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— Die Korbwaare», welche auf der Landwirthschaftlichen Aus stellung zu Zwickau ausgestellt werden, sind Erzeugnisse der auf Staatskosten eingerichteten und unterhaltenen Lehrwerkstätten für Korbflechterei im Mülsengrunde, welche für die Zukunft eine lohnende Erwerbsquelle den dasigen Einwohnern und zugleich ein Ersatz für die niedergehende Weberei werden soll. — In Auerbach hat eine Hebamme die zu ihrem Beruf nöthige Flasche Karbolsäure, in ein Tuch gewickelt, auf den Glasschrank ihrer Wohnung gelegt. Ihr Zl/zjähriger Enkel ist dazu gelangt und hat davon getrunken. Am zwcitnächsten Tage ist das Kind in Folge dessen gestorben. — Schöneck, 7. Septbr. Um das durch Herrn Kleins Weg gang nach Kirchberg erledigte Schuldirectoriat batten sich 26 Herren beworben, unter welchen die Herren Oberlehrer Sattler - Burgstädt, Lehrer Jähm-Callnberg und Lehrer Rudolf-Oschatz zur Probe kamen. Herr Rudolf-Oschatz wurde zum Director unserer Schule gewählt. Als eine Merkwürdigkeit mag mitgetheilt werden, daß sich um das Directoriat unserer evangelischen Schule auch ein katholischer Pfarrer aus der Rheinprovinz mit beworben hatte. — Dem Vernehmen nach wird Se. Mas. der^Kaiser Wilhelm während seines Aufenthaltes in Dresden die 2. Etage in demjenigen Theile des königl. Schlosses bewohnen, welcher nach dem Taschen berge zu gelegen ist und welcher früher von dem hochsel. König Johann bewohnt wurde. In diesem Theile des Schlosses ist ein an der Treppe befindlicher Aufzug angebracht, welcher dem hohen greisen Herrn das Treppensteigen erspart. Dieser Aufzug wurde seiner Zeit für die Königin Elisabeth, Wittwe des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, erbaut, welche hohe Frau bekanntlich viel am Dresdner Hofe weilte und durch die langanhaltende aufopfernde Pflege, welche sie ihrem königlichen Gemahl während seiner Krankheit hatte zu Theil werden lassen, selbst kränklich, des anhaltenden Treppensteigens nicht mehr fähig war. Außerdem befindet sich in diesem Theile des Schlosses ein Speisesaal und auch hierdurch ist für größere Bequemlichkeit ge sorgt. — Die Ehrenpforte, welche jetzt auf dem Schloßplatze in Dresden errichtet wird, ist die größte aller bisher daselbst aufgestellten Ehren pforten. Sie erreicht bis zur Spitze eine Höhe von 16 Metern. — Eine aufregende Scene fand am 6. d. in Dresden am An- tonSplatz statt. Der vierjährige Sohn eines Schuhmachers war zum Wohnungsdachfenster hinausgekrochen und zum Dache hinab bis an die Dachrinne gerutscht, hatte aber an derselben sich noch festhalten können und blieb nun dort etwa 3 Minuten in der Schwebe hängen. Als das Kind endlich herabstürzte, war inzwischen durch Unterhalten von Decken und Tüchern dafür Sorge getragen worden, daß dasselbe ohne Verletzungen zu erleiden der Gefahr entging. Ein Augenzeuge erzählt hierüber: Die Aufregung der Marklverküuferiuneu äußerte sich in einem grassen Aufschrei, worauf während der 3 Blin. Pause, welche bis zum Herabfallen verstrich, eine ängstliche Stille eintrat. Aus einem Geschäft wurden schnell Flanellballen herausgelegt, die Marktweiber gaben ihre Regenplanen zum Auffangen des Kindes, Betten wurden heruntergeworfen und dem mit dem Hemdchen an den Haken der Rinne hängenden Kinde wurde nun zugerufen, die Händchen loszu lassen. Dies geschah: der Knabe schlug im Herabfallen mit den Beinen an eine Firmatafel, überschlug sich und fiel in die aufgespannte Lein wand, welche zwar zerriß aber den Aufprall wesentlich milderte, so daß das Kind unbeschädigt aus den untergelegten Betten hervorge holt werden konnte. Der Arzt hat die beste Hoffnung, daß