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anderen Geschäften gekauften Waaren bedeutende Quantitäten da selbst gestohlener seidener Tücher im Werthe von mehreren hundert Mark vor. — Aus der Dreistigkeit, mit welcher diese Bande, die aus Böhmen sein soll, verfuhr, wie nicht minder aus ihrer Gewandtheit und dem sicheren Auftreten dürfte zu schließen sein, daß dieselbe nicht hier allein, sondern auch anderwärts schon ihr sauberes Handwerk betrieben hat. — Meerane. Wegen beabsichtigter Leichenberaubung ist kürz lich vom Zwickauer Landgericht der erst 22 Jahr alte, bereits be strafte Weber Nötzel von hier zu 9 Monaten Gefängniß und 5 Jahren Ehrenrechtsverlust verurtheilt worden. Nötzel war am 8. v. Mts. auf deni Gottesacker in Meerane in eine Gruft eingestiegen, hatte die Sargdeckel abgehoben und die Leichen blosgelegt. Da er dann allein nicht wieder herauskonnte, eilten auf sein Hilfegeschrei Leute herbei, die ihn mittelst Leiter herausholten. — Der unvorsichtige Gebrauch einer Schußwaffe hat wieder einmal einen recht bedauerlichen Unfall im Gefolge gehabt. Der Fördermann Burkhardt in Neu-Bannewitz wollte am Sonnabend einem seiner Kameraden die Handhabung eines Revolvers bei der Ladung zeigen. Da, ein unglücklicher Griff und die eben eingesetzte Kugel drang dem Kameraden in den Hals. Die Kugel hat noch nicht aus dem Hinterkopf, bis wohin sie gedrungen ist, entfernt wer den können und so läßt sich noch nicht ermessen, ob der Verwundete wird hergestellt werden können. — Gera, 18. Decbr. Kaum sind von dem gestern beendeten Schwurgerichte 5 Mörder zum Tode verurtheilt worden, als schon wieder die Schreckenkunde von einer neuen Mordthat unsere Stadt durcheilt. Als gestern Morgen der Lehrling des Fleischers Wolf im nahen Pöppeln aus der Stadt wieder zurückkam, dabei jedoch den Hund am Fleischerwagen so behandelt hatte, daß das Thier hinkte, gerieth Wolf in solchen Jähzorn, daß er den Lehrling auf der Stelle todt schlug. Wolf ist bereits verhaftet worden. — Heute Nachmittag stürzte auf dem Markte in Folge des schrecklichen Stur mes eine Bretterbude zusammen und verletzte zwei daselbst spielende Kinder derart, daß sie bewußtlos in die elterliche Wohnung geschafft werden mußten. — Gera, 19. Decbr. Gestern Abend vergiftete sich im hiesigen Gasthofe zum schwarzen Bär der daselbst conditionirende Oberkellner in Folge eines Deficits von angeblich 400 Mark. Deutschland. Berlin, 20. Decbr. Zur Unterstützung der vom Ringtheaterbrand Betroffenen bewilligt- der Kaiser 15,000 Mk. Oesterreich. Der Kaiser ließ sich gestern vom Vicebürger meister Uhl über die Ringtheater - Katastrophe mündlich berichten, fuhr sodann in das Opernhaus, welches wie bei einer Vorstellung erleuchtet war, besichtigte eingehendst alle Vorkehrungen gegen Feuersgefahr, inspizirte sämmtliche Räume bis zu de» obersten Galerien, ordnete verschiedene weitere Vorkehrungen an und ließ die Gasbeleuchtung ganz absperren, um die Wirkung der angebrachten Oellampen zu prüfen. Der Kaiser verweilte etwa l'/z Stunden im Theater. — Für die Wiener Theaterdirection hat die Unglückskatast rophe im Ningtheater mancherlei Nachtheile im Gefolge. Zunächst meidet das Publikum jetzt den Besuch der Vorstellungen in allen Theatern, so daß die Direktoren in finanzielle Bedrängnisse kommen. Sodann ist beispielsweise das Theater an der