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Niederlande. In den Südprovinzen sind große Neber- schwemmungen, die Dämme zwischen Nieuwkuyk und Vlymen sind 50 Meter weit zerstört, 18 Dörfer zwischen Altena und Heusden sind unter Wasser. Italien. Nom. Ein sehr merkwürdiges und interessantes historisches Actenstück wurde soeben unter den nachgelassenen Papieren des verstorbenen Cardinals Antonelli gefunden. Es ist dies ein Brief, den Victor Emanuel zur Zeit der Occupation Noms durch italienische Truppen an Pius IX. geschrieben hat. Der König sagt darin, daß er der Ueberzeugung sei, der Kirche einen Dienst zu er weisen, wenn er die ewige Stadt durch seiue Truppen in regulärer Weise besetze» lasse, anstatt sie der Revolution preiszugeben. An dieser Stelle des Briefes befindet sich eine eigenhändige Bemerkung Pius IX., welche besagt, daß der Papst diese Vorsicht begreife und dem König dankbar dafür sei, daß er aber vor der Welt dagegen protestiren müßte. England. Die Truppen in Irland erhalten weitere Ver stärkungen, weil die Negierung die Marineinfanterie zurückzuziehen beabsichtigt. In Dublin wurden von den Militärbehörden große Vorsichtsmaßregeln getroffen, alle Truppen consignirt, Piquets patrouilliren in vermehrter Zahl. — Im Norden von Schottland ist durch einen ungewöhnlich heftigen Schneesturin, der am Freitag be gann und bis Sonntag früh andauerte, der Verkehr auf verschiedenen Eisenbahnen völlig ins Stocken gerathen An mehreren Plätzen er reichte der Schnee die Höhe der Locomotivrauchsänge. Viele Passa giere mußten ihre Weihnachtsfeiertage in Dorfschänken zubringen. In Folge des scharfen Windes und der scharfen Kälte geht die Säuberung des Geleises nur sehr langsam von statten. Ein Schnee- sturm suchte am Sonntag auch verschiedene Binnendistricte und Süd- Staffordshire heim. Der Schnee liegt stellenweise 12 bis 14 Zoll hoch. London, 29. December. Die Regierung miethete vier Schiffe zum Transport der Soldaten nach Transvaal. Der ehemalige, durch den Krimkrieg berühmt gewordene Kriegscorrespondent der „Times", Russell, welcher im letzten Jahre lange Zeit das Transvaalland be reiste, erklüri in einem offenen Schreiben an sein Blatt, es sei Un sinn, von den Boers als Rebellen und Verräthern zu sprechen. Die Boers erkannten niemals die Annexion an, sie erklärten immer diesen Akt als eine Gewaltthat, welcher st- sich niemals fügen würden. Unsinn sei auch die Behauptung, die jetzige Empörung sei nur das Werk einiger Agitatoren. Im Gegeutbeil, die Erhebung sei so national, wie sie nur die Boers machen können. Sie sei der Aus druck des Hasses Aller gegen die britische Herrschaft. Die Boers hätten offen immer angekündigt, daß, und sogar der Zeitpunkt, wann sie offen die Waffen ergreifen würden. Tie unvorbereitete Haltung der englischen Negierung sei daher unbegreiflich. — Nach Meldungen der Morgenblätter aus Durban vom 29. ds. haben die Boers Derby eingenommen, das Gerichtsgebäude am Potchefflusse nach 48stündigem Kampfe erobert und belagern das Fort Krüger am Potchefflusse. Man glaubt, daß fast alle Einwohner der Stadt von den Boers ge fangen worden sind; alle Läden wurden erbrochen und geplündert. In Utrecht drohen die Boers jeden zu erschießen, der sich ihnen nicht anschließt. Die Rebellen patrouilliren längs des ganzen Buffalo flusses. Die Negierung von Transvaal hat das Standrecht proclamirt. Ruffland. Das Erdbeben, das vor kurzer Zeit in Oesterreich die unglückliche Stadt Agram heimsuchte, in schwachen Stößen in Wiesbaden, Dortmund und Bayern einige Wochen später auftrat, dann auch in Schottland sich zeigte, ist nunmehr auch iu Südrußland, namentlich in den Hafenstädten Odessa und Kischineff in einem ziemlich heftigen Grade bemerkt worden. Lokales und Sächsisches. — Auf den sächsischen Staatsbahnen wurden im November v. I. 1,391,610 Personen und 797,727 Tonnen befördert. Die Ein nahm. betrug 5,150,610 Mk. Die gesammte Einnahme deS Jahres mit Ausschluß des December bezifferte sich auf 47,603,258 Mk., d. i. 3,549,235 Mk. mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Es steht also zu erwarten, daß die ganze 1880er Einnahme 4 Mill, mehr betragen wird als die 1879er. — Hat ein seine Zahlungen eimtellender Kaufmann seine Bücher so unordentlich geführt, daß demzufolge die Uebersicht seines Ver mögenszustandes erschwert, aber nicht unmöglich gemacht ist, so hat er sich nach einem Erkenntnisse des Reichsgerichts dadurch keines strafbaren Bankerottes schuldig gemacht. Eine Tauffeierlichkeit seltener Art fand am 2. Weihnachtsfeier tage in Meinersdorf bei Chemnitz statt, indem der kürzlich von den Schifferinseln heimgekehrte Pflanzer Ahner seine daselbst geborenen Kinder, ein vierjähriges Mädchen und einen zweijährigen Knaben i in den Schooß der evangelischen Kirche aufnehmen ließ. In der Nacht