Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal and zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis betragt vierteljährlich l Mark 20 Pj. pr»ttnm«rL»tcls>. Inleraie werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbctc und die Corpusspaltenzeile nn 10 Pf., unter „Eingesandt" mit so Pf. berechnet. Zwönitz und ltmgegend. Drgsn für den Stabtgemeinderath, den Kirchen-- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redactcur: Bernhard Ott in Zwönitz. .E' 144 Sonnabend, den 9. Deccmber 8882. 7. Iakra. Tagesbericht. — Gewerbetreibende, welche beabsichtigen, ün Jahre 1883 den Handel im Uncherziehen zu betreiben, sind in ihrem eigenen Interesse darauf aufmerksam zu machen, ihre bezüglichen Gesuche tim Ver mittelung von Gewerbelegitimations- resp. Gewerbescheinen baldigst bei den Polizeibehörden ihres Wohnortes (in Städten bei dem Stadt- rathe, in Dörfern bei dem Gemeindevorstand), unter Beibringung ärztlichen Gesundheitsattestes mündlich anzubringen, da in der Regel zu Anfang des Jahres die Eingänge an solchen Gesuchen bei der Ortsbehörde sich derart häufen, daß für den Einzelnen unliebsame Verzögerung eintreten kann. — Zwickau, 5. Dec. (Schwurgerichtssitzuug.) Den Gegenstand der heutigen von Herrn LandgerichtSdirector Dr. Wolf geleiteten Hauptverhandlung bei welcher die Königl. Staatsanwaltschaft durch Herrn Obn-staatsanwalt Cubasch, die Ver- theidigung durch Herrn Rechtsanwalt Jahn vertreten war, bildete eine gegen den Fabrikarbeiter Christian Robert Meinhold aus Steinbach bei Johanngeorgenstadt erhobene Anklage wegen versuchten Todtschlags, bez. gegen einen Forstbeamten verübten Widerstandes verbunden mit Körperverletzung. Die Geschworenenbnnk war zusammengesetzt aus den Herren Kaufmann Weidhaas aus Werdau, Kauf, mann Winkler aus Glauchau, Realschuldirector Dr. Neetze aus Schneeberg, Kauf« mann Clement aus Zwickau, Lohgerbereibesitzcr Brumm aus Glauchau, Lack- fabrikan Hartmann aus Zwickau, Kaufmann Clauß aus Neukirchen, Blechwaaren. fabrikant Friedrich aus Beierfeld, Gpmnasialreetor Dr. Erler aus Zwickau, Fnbrik- director Rostosky aus Niederschlcma, Ritterautspachtcr Huth aus Remse und Fabrikant Herrmann aus Oberlungwitz. Der nm I I. Juni >840 in Sauschwemme geborne Angeklagte war des ihm Beigemessenen theilweise geständig. Der Forst, gehilfe Strinitz in Johanngeorgenstadt war seit dem 30. September d I. zwei Tage nacheinander mit dem Fabrikdirector Schönherr aus Chemnitz in der Nähe von Steinbach auf den Annand gegangen. In der Nacht vom 1. zum 2. Oktober übernachteten beide im Rödigcrschen Gasthofe in Steinbach und am 2. Oktober brachen sie wieder früh gegen 4 Uhr zur Jagd auf. Sie waren kaum 30 Schritte weit gegangen, als sie auf dem Sosaer Communicationswege, der in der Nähe des Gasthofs auf die von Eibenstock nach Johanngeorgenstadt führende Chaussee einmündet, zwei Männer gehen sahen, von denen der Grössere eine Helle Jacke trug. Strinitz und Schönherr führte der Weg ebenfalls auf den gedachten Communicationsweg und es war ihnen ausfällig, datz die beiden Männer, nach dem sie bemerkt haben mochten, auf einmal zu laufen nnfingen und den nahen Wald zu gewinnen suchten, Strinitz lief ihnen nach, Schönherr beobachtete die Davoneilenden durch ein Fernrohr und folgte ihnen dann ebenfalls, Am Wald rands blieben die Verfolgten stehen. Als sich Strinitz bis auf Ib Schritte ge nähert hatte, beugte sich der Grössere et oas vor und rief: „Rich! Rich!" (Ab kürzung für Richard), als wolle er sich überzeugen, ob der ans sie zukommende Mann nicht etwa ein Bekannter, den er erwartet, sei. Sein