Wien, welches 2540 Personen faßt, von der Behörde angewiesen worden, daß die Zahl der zu einer Vorstellung zuzulasscuden Personen nicht mehr als 1270 betragen dürfe. Eine ähnliche Maßregel wurde bezüglich des Thea ters in der Josefstadt getroffen, das bis jetzt gegen 1300 Personen faßte und in welches künftighin nicht mehr als 600 Personen ein gelassen werden dürfen. Außerdem erhielten die betreffenden Direk toren Mittheilung, welche baulichen Anordnungen sie zunächst vorzu nehmen haben. Diese Anordnungen beziehen sich auf die Anbring ung von neuen Ausgängen, Herstellung eiserner Thüren, Anlegung neuer Wasserwechsel und dergleichen. Unter dem Druck der Ver hältnisse und in Anbetracht der so plötzlich eingetretenen Katastrophe haben die Herren beschlossen, sich in einem Promemoria an den Kaiser zu wenden, um die traurige Lage ihrer Theater darznthun. Frankreich. Tie tunesische Expedition nähert sich ihrem vor läufig günstigen Abschlusse. General Saussir telegraphirte an den Kriegsminister aus Tebessa am 13. d. M.: „Soeben bin ich mit der Cavallerie in Tebessa angelangt. Morgen wird die ganze Eo- lonne Forgemol auf algerischen Boden zurückgekehrt sein. Die Gegenden, die wir von Gassa an durchzogen, beginnen sich wieder zu bevölkern; die Stämme haben den Bedingungen, unter welchen der Friede ihnen gewährt wurde, Genüge geleistet. Sämmtliche Khalifas der Städte des Djerid haben den Oberst Jakob aufgesucht, um ihn ihrer Hingebung und ihrer friedlichen Gesinnungen zu ver sichern. Nur die Hammams und einige unruhige Individuen ve- harren in der Nevellion; auch sie sind aber, wie es heißt, schon wankend gemacht, und wie sie jetzt von unserem fliegenden Kolonnen im Zaune gehalten sind, werde» sie bald um mnan bitte», uni i» ihre Wohnsitze zurückkehren zu könne». England. Dublin, 19. Decbr. Sonnabend Abend fand die Polizei hier eine große Anzahl Waffen nebst Munition, darunter mehrere tausend Patronen, sowie viele Revolver ans. Vier Perso nen wurden verhaftet, auch viele, Personen in Irland und England comprvmillirende Schriftstücke aufgefunden. Nachts wurde die Po- lizeicaserne in Croboy (Grafschaft Meath) in Brand gesteckt und zer stört. Polizeiagenten, welche dort schliefen, entkamen mit Mühe. London, 19. Decbr. Den Abendblättern zufolge hat in den Kohlengruben von Abram bei Bolton eine Explosion schlagender Wetter stattgefunden, wodurch gegen 180 Personen getödtet worden sein sollen. London, 20. Decbr. Spätere über das Grubenunglück bei Bolton eingegangene Berichte reduziren die Zahl der Getödteten ans 40. China. Die Städte Haifong und Talli wurden am 8. Octo ber von einem heftigen Orkane (Telphuhn) heinigesucht, der große Verheerungen und ungeheueren Verlust an Menschenleben verursachte. Der Orkan war von solch furchtbarer Gewalt, daß das Meer aus trat und das ganze umliegende Land überschwemmte. In Talli standen 3 bis 4 Meilen vom Meeresgestade entfernte Häuser 6 Fuß unter Wasser. Die Strömung war so groß, daß sie die ganze Stadt wegschwemmte, wobei einem ungefähren Ueberschlage zu Folge mehr als 300 Personen ertranken. Die Mohnfelder sind im ganzen Distrikt vollständig vernichtet worden. Eine große Menge Boote, welche Reis aus dem Inner» nach Haifong Zransportirten, sind ge sunken. Zwischen zwei Herzen. Roman von F. Klinck. (Fortsetzung.) Er schien erfreut über mein Kommen, ich glaubte