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werden. Die Wiener Herren Gemeinderäthe haben sich denn doch wohl in der Fürsorge für das Interesse der inländischen Industriellen und Gewerbtreibenden etwas zu weit vorgewagt, und es ist manches Wort gefallen, was nach oben hin zu verletzen geeignet war. Frankreich. Der Communard Rochefort wird immer mehr in die Enge getrieben. Außer seinen blinden Verehrern glaubt Nie mand seine Behauptung, daß er den für ihn so verhängnißvollen Brief an Gambetta gar nicht geschrieben habe. Rochefort hat in dem Prozesse Cissey zu viel gelogen und die Beweise gegen ihn sind erdrückend. Und nun kommt gar noch ein zweiter Bittbrief an den ehemaligen Kommandanten von Paris, General Trochu, hinzu; ja, in dem Nachlasse von Thiers soll sich ein dritter ähnlichen Inhalts befinden. Der Inhalt der beiden bis jetzt veröffentlichten Briefe ist fast der gleiche. Hier und dort derselbe weinerliche Ton, der sich gegen die Theilnahme an der Commune und der Zerstörung des Thier'schen Hauses verwahrt; dasselbe Herausstreichen seiner Ehrlich keit lind Uneigennützigkeit. Rußland. Fast will es scheinen, als gedenke der Kaiser von Rußland sich ernstlich von den Regierungsarbeiten zurückzuziehen, wenigstens wird jetzt allgemein die Reise des Großfürsten-Thronfolger nach Livadia, sowie seine vorjährige Rundreise bei den benachbarten Mächten mit dieser Absicht in Verbindung gebracht. Auch die Be wegung der russischen Diplomaten soll darauf hindeuten, und so bleibt es immerhin zu verzeichnen, daß der russische Botschafter, Fürst Lobanow, am Dienstag eine Conferenz mit dem Staatssecretär des Auswärtigen, Lord Granville, hatte. Durchweg werden jetzt — im Gegensatz mit allen früheren Annahmen — dem Thronfolger friedliche Absichten zugeschrieben, weil er es für nothwendig erachte, Rußland erst im Innern zu kräftigen. So bestätigt auch die „Agence Russe," daß in den Verhandlungen mit China eine friedliche Wendung eingetreten sei. Lokales und Sächsisches. Zwönitz. Beim hiesigen Kaiserl. Postamte wird der Orts- und Landbestelldienst am ersten Weihnachtsfeiertage wie an den Wochen tagen, am zweiten Weihnachtsfeiertage wie an den Sonntagen aus geführt werden. In gleicher Weise werden die Dienststunden für den Verkehr mit dem Publikum festgesetzt. Chemnitz, 13. Decbr. In der am 14. und 15. Juni 1880 von dem k. Schwurgerichte zu Planen wider den Tischler Heinrich Gottlob Zeidler son. in Reichenbach wegen bctrüglichen Bankerottes und wider den Agent Heinrich Moritz Gerber in Zwickau, den Pfand leiher Franz Ludwig Fischer in Reichenbach, den Tischler Franz Robert Zeidler jum daselbst und den Rechtsanwalt Heinrich Reinhold Schraps in Zwickau wegen Beihilfe zn gedachtem Verbrechen, bezw. Begünstigung desselben, abgehaltenen Hauptverhandlung wurden be kanntlich der Hauptangeklagte Zeidler «cm. zu 2 Jahren 9 Monaten Zuchthallsstrafe, Zeidler jnu. und Fischer zu je einjähriger Gefäng- nihstrafe lind Schraps und Gerber zu je achtmonatiger Gefängniß- strafe verurtheilt, auch wurden dein rc. Zeidler son. die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 4 Jahren und den übrigen Ange klagten auf je 2 Jahre aberkannt. Auf von Seiten der sämmtlichen Angeklagten, mit Ausnahme Gerber's eingewendete Nivision hin, hob das Reichsgericht zu Leipzig obiges Urtheil des Schwurgerichts zu Plauen, soweit es die Beschwerdeführer betraf, nebst den demselben zu