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Olbernhau, 20. November. Die hiesige Feuerwehr wurde im Laufe dieses Jahres sehr oft in Thätigkeit versetzt. Dafür sorgen gewisse Brandstifter. Zweimal wieder gab es Feuerlärm. In der Nacht vom vorigen Dvmierstag zum Freitag brannte in Kleinneu- schönberg der an das Wohnhaus nngebaute Schuppen des Wirth- schaftsbesitzers David Müller und gestern, in der Nacht vom Sonn abend zum Sonntag, ging in Niederhallbach die zur Seifert'schen Mühle gehörige große Scheune mit sämmtlichen Erntevorräthen in Flammen auf. In Adorf ist ein Anfang zur Einführung eines neuen Industrie zweigs gemacht worden, indem Herr Oberlehrer Graubner eine Schnch- schule errichtet hat, in welcher Knaben in der Kunst des Holzschnitzens unterrichtet werden. Freiberg. Ein merkwürdiger Todesfall kam dieser Tage in dem 2 Stunden von hier entfernten Lichtenberg vor. Vorigen Dienstag starb nämlich daselbst eine Fran im Alter von 83 Jahren, nachdem dieselbe 13 Tage lang zuvor ununterbrochen im tiefsten Schlafe gelegen hatte. Die Verstorbene erfreute sich bis kurz vor ihrem Ende großer Rüstigkeit und einer ausdauernden Gesnndheit. Mittweida. Mit großem Bedauern sieht man den um Stadt und Umgegend sehr verdienten Bürgermeister Voigt, der die vor wenigen Tagen auf ihn gefallene Wahl znm Bürgermeister der Stadt Annaberg angenommen hat, scheiden. Derselbe hat es verstanden, während seiner Amtsführung sich die Zuneigung aller Wohlgesinnten zu erwerben. Ihm zusörderst ist es zu danken, daß die sozialdemo kratischen Strömungen hierorts nicht jene Intensität und Schürfe er reicht haben, wie anderwärts, trotzdem die Wogen des Parteitriebes auch hier zu Zeiten recht hoch gingen, während eine Stimmung all gemeiner Anerkennung darüber besteht, daß gerade das leicht zu gängige Wesen, die zuvorkommende Art seines persönlichen Eingrei fens als besondere Vorzüge empfunden wurden. Um die Verschönerung der Stadt und ihrer Umgebung hat sich Bürgermeister Voigt dauernde Verdienste erworben. Geithain, 30. Novbr. Diesen Morgen ist auf der Geithain- Rochlitzer «Straße in der Nähe der Eisenbahnbrücke der Ulan Koch aus Rochlitz schwer verletzt aufgefunden worden. Koch hat mit mehreren Kameraden dem hiesigen Jahrmarktsvergnügen gehuldigt lind hat spät im betrunkenen Zustand den Heimweg angetreten. Wie er zu den zahlreichen Stichwunden gekommen, wird die eingeleitete Untersuchung ergeben. Aus Nossen wird berichtet: Dieses Jahr scheinen die Brandstifter ihr Absehen auf Getreidefeimen gerichtet zu haben. Während vorige Woche zu Oberjohna eine 300 Schock Weizengarben enthaltende Feime in Flammen aufging, brannte an der Mittwoch abermals eine desgleichen zum Vorwerk Ottenbach bei Naußlitz gehörige nieder. Kützschenbroda, 25. November. Ein recht bedauerlicher Un glücksfall ereignete sich hier vor einigen Tagen. Ein ziemlich 6jühriges Mädchen einer Wittwe nahm, als die Mutter auf kurze Zeit die Stube verlassen hatte, ein Licht in die Hand und hielt es an das Hemdchen seines kleinen 4jährigen Bruders. Natürlich brannte so fort diese Bekleidung und das arme Kind wurde, trotzdem daß die Mutter aus das Schreien herbeieilte, in erheblicher Weise verbrannt. Bald darauf stellten sich Krämpfe ein und an denselben ist das Kind am Tage darauf verstorben. Löbau. Am 27. November Mittags ist man beim Ausschachten des Mosich'schen Brunnens in Ebersdorf endlich bis an den verun glückten Brunnenbauer Heinrich Müller in