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innern ansammeln, daß diese sich entzünden und dann explodirend das ganze in der Nähe befindliche Erdgeschiebe erschüttern. Der Schrecken will noch immer kein Ende nehmen, immer neu hinzutretende Nachrichten wissen nur von neuem Schrecklichen zu be richten, wenn auch die Erdstöße sich in den letzten Tagen nicht wieder holt haben. Tagesgeschichte. Deutschland. Das Plenum des preußischen Abgeordneten hauses beschäftigte sich mit der Interpellation in Betreff der Gerichts kosten. Nachdem die Interpellation vom Abg. Dr. von Cuny be gründet worden war, ließ sich der Justizminister vr. Friedberg in ehr eingehender Weise über dieselbe aus, indem er besonders auf sie Schwierigkeiten verwies, die sich einer sofortigen Revision des Gerichtskostengesetzes entgcgenstellen, und hervorhob, daß dies nicht von Seiten eines Partikularstaates geschehen könne, sondern vom Reiche ausgehen müsse. Er bezeichnete manche der Klagen als über trieben und als - Räubergeschichten, gab er aber doch zu, daß die Zustellungsgebühren der Gerichtsvollzieher, die Gebühren der Be glaubigung von Schriftstücken und die Schreibegcbühren ermäßigt werden könnten, bat aber schließlich, die Regierung nicht znm über eilten Vorgehen zu drängen. In der daran geknüpften Besprechung der Interpellation wurden die schreiendsten Uebelstände noch klarge stellt, so daß die Negierung sich baldiger Remedur nicht wird ent ziehen können. Heute Sonnabend wird die Verlesung der gegen die Antisemitenliga gerichteten Interpellation des Abg. Du. Hanel statt finden, deren Beantwortung wahrscheinlich in dem im Abgeordneten hause stattgehabten Ministerrathe festgestellt worden ist. Oesterreich-Ungarn. Während man in Wien auf dem deutsch-liberalen Parteitage sich mit dem Satze beschäftigte, daß Oesterreich mit der deutsch-liberalen Partei steht und fällt, fand daselbst eine Arbeiterversammlung statt, die ebenso stark besucht mar und ebenso interessante Resolutionen beschlossen hat, als die Ver sammlung der „Verfassungstreuen". Die Spitze der Reden und Debatten war insbesondere gegen die „Deutsch-Liberalen" gerichtet, welche während ihrer langen Herrschaft nichts für die Arbeiter ge- than haben. Der erste Theil der Resolution lautet wörtlich: In Erwägung, daß das österreichische Volk nationale Hetzereien, von welcher Seite sie immer eingeleitet werden mögen, auf das Ent schiedenste verdammt, in dem einträchtigen, friedlichen Zusammen wirken aller Völker Oesterreichs die unabweisliche Vorbedingung der Arbeit für die höchsten Zwecke der Menschheit findet, protestirt die heute den l4. November 1880 in Schwender's Colosseum statt- findende Volksversammlung gegen die von der sogenannten ver fassungstreuen Partei auf den Parteitagen zu Mödling, Brünn und Karlsbad gefaßten Resolutionen als eine Verhetzung der Nationali täten. Die Versammlung protestirt weiter gegen die Bezeichnung der sogenannten verfassungstreuen Partei als einer „liberalen" Partei, weil alle ihre Handlungen gegenüber der arbeitenden Bevölkerung beweisen, daß ihr die Freiheit nur ein Schlagwort ist und nur als Maske dient, hinter dec sich die ärgste politische und wirthschaftliche Corruption verbirgt. Die heutige Versammlung des arbeitenden Volkes erklärt, daß nur die Erfüllung der seit Jahren von den Arbeitern Oesterreichs erhobenen politischen und wirthschaftlichen Forderungen die Zukunft des Staates, die Ruhe und den Wohlstand der Bevölkerung dauernd zu sichern