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M.) an Schlegel verurtheilt morden, sowie auch in einer vor dem Schöffengericht zur Verhandlung gekommenen Privatklagsache unter legener Theil gewesen sein soll. Mittags trafen beide Herren am vorerwähnten Orte zusammen, Herr v. d. Marwitz hatte an einem Tische, Herr Schlegel an einem Fenster Platz genommen, und im Beisein des Kaufmanns Herrn Kurzreiter, welcher ahnungslos in einer Zeitung las, erfolgte ohne irgend welchen Wortwechsel die Katastrophe. Herrn v. d. Marwitz mag beim Anblick seines Gegners die Erbitterung überwältigt haben und so schoß er Herrn Schlegel seitwärts von hinten derart in den Kopf, daß die Kugel hinter dein rechten Ohre eindrang und der Tod sofort erfolgt sein muß. Ehe irgend etwas geschehen konnte, erfolgten zwei andere Schöffe, welche sich der Mörder in den Kopf jagte und dadurch auch seinem Leben ein Ende machte. Die Schreckenskunde verbreitete sich in der Stadt mit Blitzesschnelle und eine zahlreiche Menschenmenge bewegte sich noch lange auf dem Markt platze vor dem Gasthofe. Die beiden Leichname wurden vorläufig nach dem Kreiskrankenhause überführt. Herr v. d. Marwitz stand bereits im 81. Lel^nsjahre, war als ein zwar kerniger, aber guter Charakter beliebt ^ind ist auch vielen Dresdnern noch als Erbauer des Hotel Roessiger in Erinnerung. Herr Schlegel stand in der Mitte der 50er Jahre. Letzterem geht allerdings der Vorwurf voraus, seinen Gegner durch jahrelange fortgesetzte Herausforderungen zur höchsten Erbitterung gereizt zu haben. (Dr. N.) — Greiz. Ta die Fabrikanten den ihnen von dem Arbeiter- comitee ausgestellten Lohntarif nicht angenommen haben, so sind Donnerstag früh die ersten Arbeitseinstellungen erfolgt. Es wird dem Vernehmen nach gestreikt in den Fabriken Schilbach, Ernst Arnold, Frisch L Golden, Braun L Cremer, Büttner, W. H. Arnold,jrm., Schulz L Comp., Arnold L Söhne, H. Knüpfer und Malz L Dietel. Es wird von 19 Fabriken gesprochen, in denen gestreikt wird. Einige Fabrikanten sollen den von dem Arbcitercomitee aufgestellten Lohn tarif angenommen haben, so auch die große Fabrik von Weber L Feustel. Viele Arbeiter durchziehen in kleineren Trupps wie bei dem ersten Streik die Straßen. Dabei herrscht die größte Ruhe. Deutschland. Der Bundesrath hat am Montag nach mehr monatlicher Pause seine Plenarsitzungen wieder ausgenommen, was für unsere inneren Angelegenheiten den Beginn einer arbeitsreichem Zeit, im Gegensatz zu der sommerlichen Stille, bedeutet. Dem Bundes- rathe sind während seiner langen Vertagung zahlreiche Eingaben zu gegangen, mit deren Erledigung er sich zunächst beschäftigen dürfte. Unter denselben sind besonders diejenigen für oder gegen die Ein führung obligatorischer Arbeitsbücher, sowie die Eingaben um Ein führung einheitlicher Postwerthzeigen heroorzuheben. Indessen ist, wie die „Nat. Ztg." hervorhebt, in beiden Angelegenheiten für jetzt schwerlich etwas Positives zu erwarten. Bezüglich der obligatorischen Arbeitsbücher beharren mehrere größere Regierungen, wie Preußen und Württemberg, auf ihrem ablehnenden Standpunkte, obwohl Bayern und Sachsen die Einführung obligatorischer Arbeitsbücher befürworten. Was die Eingabe von 52 Handelskammern um Ein führung einheitlicher Postwerthzeichen für das ganze Reich anbelangt, so ist auch in dieser Frage eine befriedigende Lösung noch nicht so bald zu hoffen und haben, die jüngsten Verhandlungen des Beirathes der württembergischen Verkehrsanstalten gezeigt, daß Württemberg nicht daran denkt, seine postalische Sonderstellung aufzugeben und von Bayern ist dasselbe vorauszusetzen. Der Kaiser hat durch eine Ordre an den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg, vr. Achenbach, die