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ung den Gedanken an eine höhere Besteuerung des Tabaks wieder in verstärktem Maße entstehen lassen. Man wollte hierbei besonders auf die Gutachten derjenigen Staaten Bezug nehmen, welche zwar das Monopol durch ihre Vertreter im Bundesrathe verworfen, dabc jedoch ausgeführt hatten, daß eine anderweite Besteuerung des Tabaks zulässig sei. Nun stellt sich aber heraus, daß manche dieser Regier ungen jetzt auch eine anderweite Besteuerung des Tabaks nicht wünschen, sondern im Gegentheil erwarten, die Tabakindustrie im Sinne des vom Reichstage genehmigten Antrages v. Bennigsen vor läufig ganz verschont zu sehen. Man sieht nun den hieraus bezüg lichen Beschlüssen der Reichsregierung mit Spannung entgegen. Der „Reichs- und Staats-Anzeiger" bringt in seinem nichtamt lichen Theile die Mittheilung, daß die preußische Regierung die Wiederaufnahme der auf Grund des Gesetzes vom 22. April 1875 eingestellten Staatsleistungen für den Umfang des preußischen An theils der Erzdiöcese Freiburg angeordnet habe. Es handelt sich hierbei um die Hohenzollernschen Lande, welche mit zur Erzdiöcese Freiburg gehören. Oesterreich.Ungarn. Im Schooße der österreichischen Ne gierung wird über die Thunlichkeit und Möglichkeit, den gesetzmäßigen Vertretungskörpern ein Budget für Bosnien und die Herzegowina vorzulegen, gegenwärtig verhandelt. Herr v. Kallay, der gemein same Finanzminister, soll dem vielfach geäußerten Wunsche, daß den Delegationen statt der bisherigen orientirenden Ausweise vereinzelte budgetmäßige Voranschläge unterbreitet werden möchten, nicht abge neigt sein. Er erkennt der Forderung nach einer wirklichen consti- tutionellen Aufsicht in den occupirten Provinzen volle Berechtigung zu und werden die Verhandlungen, welche gegenwärtig über diese Angelegenheit zwischen Wien und Pest schweben, jedenfalls zu einer Verständigung führen. Frankreich. In Frankreich läßt sich eine gewisse Spannung der inneren Lage nicht verkennen. Im Senat wie in der Depu- tirtenkammer werden wegen der egyptischen Angelegenheiten neue Interpellationen vorbereitet und Herr Freycinet wird gegenüber diesen Angriffen immerhin keinen leichten Stand haben. Auch die Ausführung des Finanzprogrammes des Finanzministers Leon Say, namentlich aber dessen Eisenbahnpolitik, findet in der Deputirten- kammer heftigen Tadel, so daß ein Rücktritt Say's gerade nicht sehr überraschen würde. Indessen halten in beiden Häusern des Parla mentes die Mehrheiten noch fest zur Regierung, da man in diesen Kreisen einen abermaligen Cabinetswechsel abgeneigt ist und so wird der Ministerpräsident Freycinet wohl auch die jetzigen Schwierigkeiten überwinden. — In Cherbourg und Brest werden schleunigst Panzer schiffe ausgerüstet, auch sind ca. 1300 Seeleute und sämmtliche be urlaubte Marineofficicre nach Toulon einberufen worden. England. Im englischen Unterhause werden die Erörterungen über die egyptische Frage mit echt britischer Gründlichkeit fortgesetzt. Die Vertreter der Nation drängen zu einem entschiedeneren Auftreten der englischen Negierung in Egypteu, während die Negierungsver treter in ziemlich geschraubten Wendungen zu verstehen geben, daß das englische Cabinet die weitere Entwickelung der Dinge am Nil abwarten müsse und sich im Uebrigen nicht in die Karten sehen lasse. Soviel ist indessen aus den Erklärungen, welche Unterstaatssecretair Dilke in der Tonnerstagssitzuno des Unterhauses gab, herauszulesen, daß