dem Knaben keine wesentlichen Nachtheile aus dem Sturze erwachsen werden. — Bei Eröffnung der Jagd am 1. Sept, schoß ein Jagdpachter aus Dresden, Herr Hempel, auf Johnsbacher Revier einen Jung hirsch an. Beim Nicken desselben wird er plötzlich von einem anderen ganz in der Nähe stehenden Jäger, welcher jedenfalls dem Hirsche seine Ladung geben wollte, in die Beine geschossen, so daß er sofort niederstürzte. Posten und Schrot waren ihm durch die Wade» gegangen, die anderen mußten vom Arzte herausgeschnitten werden. Der Un glückliche liegt in Glashütte in Pflege. — Da die Billets zur Zuschauertribüne der Kaiserparade bei Riesa so schnell vergriffen wurden, ist eine Vergrößerung der Tri büne projectirt. Allerdings wird darüber geklagt, daß sich viele Billets in Händen von Zwischenhändlern befinden. — In Schellenberg wird demnächst die zwangsweise Trichinen schau eingeführt. Deutschland. Der Kaiser wohnte auf Anrathen der Aerzte dem am 7. September stattgesundenen Corpsmanöver des 5. Armee corps nicht bei und war auch nicht bei deni hierauf folgenden Diner, welches im königlichen Palais zu Breslau stattfand, anwesend. Da gegen unternahm der Kaiser am Freitag in offener Kalesche eine Ausfahrt nach dem Scheitnigcr Park, von welcher er im besten Wohlsein nach Breslau zurückkehrte. Das Fernbleiben des Kaisers von dem Manöver am Donnerstag wird durch den Hinweis aus die große Ausdehnung der bevorstehenden Manöver des 12. (sächsischen) Armeecorps erklärt, welche die möglichste Schonung für den greisen Monarchen als geboten erscheinen läßt. Im Uebrigen ist jedoch das Allgemeinbefinden desselben ein zufriedenstellendes und und deshalb die Besorgnisse, welche begreiflicher Weise in dieser Beziehung auf- tauchten, grundlos. Der „Reichs- und Staats-Anzeiger" veröffentlicht einen Erlaß, in welchem der Kaiser für die zahlreichen Ergebenheits-Telegramme, die ihm anläßlich der Sedanfeier, sowie im Laufe des Sommers zu gegangen sind, namentlich von Vereinen und Versammlungen, seine Anerkennung ausspricht. Die preußischen Wahlangelegenheite» beginnen allmälig mehr als bisher in den Vordergrund des öffentlichen Interesses zu treten. Durch Erlaß vom 4. September hat Herr von Puttkammer den Localbehörden Beschleunigung der Wahlvorbereitungen anempfohlen und neuerdings sogar telegraphisch diese Anweisung wiederholt. Namentlich aus letzterem Umstande kann man mit Bestimmtheit schließen, daß der Wahltermin nicht mehr fern ist, doch hat bisher die Angabe verschiedener Blätter, daß die Wahlmänner-Wahlen am 12. October und die allgemeinen Wahlen um Ul. Octobcr stattfindeu würden, amtlicherfists noch keine Bestätigung erfahren. Die Angelegenheit des Herzogs von Cumberland, des braun schweigischen Thronprätendenten, beschäftigt neuerdings wieder leb haft die Presse. Wie es heißt, wäre die Anwesenheit des Königs von Dänemark, des Schwiegervaters des Prätendenten, und des Prinzen von Wales in Deutschland dazu benutzt worden, den Herzog von Cumberland zu einem Vergleiche mit der Krone Preußen zu be wegen. Der Herzog soll sich hierzu jetzt auch geneigter zeigen, als bisher, was aber weniger dem Einflüsse des Königs von Dänemark und des Prinzen von Wales als vielmehr dem Umstande zugeschriebeu wird, daß der Kaiser von Rußland, der Schwager des Herzogs von Cumberland, nicht, wie dieser gehofft, die geringste Neigung zeigt, die Ansprüche des Herzogs auf den Thron von Hannover bei der preußischen Regierung zu unterstützen. Der vom Reichseisenbahnamt nach Freiburg i. B. entsendete Commissar hat jetzt seinen vorläufigen Bericht über die Eisenbahn- catastrophe bei Hugstetten veröffentlicht. Aus demselben