es seinem Gesichte anzusehen. Er führte mich in sein Zimmer und ich folgte ihm in peinlicher Aufregung. „Deine Mutter hat die Absicht, Dich zu einer Schlittenfahrt zu bereden," sagte er, nachdem er mich zu seinem Sessel geführt hatte, und während ich wie in eineni schönen Traume befangen da saß. „Ich möchte Dich bitte», nicht mitzufahren." Ich sah ihn starr vor Erstaunen an. Er hatte nie mehr daran gedacht, sich in meine Angelegenheiten zu mischen. „Warum nicht," fragte ich schüchtern. „Muß ich Dir die Frage beantworten?" entgegnete er. „Heute Morgen lag meiner Bitte eine andere Absicht zugrunde, seit heute Mittag ist es die Sorge um Deine Gesundheit, welche sie mich aus spreche» läßt." „'Meine Gesundheit? Dieselbe giebt keine Veranlassung, mir derartige Entbehrungen aufzuerlegen," gab ich zur Antwort. „Wir wollen über das Wort nicht streiten, Du scheinst unver söhnlicher zu sein, als ich es geglaubt habe. Genügt Dir meine Bitte nicht?" Ich konnte nicht sogleich eine Antwort geben, ich war so un aussprechlich glücklich. Da, in demselben Augenblick bemerkte mein Auge ein Häuflein Briefe, von einem vergilbte» Bande zusammen gehalten. Gleich darauf hatte ich auch die Schriftzüge erkannt. Deine Hand hatte sie geschrieben." „Meine?" fragte Wanda zweifelnd. „Du hast Dich entschieden getäuscht, ich habe nie mehr an Stefan geschrieben," „Später nicht mehr, aber früher, von deni Tage Eurer ersten Bekanntschaft her. Aber er hat sie werth gehalten, — vielleicht hatte er sich einen Augenblick vorher darein vertieft. O, Gott, was weiß ich, was ich damals gefühlt und gedacht habe, was weiß ich, mit welchen Worten ich ihn von mir stieß. Meine Sinne schwanden und dann wußte ich lange, lange Zeit nichts von mir und der Welt. Mein Leide», welches sich durch die unausgesetzte Aufregung der letzten Zeit ausgebildet hatte, war durch diesen neuen Schlag zum Ausbruch gekommen. In dein Momente, wo ich, »och stumm vor Glück, die Üeberze»g>mg gewönne» hatte, daß mei»e Mühe nicht vergeblich gewesen sei, da sah ich Deine Briefe und ich wurde in den Abgrund zurückgeschleudert. Was kümmerten mich seine Bitte», seine Versicherungen. Ich war nicht thöricht genug, seinen Worten, daß er im Begriff gewesen sei, die letzte Erinneruiig an die Ver gangenheit zu vernichten, Glauben zu schenken. Wäre es doch Wahnsinn gewesen, daran zu glauben! Bis zu dem Tage war er mir mit Kälte und Verachtung entgegengetreten, er hatte jede An näherung von sich abaewehrt und nun? Nein, weit eher glaubte ich ihm, als er endlich in seiner Aufregung hervorstieß; Daß Du seine erste und einzige Liebe gewesen und daß die Liebe zu Dir ihn in das Grab geleiten werde. Ein Blutsturz drohte meinem Leben sogleich ei» Ende zu mache», aber die große Anzahl Aerzte, welche nach und nach an mein Lager berufen wurde, that doch ihr Möglichstes. Ich wollte nicht geneseil und gerade deshalb lebte ich. Mit welcher Leidenschaft habe ich den Tod herbeigesehnt! Aber er kam nicht, der unbarm herzige Dämon, welcher so gern störend in das menschliche Leben eingreift, wo es am prächtigste» blüht." „Und was wurde aus Stefan?" fragte Wanda leise. „Ich habe ihn nicht mehr wtedergcsehe», — nur an dem Tage, als wir von Petersburg abreisten, als ich bereits in den Polstern des Wagens lag, trat er an mich heran, Er reichte mir die Hand und ich glaube, er sagte: