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zeitig sein Seitengewehr gezogen und das Thier abwehrte, worauf es eiligst die Flucht ergriff, ihn später aber fast eine Elle hoch auf recht gehend und laut zischend noch verfolgte. Da bekanntlich auch in unsern Wäldern die Kreuzottern zu finden sind, so sei man bei Waldpartien recht vorsichtig. In der jetzigen Jahreszeit, der Paarungs zeit, sind die Kreuzottern den Menschen am meisten gefährlich. — Hof. Ueber einen unverhofften Glücksfund wird dem „Hofer Anzeiger" aus Hadermannsgrün mitgetheilt. Ein Zimmermann, der zur Zeit mit Erweiterungsarbeiten an dem Stalle des Oekonomen Ehrhardt Vogel von Hadermannsgrün beschäftigt ist, führte einen kräftigen Hieb gegen die Verschalung des Dachbodens, ein Bret wurde locker und in demselben Moment fielen einige Kronenlhaler klirrend zur Erde. Das Bret wurde sofort beseitigt und man fand eine Zipfelmütze und drei Geldsäcke, die letzteren vollauf, die Mütze bis zur Hälfte gefüllt mit blinkenden Kronenthalern, Thalerstücken, Groschen re. im Ganzen einen Werth von circa 5000 M. repräsen- tirend. Der Besitzer des Schatzes, Oekonom Vogel, vermuthet, daß sein Großvater denselben gesammelt, da derselbe eine ausfällige Lieb haberei für Kronenthalerstücke stets bezeigte und wahrscheinlich im Jahre 1866 aus Furcht versteckt hat. Der Tod ereilte sehr bald nach dem Jahre 1866 den alten Vogel, ehe er noch seinem Sohne oder Enkel eine Mittheilung von dem versteckten Gut machen konnte. Deutschland. Der Beginn der Reichstagsverhandlungen hat einige Aenderungen in den Dispositionen für den Nest der Session des preußischen Landtages nothwendig gemacht, da der letztere nicht, wie ursprünglich angenommen wurde, sein Pensum mit Schluß dieser Woche erledigen kann. Die Regierung besteht auf der Durchberath- ung des sogenaunteu Verwendungsgesetzes in allen drei Lesungen, desgleichen auch auf der Erledigung der Hannoverschen Kreisordnung; außerdem sollen dem Landtage noch verschiedene kleinere Vorlagen zugehen. Nach der „Nat.-Ztg." würde sich die parlamentarische Situation für die nächste Zeit folgendermaßen gestalten: Das Abge ordnetenhans soll sich alsbald, wahrscheinlich Ende dieser Woche, ver tagen, um der einzusetzenden Commission zur Berathuug des Ver wendungsgesetzes die nölhige Zeit zu lassen, worauf dann das Plenum nach Verlauf vou etwa 14 Tagen für den Nest der Session wieder zusammentreten würde. Um diese Zeit wird auch der Reichstag seine ersten Lesungen beendigt haben, sodaß, während im Reichstag durch die Arbeiten der Commissionen eine Pause eintritt, der Landtag sein Pensum absolviren könnte. Das frühe Hinscheiden der Prinzessin Marie von Württemberg hat das württembergische Land in große Trauer versetzt Prinzessin Marie, zweite Tochter des regierenden Fürsten von Waldeck, war mit dem Prinzen Wilhelm, welcher als präsumtiver Thronfolger in Württemberg gilt, da die Ehe König Karls kinderlos geblieben ist, vermählt und setzte das Land große Hoffnungen auf die Verbindung zwischen Prinz Wilhelm und der Waldeck'schen Fürstentochter. Dieser Ehe ist indessen kein männlicher Nachkommen, sondern nur eine Prinzessin von etwa vier Jahren entsprossen. Prinzessin Biarie starb an den Folgen ihrer letzten Entbindung von einer tobten Prin zessin nnd infolge dieser Trauernachricht sind sowohl ber Fürst und die Fürstin von Waldeck von den Hochzeitsfeierlichkeiten in Wind sor als auch König Karl von seiner italienischen