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Festtage jeder WirthshauSverkehr nach Ablauf der Mitternachtsstunde, unter Androhung von Geld- bez. Haftstrafen an Gäste und Wirthe verboten ist. In Nummer 200 des „Frkbr. Tgbl." sprechen mehrere Frauen dem dortigen Stadtrathe ihren Dank für dieses Vorgehen aus. — Ein Landwirth der Döbelner Pflege empfiehlt als prak tisches Mittel, die Heuer in so verheerenden Massen auftretenden Feldmäuse von Getreidefeimen abzuhalten, einen Graben um letztere zu ziehen. Dieses Verfahren hat der Betreffende jetzt angemendet und in dem 3/4 Meter tiefen Graben schon in der ersten Stacht 108 Stück Mäuse gefangen. — Der Bahnarbeiter, welcher am 1. Juli auf dem Bahnhof Penig den Zusammenstoß eines Personenzuges mit einem Güterzuge durch falsche Weichenstellung verschuldete, ist wegen dieser Fahrlässig keit vom Chemnitzer Landgerichte zu 3 Wochen Gefängniß verurtheilt worden. Dem Fiskus ist aus dem Zusammenstöße, wobei mehrere Wagen zertrümmert wurden, ein Schaden von etwa 15,000 Mark erwachsen. — In Zeulenroda ist der 16 jährige Schuhmacherlehrling Höfer, als er auf einen am Garten des Strumpffabrikanten St. stehenden Birnbaum gestiegen, um sich einige Früchte widerrechtlich anzueignen, von dem 72 jährigen Besitzer mit einer Rehpostenladung heruntergeschossen worden. — Wie dem „Willsdr. Wchbl." mitgctheilt wird, hat kürzlich der in Cölln bei Meißen verstorbene Kaufmann Niedner seiner Vaterstadt Willsdrnff 5000 Gnlden österreichische fünfprocentige Silberrente vermacht, wovon die Zinsen alljährlich an würdige Arme zu vertheilen sind. Der Stadtgcmeinderath hat bereits die Verwalt ung des Kapitals übernommen. — Im Dorfe Zedtlitz bei Borna ist in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch der Schauplatz einer grauenvollen verbrecherischen That'gewesen. Früh gegen 7 Uhr wurde die 48 Jahre alte Mate- rialwaarcnhändlerin und Maurersehesrau Johanne Heinker bluttrie fend in ihrer Wohnstube auf dem Fußboden in bewußtlosem Zustande liegend vorgefunden. Die sofort angestellten Erörterungen ergaben, » daß die schweren Verletzungen am Kopfe jedenfalls mit einem Hand« Mangelholz, welches, stark mit Blut befleckt, neben der Heinker lag, hervorgerufen worden sind. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein versuchter Mordanfall vorliegt, nur herrscht noch völliges Dunkel über die Beweggründe des Mörders. Bis zum Abend des 23. Ang. war die Heinker noch nicht zum Bewußtsein zurückgekehrt; ihr Ehe mann arbeitet seil längerer Zeit als Maurer in Lauterbach bei Lausigk und halte sich am Montag früh vonZedtlitz dahin begeben. Deutschland. Die Kaiserin ist, wie officiös gemeldet wird, noch immer nicht ganz von dem jüngsten Unfall, der die hohe Frau durch Verstauchung eines Fußes betroffen hat, wiederhergestellt. Die Kaiserin konnte daher der am 30. August stattgefundenen Herbst parade des Gardecorps nicht beiwohnen und wird leider wohl auch darauf verzichten müssen, den Kaiser zu den Manöver» nach Schlesien zu begleiten. In Preußen steht der Mischehen - Streit noch immer ans der Tagesordnung und dauert die Polemik über diesen Gegenstand zwischen den Regierungsorganen, verschiedenen conservativen Blättern und der „Germania" unvermindert fort. Die jüngsten Anslassungen des leitenden ultramontanen Blattes in Sachen der gemischten Chen beweisen indessen, daß man ans ultramontaner Seite den Rückzug angetreten hat, wozu jedenfalls die gut beglaubigten Nachrichten über das Befremden, welches die Angelegenheit der Mischehen beim Kaiser persönlich hervorgerufen, in erster Linie mit beigetragen haben. Daß der