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des bekannten Vertrages wegen deS heiligen Hauses in Loretta durch den Justtzminister jein, unter der ausdrücklichen Bedingung jedoch, . daß dasselbe nicht als Asyl für die Jesuiten diene. Lokales und Sächsisches. Zwönitz. Am 26. d. concertirte nach vorausgegangener, warmer Empfehlung I. d. Blatte die Geyer-Tannenberger Lehrerconferenz im „Blauen Engel" hier. Das Concert war ziemlich gut besucht, wenn auch in Anbetracht des Zweckes, als in Hinsicht auf die dargebotenen Leistungen der Concertgeber dem Concerte ein noch größerer Besuch zu wünschen gewesen wäre. Das Publikum erwartete offenbar etwas besonders Gutes zu hören und hat sich hierin gewiß nicht getäuscht gefunden, denn es wurde demselben weit mehr, als es hoffte, geboten. Die Chorgesänge legten Zeugniß ab von der guten Schulung der Sänger, wenn gleichwohl nicht verschwiegen werden darf, daß einige Kleinigkeiten, wie z. B. die sich nicht überall consequent bleibende Aussprache, vorzüglich des „g", sowie die Neigung des 2. Tenor zum sogenannten „Herunterziehen", was vorzüglich in den Unisonostellen hervortrat, hätten noch vermieden werden können. Daß der Decla mator sich nicht in gleicher Weise hervorthat wie die Sänger, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Die seltene Gabe zum Declamiren kann sich eben niemand selbst geben und aller Fleiß und Lust lind Liebe zur Sache können doch Mangel an Talent nicht vollständig er setzen und das Bestreben des Declamators, seiner Aufgabe gerecht zu werden, ist gewiß nicht zu verkennen gewesen; doch im Allgemeinen ließ sich ja die Sache auch hörenI Eines ganz besonderen Applaus hatte sich der Baßsänger im „Waffenschmied" v. Lortzing zu erfreuen, und gewiß mich mit Recht. Eine Glanz-Piece aber, „Impromptu" v. Schubert für Pianoforte, schien von einem Theile des Publikums nicht so gewürdigt zu werden, wie es doch das Stück verdient hätte. Der Pianist war gewiß mit der größten Vorsicht und Umsicht an die Einübung desselben gegangen und brachte nun auch das Stück bei einem recht anmuthigen und zarten Anschlag sicher und correct zum Vortrag. Desto unangenehmer, ja geradezu beleidigend muß es aber für den Vortragenden sein, wenn sein Spiel von Mehreren durch auffallende, störende Plauderei mißachtet wurde. Sollten dergleichen Ungehörigkeiten, wie solche in guten Concerten hier schon öfters zu Tage getreten, immer wiederkehren, dann darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn man in Zukunft auf derartige Concerte hier verzichten müßte. Zum Schluffe erwähnen wir nur noch, daß nian durch dieses Concert gewiß wieder einmal Geschmack an einem guten Männerge sang gewonnen hat, und sollte die geehrte Conferenz gesonnen sein, nächstes Jahr wieder einmal hier zu concertiren, so würde man sie gewiß sehr gern sehen. Thalheim, 28. Septbr. Heute Nachmittag ^3 Uhr brach in der hiesigen Flachsspinnerei von Clemens Claus ein Schadenfeuer aus, das dieselbe bis auf die Umfassungsmauern sammt dem Inhalte in Asche legte. Leipzig. Während in der letzten Leipziger Ostermefse das Geschäft in Sohlleder entschieden ungünstig war, ist für diesmal gerade das Gegentheil zu berichten. Diese lebhafte Nachfrage machte sich gleich zu Beginn des Verkehrs bemerkbar, der sich außerordentlich flott entwickelte, so daß die an sich mäßigen Zufuhren rafch geräumt wurden. Dem animirten Geschäftsgänge entsprechend stellten sich die Preise durchgängig bis 10 Mk. höher als Ostern. Gute Nachfrage zeigte sich auch für Nindoberleder bei unveränderten Notirungen; einige feine Posten blieben unverkauft, weil Verkäufer die Preise nicht drücken ließen. Entschieden schlecht ging das Geschäft in Kipsen; die Preise wichen um 10—25 Pf. pro Pfund und blieben trotzdem größere Posten unverkauft. Es muß constatirt werden, daß hieran die Gerber selbst viel Schuld haben, denn gerade an Kipsen kommt soviel schlechte Waare an den Markt, daß es den Käufern nicht zu verdenken ist, wenn sie ungenügende oder gar keine Gebote anqeben. Ein guter Verkehr war auch diesmal bei wiederum etwas höheren Preisen in lohgarem und weißgarem Schafleder, wozu jedenfalls die verhältnißmäßig kleine Zufuhr beigetragen hat; hierzu ist auch sämisch Leder zu rechnen, welches sich schnell räumte. Die Anfuhr in rohen Häuten war nicht groß und wurden die wenigen Posten zu kaum letzten Preisen verkauft. Freiberg. Ein die hiesige Bergacademie besuchender Amerikaner, Namens Clark, hat von Eisenach aus eine Reise per Vilociped nach Düsseldorf unternommen und ist auf dieser Tour wohlbehalten in Frankfurt a. M. am 16. September eingetroffen. Einen geraden Weg hat derselbe aus seinem vorzüglichen Vehikel eben nicht einge schlagen. Seine Abreise aus Eisenach erfolgte am 19. August. Er fuhr über Nürnberg, Regensburg, München, Oberammergau, Jnsbruck, BregenS, Konstanz, Basel