Reise unverzüglich nach Deutschland zurückgekehrt. Oesterreich-Ungarn. Der große Sinke in den nordböhmischen Kohlenrevieren scheint friedlich verlaufen zn wollen. In Folge des energischen Eingreifens der Behörden weicht die Erregung allent halben einer beruhigenden Stimmung. I» sümmtlichen Revieren wird in einzelnen Schachten unter vollkommen ausreicbendem mili tärischem Schutze theilweise gearbeitet. Einzelnen Versuchen, die Ruhe zu störe», wurde durch sofortige Verhaftung der Aufwiegler vorgebeugt. In Außig wird bereits in diesen Tagen die Wieder aufnahme der Arbeit erwartet. Die Behörden werden durch Pla kate zur Wiederaufnahme der Arbeit mit der Androhung auffordern, daß andern Falls die Bestimmungen des SchnbgefetzeS zur An wendung gebracht würden. — Das österreichische Abgeordnetenhaus beschloß am Montag einstimmig, in die Spezialdebatte über die Zoll tarif-Vorlage einzugehen. — Aus dem aufständischen Gebiete werden uur unbedeutende Zusammenstöße der Truppen mit vereinzelt noch austauchenden Jnsurgentenbanden gemeldet; die Kraft des Ausstandes scheint überall definitiv gebrochen zu sein. England. Das Gladston'sche Cabinet führt in seiner Ver söhnungspolitik gegenüber den Iren fort, obwohl die fortdauernd ernste Lage in Irland diese Politik nicht zu rechtfertigen scheint. Die Ersetzung des bisherigen Vicekönigs von Irland, Cowper, durch deit Lord-Präsidenten des Geheimen Nathes, Carl Spencer, wird als eine sehr wichtige Concession an die Partei Parnell betrachtet und nimmt man allgemein an, daß der neue Vicekönig zunächst die Freilassung der im Gefängnisse von Äilmainham inhastirten Häupter der irischen Landliqa verfügen iverde. Ferner verlautet, daß Mr. Forster, der Staatssekretär für Irland, der von den Iren besonders gehaßt wird, da er im Unterhause energische Maßregeln gegen Ir land empfahl, demnächst durch eine Persönlichkeit ersetzt werden solle, die unbedingt für versöhnliche Schritte gegen die Landliga sei. Der fernere Verlauf der Diuge auf der „grünen Insel" wird aber zeigen, daß die Iren durch diese Conzessiouen nur zu neuen Forderungen ermuthigt werden. Rußland. Die jüngsten Judenverfolgungen in Rußland und die hierbei allmälig bekannt gewordenen Details haben mit Recht im westlichen Europa einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen, so daß sich Graf Jgnatieff, den man als den indirecten Urheber der Juden-Unruhen bezeichnen muß, sich veranlaßt gefühlt hat, offiziell die über jene Ausschreitungen im Umlauf befindlichen Gerüchte ab zuschwächen. Es lohnt fick nicht, auf diese ministerielle Darstellung, in welcher oer russische Minister des Innern mit gewohnter Vir tuosität die Schuld an den Unruhen den Juden zuschreibt, näher ein zugehen. Bemerkenswert!) ist jedoch, daß einer der Hauptführer der Panslavisten, Katkow, in seinem Organ den Grafen Jgnatieff für diese Unruhen in scharfer Weise verantwortlich macht. Orient. Unter den mannigfachen, im Bereiche der orientalischen Angelegenheiten spielenden Fragen scheint endlich die Donaufrage ihrer Lösung entgegen zu sehen. Die Frage, wer den Vorsitz und die entschiedene Donaucommission haben solle, bildete den Kernpunkt der Streitigkeiten zwischen Oesterreich und Serbien, welche jedes jene Privilegien für sich beanspruchte. Frankreich hat nun den Vor schlag gemacht, daß im Vorsitz der Commission die Vertreter der Mächte alljährlich abwechseln sollen, welchem Vorschlag England, Oesterreich und Rußland im Princip