die englische Regierung mit der jüngsten Wendung der egyp tischen Frage, wie sie sich durch die Neubildung des egyptischen Ca- binets documentirt, nicht zufrieden ist und daß das letztere vorläufig nicht auf die Anerkennung Englands zu rechnen habe. Rußland. Die Temperatur in der russischen Hauptstadt zeigt wieder eine unheimliche Schwüle. Die Nihilisten haben ihre Maul wurfsarbeit wieder ausgenommen, wie die Entdeckung eines mit Sprengbomben und Dynamit wohlgesüllten nihilistischen Versteckes beweist. Gegen fünfzig Personen sind infolge dessen verhaftet worden, welche beschuldigt sind, ein Attentat gegen den Czaren geplant zu haben, das während der beabsichtigten Krönungsfeier in Moskau zur Ausführung gelangen sollte. Die Sorge für die persönliche Sicher heit des Czaren wird daher wieder ein ernster Gegenstand der Bc- rathungen der russischen Minister sein. Graf Jgnatieff hat es während seiner Ministerthätigkeit verstanden, den Kaiser gegen nihilistische Angriffe zu schützen, allerdings nur dadurch, daß er den Czaren in Gatschina und Peterhof von der Außenwelt gänzlich ab- schloß. Graf Tolstoi, der Nachfolger Jgnatieff's, ist jedoch nicht ge willt, die Verantwortlichkeit für den Schutz des Monarchen zu über nehmen und dringt deshalb auf die Abtrennung des Polizei-De partements vom Ministerium des Innern, so daß also der jeweilige Leiter des ersteren die gewiß schwere Pflicht Hütte, für 'die persön liche Sicherheit des russischen Herrschers zu sorgen. Orient. Die Botschaster-Conferenz in Constantinopel, von der nun alles Heil in der egyptischen Frage kommen soll, ist nicht am 22., sondern am 23. d. M. zusammengetreten und hielt ihre erst^- Sitzung in der Wohnung Corti's, des italienischen Botschafters bei der Pforte ab. Es fragt sich nun zunächst, ob die Türkei diesem Factum gegenüber ans ihrer Weigerung, an der Conferenz theilzu nehmen, verharren oder ihre Verireter doch noch zur Conferenz ent senden wird. Für jetzt ist noch das erstere wahrscheinlich, denn die Pforte kommt immer von Neuem darauf zurück, daß die Conferenz überflüssig erscheine, da die Mission Terwisch Pascha'ü von bestem Erfolg begleitet sei. Ueber diesen Punkt konnte man bis vor Kurzem allerdings in Zweifel sein; seitdem aber Arabi Pascha erklärt hat, er würde der Weisung des Sultans gehorchen und nach Constantin opel kommen, falls ihn das egyptische Heer ziehen ließe, ist aller dings Hoffnung vorhanden, daß es Derwisch Pascha gelingen werde, seine Autorität in Egypten geltend zu machen und Ordnung in das dortige Chaos zu bringe». Süd-Afrika. Im Lande der Zulus ist ein Bürgerkrieg aus gebrochen. Dabuka, der Bruder des von den Engländern gefangen gehaltenen Zulukönigs Cetewayo, hat ein grobes Heer gesammelt und mehrere den Engländern ergebene Häuptlinge angegriffen und geschlagen. Dabuko will augenscheinlich das ganze Zuland unter seine Botmäßigkeit bringen, was die Engländer natürlich nicht zu geben werden, so daß denselben ein neuer Kampf gegen die Zulus in Aussicht steht. Was die Liebe vermag. Roman von Ed. Wagner. (Fortsetzung.) „O, ich kenne Mr. Clifford sehr gut," rief sie ohne jeden schottischen Accent. „Er ist der Großneffe Miß Winham's. Als ich vor vielen Jahren noch im Schloß Winham im Dienst stand, erhielt ich manches reichliche Trinkgeld von Ihnen, Mr. Clifford, — ich habe Sie gleich wiedererkannt, Sir, und freue mich darüber, Sie hier so unverhofft wiederzusehen." Clifford ergriff die dargebotene