Freiburg (mit einem dreitägigen Abstecher in den Schwarzwald) Baden-Baden, Karlsruhe, Mannheim, Darm stadt, Frankfurt. Hainichen. Vergangenen Mittwoch Nachmittag in der 6. Stunde ist in der vom Jahrmarkt her noch in Hainichen anwesenden Me nagerie ein Unglück passirt. Ein bei einem dortigen Bürger in Diensten stehendes Mädchen-war mit dem jüngsten 4»/^ Jahre alten Kinde, einem Mädchen, in die Menagerie gegangen und hatte un vorsichtiger Weise dq-Kind, um ein Kopftuch desselben festzubinden, trotzdem der Wärter der Thiere gewarnt hatte, den Thieren nicht zu sehr in die Nähe zu kommen, während der kurzen Abwesenheit der Aufsehers, auf ein Bret unweit eines Bären gestellt, welcher mit seinen Tatzen durch das Gitter herausgelangt, das Kind an den linken Fuß gepackt und mit der Tatze das Fleisch an der Wade aufgerissen hat. Man nahm sogleich ärztliche Hülfe in Anspruch und ist es noch nicht zu bestimmen, ob weitere unglückliche Folgen, Steifheit des Fußes, hieraus entstehen werden; das arme Kind hat große Schmerzen auszustehen. Lommatzsch. Das Opfer ihrer Mutterliebe ward dieser Tage die verehel. Beuchler in Churschütz, als sie mit ihrem Kinde auf dem Felde war. Sie erblickte plötzlich das Kind dicht vor den Pferden eines im Gange befindlichen Geschirres, eilte herbei, es der drohen den Gefahr zu entreißen, stürzte jedoch dicht vor den Pferden nnd erhielt von einem derselben einen Tritt auf den Kopf, welcher den Tod der unglücklichen Mutter herbeiführte. Der Geliebte -er Tobten. Roman. Frei nach dem Französischen von Julius Detmoll. (Fortsetzung.) Stets spielte eilt glückliches, fröhliches Lächeln um ihre Lippen, und wenn sie die Stirn ihres Onkels mit zärtlichem Kusse berührte, hätte man sagen können, sie concentrir« auf ihren Lippen wie in der Furcht eines nahen Todes alle Liebe und Hingebung für die Theuren. Während Bernhard in dem Arbeitszimmer des Bürgermeisters beschäftigt war, saß die Familie im Nebengemach, und wenn er er müdet die Augen erhob, breitete sich vor ihm das Bild eines liebe vollen Familienlebens aus, wie er es niemals genossen. Gedanken des Hasses und der Verzweiflung durchbebten sein Herz und ergriffen sein Hirn. Mitleidslose Seelen! rief er aus. Ihr ahnt nicht, welche Leiden Ihr mir bereitet! Euer Glück empört, Eure Freude tödtet mich! O, blickt nicht hierher . . . Bitterkeit müßte eine Glückseligkeit stören! Doch wer von Euch versteht das Weh, das mich quält, und ahnt von meinem schlummerlosen Nächten, meine hoffnungslosen Tage? Ich bin ein Bastard, ich verrichte meine Arbeit, werde bezahlt. . . was soll ich mehr verlangen! . . . Einen Platz an diesem Herde? . . . Ich? . . . Welchen Anspruch hätte ich daraus? .. . Nein, vater loses Kind, trage Deine Erinnerungen, Deinen Zorn allein! Immer allein! . . . Meiner Mutter habe ich verziehen! . . . Mein Vater hat mich verleugnet . . . O, ich könnte diese Glücklichen, die mich quälen ohne es zu wissen, Haffen! . . . Niemand reicht mir freund lich die Hand, mich aus diesem Elend herauszugeleiten! Und dieses bleiche, junge Mädchen, das mich kaum ansieht, wird niemals ver stehen, daß ich ein Herz habe und liebe! . . . ' Und eine schwere Thräne rann seine Wangen herab. — Du weinst, Elender? ... Du hast kein Recht dazu! . . . Arbeite! ... Du stiehlst Anderen die Zeit! Und in fieberhafter Eile flog die Feder über das Papier. Das Blatt bedeckte sich mit gleichförmigen Buchstaben, und nur verwirrte Gedanken durchkreuzten sein Hirn . . . bisweilen ein Haß- trahl oder das Verlangen nach Rache. In dem Gemach daneben lachte und plauderte der Bürgermeister und spielte mit den blonden Haarwellen des jungen Mädchens. 11. Kapitel. Philomene. Seit fünf Monaten war Fräulein DeSclaux zu ihrem Oheim auf das Land zurückgekehrt; ihre Krankheit hatte sie gezwungen, das Kloster zu verlassen. Jetzt war der August gekommen, und eine Pensionsfreundin Louisens, Fräulein Philomene, eine liebenswürdige Waise, folgte der Einladung ihrer Freundin, die Ferien bei ihr zu verbringen. Sie hatte dieselbe angenommen, da diese herzliche Gastfreundschaft gewiß nicht als ein Almosen angesehen werden konnte. Zu Ehren des Gastes wollte Herr Desclaux ein Fest geben und lud zu demselben drei seiner besten Freunde, den Steuereinnehmer und seinen nächsten Nachbar, Herrn d'Extreme, den Notar ein. Im Ganzen waren vierzehn Personen anwesend. Als man sich zu Tische setzen wollte, fehlte ein Gast: der Steuer einnehmer. — Verdammt! brummte Herr Desclaux. Dreizehn zu Tisch . . . Das ist unmöglich! ... Da geschähe ein Unglück! . . . Was thun? Man sprach davon, den Koch oder den Knecht zu Tisch zu ziehen . . . da bemerkte Fräulein Philomene in dem Nuchbarzimmer still und düster den armen Schullehrer arbeiten, und fragte Herrn Desclaux, auf Bernhard deutend: — Und jener Herr? — Das ist wahr! Daran hs-e ich gar nicht gedacht!