zugestimmt habe». Da auch die Zustimmung Deutschlands und Italiens erwartet wird, so fällt der noch andauernde Widerstand Rumäniens bezüglich einzelner Punkte der Donauschifffahrtsacte nicht mehr ins Gewicht. Nord-Amerika. Der Senat der Vereinigten Staaten hat die Anti-Chinesen-Bill, welche die Einwanderung der Chinesen in das Gebiet der Vereinigten Staaten auf zehn Tage verbietet, im Wesent lichen in derselben Form angenommen, wie das Repräsentantenhaus. Eine in San Franzisca tagende und aus Delegirten der Gewerke vereine bestehende Anti-Chinesen-Convemion hat ein Programm an genommen, welches auf die nöthigenfalls gewaltsame Vertreibung der Chinesen aus den Vereinigten Staaten abzielt. Die Bewegung gegen die eingewanderten Söhne des himmlischen Reiches der Mllte ist demnach in Nord-Amerika im Wachsen begriffen. Was -ie Liebe vermag. Roman von Ed. Wagner. (Fortsetzung.) Der Lord erinnerte sich, daß dies von jeher die Antwort auf seine Frage nach ihren Eltern gewesen fei, und doch bemerkte er heute zum ersten Male das Auffallende dieser Zurückhaltung. „Wie wenig, Alice, weiß ich von Deinen Jagendjahren," begann ihr Gemahl mit leisem Vorwnrf. MrS. Fulgor tagte mir wohl, daß Dn sehr unglücklich verheirathet gewesen und Du deshalb, als Du Wittwe geworden seiest, Deinen Mädchennamen wieder angenommen hättest, Du hast mir aber nie den Namen Deines ersten Gatten ge nannt, mir nie gesagt, wo Du mit ihm lebtest und wie er starb. Bisher konnte ich mich nie entschließen, Dich darüber zu befragen, Alice, weil ich, um Dir die Wahrheit zu gestehen, es nicht ertragen konnte, Dich von Deiner ersten Liebe sprechen zu hören. Dein seit mehreren Tagen so sonderbar verändertes Wesen, Dein trauriger Blick bei meinem Eintritt soeben lassen mich befürchten, daß Dir die Erinnerung an die Vergangenheit Kummer bereitet nnd ich sehe mich deshalb gezwungen, mein so lange bewahrtes Schweigen zu brechen. Vertraue mir, was auf Deiner Seele lastet, theures Weib! Sieh', mein ganzes Leben liegt offen vor Dir; schenke mir gleiches, volles Vertrauen." Er sprach mit warmer Innigkeit, indem er sie näher an sich zog, aber' die unglückliche Gattin wich zitternd seiner zärtlichen Um armung aus. Ein banges Schweigen herrschte einige Augenblicke in dem Gemach. „Albert, ich kann nicht von der Vergangenheit sprechen," rief endlich das gefolterte Weib leidenschaftlich ans. „Ich kann, ich darf es nicht! Sie ist für mich voll bitterer Täuschungen gewesen! Nimm mich, Albert, wie ich bin nnd glaube meiner Versicherung, daß ich niemals so innig geliebt habe, wie ich Dich liebe. Geuügt Dir das nicht?" Der Lord blieb ernst und nachdenkend. Was enthielt denn die Vergangenheit seines schönen Weibes, das dieses noch immer bei der Erinnerung an das Entschwundene erschüttern machte? „Gedenkst Du noch immer Deines ersten Galten mit inniger Liebe, Alice?" fragte er eifersüchtig. „Ihn lieben? Ich verachtete ihn —" Die Lady bezwang sich rasch. Schon bereute sie diese Worte. „Wie hieß er?" „Frage mich nicht darnach, Albert, ich habe mich bemüht, das Andenken an ihn zu vergessen. Laß' das Vergangene ruhen, ich bitte Dich! Wenn Du mich liebst, sprich nie wieder zu mir von meiuem ersten Gatten." Der Lord seufzte. Diese furchtbare Erregung verrieth ihm, daß seine Frau ein Geheimniß, das er nicht erfahren solle, daß sie eine Vergangenheit habe, die sein liebendes Auge nicht prüfen dürfe, und dies mar für sein stolzes Selbstgefühl beinahe unerträglich.