Hand und äußerte, daß er den Zufall preise, der ihn hierher geführt. Er, der niemals Jemanden vergaß, erinnerte sich Mrs. Williams sehr gut. Er wußte, daß er für Valerie in ganz London keine Zufluchtsstätte hätte finden können, die geeigneter zu seine» Plänen gewesen märe, als gerade diese. „In diesem Hause wird Valerie gegen jede Nachsorschung seitens des Grafen St. Berry, wie auch seitens Sir Arthur Rushfield's ge sichert sein," sprach er zu sich selbst. „Sie ist für Beide unwieder bringlich verloren!" „Meine junge Herrin ist erschöpft," sagte Gertrude zu ihrer Freundin. „Wenn die Zimmer bereit sind, wollen wir uns gleich nach oben begeben." „Schon seit heute Morgen ist Alles zu Ihrem Empfang bereit, Miß Gloom," antwortete Mrs. Wihiams. „Wollen Sie mir ge fälligst folgen, ich werde Sie hinausführen." Ihre Gäste folgten der Aufforderung und verfügten sich in ihrer Begleitung in die im dritten Stockwerk gelegenen Räume, die aus drei Zimmern hestanden. Das Wohnzimmer lag nach vorne heraus und hatte drei Fenster, die nun geschlossen und verhängt waren. Das kleinere Schlafzimmer für Valerie, sowie das für Gertrude be stimmte Gemach lagen dicht daneben, obschon an der Hinterfronte des Hauses. Sämmtliche Zimmer waren einfach, aber die ganze Einrichtung der Zinimer rief eine» freundlichen Eindruck hervor. Die Polsterung des Divans und diejenige verschiedener Stühle trugen einen Ueberzug von Kattun, der als Muster auf schwarzem Grund verstreute rothe Rosen zeigte. Ein gleichfarbiger Teppich lag auf dem Bode». Verschiedene Tische standen an geeigneter Stelle und eine kleine Wanduhr unterbrach mit ihrem trauten Pendel schlag die friedliche Stille, die in dem Gemache herrschte, und mehrere Kupferstiche — Ansichten aus Schottland, — zierten die Wände. Ueber dem Feuer, welches hinter den blank geputzten Messingstüben des Kamins hell aufloderte, hing der Theekessel. Auf deni mit blen dend weißen Leinen bedeckten Tisch stand ein alterthümliches, rothes Service. Das Ganze sah recht einladend aus, und Valerie legte, bei dem freundlichen Anblick, der sich ihrem Ange bot, weniger traurig, als sie geglaubt hatte, Hut und Manlel ab. Mrs. Williams nahm die Lampe von dem einen Tisch und ägte, in das anstoßende Zimmer hineinleuchtend: „Dies ist Ihr Schlafzimmer, Miß Gloom." Valerie trat herzu und überschaute die anmuthende, bescheidene Einrichtung des Gemachs. Das Bett zeigte tadellos weiße, garnirte .Kissen und weder der Schrank noch der Toilettentisch fehlten. Vor den Fenstern hingen Katlunvorhänge und auf dem Fußboden lag ein neuer Teppich. Eine woblthnende Rube zog in Valeriens Seele bei diesem Anblick ei» und sie zögerte nicht, Airs. Williams ihren Beifall über die für sie getroffenen Anordnungen auszusprechen. „Ich habe ein Abendessen hergerichtet, Miß-Gloom," sagte die Hauswirthin, während sie die Lampe wieder an ibre Stelle setzte, „und wenn es Ihnen angeuehm ist, könnte auch Mr. Clifford an demselben theilnehmen." „Gewiß, Mr. Clifford soll uns als Ihr Gast willkommen sein," antwortete Valerie. „Wir werden Alle heute Abend gern Ihre Gäste sein." Nirs. Williams rief nun ihr Dienstmädchen herbei und ließ durch dieselbe de» Theetisch Herrichten und ein einladendes warmes Abend essen auftragen; sodann nahmen Alle am Tische Platz und Airs. Williams bediente selbst ihre Gäste. Clifford dünkte dieses einfache Mahl ein Festessen zu sein; saß er doch an der Seite des Mädchens, welches er letdenschaftlich liebte