Kamerad aber rief ihm laut und ängstlich, indem er die Flucht ergriff, zu: „Komm, komm!" Inzwischen kam Strinitz bis auf 6 Schritte nahe. Da erhob der ihm Gegenübcrstehende Plötzlich und, ohne daß noch ein Wort gesprochen wurde, das Gewehr, welches er bei sich führte, es krachte ein Schutz und Strinitz sank getroffen zu Boden. Nachträglich stellte sich heraus, datz der Schutz ein Schrotschutz gewesen, der nach ungefährer Schätzung 30 bis 5» nicht zu starke Schrote enthalten hatte. Strinitz war glücklicher Weise nicht sehr schwer verletzt. Die Verletzungen bestanden in einer thalergrotzen Abschürfung der Haut über der Magengrube mit Quetschung der Wcichtheilc und acht Schrotverletzungen am Zeigefinger der rechten Hand. Nach Aussage des Arztes wäre der Schutz zweifellos tödtlich gewesen, wenn er nicht die Pfeife, die Strinitz in der Brusttasche bei sich trug, getroffen und zer schmettert hätte. Als der muthmatzliche Thater wurde Meinhold ermittelt und festgenommen. Strinitz recognoscirtc den ihm früher von Person nicht bekannt gewesenen Meinhold aus das Bestimmteste als den Thater. Auch fand sich in Meinholds Besitze eine hellbraune Jacke, wie sic der Thater getragen. Dagegen war ein Gewehr nirgends zu finden. Erst im Laufe der Untersuchung stellte sich heraus, daß Meinhold von seinem Onkel in Johanngeorgenstadt ein Doppelgewehr zum Reinigen erhalten und nicht zurückgegeben hatte. Nach anfänglichem hart näckigem Leugnen legte Meinhold ein theilweises Geständnis; ab, welches er bei der Hauptverhandlung wiederholte und erweiterte. Er gab an: er habe in der Nähe von Steinbach nach Johanngeorgenstadt zu ein Stück Pachtfeld mit Kar toffeln gehabt und sei fortwährend bestohlen worden; er habe deshalb mit einem gewissen' Paul, mit dem er in der Nacht vom t. zum 2. Okt. in der Unger'schen Schankwirthschaft bis früh zusammen gewesen, verabredet, auf sein Kartoffelfeld zu gehen und die Diebe nöthigenfalls durch einen Schutz zu verscheuchen; ein geladenes Gewehr habe er mit zu Unger genommen und draußen ans Haus gelehnt; beim Verlassen der Ungerschcn Wirthschast habe er sich mit dem Gewehr bewaffnet; als sie in die Nähe des Rödiaer'schen Gasthofs gekommen, hätten sie zwei Personen bemerkt, vor denen sie das Gewehr nicht hätten sehen lassen wollen, seien deshalb in den Sosaer Communicationsweg eingebogen und hätten, als sie der Eine verfolgt, die Flucht ergriffen, am Waldrandc aber den Mann erwartet; derselbe habe ihnen zugerufen: „was soll denn das sein?" hierauf habe er in der Bestürzung auf den Mann, in welchem er den Forstgehülfcn nicht erkannt, einen „Schreckschuß" abgefeuert, tödten wollen habe er ihn nicht; er habe die Flucht ergriffen und das Gewehr, welches seinem Onkel in Johanngeorgenstadt gehört habe, im Walde versteckt. — Nach Schluß der Beweisaufnahme und Fest stellung der Fragen beantragte Herr Oberstaatsanwalt Cubasch die Bejahung sämmtlicher Fragen, insbesondere der auf Todschlagsversuch gerichteten Frage unter Verneinung mildernder Umstünde. Der Veitheidigcr, Herr Rechtsanwalt Jahn suchte darzulegen, daß der Nachweis der Tödtungsabsicht gegen den Angeklagten nicht erbracht sei. Die Geschwornen verneinten die auf Todtschlag gerichtete Frage, bejahten dagegen unter Ausschluß mildernder Umstände die weiteren auf Wider stand gegen einen Forstbeamtcn und Körperverletzung gerichteten Fragen. Der Gerichtshof verurtheilte Meinhold, unter Freisprechung wegen versuchten Todt schlags, zu Zuchthausstrafe in der Dauer von sieben Jahren sowie zu acht Jahren Ehrenrechtsverlust. — Grimma, 5. Dec. Bei einer besonders veranstalteten Fest feier am vergangenen Sonntag ernannte der Militärverein für Grimma nnd Umgegend sein Vorstandsmitglied Obergendarm a. D. Thiele, der den Verein vor 30 Jahren mit begründet und seit dieser Zeit auch dem Vorstand angehört hat, zu seinem Ehrenmitglied und das Direktorium des sächsischen Militärvereinsbundes ließ den selben eine künstlerisch ansgeführte Ehrentafel überreichen. Bei dieser Feier Hütte leicht ein gröberes Unglück passiren können, denn kaum hatten die Vetheiligten den Rathhanösaal verlassen, so stürzte einer der Kronleuchter in den Saal herab. Deutschland. Der Kaiser hielt am Mittwoch eine Jagd in der Göhrde (Hannover) ab, von wo er noch am Abend desselben Tages nach Berlin zurückkehrte. Mit dem Schluß der Hofjagd in der Göhrde haben die diesjährigen größeren Hofjagden ihr Ende er reicht; es folgt hierauf nur noch eine Hofjagd auf Damwild im Grunewald, welche voraussichtlich am 16. December stattfindet und später vielleicht noch einige kleinere Jagden auf den Feldmarken von Tempelhof, Schöneberg, Britz u. s. w. Der Reichstag hat nach seinem Wiederzusammentritt bis jetzt immer mit kleinen Unterbrechungen gearbeitet, da in den Zwischen pausen das preußische Abgeordnetenhaus seine Verhandlungen fort setzt. Eine die parlamentarischen Arbeiten ernstlich gefährdende Collision zwischen den beiden Körperschaften ist jedoch nicht zu be fürchten, denn es heißt allgemein, daß sich der Reichstag nach Be endigung der ersten Etatsberathung, welcher man Anfang nächster Woche entgegensieht, bis etwa Mitte Februar vertagen wird, damit sich seine Commissionen ungestört der Vollendung ihrer Arbeiten widmen können. In seiner Sitzung am vergangenen Dienstag be schäftigte sich der Reichstag der Hauptsache nach mit dem von der Fortschrittspartei eingebrachten Antrag ans Entschädigung unschuldig Vernrtheiltcr, welcher von dem Mitantragsteller Philipps eingehend begründet wurde. Das Haus verhielt sich dem Anträge gegenüber im Ganzen sympathisch und verwies denselben schließlich an eine Commission von 14 Mitgliedern. Für die nächste Sitzung am 7. d. standen die Novellen zum Reichsbeamten- und zum Militärpensions gesetze, sowie die erste Berathnng der Reichshaushalts-Etats pro 1883/84 und 1884/85 auf der Tagesordnung. Die Betheiligung des Reichskanzlers Fürsten Bismarck an der Discussion wurde erwartet. Das preußische Abgeordnetenhaus hielt in der zu Ende ge gangenen Woche nur zwei Sitzungen ab, am Montag nnd am Mitt woch, in denen es sich lediglich mit der Fortsetzung der Etatsbe rathung beschäftigte. Hierbei kam am Montag auch die Vagabunden noth wieder zur Sprache, aber die lebhafte Debatte über diesen Gegenstand förderte auch diesmal kein praktisches Resultat zu Tage. Am Mittwoch führte das Haus zunächst die Berathung des Etats für das Ministerium des Innern zu Ende, wobei es bei einer gering fügigen Position — 11,500 Mark für verschiedene Reparaturen im Ministerialgebäude des Innern — zu einer langen Debatte kam. Hieran schloß sich die Speciatberathung des Etats der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltuug, deren einzelne Capitel im Ganzen genehmigt wurden. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses findet Dienstag den 12. December statt. Aus dem Westen Deutschlands wird abermals das Steigen der meisten Flüsse, des Rheins, des Neckars, der Mosel n. s. w. gemeldet; doch befürchtet man »och keine neue Hochwassergefahr. Ans dem Gebiete der hohen Politik ist es noch immer die Reise des russischen Ministers des Auswärtigen, v. Giers, welche das meist«