Genehmigung zur Ein führung des Prinzen Wilhelm von Preußen in den Civilstaatsdienst ertheilt. Indem Prinz Wilhelm sich mit der Civilverwaltung ver traut macht, folgt er nur den im preußischen Königshause treu be währten Ueberlieferungen, die schon von der Zeit datiren, in welcher Friedrich der Große als Kronprinz bei der Regierung in Küstrin beschäftigt war. Kommenden Donnerstag, den 19. October, finden in Preußen die Wahlen der Urwähler statt, welche ihrerseits nach acht Tagen die Abgeordneten zum Landtage zu wählen haben. Mit begreiflicher Spannung sieht man dein Ausgange des Wahlkampfes entgegen, denn für die confervative Partei handelt es sich diesmal darum, nicht nur ihre den Liberalen während der letzten Landtagsmandate abge rungenen Mandate, sondern auch seine Anzahl Wahlkreise zu be haupten, welche früher vorzugsweise konservativ wählten, die aber jetzt ebenfalls mm den Liberalen bedrängt werden. Die Ultramon tanen kommen bei diesem Kampfe zwischen den Conservativen und Liberalen weniger in Betracht, da das Centrum sowohl im Reichs tage als auch >m preußischen Landtage seinen festen Besitzstand hat; doch haben in verschiedenen Wahlkreisen die Ultramontanen den Ausschlag zu geben, was immerhin in Betracht zu ziehen ist. Der Congreß der Bimetallisten, also der Anhänger der Doppel währung, welcher vergangene Woche in Köln stattfand, Hal eine Resolution einstimmig angenommen, welche verschiedene bemerkenö- werthe Forderungen enthält. So befürwortet der Congreß die Ein ziehung alles Goldes und Papieres in Deutschland unter dem Werthe von 10 Mark, sowie die Sislirung der weiteren Silberverkäufe in Deutschland. Weiter haben die Neichstagsabgcordneten, die am Congresse theilnahmen, beschlossen, einen Gesetzentwurf einzubringen, daß vollwichtige Zweimarkstücke ausgeprägt und die vorhandenen Thalerstücke beibehalten werden. Letzteres ist allerdings dringend zu wünschen, denn die Thaler sind für den gewöhnlichen Verkehr geradezu unentbehrlich. Oesterreich-Ungarn. So oft man auch seine Blicke nach Oesterreich wenden mag — stets begegnet man dein Nationalitäten- und Sprachenstreit in irgend welcher Form. Selbstverständlich han delt es sich hierbei fast stets um Angriffe gegen das Deutschthum und ein solcher ging letzthin auf dem Kärnthener Landtage von slo- venischer Seite aus. Professor Einspieler bekämpfte bei der Verhand lung über den Landesschulfonds die neue (deutsche) Schule im Be zirke Vietring, mit welcher die slovenische Bevölkerung unzufrieden sei. Der Bürgermeister von Vietring, Abg. Seebacher, wies jedoch diesen Angriff entschieden zurück, indem er darlegte, daß die slove nische Bevölkerung mit der bestehenden Einrichtung der Schule ein verstanden sei, weil die deutsche Sprache sich für Vie windische Be völkerung als nothwendig erweise. Die Deputieren Uhl und Lugger wiesen die Behauptungen Einspielers gleichfalls zurück und der Lan despräsident hob hervor, daß auch der Negierung nichts von Klagen der sloveuischen Bevölkerung bekannt sei; die Regierung werde wie bisher trachten, den nationalen Frieden zu erhalten. Die deutschen Stadtverordneten von Prag haben ihre Mandate niedergelegt, wahrscheinlich infolge der Antrittsrede des neuen (czechischen) Prager Bürgermeisters, vr. Czerny. Frankreich. Ans Frankreich lagen in dieser Woche keine be- merkenSwerthen Ereignisse vor. Die leitenden Pariser Blätter pole- misiren fortwährend sehr lebhaft über die Absichten Englands bezüg lich Egyptens und sprechen hierbei ziemlich offen ihr Mißtrauen aus. Namentlich hat die Nachricht, daß England weitere 100,000 Suez- Actien angekauft habe, in der französischen Presse lebhafte Beun ruhigung hervorgerufen. In