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Deutschland. Der Kaiser ist am Mittwoch Vormittag in bestem Wohlsein in Wiesbaden eingetroffen, wo er im Schloß Wohn ung genommen hat. Ueberall in den Straßen, welche der Monarch durchfuhr, wurde er von der zahlreich herbeigeströmten Volksmenge mit jubelnden Zurufen begrüßt. An genanntem Tage-verließ auch die Kaiserin Berlin, um zunächst einen 24 stündigen Aufenthalt in Weimar zu nehmen und dann am Donnerstag nach Wiesbaden weiter zu reisen, wo sich die Kaiserin bei ihrem hohen Gemahl acht Tage aufzuhalten gedenkt. Bezüglich der Aussichten des Tabakmonopols im Bundesrathe macht sich jetzt die Ansicht geltend, daß dasselbe doch, wenn auch nur geringer Majorität, angenommen werden wird. Auch von Bayern heißt es, daß es seine Bedenken gegen das Monopol zwar nicht auf gegeben habe, daß dieser Staat aber trotzdem für das Monopol stimmen werde, angeblich aus „Courtoisie" gegen den Kaiser! Jeden falls rechnet man in München darauf, daß der Reichstag schon die immerhin unangenehme Aufgabe übernehmen werde, das Tabakmo nopol abzulehnen, so daß man nicht nöthig hat, im Bundesrathe zu opponiren. Wenn wir einen knrzen Blick auf die allgemeine politische Welt lage werfen, so müssen mir gestehen, daß gegenwärtig am europäischen Staatenhimmel fast nirgends dunkele Punkte zu entdecken sind, ans denen sich ein drohendes Wetter entwickeln könnte. Besonders reini gend auf die politische Schwüle, welche immerhin seit den Nadotagen Skobeleffs und seiner panslavistischen Freunde herrschte, hat die Er nennung des Herrn von Giers zum Leiter der auswärtigen Politik Rußlands wirkt, denn die maßvollen Anschauungen Herrn v. Giers sind bekannt und seine Ernennung ist daher als eine neue Bürgschaft für die Erhaltung des europäischen Friedens zu betrachten. Der einzige Gegenstand, welcher vielleicht Anlaß zu Besorgnissen bieten könnte, ist die egyptische Frage, doch auch hier überwiegt die zuver sichtliche Erwartung, daß es gelingen werde, auch bezüglich dieser Frage das Einvernehmen zwischen den Mächten zu erhalten. Wenn wir uns nun aber zu unsern inneren Angelegenheiten wenden, so können wir uns leider nicht verhehlen, daß dieselbe mancherlei Schwierigkeiten bietet. Vor Allem ist es die vor der Thür stehende Frühjahrs-Session des Reichstages mit den in ihr zur Erörterung kommenden großen wirthschaftlichen Frage», welche unserer inneren Politik mit schweren Stürmen draht, denn die Meinungen und An sichten der einzelnen Parteien stehen sich in diesen Fragen zn schroff gegenüber, als daß man eine Vermittelung der feindlichen Gegensätze erwarten könnte. Doch sind wir der festen Zuversicht, daß es der Umsicht und Energie unseres leitenden Staatsmannes, des Fürsten Bismarck, auch diesmal gelingen werde, das Reichsschiff aus den drohenden Stürmen heraus unbeschädigt wieder in ruhigeres Fahr wasser zu lenken. Das preußische Abgeordnetenhaus verhandelte in seiner ersten Sitzung nach den Osterferien, am 18. April, nur über Vorlagen von keinem allgemeineren Interesse. Auch die nächste Sitzung am Mitt woch, den 19. April, in welcher nur Petitionen erledigt wurden, bot keine horvorzuhebenden Punkte dar. In der Sitzung vom 20. April beschäftigte sich das Abgeordnetenhaus mit dein Rachtragsetat für die Eisenbahnverwaltung und mit Vorlagen, betreffend den Bau neuer Secnndärbahnen. König Albert von Sachsen, erst vor wenigen Tagen von einem mehrwöchentlichen Aufenthalte