geht hervor, daß der Bahnkörper und der Oberbau sich in gutem Zustande be fanden und Schwellen und Schienen von guter Beschaffenheit waren. Die bisherigen Erhebungen und Untersuchungen geben nach Ansicht des Commiffars der Vermuthung ziemlich sichern Anhalt, daß der Locomotivenführer die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht unwesent lich überschritten haben dürfte und daß vielleicht auch das Bremser personal nicht mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Dienstfunctionen nachgekommen sein wird. Gericht und Staatsanwalt sind in vollster Thätigkeit. Oesterreich-Ungarn. Kaiser Franz Josef hat am vergangenen Freitag eine größere Reise in die südlichen Provinzen der öster reichischen Monarchie angetreten, welcher namentlich in Hinblick auf die Vorgänge in Triest eine gewisse Bedeutung nicht abzusprechen ist. I» allen Provinzen, welche der Kaiser berührt, werden groß artige Vorbereitungen zu seinem Empfange getroffen und die ver schiedenen Nationalitäten werden sicherlich in Beweisen ihrer Treue und Ergebenheit für den Kaiser wetteifern. Ihren Höhepunkt und Abschluß wird die Kaiserreise in Triest finden, wo das kaiserliche Paar in Begleitung des Kronprinzen und der Kronprinzessin am 17. d. M. eintrifft. Jedenfalls wird der kaiserliche Besuch in dem großen Handels-Emporium Oesterreichs an der Adria mit dazu dienen, in der Triester Bevölkerung das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit dem Reiche gegenüber den Bestrebungen der Irredentisten aufs Neue zu stärke». Frankreich. In der inner» französischen Politik herrscht noch immer vollständige Ruhe und die französischen Blätter kommen daher aus Mangel an geeignetem Stoff immer wieder ans die Angelegen heit des deutschen Turnvereins in Paris zurück. Es ist bemerkens- werth, daß selbst Blätter, wie die „France" und „Paris-Journal", welche anfänglich das Vorgehen Derouläde's als eine patriotische That feierten, jetzt andere Saiten anfziehen und denselben warnen, noch weiter die Empfindlichkeit der Nachbarn Frankreichs zu reizen. Nun, die gambettistische Presse möge sich beruhigen, die Deutschen haben trotz der Provokationen der „patriotischen Liga" ihr kühles Blut bewahrt und werden auch fernerhin ihre würdige Haltung be wahren. England. Die „Times" bringt einen sehr bemerkenswerthen Artikel über die europäische Stellung Deutschlands und dessen weit tragenden Einfluß. Das englische Weltblatt hebt hervor, daß Deutsch land, gestützt auf sein starkes Heer und das gebietende Ansehen seiner geschickten, weitblickenden Diplomatie, jeden Versuch, den europäischen Frieden zu stören, stets mit Erfolg unterdrückt habe und selbst Unter nehmungen, welche unabsichtlich Unheil hervorgerufen habe» würden, seien von Deutschland vereitelt worden. England habe es dem Fürsten Bismarck durch dessen Zurückweisen jeden Einmischungsversuches zu danke», daß es jetzt seine Ausgabe in Egypten lösen könne. Deutsch land sei lediglich auf die Erhaltung des Friedens bedacht und habe Alles aufgeboten, die Behandlung der egyptischen Angelegenheiten zu . einer localisirten zu mache». Hoffe»tlich entspreche» diese anerkennenden Worte auch den in den Londoner Regiernngskrcisen gegen Deutsch land herrschende» Gesiimunge». Rußland. Das russische Kaiserpaar ist von der Flottenrevue in Trömsund wohlbehalten wieder in Peterhof eingetroffen, ohne daß die Nihilisten einen Versuch gemacht hätten, die Revue zu stören, was doch nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeit lag. Die Münuer des Dynamits verhalten sich überhaupt seit längerer Zeit sehr ruhig; ob dies ein Zeichen ist, daß die nihilistische Bewegung