vom 27. zum 28. Dec., vermuthlich gegen 1 Uhr, ist auf der Pfarre in Gottleuba ein frecher Einbruchsdiechtahl ver- . übt worden. Die Diebe sind nach Durchdrücken der Scheiben der i doppelten Fenster und Herauswürgen der verschlossenen inwendigen ! Fensterläden in die Parterrewohnstube eingcstiegen und haben nach ! Angabe des Bestohlenen diesem Wüsche, Schuhwerk und verschiedene andere werthvolle Bekleidungsstücke im Werthe von über 300 Black entwendet. Schwarzenberg, 29. December. lieber den Bau der von hier nach Johanngeorgenstadt führenden Eisenbahn ist zu berichten, daß die ersten zwei Accorde der Section Schwarzenberg vom k. Finanz ministerium in deil letzten Tagen vergeben wurden, und zwar der erste, vom hiesigen Bahnhofe bis über das Becher'sche Grundstück hinaus, an die Unternehmer Weidlich und John aus Löbau, der zweite dagegen — bis Nähe der Schmidt-Kübler'schen Holzschleiferei in Antonsthal — an Kästner und Lindner aus Dresden. Bei an haltend günstiger Witterung, und vorausgesetzt, daß sich nicht be sondere Schwierigkeiten beim Erwerbe der betreffenden Grundstücke sindeu, dürfte der Bau wohl Ende Februar in Angriff genommen werden. Klingenthal. Am 27. December v. I. verbreitete sich hier die schreckliche Kunde, daß der Waldarbeiter Leonhardt in Oberzwvta sein 9 Monate altes Töchterchen getödtct habe. Infolge dessen ord nete das hiesige k. Amtsgericht dessen Verhaftung an. Bei seiner Festnahme behauptete Leonhardt, seine Frau habe das Kind ermordet; diese aber sagte aus, daß ihr Ehemann das Kind am 26. December v. I. Vormittags in der 12. Stunde an den Ofen oder an die Wand geworfen und dadurch getödtet habe. Beide Eheleute sind zur weiteren Feststellung der Thatsache im hiesigen Amtsgesängiüß untergebracht. Reichenbach, 27. December. Gestern Abend nach 9 Ubr wurde auf hiesigem Gütecbahnhof der Wagennachseher Kiunse während des Ausrangirens eines Güterzuges überfahren und getödtet. Der Ver unglückte, welcher bereits 13 Jah e daselbst bedienstet war, hat einen ihm entgegenkommenden Güterwagen nicht bemerkt und mar infolge dessen von diesem niedergewmfen worden. Ein Verschulden kann hierbei Niemanden beigeinessen werden. Löbau, 26. December. Bei Spitzkunnersdorf wurde vorgestern Abend der 46 Jahre alte Lohnfuhrmanu Wilhelm Gebauer aus Großschönau an dem sogenannten Rengersbanerwege unter seinem Wagen liegend todt ansgesunden. Gebauer ist wahrscheinlich in der Dunkelheit, da er ohne Laterne gewesen, von dem Wege abgekommen, der Wagen an der Böschung herabgestürzt und Gebauer von diesem erdrückt worden. Die Ränder auf Maria Cnlm. Romantische Erzählung von G. Berthold. 1. Kapitel. Der Einsiedler. Wir ziehen hin zu einem Guadenbilde, Jin heißen Flehen nieder dort zu fallen, Auf daß es lächle uns mit heil'ger Milde Und lasse süßer Tröstung Strahlen wallen, Tie dann verbannen heiße, bange Schmerzen Aus dem vou Leid so hart bedrängten Herzen. ES war in dem ersten Viertel des vierzehnten Jahrhunderts, zu der Zeit, als der abenteuerliche König Johann, der Luxemburg er, auf dem durch Heirath erworbenen böhmischen Throne saß, eine Periode, die Böhmen nicht zu den angenehmen rechnen kann. Der Herbst war schon weit vorgerückt, die Felder standen leer, in den Wäldern zeigten nur Fichten und Tannen noch ihr frisches Grün, welches auch den Winter durchdauert, die Laubhölzer prangten bereits im buntesten Colorit, gar mancher Baum zeigte auch schau mehr oder minder entlaubte Zweige und auf dem Boden trieb schon der Wind sein Spiel mit herabgefallenen Blättern. — Auch die Wiesenflächen standen leer, sie waren abgemüht oder abgeweidet und nur an Rainen standen noch vereinzelt verspätete Blumen. Auf dem Wege, welcher von Ellenbogen über Falkenau nach Eger führte, zog eine kleine Reisegesellschaft, bestehend aus einem jungen Manne in ritterlicher Kleidung, einer Dame und zwei Knap pen, welche ein von einem Burschen geführtes, belastetes Packpfcrd in der Mitte hatten. Alle waren zu Pferde. Der Manu war jung und kräftig, mit offenen, männlichen Zügen, seine Kleidung war reich und der Panzer, der seine Brust deckte, das lange, brecke Schwert au der Seite, gaben ihm ein kriegerisches Ansehen. An dem Sattelknopfe hing sein Helm und daneben eine Streitaxt. Die Dame an seiner Seite war gleichfalls jung und schön, ihr Gesicht von frommen, sanften Ausdrucke, und ihr mildes Auge richtete sich oft voll Liebe auf den jugendlichen Begleiter. — Auch ihre Kleidung war reich und von feinen Stoffen. Die beiden Knappen endlich, rüstige, kraftvolle Gestalten, prangten in Eisenpanzern und Sturmhauben und waren mit Lanzen und Schwertern bewaffnet, zum Schutz und Trutz, und wohl mochten diese Waffen denen gefährlich werden, die sie angrisfen, oder von denen sie angegriffen wurden. Was den Burschen anbelangt, der, auf einem kleinen Klepper