im Süden nach seiner Residenz zurück gekehrt, vollendet am 23. April sein 54. Lebensjahr. Wie in frühern Jahren, so sind auch diesmal im ganzen Lande die umfassendsten Vorbereitungen getroffen, um diesen Tag würdig uuo glänzend zu begehen und hierdurch von Neuem die alte Anhänglichkeit des sächsischen Volkes an sein Herrscherhaus zu bethätigen, wie man auch im üb rigen Deutschland Antheil an dem Ehrentage König Albert's nimmt, welcher als Regent wie als Feldherr ja im Rathe der deutschen Fürsten hoch angesehen ist. Oesterreich-Ungarn. In dem Vierer-Ausschuß der ungar ischen Delegation Hal am Dienstag Graf Kalnoky, der österreichische Minister des Auswärtigen, ausführliche Erklärungen über das Ver halten Rußlands, Serbiens und Montenegros gegenüber dem süd- slavischen Aufstande gegeben. Der Minister erkannte die correcte Haltung der Negierungen dieser Länder an und stellte namentlich dem Fürsten von Montenegro das günstigste Zeugniß aus. Auch der Neichsfinanzminister v. Szlavy constatirte, daß der Aufstand nicht von auswärtigen Negierungen geschürt worden sei, wohl aber von den panslavistischen Agitationscomitee's. Im Uebrigen hat die Re gierung bezüglich der künftigen staatsrechtlichen Stellung Bosniens und der Herzegowina nur sehr vorsichtige Erklärungen abgegeben, so daß diese Frage nach wie vor eine offene bleibt. Sowohl im Ausschuß der österreichischen wie in den der ungarischen Delegation wurde die Creditvorlage angenommen, in letzterem jedoch unter Streichung eines Betrages von 2,033,000 Gulden. Frankreich. In Frankreich ist im Laufe der vergangenen Woche die Eröffnung der Session der Generalräthe erfolgt, wobei in verschiedenen Departements politisch gefärbte Ansprachen gehalten wurden, bei denen regelmäßig der Anhänglichkeit für die bestehenden Einrichtungen Ausdruck gegeben wurde. Sonst wird die Session der Generalräthe allem Anschein nach ohne besondere politische Zwischen- ! fälle verlaufen. — Der neue französische Botschafter in Petersburg, Adm. Jäures, hat seinen Posten angetreten. i Rußland. Die jüngsten Ausschreitungen gegen die Inden, welche sich in einer Anzahl südrussischer Ortschaften ereignet haben, sind für die russische Regierung der Anlaß geworden, diesen immer wiederkehrenden Unruhen endlich energisch entgegenzutreten. Aus Balta wird gemeldet, daß wegen der dortigen Unruhen gegen 50 Protocolle ausgenommen und dem Friedensrichter bereits zugestellt seien. Die Mörder der Juden, in Cherson, ein Jude, ein Türke und ein Pole, sind auf Befehl des Grafen Jgnatieff sofort vor ein Kriegsgericht gestellt worden; im Reichsrathe soll die Judenfrage durch ein besonderes Gesetz zeitgemäß geregelt werden. Wegen der Unruhen in Dobussary, Letischewo, Prossonikoff, Karpowitzsch u. s. w. sind schon zahlreiche Verhaftungen erfolgt und werden die Unter suchungen energisch betrieben. England. Die englische Regierung verfährt neuerdings gegen die verhafteten irischen Agitatoren mit überraschender Milde. Der eigentliche Organisator der irischen Landliga, M' Ginn, ist aus dem Kilmainham-Gefängnisse wieder entlassen worden, ohne daß er sich zu irgend etwas verpflichtet hätte. Desgleichen sind vier Andere, im Naas-Gefängnisse inhaftirt gewesene, Verdächtige bedingungslos in Freiheit gesetzt worden. Wenn Herr Gladstone jedoch glaubt, sich hierdurch die Leiter der irischen Bewegung verbindlich zu machen, so dürfte er bald einsehen, daß er durch diese Begnadigungen nicht im