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Grobvezier schuldig machte, daß er es ferner versucht haben soll, einen ungebührlichen persönlichen Einfluß auf die Militärpartei auszuüben und unwillkürliche Ernennungen nach eigenem Belieben vollzogen hat. Hussein Pascha ist jedoch nicht ins Gefänguiß abgeführt worden, sondern wird nur in seiner Wohnung bewacht. Frankreich. Die französische Regierung ist bemüht, den Streit wegen Tunis in freundschaftlichem Wege auszutragen. Sie ließ daher erklären, daß die Entwicklung des italienischen Handels und die Niederlassung italienischer Unterthanen in Tunis nur Frankreich an genehm sein könne. Dagegen könne Frankreich wegen seiner algeri schen Besitzung nie zugeben, daß eine andere Macht in Tunis eine politische Präponderanz ausübe. Frankreich bezeichnete gleichzeitig das Treiben des italienischen Consuls von Tunis als einer freund schaftlichen Verständigung beider Staaten nachtheilig. — Der am Sonntag in die Nachwahl verwiesene Communard Trinquet verfocht am letzten Dienstag seine Candidatur abermals in einer Wählerversammlung. Der Mißerfolg vom letzten Sonntag muß ihm eine schwere Täuschung bereitet haben, denn er befleißigte sich einer wenigstens relativ sehr gemäßigten Sprache. Er betonte zwar immer noch die Nothwendigkeit einer Revolution, verwies aber für die Durchführung derselben einfach auf den Stimmzettel und wußte sich nicht entschieden genug gegen den Vorwurf zu verwahren, daß er der Republik den Fehdehandschuh hingeworfen hätte. Haß trage er nur gegen die Feinde der Republik im Busen. Auch sprach er iu auffallend anständigem Tone von Gambetta, gab aber hier wieder einen neuen Beweis seiner Unkenntniß der öffentlichen Angelegenheiten, indem er darüber klagte, daß Gambetta sich für die Unabsetzbarkeit des Richterstandes ausgesprochen hätte. Lokales und Sächsisches. — Auf den sächsischen Staatsbahnen kamen im November 12 Unfälle, darunter 2 Zusammenstöße auf Stationen vor. Dabei wurden 5 Personen (4 Bahnbeamte bez. Arbeiter und eine fremde Person) getödtet und 3 Personen verletzt. Außerdem suchte und fand ein Selbstmörder auf den Schienen seinen Tod, während ein Anderer seinen Zweck nicht erreichte und nur Verletzungen davontrug. Von den Reisenden wurde keiner verletzt, geschweige gar getödtet. Im Nonnengehölz bei Leipzig sti-ß dieser Tage eine Polizei- Patrouille auf drei Burschen, die einen großen schwarzen Hund schlachteten. Sie wollten denselben zwar zu diesem Zwecke gekauft haben, da diese Angabe jedoch nicht ganz glaublich erschien, wurden die drei Hundschlächter mit nach dem Noschmarkt genommen. Freiberg, 16. Jan. Gestern Abend in der 8. Stunde sah sich eine in der Vorstadt wohnhafte Maurers-Ehefrau genöthigt, behufs Bändigung ihres geradezu tobsüchtigen Ehemannes die Schlitzmann schaft zu requiriren. Nicht genug, daß derselbe bereits früher zu wiederholten Malen Topf und Tiegel zerschlagen; so drohte er gestern Abend mit einer Axt eine in der Stube stehende Commode zu de- moliren. Die Ruhe ward durch die Arretur des Aufgeregten wieder hergestellt. Dienstag Nacht kurz nach 11 Uhr machte sich in Glauchau ein junger Bursche, welcher aus der Tanzstunde kam, beim Passiren der niederen Muldenbrücke das Vergnügen, sich