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Gladstones Organe wüthen gegen Oesterreich, weil dieses ein Hinderniß gegen die englische Regime der Narrheit und Lüge bildet; kein Toll häusler ist in seine Zwangsjacke verliebt. Wir begreifen daher, daß Gladstone gegen die hemmende Macht Oesterreichs schäumt.. ." In diesem Tone ist die ganze Auslastung gehalten. Der „Pester Lloyd" meint schließlich: „Oesterreich hätte gleich Anfangs Gladstones Projecte ablehnen wüsten, wodurch selbige wahrscheinlich gescheitert wären. Immerhin sei es günstig, daß Oesterreich sammt denjenigen, die an seiner Seite stehen, nicht mehr mit Gladstone gehe." Belgien. Dem belgischen Bischof Dumont (dem ehemaligen Bischof von Tournai), der die bekannten Enthüllungen über die Politik des Vatikans gemacht und wegen geistiger Unzurechnungsfähigkeit abgesetzt wurde, ist vom Papste jede kirchliche und weltliche Juridik- tion in der Diözese Tournai entzogen worden. Das Journal „Bien Public" veröffentlicht diesbezüglich ein längeres, aus Nom datirtes und vom Papst unterzeichnetes Dokument. Es hatten sich bereits in der Diözese Tournai im unteren Klerus Widersetzlichkeiten gezeigt. Bei Mons hat sich z. B. ein Pfarrer geweigert, sich von du Rousseau versetzen zu lassen, da er nur Msgr. Dumont als seinen Befehl an erkenne. Griechenland. Der griechische Ministerpräsident Komunduros erklärte in einer Ansprache an die Gesandten, Griechenland könne nur einen einzigen Weg verfolgen, nämlich seine Rüstungen fortzu setzen. Vor dem nächsten Frühling könne Griechenland 80,000 Mann in's Feld schicken. Die Regierung beabsichtige, ein Anlehen von 150 Millionen Drachmen aufzunehmen, wofür alle Revenuen, selbst die reichen Klostergüter, verpfändet werden sollen. Komunduros rechnet auf den Patriotismus der reichen Griechen allerorten und schloß seine Rede mit folgenden Worten: „Es ist unmöglich, daß Griechenland über den Februar des nächsten Jahres hinaus die Kosten der jetzigen Krisis ohne seinen Ruin ertragen könnte. Niederlagen auf dem Schlachtfelds seien der Agonie und Aufregung vorzuziehen, welche jetzt fortwährend die Stärke des Landes zerstören." Lokales un- Sächsisches. Dresden, 3. November. Se. Maj. der König ist heute Vor mittag 10 Uhr 18 Min. in der königlichen Villa zu Strehlen einge troffen. Pirna. Von einem jähen Tode ist der erst seit Ostern hier befindliche Seminarist Haufe aus Großröhrsdorf ereilt worden. Auf dem Gange nach der Turnhalle begriffen, stürzte derselbe im dortigen Seminare in Folge eines Schlaganfalls die Treppe herab und gab sodann, nachdem man ihn in ein Zimmer des Instituts gebracht hatte, nach einigen schweren Athemzügen seinen Geist auf. In einem Zustande außerordentlicher Erregung brachte sich ein seit einer Reihe von Jahren beim Postamts in Pirna bediensteter Schaffner plötzlich mit einer Papierscheere einen Stich in die Brust bei. Der Verletzte wurde in seine Wohnung geschafft und ärztliche Hilfe requirirt. Die Wunde, eine einfache Fleischwunde, ist nach Ausspruch des Arztes nicht gefährlich und dürfte in 3 Tagen ge heilt sein. Auf Wunsch verschiedener landw. Vereine aus der Umgegend von Dippoldiswalde, welche eine regelmäßige Pferdezucht erstreben, wird das kgl. Landesstullamt Moritzburg den 13. Nov. d. I., Vorm. 9 Uhr eine Musterung von Zuchtstuten auf der Aue in Dippoldiswalde vornehmen und werden alle diejenigen aufgefordert, ihre Stuten vorzustellen, welche gesonnen sind, Fohlen zu ziehen, für den Fall, daß die von den Vereinen beantragte Errichtung einer Beschälstation in oder bei Dippoldiswalde zur Ausführung gelangen solle. Aus Hermsdorf bei Frauenstein wird der „Wciß.