jüngsten Reise des Herrn von Schlözer nach Varzin diese ganze Frage zu Grunde gelegen hat, darf nicht bezweifelt werden, doch ist über das Resultat seiner Besprechungen mit dem Fürsten Bismarck selbstverständlich noch nichts Näheres bekannt. Der Rückkehr des Herrn von Schlözer auf seinen Posten nach Nom sieht man in den nächsten Tagen entgegen. Aus verschiedenen Anzeichen will man übrigens in Berliner Regierungskreisen schließen, daß eine Ver ständigung mit der Curie über die Frage der Mischehe nicht lange werde auf sich warten lassen. Die Nachricht, daß das Verwendnngsgesetz noch vor den Wahlen zum preußischen Landtage veröffentlicht werden soll, da man sich in Negierungskreisen eine sehr günstige Wirkung für die Steuerpolitik des Kanzlers und für regierungsfreundliche Wahlen davon verspreche, wird jetzt in Abrede gestellt. Dagegen soll eine Art Regierungs programm, welches die Ziele der von der Regierung verfolgten Steuerpolitik auseinandersetzen und zugleich die Grundzüge des neuen Verwendungsgesetzes umfassen wird, noch vor den Wahlen zur Ver öffentlichung kommen, lieber die Form, in welcher das geschehen soll, schweben noch die Verhandlungen im Schooße des preußischen Staatsministeriums. Das definitive Resultat der Neichstagswahl in Bromberg stellt sich jetzt folgendermaßen heraus: Hempel (Fortschritt) 4209, v. Schenck (conser.) 3529, v. Koezorowski (Pole) 3278, Gerth (Soc.) 3 Stim men; ungültig sind 19 Stimmen. Es ist demnach eine Stichwahl zwischen den beiden ersteren Candidaten erforderlich. Im Allgemeinen ist die Stimmenzahl für den liberalen und den conservativen Candi daten zurückgegangen, während sich die Zahl der für den polnischen 1 Candidaten abgegebenen Stimmen nicht unbedeutend vermehrt hat. 1 Bei der vorigen Wahl erhielt Hempel 49,34 o/g, v. Schenck 33,44 o/» ! und v. Koezorowski 25,26 »/g sämmtlicher gültiger Stimmen, während ! diesmal für Hempel 38,34 0/0, für v. Schenk 32,05 0/0 und für l v. Koezorowski 29,60 o/g der Stimmen abgegeben wurden. Oesterreich-Ungarn. In den Wiener Regierungskreisen sieht man mit Spannung der umnittelbar bevorstehenden Rückkehr des ge meinsamen Finanzministers, v. Kalla»), von seiner bosnischen Reise, entgegen. Schon die Berichte, welche Herr v. Kallay während seiner Reise an das Wiener Cabinet gelangen ließ, sollen erkennen lassen, daß die bisherige österreichische Verwaltung in den occupirten Pro vinzen es nur in verschwindend geringem Maße vermocht hat, die eingeborene Bevölkerung mit den neuen Verhältnissen anszusöhnen und hofft man von der mündlichen Berichterstattung des Herrn v. Kallay noch weitere Aufklärungen hierüber. Schon jetzt nehmen die Personal-Veränderungen im Status der bosnischen Verwaltung immer größere Dimensionen an lind fast jede Nummer des bosnischen Amts blattes bringt eine Reihe von Ernennungen und Versetzungen von politischen Beamten. Frankreich. Neber den Verlauf der Session der französischen Gcneralräthe werden jetzt einzelne interessante Mittheilnngen laut. Im Generalrath des Departements Nuv-cku-Dows hiett der Senator Salneuve eine Rede, in welcher er seinem Vertrauen in die Zukunft und der Hoffnnng auf eine feste Politik des Cabinets Duclerc Aus druck verlieh. Der Ministerpräsident Duclerc beglückwünschte Sal neuve telegraphisch wegen dieser Rede. Im Generalrathe des Ardsche beantragte ein Mitglied die Einführung des ListenscrutiniumS und im Generalrathe der Charente beantragte Joubert, der Pariser Ge- meinderath solle künftig ans je einem Vertreter sämmtlicher Devarte- mentS und zehn Vertretern des Seine-Departements bestehen, da die Pariser Angelegenheiten ganz