Grunde liegenden thatsächlichen Feststellungen wieder auf und ver wies die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die Instanz, und zwar an das Schwurgericht zu Chemnitz, zurück. Von diesem waren der 13. und 14. December 1880 zur Verhand lung angesetzt, doch vermochte man es, die Sache am ersten Tage schon zum Abschluß zu bringen, wenn schon die Urtheilspublikation erst Morgens um 1 Uhr erfolgen konnte. Das Thatsächliche der Anklage ist kurz folgendes: Der Hauptangeklagte Zeidler son. war angeklagt, nach erfolgter Einstellung seiner Zahlungen in der Absicht der Gläubigerbenachtheiligung in den Monaten Juli und August 1879 verschiedene Mobiliarkäufe aufgestellt, bezw. deren Aufstellung veran laßt zu haben, obwohl, wie er wußte, diese Rechtsgeschäfte nur Schein geschäfte, also ganz oder theilweise erdichtete waren, hierdurch auch die in den gedachten Käufen erwähnten Mobiliargegenstände, mithin Vermögensstücke bei Seite geschafft zu haben. Den übrigen Ange klagten wurde zur Last gelegt, daß sie in dieser oder jener Weise dem rc. Zeidler zu den, von diesem begangenen Verbrechen durch Nath und That wissentlich Beihilfe geleistet hätten, Schraps'n insbe sondere, daß er, mit Kenntniß von dem verbrecherischen Vorhaben Zeidler's son., auf Grund jener ihm als solche bekannter Scheinkäufe vor dem vormaligen k. Gerichtsamte Reichenbach für die Mitange klagten Zeidler jun. und Fischer, einen Jnterventions-, bez. Necla- mationsproceß angestrengt und durchgeführt hatte, weiter, daß er zum Zwecke eines im Auftrage Zeidler's son. für denselben mit dessen Gläubigern herbeizuführenden Accordes ein den Vermögens statuts Zeidler's 8on. enthaltenden Circular an die einzelnen Gläu biger versendet und in demselben wissentlich Vermögensstücke, bez. Befriedigungsobjekte verheimlicht habe. Die Beweisaufnahme in der heutigen Hauptverhandlung ergab bezüglich des Mitangekagten Schraps, insbesondere durch die Auslage des als Zeugen vernommenen da- , I maligen juristischen Hilfsarbeiters Schraps', sowie durch den Inhalt der Privatacten des Letzteren und namentlich einen darin im Con- cepte enthaltenen, an Zeidler sen. gerichteten und demselben die Ge fährlichkeit seiner Manipulationen vor Augen stellenden Brief, ein derartiges Entlastungsmaterial, daß die k. Staatsanwaltschaft, ver treten durch Herrn Oberstaatsanwalt Richter, sich selbst eines An trages auf Bejahung der betreffs Schrap's gestellten Schuldfrage enthielt und deren Beantwortung lediglich dem Ermessen der Ge schworenen anheimgab. Als Vertheidiger des Angeklagten Schraps fungirte Herr Rechtsanwalt Justizrath Böhmig, als solcher der 3 übrigen Angeklagten Herr Rechtsanwalt Ür. Enzmann von hier. Obmann der Geschworenen war Herr Moritz Anton Meister von hier. Auf Grund des Wahrspruches der Geschworenen wurde der Rechtsanwalt Schraps von der wider ihn erhobenen Anklage freige sprochen, während Zeidler son. zu 15 Monaten Gefängniß, Zeidler jun. zu 8 Mouaten Gefängniß, Pfandleiher Fischer zu 8 Monaten Zuchthaus und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf zwei Jahre verurtheilt wurden, bei Zeidler son. sind 9 Monate 2 Wochen, bei Zeidler jun. und Fischer je 4 Wochen als verbüßt zu erachten. Tannenberg bei Geyer. Ende November ist in der zum hiesigen Eberlein'schen Gasthofe gehörigen Schlächterei ein Schwein geschlachtet worden, von dessen Fleischgenuß im hiesigen Orte gegen 20 Personen, sowie