-Ztg." ge schrieben, daß sich dort eine nicht geringe Zahl Familien einigen und allen Ernstes eine Tempelgemeinde gründen will, wenn die hohe Kirchenbehörde — auf Ansuchen - den dortigen Pfarrer nicht alsbald zu versetzen geneigt ist. Es sollen schon seit Jahren Diffe renzen mit der Kirchengemeinde vorhanden sein. Bekanntlich hat auch der Kirchenvorstand zu Hermsdorf auf Veranlassung seines Vor sitzenden über die Annahme eines kirchlichen Geschenks vom Gesang verein Liederkranz abgestimmt und dasselbe, weil weltlichen Ursprungs mit 5 Stimmen (darunter die des Vorsitzenden) zurückgewiesen Hartha, 31. October. Vor mehreren Tagen wurde ein 10- jähriges Schulmädchen in der Nähe des hiesigen Ortes von einem Unbekannten in abscheulicher Weise mißhandelt. Den Bemühungen der Gendarmen Dreßler hier und Schulze in Waldheim ist es ge lungen, den Uebelthäter in der Person des Musikus Herfurth aus Waldheim zu ermitteln und zu verhaften. Elterlein, 2. November. Gestern Vormittag erfolgte durch Herrn Amtshauptmann vr. v. Bernewitz die Verpflichtung des Herrn Bürgermeister Pelz. Buchholz. Durch Emeritirung des hochgeachteten und treu ver dienten Herrn Pastor Rosenhauer ist das hiesige sehr umfängliche Pfarramt am diesjährigen Resormationsfeste, an welchem Tage der alte hochwürdige Herr in der Predigt von seiner Gemeinde Abschied genommen, facant geworden. — Behufs Wiederbesetzung ist der Herr Pastor vr. Kohlschütter in Forchheim berufen worden. Aue, 31. October. Heute vollzog sich hier ein seltener kirchlicher Act, nämlich der Uebertritt einer Katholikin zum Protestantismus und hatte sich zu diesem Zweck, außer dem Geistlichen, der gesammte Kirchenvorstand, sowie eine größere Anzahl Gemeindemitglieder in der Kirche eingesunden.' Adorf, 2. November. Daß das Betteln kein schlechtes Geschäft ist, sondern für denjenigen, welcher diese Kunst mit dem nöthigen Geschicke ausübt, noch gute Früchte trägt, davon lieferte ein hier wegen Hausbettelei in's Rathsgefängniß eingelieferter Handwerks bursche einen Beweis. Derselbe hatte 100 M. in Gold, 2 t M. in Silber und auch noch einige kleinere Münzen bei sich. Allerdings gehörte er nicht zu jener Sorte, welche nach dem Anklopfen einiger Häuser die erhaltenen Pfennige sofort wieder in Branntwein ver trinken, sondern er hatte sich auf's Fechten gelegt, um sich etwas zu ersparen. Schlecht waren die Gaben also nicht angewandt. Netzschkau, 4. Novbr. Der Pferdedieb, Schulknabe Luge von hier, ist gestern in Reichenbach aufgegriffen worden. Das Pferd soll sich nach seiner Angabe in einem Gasthofe in Reuth bei Werdau befinden. Merseburg, 1. Novbr. Im Blinddarm eines dieser Tage hier gefallenen Pferdes fand der Thierarzt Bretschneider zwei Steine, von denen der beinahe kugelrunde größere ca. 8^, der plattgedrückte kleinere 2^ Psd. wiegt. Mit dieser verhältnißmäßig kolossalen Kalk- fteinbildung im Leibe hat das Thier bis in die letzten Tage seine Arbeit verrichtet Nach dem Ausspruche der hiesigen Sachverständigen gehört dieser Fall, wenngleich die Steinbildung bei Pferden ziemlich häufig vorkommt, wegen des außerordentlichen hohen Gewichts der beiden sehr harten Steine zu den großen Seltenheiten. Aus Erfurt schreibt man unterm 29. v. Mts.: Gestern Abend in der 10. Stunde, nachdem schon tiefe Stille in der Gefangenen anstalt eingetreten war, hatte sich ein im Verdacht des Mordes stehender Untersuchungsgefangener durch das Closet seiner Zelle den Ausweg nach dem Corridor gesucht, sich mit einem Gasarm nebst der daran befestigten Wandscheibe bewaffnet und nach dem Zimmer des Wärters Bachner begeben, der im Begriff war, sich seine Decke zurecht zu machen, als er durch einen wuchtigen Schlag auf den Hinterkopf zu Boden gestreckt wurde. Um ganz sicher zu gehen, brachte der Ausbrecher seinem Opfer noch acht schwere Wunden am Kopfe und eine im Gesicht bei, nahm dann die Schlüssel zur Hand, setzte die Dienstmütze des Wächters auf und zog den Dienstrock eines Aufsehers an, um aus dem Gefängniß zu entkommen, nachdem er den Wächter in die Decke eingewickelt hatte. Die Frau des Gefangen wärters H., welche die ungewohnten Tritte mit Stiefeln auf dem Corridor wahrnahm, machte ihrem Manne davon Mittheilung, der in der Vorahnung, daß etwas besonderes vorliegen müsse, sofort seinen College« herbeiholte, dem Militärposten die Weisung ertheilte, das Seitengewehr aufzupflanzen und Niemanden herauszulaffen und dann in Begleitung seines Collegen mit der Waffe in der Hand nach dem Ort eilte, wo der Wächter sich befinden mußte; sie fanden den selben leblos in seinem Blute liegen. Der Verbrecher aber hatte in einer Zelle der Weiberstation Zuflucht gefunden und sich den beiden Beamten, die ibn hier aufsuchten, mit einem Nasirmesser gegenüber gestellt und auch denselben Wunden an den Händen beigebracht, bevor seine Wiederfestnahme erfolgen konnte. Noch in derselben Nacht wurde der Thatbestand seitens der Königlichen Staatsanwaltschaft ausgenommen und der Schwerverletzte nach dem Krankenhause geschafft. Vermischtes. * Einen Sprung auf Leben und Tod wagte vor einigen Tagen ein Passagier 3. Classe, welcher oberhalb des Wittener Ueverganges, da, wo der Zug sich noch in voller Fahrgeschwindigkeit zu befinden pflegt, aus dem Coupec sprang, um seinen vom Winde fortgewehten Hut zu erhaschen. Ein Reisegefährte meldete nach Ankunft des Zuges auf der Berliner Station das Vorgefallene dem Inspektor, der sofort einen Beamten nach der betreffenden Stelle der Bahn abschickte. Der selbe fand den kühnen Springer, noch immer emsig nach seinem Hute suchend, nur durch einige unbedeutende Schrammen an den Händen verletzt. Guter Dinge folgte er dem Bediensteten zur Station, um seinen Namen anzugeben. * Ueber einen eigenthümlichen Selbstmord berichten Berliner Blätter: Die ziemlich begüterte Besitzerin eines Hauses am Elisabethufer sollte 30 Mark Kosten bezahlen, die ihr in einem von ihr verlorenen Pro- cesse zuerkannt waren. Mag es nur der Aerger über den unglück lichen Ausgang der Streitsache oder die Angst gewesen sein, daß sie diese Ausgabe nicht würde verschmerzen können, ,es läßt sich wohl kaum feststellen; Thatsache aber ist es, daß die unglückliche Frau bald nach Empfang der Kostennote ihrem Leben ein Ende machte, indem sie sich — an ihrem eigenen Geldschrank erhängte. In besagtem Geldschrank fanden sich nach Oeffnung desselben mehrere Tausend Mark in baarem Gelde und eine Menge solider Werthpapiere. * Noch etwa ein Jahr hindurch wird an der vollständigen Restaurirung des Kölner Domes zu arbeiten sein. Erst Ende des nächsten Jahres werden die Arbeiten im Bereiche der unteren Ge schosse des im Mittelalter erbauten Theils des südlichen Thurms