einer Tiefe von gegen 19 Ellen gekommen; sein Kopf wurde sofort frei gemacht. Er befindet sich stehend auf den Brettern der 8 Ellen hohen Brnnnenmauer, und kann nicht anders angenommen werden, als daß ihn der von allen Seiten umschließende Sand sofort erstickt hat. Vermischtes. * (Erderschüttcruug.) Aus Dortmund, 27. November, wird be richtet: Heute Morgen uni 5 Uhr 50 Minuten ist im westlichen Theile unseres Stadtbezirkes eine ziemlich bedeutende Erderschütterung bemerkt worden. In leicht gebauten Häusern wurde sie am stärksten wahrgenommen, in manchen derselben hat z. B. die auf dem Tische stehende Lampe geschwankt, in anderen sind die Schläfer erschrocken ! und aus dem Schlafe aufgefahren. Die Richtung der Erschütterung § ging nach unserer Wahrnemnung, die auch von verschiedenen Seiten bestätigt worden, von Südosten nach Nordwesten. Merkwürdiger Weise ist der Erdstoß im östlichen Stadttheile wenig oder gar nicht verspürt worden, wahrend derselbe je weiter nach Westen nm so stärker wahrgenomnien worden ist. * (Das Gewicht in der Tasche.) Mancher hat bisher wohl kaum daran gedacht, daß er in seiner Tasche genau anzeigende Ge wichte mit sich hernmtrügt, daß er also, im Falle er vielleicht in die Lage kommen sollte, irgend einen Gegenstand abwiegen zu wollen, und gerade keine vorschriftsmäßigen geeichten Gewichte zur Stelle hat, nur in die Tasche zu greifen braucht, nm sofort das Gewünschte herbeizuzaubern. Es sind dies nämlich unsere Geldstücke in Kupfer, Nickel, Silber und Gold. Das Gewicht derselben ist genau und durchaus zuverlässig, vorausgesetzt natürlich, daß sie durch langen Gebrauch nicht minderwerthig geworden sind. So wiegt z. B., wie die „Berl. Zlg." constatirt, 1 Einpfennigstück genau 2 Gr., 3 Zwei pfennigstücke 10 Gr., 2 Fünfpfennigstücke 5 Gr., 1 Zehnpsennigstück 4 Gr., 9 Zwanzigpfennigstücke 10 Gr., 9 Fünfzigpfennigstücke 25 Gr., 9 Markstücke 50 Gr., 9 Zweimarkstücke 100 Gr., 9 Fünfmark stücke (Silber) 50 Gr., 1 Fünfmarkstück (Gold) 2 Gr., 1 Zehn markstück 4 Gr., 1 Zwanzigmarkstück 8 Gramm. * (Seltene Erscheinung.) Ans Nürnberg, 29. November, wird mitgetheilt: Im Lorenzer Walde finden sich an zahlreichen Stellen reife Preißelbeeren, oft 5—6 Beeren an einem Stamme. * (Ein werthvoller Silbergulden.) Ein Goldarbeiter in Böhmisch- Leipa nahm jüngst einen Silbergulden mit der Jahreszahl 1861 ein, der, trotzdem er sich als echt erwies, einen sonderbaren Klang hatte. Der Goldarbeiter untersuchte nun die Münze genau und fand am -Rande einen kaum bemerkbaren Einschnitt, in welchen er ein In strument preßte, worauf der Gulden auseinander sprang und ein blanker österreichischer Dukaten herausfiel. Wie diese Münze in den Verkehr kam, ist nicht aufgeklärt. * London. (Inseratenpreise in England.) Behufs Veräußerung eines in London belegenen Grundstücks wurde vor Kurzem ein darauf bezügliches, etwa 7 Zeilen langes Inserat, vier Monate hindurch zweimal wöchentlich in der „Times", einmal wöchentlich in einem Wochenblatte veröffentlicyt. Die Kosten dafür beliefen sich auf 300 Pfd. Sterl-, pp- 6000 Mark, was ungefähr dem jährlichen Ertrag des Hauses gleichkam. * (Der Schaden in Agram.) Ein Telegramm des Bürgermeisters Mrazovic an den Prager Bürgermeister Skramlik constatirt, daß bei dem Erdbeben in Agram zwei Personen getödtet und 23 Personen verwundet wurden 900 Unterstützungsgesuche sind eingelausen, kein Gebäude ist unversehrt, zwei Drittel sind beträchtlich beschädigt; sechs