auf das Geländer der selben zu stellen, wahrscheinlich, um sich vor schönen Begleiterinnen in gymnastischen Künsten zu zeigen. Hierbei verlor derselbe aber das Gleichgewicht und stürzte in die Tiefe. Mit Hilfe rasch herbei geholter Seile war es möglich, den Armen, welcher sich auf einen schmalen, an einen Pfeiler angesrorenen Eisblock gerettet, dem nassen Elemente zu entreißen und wieder auf das Trockene 'zu bringen. Der vor Schreck und Frost Zitternde wurde vor der Hand im Gast hof zur „Stadt Hamburg" untergebracht, wo demselben die erste Hilfe zu Theil wurde. Plauen, 12. Januar. Am vergangenen Sonnabend ist in Rodau ein Mann beerdigt worden, der sich den Tod durch über mäßigen Genuß von Spiritus zugezogen hat. Trotzdem er von seiner Frau alltäglich ein genügendes Quantum Branntwein empfangen, hatte er dennoch zur Befriedigung seiner Leidenschaft den Gesellen bewogen, die Lade, worin die Frau den Spiritus verschlossen, zu öffnen und darauf demselben maßlos zugesprochen. Sehr bald darauf ist der Tod erfolgt, jedenfalls unter sehr schmerzhaften Empfindungen. x Auerbach, 14. Jan. Durch Vorüberziehende wurde heute Morgen 7 Uhr an einem neuerbauten, durch eigenthümliche Credit verhältnisse des Erbauers berühmt gewordenen, gegenwärtig noch unbewohnten Hause ein Erhenkter entdeckt. Bian erkannte in ihm den etwa 40jährigen Sticker Liebold aus Rebesgrün, der nach einem anrüchigen Vorleben einen Familenherd gründete, ohne die Kraft zu besitzen, aus voller Seele für Weib und Kind zu sorgen, und — wahrscheinlich in Folge dieser Erkenutniß seines Jchs — seinem Leben ein Ende machte. Außer seiner Wittwe hinterläßt er fünf unerzo gene Kinder. Auch dieser Fall ist wieder ein Beweis dafür, daß der Selbstmörder weniger ein Bösewicht als ein feiger Wicht ist. Mittweida. In der Nähe unserer Stadt am linken Ufer der Zschopau soll demnächst ein neues Bergwerk eröffnet wnrden — an einer Stelle auf Krumbacher Revier, wo bereits früher verhältniß- mäßig beträchtliche Mengen Silber gewonnen wurden. Seit 1831 sind die betreffenden Schächte infolge unzweckmäßiger Verwaltung außer Betrieb gesetzt worden. Eine Anzahl Männer von hier und auswärts haben sich vereinigt, um bei hinreichenden Mitteln zunächst die „Bald-Glück-Fundgrube" wieder aufzunehmen. Eine sechzig Jahre alte Frau aus Lvschwitz, welche am 12. d. in Dresden Einkäufe besorgt hatte, führ Nachmittags um fünf Uhr mit dem PferdebahmOmnibus nach Blasewitz. Unterwegs erschreckte sie die anderen Passagiere durch einen Aufschrei, da sie aber sich danach im Wagen zurücklehnte und einzuschlafen schien, kümmerten sich dieselben nicht mehr um sie. Sie war aber in den ewigen Schlaf eingeschlummert, denn als der Wagen in Blasewitz hielt, war sie eine Leiche. In Gotha erfolgte kürzlich die 34. Leichenverbrennung (die 1. fand am 10. December 1878 statt, wo man die irdischen Üeberreste des Ingenieurs Stier aus Gotha verbrannte.) Am 24. v. M. wurde der Kreiphysikus Ov. Ludwig Sorauer aus Ortelsburg, (Ostpreußen) 47 Jahre alt, unverheirathet, mittelst Feuers bestattet. Einem all gemeinen Gerüchte zufolge ist der Genannte das Opfer eines ameri kanischen Duells mittelst Erschießens gewesen. Er hat vor seinem Tode christliche wie israelitische Schulen und Kirchen