pflaumen, Aepfcl, sowie die meisten Kirschensorten haben bis jetzt in der Hauptsache nicht gelitten. Nur an einzelnen besonders zugigen Punkten sind die zarten Blätter- und Blüthenknospen schwarz geworden. Dem Getreide Hal der Frost nirgenö geschadet, weil der Boden während der Källeperiode trocken war. Leipzig, 18. April. (L. T.) Es stellt sich heraus, daß die vom flüchtig gewordenen Bankier Schützer hier verübten Betrügereien einen größeren Umfang haben, als ursprünglich angenommen wurde. Zwei hiesige Bankinstitute allein erleiden durch von Schlltzer verübte Wechsel fälschungen einen Verlust von nahe an 200,000 M. Man hört, daß Schützer stark sich am Hazarcspi-l belheiligl hat. Burgau bei Leipzig. Auf hiesigem Revier ertappte am 16. April der Forsteleve Zacharias beim Holzstehlcu eine wegen ForslvergehenS bereits bekannte Frau, die bei seiner Annäherung die Flucht ergriff, von ihm aber eingeholt wurde. Plötzlich ging die Holzdicbin mit einem Messer, dessen -sie sich zum Abschneidcn des Holzes bedient, auf Zacharias loö, schlug ihn ins Gesicht und verletzte-ihn derartig, daß drei Finger-der linken Hand fast bis auf die Knochen durchschnitten wurden, er auch noch andere Verletzungen davontrug. Glücklicherweise kam in diesem Augenblicke ein anderer Forstmann hinzu und gelang cs, das wüthende Weib von Weiterem abzuhalten. Dasselbe ergriff wieder die Flucht, wurde aber eingeholt und Dürfte wohl einer nach drücklichen Bestrafung nicht entgehen. Zwiikau, 48. April. In vergangener Woche wnrde in »er kgl. Klöppelschule im benachbarten Planitz vor dem versammelten Eölus und den Lebrerinen der Anstalt, durch den Vorsitzenden der Localschul- inspeclion, Herrn Schuldirector Groh, im Auftrage der Königl. Kreis hauptmannschaft, unter entsprechender -Ansprache, den Schülerinnen Emilie Geipel auS Oberplanitz und Marie Schneider aus Niederplanitz, die für sie ausqefertiztcn BelobignugSvecrete überreicht; mündliche Be lobigung wurde den Schülerinnen Pauline Hans und Pauline Glaß zu Theil.