Kirchen und Bethäuser sind geschlossen, sämmtliche öffentliche Gebäude litten bedeutend. Der Schaden beträgt bei Einzelnen bis zu 15,000 st. Vierhundert Familien sind obdachlos, von diesen sind viele ohne Brod und ohne Erwerb. Noth und Elend sind groß. * (Hohes Alter.) Aus Witten, 20. November, wird berichtet: Ter älteste Bürger unserer Stadt, ein Israelit, seit vielen Jahren unter dem Namen „der alte Kahn" bekannt, ist vorgestern gestorben. Nach seiner Angabe war er im December 1776 geboren, würde also im nächsten Monat 104 Jahre alt geworden sein. Bis zu diesem letzten Lebensjahre hin war sein Gang aufrecht, sein Lebensmuth keck und ungebeugt. Seit einigen Monaten aber war er hinfällig und genoß der Pflege im katholischen Krankenhause, wohin er sich aber das Essen bringen ließ. Eine Lungenentzündung machte seinem Leben ein Ende. * (Kaiser und Miethkutscher.) Der Kaiser Alexander I. von Rußland, der sich gewöhnlich sehr einfach kleidete, machte eines Tages in einen grauen Officiersmantel gehüllt, allein einen Spaziergang in den Straßen St. Petersburgs, als es heftig zn regnen änfing; er setzte sich in ein Miethsfuhrwerk und ließ sich nach dem Winter palast fahren. Die Schildwache vor dem Senatsgebäude, bei welchem er vorübcrfuhr, erkannte den Kaiser dennoch, trotz der unscheinbaren Kleidung, und rief die Mannschaft in's Gewehr. Der Kutscher sah sich nach allen Seiten nm und fragte endlich: „Wo reitet er denn?" — „Wer?" fragte Alexander. — „I nun, der Kaiser!" — „Gieb nur Acht, Du wirst ihn bald sehen," erwiderte Alexander. Beim Winterpalast angelangt, stieg er aus, und da er vergeblich nach Geld in seinen Taschen suchte, befahl er dem Kutscher zu halten, bis er ihm seinen Lohn herabsenden werde. — „Oho," jagte der Fuhrmann, der vielleicht schon öfter angeführt worden war, „so geht eS nicht, wenn Ihr kein Geld habt, so laßt nur so lange Euren Mantel hier." — Alexander that es und trat in seinen Palast und schickte gleich darauf einen Bedienten mit 25 Rubel hinunter, um dafür von dem Kutscher den Mantel einzulösen und ihm zu sagen, daß er den Kaiser selbst gefahren hätte. — „Hm," sagte der Kutscher, „wenn ich das gewußt hätte, würde ich ihn ohne Pfand fortgelassen haben; der Kaiser ist ein ehrlicher Mann." * Ein Schachturnier, wie es in den Analen des Schachspieles bis jetzt ohne Vorgang gewesen ist, wird demnächst zwischen den Schachgeselljchaften zu Liverpool und Ealcutta in Scene gesetzt werden. Wenn es auch nicht das erste Mal ist, daß zwischen den, Mutterlands und seinen Kolonien solche friedliche Kämpfe zum Aus trag kommen, so ist es doch das erste Mal, daß man auf so weite Entfernung durch den Telegraphen sich Zug um Zug mittheilen wird. Um bei diesem Verfahren die Kosten in nicht allzu bedeutender Höhe anwachsen zu lassen, hat der Präsident des Schachklnbs zu Ealcutta ein übersichtliches System zusammengesetzt, bei dessen Gebrauch man jeden Zug durch ein einziges Wort auszudrücken vermag. Das System, dessen Aufstellung mit nicht geringen Schwierigkeiten verbnnden war, wird in ähnlichen Fallen sich als nachahmuugswerth erweisen. * (Widersprochen muß sein.) Madame V., erzählt „Figaro," ' ist der persouisicirte Widerspruchsgeist. — Eines Tages ward in > ihrer Gegenwart eine Greisengestalt zum Thema des Gesprächs, der 1 gerade in die Gesellschaft cintrat. — „Was für herrliche weiße , Locken er hat," hieß es. — „Nnr zu schöne," bemerkte sie, „ich « mochte wetten, daß er sie färbt."