Mindesten auf die Landliga einwirkt. Scandinavien. Die „Schwedisch-Norweg. Corresp." bezeich net die durch die Zeitungen gehenden Gerüchte von einer deutsch- schwedischen Allianz als eine reine Erfindung, die jeder Begründung entbehre. Die offizielle „Post ochinrikes Tidningar" reproduzirt diese Aeußerungen der Corrsspondenz. Orient. Die rumänische Negierungspresse kann sich bezüglich der Donanfrage noch immer nicht beruhigen. In einer Polemik gegen die „Neue Freie Presse" betont der Bukarester „Romanul" daß die Donauschifsfahrt weder durch Festungen bedroht, noch von einem einzelnen Staate monopolisirt werden dürfe. Die Concessio- nen, welche Rumänien in der Donaufrage habe machen können, seien durch die Thronrede präcisirt worden, weitere Concessionen würde die rumänische Regierung nur noch auf Kosten derSouverä- netüt der Krone machen könne». Nord-Amerika. Präsident Arthur hat dem amerikanischen Congresse eine Botschaft zugehen lassen, in welcher er denselben die Frage der Zusammenberusung eines Congresses der amerikanischen Staaten unterbreitet, welcher in Gemäßheit der im verigen Jahre von dem Staatssekretair Blaine erlassenen Einladung den Zweck verfolge, Kriege zn verhindern. (Wie man sich erinnern wird, war die erwähnte Einladung von den südamerikanischen Staaten damals abgelehnt worden.) Was die Liede vermag. Roman von Ed. Wagner. (Fortsetzung.) Inmitten des zum Schloß Nomondale gehörigen Dorfes stand ein gothisches Kirchlein mit bunten Fenster» und schlanker Thurm- spitze und die Häuser des Dorfes bestanden aus freundlichen, von hübschen Gärten umgebenen Gebäuden, deren Aussehen für die Wohlhabenheit der Dorfbewohner sprach. Ans einer Höhe die eine weite Rundschau bot und nach welcher ein leicht ansteigender schattiger Weg führte, lag inmitten eines stolzen Parkes das stolze Ahnenschloß der Romondales. Es war ein festungsähnlicher Bau mit gothischen Fenstern und vielen schlanken Thürmche»; das Schloß mar zur Zeit der Königin Elisabeth erbaut worden. Der Purk war ungewöhnlich groß und besaß alte Bäume von mächtigem Umfang und besonderer Schönheit, au welche sich manche Sage knüpfte. Clifford machte sich, sobald er das Dorf erreicht, auf den Weg nach Schloß Nomondale, nachdem er sich genügend orientirt hatte. Bald stand er vor der große» Broncepforte des Parks. An dem Eingang desselben lag ans einer Anhöhe ein steinernes Häus chen. Ein Klingelzug an einem der Pfosten vermittelte die Ver bindung mit demselben. Clifford läutete, und eine Frau erschien, nm ihm zu öffnen. Sie bejahte seine Frage betreffs der Anwesen heit Lady Romondale's und bedeutete ihm, daß der hochgewölbte Baumgang direkt nach dem Schlosse führe. Er verfolgte raschen Schrittes den angewiesenen Weg. Es war um die Nachmittagsstunde, der Himmel war bedeckt und durch die Luft wirbelten einzelne Schneeflocken. Clifford hatte eine gute Viertelstunde zu gehen, bevor er das Herrenhaus erreichte; da lag das mächtige, pittoreske, palastähnliche Gebäude vor ihm, die westlichen Fenster von der Glut der Abend sonne beleuchtet. Unmittelbar vor dem Schlosse war ein offener, von Bäumen umgebener Platz. Rechts und links lagen Grasflächen und Baumgänge und an diese schloß sich der Park an. In nur kurzer Entfernung sah man die verschiedenartigsten Gewächshäuser, die Wirthsckaftsgebäude und Stallungen. „Wenn Lady Nomondale wirklich einst Emmy Neynold war,^ dachte Clifford, als er den Thürklopfer hob, „wie glänzend hat sich