in Geyer und Annaberg verschiedene Personen an der Trichi nose erkrankt sind. Im Gasthofe selbst befinden sich sieben Personen krank. WaltherSdorf. Beim Restaurateur Schreiter hier kam ver gangene Woche ein Ochsenkalb zur Welt, welches nur 3 Beine (das Hintere rechte fehlt gänzlich) hat, im klebrigen aber ein kräftiges, munteres Thier ist. x Auerbach. Jin benachbarten Rempesgrün brannte am 13. d. M. das Haus des Strumpfwirkers Ang. Riedel bis auf den Grund nieder und zwar durch Riedel selbst angesteckt. Bei seinem Vorhaben, auf drei Stellen des Bodens mit Anwendung von Petroleum Feuer zu entzünden, durch seine Ehefrau, seinen Schwager Liebold nnd den Handarbeiter Möckel betroffen, warf er denselben einen mit Petro leum getränkten brennenden Strvhbund über die Köpfe hinein, so daß sie ganz empfindliche Verletzungen davon trugen. Zn der un glückseligen That soll ihn häuslicher Unfrieden veranlaßt haben. Der Brandstifter ist nach vollbrachter That durch das Dachfenster ge flüchtet und hat das Weite gesucht. Eibenstock, 15. December. Mit Donner und Blitz und unter orkanartigen! Sturm hat gestern Vormittag nach einem lang an haltenden lauen Herbstwetter der Winter seinen Einzug bei uns ge- gehalten und die lange Sehnsucht nach Schlitten- und Schlittschuh- bahu gestillt. Daß der Blitz in hiesiger Stadt Schaden angerichtet haben sollte, ist uns nicht bekannt geworden.. In Bürenwalde traf derselbe den Kirchthurm, ist jedoch ohne Zerstörungen anzurichten an der Leitung heruntergefahren. Waldenburg. Der beim hiesigen Amtsgericht wegen Diebstahls in Haft befindliche Handarbeiter Thiemer aus Remse hat in der Nacht zum 14. Decbr. das vor dem kleinen Fenster seiner in der 2. Etage des Amtsgerichtsgebäudes befindlichen Zelle angebrachte Gitter demolirt und sich durch das sehr enge Fenster in den Hofrauin ge stürzt, wo er am Morgen des 14. December schwer verwundet auf gefunden wurde. Thiemer ist vorläufig im Krankenhause unterge bracht worden. Oschatz, 15. Decbr. Se. Majestät der König, sowie Se. kgl. Hoh. Prinz Georg wohnten heute, einer Einladung des Majors v. d. Decken zu Hof Folge leistend, der hiesigen Fasanenjagd bei. Das Jagdergebnih ist als ein sehr günstiges zu bezeichnen. Es wurden 262 Hähne, 17 Hühner, 10 Hasen, mehrere wilde Kaninchen und 1 Baummarder geschossen. Böhrigen bei Roßwein, 16. Decbr. Im benachbarten Verbers- dorf hat gestern früh der voriges Jahr erst eingetretene Pachter der dasigen Mahl- und Schneidemühle, namens Huhn, ein junger, streb samer Mann, dadurch seinen grausamen und plötzlichen Tod gefun den, daß er beim Einölen des gangbaren Zeuges von seinem Stand orte ausgeglitten, nach einer anderen Version von der Welle an dem Pelze erfaß worden und in die Kannngrube des konischen Rades gestürzt ist, woselbst ihn das letztere mit nach unten genommen und jämmerlich zerquetscht hat, sodaß inan den beim Kaffeetrinken erst Ver- mißten mit eingedrücktem Brustkasten, die Oelkanne noch in der Hand, daselbst vorfand. Der Fall ist um so trauriger, als der Verunglückte außer einer Frau noch 2 Kinder hinterläßt^ Durch die Trichinen. Humoreske von Ed. Volger. Nachdruck verbotenl (Fortsetzung.) Begreifst du nun? Erkennst du nicht den unendlich tiefen Sinn dieser Worte? Und das sagt ein Lessing, ein Lessing! Er war stehen ge blieben, während er mit ganz besonderem Nachdruck die letzten Worte sprach und seinem Collegen triumphirend ansah. „Nun, was