den Pariser Regierungskreisen faßt man jedoch die ganze Angelegenheit kühler auf und bezweifelt vorläufig überhaupt die erwähnte Nachricht. England. In England folgen sich jetzt die außerparlamen tarischen Ministerreden Schlag auf Schlag. Erst vor einigen Tagen hielt der Präsident des Local Government Board, Dodson, in Scar- borugh eine Rede über die englische Politik in Egypten und ihm folgte kurz darauf der L-ecretair des Schatzamtes, Courtney, in Tor point mit einer Rede über dasselbe Thema. Jetzt haben der Earl of Northbrook, erster Lord der Admiralität, und der Generalpostmeister Fawcett auf einem Banket zu Liverpool wieder Reden über denselben Gegenstand gehalten und alle diese Reden bestätigen die Annahme, daß die englische Regierung nicht daran denke, Egypten zu annec- tiren oder zu regieren. Doch beansprucht England, wie Northbrook in Liverpool hervorhob, die freie Einfahrt britischer Kriegsschiffe in den Suez-Canal, in Friedens- wie in Kriegszeiten, ohne eine exclu sive Gewalt über den Snez-Canal anstreben zu wollen. Weiter be tonte Northbrook, daß die Großmächte vollständiges Vertrauen zu der künftigen Haltung Englands in den egyptischen Angelegenheiten Hütten, Wenn die Aeußerungen der englischen Cabinetsmitglieder den wahren Absichten Englands entsprechen, so erscheint dieses Vertrauen voll kommen gerechtfertigt. Schwei). In der Schweiz sind plötzlich auf Befehl des Bun- desrathes die so flott im Gange befindlichen Werbungen für die egyplische Gensdarmerie eingestellt worden. Es ist noch nicht bekannt, was den Bnndesrath zu dieser Maßnahme bewogen hat; jedenfalls aber müssen diese Werbungen etwas Verletzendes für das National gefühl eines so freien Volkes, wie es die Schweizer sind, haben. Italien. Für Italien bildet die Rede, welche der Minister präsident Depretis am 8. October vor seinen Wählern in Stradella gehalten hat, eine wichtige politische Kundgebung. Depretis führte seinen Landsleuten die mannigfachen Errungenschaften vor, welche Italien seinem gegenwärtigen Ministerium verdankt und dieser Hin weis wird wohl auch nicht verfehlen, auf die Wähler zu Gunsten der Regierung und hiermit der liberalen Partei Eindruck zu machen. — Der italienischen Polizei ist ein wichtiger Fang gelungen. Wie erinnerlich, hatte der wegen des versuchten Bombenattenlates von den österreichischen Behörden verhastete Wilhelm Oberdank einen Com- plicen, dem es aber gelang, nach Italien zu entkommen. Dieser ist nun von der Polizei in der Person des zu Prato (Toskana) wohn haften Apothekers Demetrio Rogasa ermittelt und verhaftet worden. Die vorgenommene Haussuchung soll das Vorhandensein eines voll ständigen Laboratoriums für die Anfertigung von Sprenggeschossen constatirt haben. Rogasa, ein geborener Florentiner, ist bereits nach Adine transportirt worden und erwartet man seine Auslieferung an Oesterreich, da der gegen Rogasa von den österreichischen Polizeibe hörden erlassene Steckbrief auf Hochverrath und versuchten Meuchel mord lautet. Dänemark. Im dänischen Reichstag hat, nachdem er kaum erst zusammengetreten ist, zwischen der Regierung und der Linken be reits wieder der alte Zwist begonnen. Sämmtliche Gruppen der Linken und sogar der gemüßigten Rechten nahmen in der Sitzung vom 13. October eine Resolution an, in welcher der Regierung die Befugniß abgesprochen wird, das Verbot der Einfuhr von Hornvieh aus Schweden ansrecht zu erhalten. Wenn schon in einem verhält- nißmäßig so unbedeutenden Gegenstände zwischen der Regierung und der Volksvertretung Differenzen entstehen, so erscheint ein gedeihliches Ergebnis; der Reichstagssession in Dänemark fast unmöglich. Bulgarien. Die zwischen Serbien und seinem bulgarischen