vermag. — Tie Reibungen zwischen Militär und Civil, die in Ungarn seit einigen Monaten immer häufiger vorkommen, sind die wirksamste Propaganda für die äußerste Linke. In Naab wurde ein angesehener Bürger wegen eines geringfügigen Streites von einem Rittmeister gelödtet. Oberst lieutenant Seeman durfte die ungarische Fahne ungestraft verletzen. Ein Journalist in Spalato ist von Osficieren auf der Straße nieder geschlagen und kürzlich ist ein oppositioneller Redakteur in Klausen burg, Herr Bartha, das Opfer zweier Lieutenants geworden. Bartha ist verwundet. Frankreich. In der letzten Senatssitzung begründete Buffet die von ihm eingebrachte Interpellation über die Ausführung der Märzdecrete. Zu einem stürmischen Zwischenfalle gab es Anlaß, als Buffet darauf hinwies, daß die Polizeiagenten in die Klöster mittelst „der Prozeduren von Miffethätern" eingedruiigen seien. Da der Präsident des Senates, Loon Say, den Redner aufforderte, den von ihm gebrauchten Ausdruck zu erläutern, bestritt Buffet, die Agenten der Negierung als „NaMitoirrs" bezeichnet zu haben. „Aber", fuhr er fort, „keine Macht wird mich verhindern, zu erklären, daß die verübten Akte Verbrechen sind. Behaupten Sie, im Widerspruch mit der Ansicht des einzigen Rechtsgelehrten, welcher mit Vorbehalt Ihr Auflösungsrecht unterstützt, daß sie das Domizil verletzen und nicht blos an die Mönche, sondern au die Personen, die sich bei ihnen befinden, Hand anlegcn können. Ich befand mich in Folge der Einladung des Eigenthümers des Gebäudes daselbst, hatte ich also das Recht, mich dort aufzuhalten? Ich stelle die Frage an das Ministerium und hoffe, das es mir antworten wird." Der Konseil- Präsident erwiderte: In dem Widerstand habe es zwei Parteien ! gegeben, die heißblütigen Legitimisten und die klerikalen Bonapartisten; die Befehle zum Widerstande aber seien von oben herab gegeben worden. Herr Buffet habe sich an diesem Widerstande betheiligt; er sei in dem Kloster weder an seinem Platze gewesen, noch habe er eine würdige Rolle gespielt; er habe zu den Polizcibeamten gesagt, sie seien „nichtswürdige Kerle". Nach einigen weiteren Bemerkungen über die Ausführung der Decrete verlangt der Minister zum Schluß den Uebergang zur einfachen Tagesordnung; eine andere Tages ordnung würde die Leidenschaften noch mehr anfachen und der Weisheit des Senats nicht entsprechen. Ruhland. Die noch in Haft befindliche» politischen Ver brecher sollen, wie der „Herold" erfährt, in Zukunft nicht mehr vor das Militärgericht, sondern vor das ordentliche Gericht gestellt wer den. Demselben Blatte wird von angeblich durchaus zuverlässiger Seite mitgetheilt, daß die Regierung demnächst die definitive Erledig ung der Fragen in Angriff nehmen wolle, die sich auf die Ausdehn ung der staatlichen nnd'communalen Institutionen auf das Königreich Polen beziehen, die bereits im Reich in Kraft getreten, aber in Polen noch nicht eingeführt sind. Die vorbereitenden Arbeiten in dieser Hinsicht seien bereits seit längerer Zeit beendigt. — Wegen Steuer rückstandes wurde ein Bauer des Gouvernements Smolensk von dem Gemeindeältesten zu 20 Ruthenhieben verurtheilt und nach der Exe- cution in ein sogenanntes „kaltes Gefängniß" gesteckt, wo man ihn nach 12 Stunden todt fand. Der betreffende Gemeindeälteste ist zur gerichtlichen Verantwortung gezogen. Türkei. Die Verhandlungen der Regierung mit deutschen Beamten und Officieren, betreffend den Uebertritt derselben in tür kische Staatsdienste, scheinen resultatlos verlaufen zu