testamentarisch bedacht und die Verbrennung seines Leichnams angeordnet. Seiner Bestattung wohnte Niemand bei, auch eine rituelle Feier fand nicht statt. Die Verbringung des Leichnams nach Gotha hat allein 500 Mark gekostet, die hohen Verbreunungskosten und das Honorar für den Begleiter der Leiche nicht mitgerechnet. Gera. Die Vorarbeiten für Anlegung einer Pferdebahn in unserer Stadt werden, wie das „Geraer Tgbl." hört, im nächsten Monat beginnen. Die Räuber auf Marla Cuim. Romantische Erzählung von G. Berthold. (Fortsetzung.) Einige Minuten schaute Kust sinnend zur Erde, als sei er un entschlossen, ob er diesen Vorschlag sofort annchmen solle oder nicht, dann aber sagte er wieder: „Alles zu seiner Zeit!" „Ich sehe nicht ein" — begann Ladislaw wieder. „Schweig", unterbrach ihn Kust hastig. Da schwieg Ladislaw, aber in seinem Herzen steigerte sich die Sorge um Zedena und damit auch der Grimm gegen die Räuber und er riß zornig an den Banden, welche seine Hände fesselten; allein dieselben waren zu fest und zu gut geschlungen, als daß seine Versuche ihm hättten etwas nützen können. „O", murmelte er da, „diese Elenden müssen sehr feige sein, wenn sie sich sogar vor einem einzelnen waffenlosen und wunden Gefangenen so sehr fürchten, daß sie sich nur dann vor ihm sicher halten, wenn sie ihm die Hande gebunden haben. Männer aus dem Hinterhalte niederzuschießen, mitUebermacht über sie herzufallen und sie niederzuschlagen, dazu haben sie Muth. — Diese Elenden! — Das ist echt räubermäßig!" Kust's Ohren waren diese Worte des jungen Ritters nicht ent gangen, er betrachtete ihn einige Augenblicke mit unheimlich funkelnden Schlangenblicken, dann aber erhob er sich plötzlich und in dumpf grollendem Tone sprach er: „Dir geschieht, wie einem Verbrecher es bestimmt ist!" Ladislaw zuckte zusammen, sein bleiches Gesicht ward für den Moment mit glühender Nöthe des Zornes überzogen und hastig fragte er dann: „Verbrecher? mein Gewissen ist rein. — Wie kannst Du, der Verbrecher, der Wegelagerer, mir solche Beschuldigung in das Gesicht schleudern?" „Ha, Du mit dem reinen Gewissen!" grollte Kust und fuhr dann fort: „Und trotz Deiner Worte nenne ich Dich Verbrecher." „Aus welchem'Grunde?" fragte Ladislaw. „Du wirst es hören und es zugleich erkennen, daß Du vor Deinem Richter stehst!" erwiderte Kust. Ladislaw stutzte immer mehr, er betrachtete Kust nochmals ge nauer und er glaubte immer Bekannteres in demselben zu finden, allein noch konnte er sich nicht denken, woher dieses Bckanntsein wohl stammen möchte. — Wie es schien, wollte Kust diesem Beobachten von Seiten seines Gefangenen ausweichen, er rückte die Mütze noch tiefer in das Gesicht, trat ein paar Schritte zurück und erst nach einer Pause begann er: „Du heißest Ladislaw von Mafloletz?" Ladislaw bejahte dieses und fügte dann hinzu, da Kust seinen Namen kenne, so werde es ihm auch nicht «»bekannt sein, daß jeder ehrenhafte Ritter der Landschaft sich bereit finden lassen werde, ent weder das für seine und seiner Gattin Person geforderte Lösegeld zu zahlen, oder doch sich für dessen Herbeischaffung zu verbürgen, er drängte zugleich Kust, daß er die Summe bestimmen möge, damit seiner Gattin und seine eigene Befreiung nicht ohne Noth verzögert werde.