Frankreich berühren. — Die Polizei behörde» vo» Paris habe» eine Feier, welche der dortige deutsche Turnverein veranstalte» wollte, verböte», da die patriotische Liga bei dieser Gelegenheit eine feindselige Demonstration gegen den Turn verein in Scene zu setzen gedachte. Ministerpräsident Duclerc sprach persönlich dem deutschen Botschafter, Fürst Hohenlohe, sein lebhaftes Bedauern über diese» Vorfall ans. Schweiz. Unter den schweizer Ultramontanen herrscht über eine anti-ultramontane Demonstration große Erregung. In ver gangener Woche machte der schweizerische Piusverem mit dem Erz bischof Lachat eine Dampfschifffahrt auf dem Lago Maggiore (halb zu Italien, halb zur Schweiz gehörig) nach den Borranäische» Inseln, wobei jedoch das Schiss von der italienischen Bevölkerung von Jntra, Pallenza, Stresa u. s. w. mit abscheulicher Katzenmusik begrüßt wurde. In Stresa wollte der Verein landen, da sich seine Mitglieder aber weigerten, die päpstliche» Abzeichen abzulegen, so mußte das Schiff wieder umkehren. Der schweizerische Pius-Verein will sich deshalb sowohl bei der italienischen Regierung als auch beim Schweizer Bundesrathe beschweren. Rußland. Die russische Negierung beabsichtigt eine Modisi- cation des Preßgesetzes und liegt der betreffende Entwurf bereits dem Minister-Comitee zur Begutachtung vor. Die hauptsächlichste» Abänderungen sollen darin bestehe», daß die Zeitungen nach der dritten Verwarnung der Censnr unterliege» und daß eine Commission eingesetzt wird, welcher das Recht der Unterdrückung der Preßorgane zusteht. Auch wird nach dem neue» Entwürfe des Preßreglements der Redacteur des unterdrückte» Blattes des Rechtes der Herausgabe irgend weichen Organs für immer beraubt. Die russische Presse soll atfo »och mehr geknebelt werden, als dies flho» jetzt thatsüchlich der Fall war. Türkei. Der türkische Ministerrath hat nach 2 tägiges Berath- nng endlich die Militär-Convention mit England nach den englischen Vorschlägen angenommen. Rnr drei Punkte sind türkischerseits der Convention zngesügt worden und steht die Entscheidung Englands hierüber »och aus. — An der türkisch - griechische» Gre»ze ist es zwischen türkische» u»d griechische» Svldate» am Mo»lag zu einem ernsten Zusammenstöße gekommen, in welchem griechischerseits drei Unteroffiziere und vier Gemeine getödtet und zwölf Mann verwundet wurden, die Verluste der Türke» sind »och nicht bekannt. Die griechische Regierung sandte sofort die Fregatte „Amphitrite" mit 2 Compagnien und 2 Batterien nach Volo ab. Egypten. Die militärische Lage in Egypten ist trotz der un zweifelhaften Erfolge, welche General Wolseley bei Mahuta und Mahsameh davongetragen hat, noch wenig verändert. Zwar meldet Wolseley, daß der Feind infolge dieser Gefechte in wilder Flucht und unter Zurücklassung von Waffen, Munition und Vorräthe» aller Art nach Zagazig zurückgegange» sei, indessen leiden die englischen Be richte säst immer an großer Uebertreibung. Mahmud Femy, der Hanptrathgeber Arabi's und jetzt in englischer Gefangenschaft befind lich, hat allerdings angegeben, daß unter den Truppen Arabi's In subordination und große Unzufriedenheit herrsche, diese Angaben be dürfen aber noch der Bestätigung. Arabi Pascha soll sei» Lager bei Kafredowar stark befestigen, auch wird berichtet, daß die Garnison von Abukir jetzt ein verschanztes Lager errichte, woran mehrere tau send Alaun arbeiteten. — Die Nachricht, daß General Wolseley Ver stärkungen verlangt habe, wird von der Pall-Mall-Gazette für völlig unbegründet erklärt. — Die Ncuconstituirung des egyptischen Mi nisteriums unter Scherif Pascha ist nunmehr erfolgt.