sein. Die Deutschen haben zu der türkischen Regierung wenig Vertrauen und verlangen sicherheitshalber bedeutende Vorschüsse, welche die Pforte wiederum nicht gewähren will. Der Staatsanwalt Gescher in Köln soll einen Vorschuß von 71,000 Francs erbeten, aber nicht erhalten haben. Ob es wahr ist, daß Herr Wettendorf von dem ihm zuge sagten Gehalte bisher noch keinen Pfennig bekommen hat, ist zu bc- Uoßales und Sächsisches. — Das Direktorium von Sachsens Militürvereiusbund faßte in einer am 17. d. abgehaltenen Sitzung den Beschluß: zum ewigen Andenken und aus dankbarer Erinnerung an Se. Maj. dem seligen König Johann die Errichtung eines Denkmals in die Hand zu nehmen und binnen Kurzem mit der Bitte um diesfallsige Unter stützung und des sonst Erforderlichen an die Oeffentlichkeit zu treten. Zwickau, 18. November. Gestern Abend ist in Neumark der dort slativnirte Uebergangswärter Friedrich LukaS, als er im Begriff war, nach Schönbach, wo er wohnt, auf den'Bahnkörper zu gehen, von der Maschine eines Eilzuges erfaßt und den Bahndamm hinunter geschleudert worden. Derselbe erlitt hierbei schwere Verletzungen, welchen er heute im Kreiskrankenstifte hier, wo er untergebracht worden war, erlegen ist. — Gestern Nachmittag hat sich bei der Jagd auf dem benachbarten Stangendorfer Revier ein höchst be- klagenswerther Unfall zugetragen, indem der Gutsbesitzer August Rudolph aus Dorf Auerbach durch einen Schuß tödtlich verletzt wurde, sodaß sein Tod heute früh eintrat. Derselbe war 39 Jahre alt, verheirathet und Vater von 6 Kindern. Das Unglück soll dem Vernehmen nach dadurch herbeigeführt worden sein, daß das Gewehr eines der Jagdtheilnchmer nnvermulhet losging und der Schuß aus uninittelbarer Nähe dem Rudolph in den Rücke» fuhr. — Die beiden hiesige» Jahrmärkte fielen bisher auf den Dienstag nach dem Sonntag Rogate und beziehentlich den letzten Dienstag im Monat October. Da in beide betreffende Wochen je ein Feiertag fällt, so hat der Nath nach Gehör des Marktausschusies beschlossen, jeden der beiden Märkte um je eine Woche früher abzuhalten, welchem Beschlusse die Stadtverordneten in ihrer gestrigen Sitzung beigetreten sind. Wiesenburg, 16. November. Der Gutsbesitzer Kunz hier war vorgestern beschäftigt, aus der Empore seiner Scheune Getreide auf die Tenne zu werfen, wobei er jedoch unglücklicherweise selbst herab stürzte, so daß er sich am Kopfe so schwere Verletzungen zuzog, daß nach einigen Stunden sein Tod eintrat. Eibenstock. Am Sonnabend Nachmittag ist in der Bret- schneider'schen Schneidemühle zu Wolfsgrün der 26 Jahre alte Otto Schürer aus Hundshübel, welcher dort in Arbeit stand, in das gang bare Zeug gekommen und derart verunglückt, daß der Tod auf der Stelle eintrat. Schürer hinterläßt eine Frau und zwei Kinder. Waldenburg. Wie dem „Schönb. Tagebl." von mehreren Seiten mitgetheilt wird, wurden in der Nacht zum 15. November während eines heftigen Sturmes einige leichte Erdstöße verspürt, und zwar der eine 5 Minuten vor 2 Uhr und der andere gegen ^3 Uhr. In Altstadt-Waldenburg wollen die Kirmesgäste in den dortigen Gasthäusern um dieselbe Zeit ebenfalls ein Geräusch, welches regelmäßig das Erdbeben begleitet, gehört haben. Freiberg. Bei HimmelSfürst Fundgrube hinter Erbisdorf ver unglückten am 16. November dir Doppelhüuer C. D. Uhlig aus Langenau und Oswald Rebentisch auS St. Michaelis dadurch, daß sich, als sie in Folge eines vernommenen Geräusches im Begriffe waren, sich über den Zustand der Nähe ihres Arbeitspunktes zu