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dem Unwillen der gläubigen Muselmanen zu schützen. Es ist gar nicht richtig, daß der Sultan die europäische Flotten-Demonstration fürchtet. Die europäischen Mächte fürchten viel mehr diese Demon stration, da sich schwerlich die nöthige Einigung erzielen lassen wird. Der Sultan also möchte zurückweichen, wenn Europa sich einigt, einigt es sich nicht, nun, dann kann der jetzige Zustand aufrecht er halten bleiben. Lokales und Sächsisches. — Bei den diesjährigen Herbstcontrolversammlungen dürfte es wohl vielseitiges Befremden erregen, daß die im Jahre 1868 Eingetretenen trotz des Ablaufes der zwölf Jahre nicht zum Land sturm und die im Jahre 1873 Eingetretenen trotz des Ablaufes der sieben Jahre nicht zur Landwehr übergeführt werden. Die Militär-Verwaltung will nämlich die alten Jahrgänge nicht ent lassen, bevor der neue Nekrutenjahrgang die erste militärische Aus bildung erlangt hat, damit eine in der Ausbildungsperiode etwa eintretende Mobilmachung die Armee nicht um einen felddienstfähigen Jahrgang schwächer findet. Deshalb finden nach dem neuen Gesetze die Entlastungen zur Landwehr und zum Landsturm für Diejenigen, welche 1873 bez. 1868 nach dem 30. September eingestellt wurden, erst in der Früjahrs-Controlversammlung 1881 statt. Dies bedeutet thatsächlich eine Verlängerung der Dienstzeit um ein halbes Jahr, also eine 7l/z- bez. 12^-jährige Dienstzeit. Leipzig, 26. August. In der verflossenen Nacht ist hier die Ordre eingegangcn, daß die Feldübungen des 12. Armeecorps in diesem Jahre ausfallen, da die Erntearbeiten in Folge der ungün stigen Witterung noch zu weit iin Rückstand sind. Der Ausmarsch der hier garnisonirenden Truppen, zu welchem bereits alle Vorbe reitungen getroffen waren und welcher morgen früh stattfinden sollte, ist daher sistirt worden. Zwickau. Wie dem „Zw. Wochenbl." mitgetheilt wird, hat der Cigarrenarbeiter Buschbeck, welcher am 12. August zur Verbüßung der ihm wegen des an Hotelier Junghändel hier versuchten Raub mordes, dessen er trotz seines hartnäckigen Leugnens für überführt erachtet worden war, zuerkannten 7Vzjährigen Gefängnißstrafe in die Strafanstalt Sachsenburg eingeliefert worden ist, dem dasigen Ge- fängnißgeistlichen gegenüber sich zur Thäterschaft dieses Verbrechens bekannt. Zwickau, 26. August. Gestern Nachmittag wurde auf dem hie sigen Staatsbahnhöf der Vorarbeiter Friedrich Wilhelm Baumann aus Marienthal, welcher auf einein Geleise arbeitete und einer auf diesem sich nahenden Locomotive nicht schnell genug auswich, von dieser erfaßt und überfahren. Demselben wurde der rechte Unter schenkel zertrümmert, so daß sich im Kreiskrankenstifte, wohin der Verunglückte gebracht wurde, die Amputation des Beines unterhalb des Kniees nothmendig machte. Baumann ist 50 Jahre alt, ver- heirathet und kinderlos. — Gestern wurden zwei Schleifergehülfen, welche auf der Mulde Kahn fuhren, von der Strömung über das Wehr der Schloßmühle hinweggeführt, wobei der Kahn umstürzte und die Insassen an ziemlich tiefer Stelle ins Wasser sielen. Die selben vermochten sich jedoch Beide glücklich zu retten. Glaucha», 24. August. Gestern wurde im Rümpfwalde, Forder- glauchauer Revier, der bereits in Fäulniß übergegangene Leichnam eines unbekannten Mannes im ungefähren Alter von 50 Jahren, anscheinend dem Handarbeiterstand angehörig, erhängt aufgefunden und alsbald polizeilich aufgehoben. — Eine Dame aus Dresden, welche am vergangenen Sonnabend von da nach Waldenburg fahren wollte, mußte unierwegs das Wort: „Denn das Unglück schreitet schnell", in empfindlicher Weise erfahren. Ihr starb zwischen St. Egidien und hier plötzlich im Eisenbahnwagen ihr etwa drciviertel Jahr altes Kindchen. Ueber den bereits in voriger Nummer gemeldeten Brand in Niederwiesa bringt das „Chemn. Tgebl." folgende nähere Details: In der Nacht vom 2l. zum 22. August gegen 11 Uhr brannte die Dampfmühle, Firma Bartels L Co., in Niederwiesa bis auf die Grundmauern nieder. Der Brand fand seinen Entwickelungsherd bei den Schwarzmehlcylindern und den Reinigungsmaschinen der obersten Etage und verbreitete sich mit einer so rapiden Geschwindigkeit über das ganze 6 Etagen hohe und 9 Fenster breite Mühlengebäude, daß an ein Löschen desselben gar nicht zu denken war. Der ganze Ort war in seiner weitesten Ausdehnung nahezu tageshell erleuchtet. Die Gluth, welche überreichen Stoff an in der Mühle momentan aufgespeicherten großen Massen von Mehl- und ganz besonders von Getreidevorräthen fand, führte in ihrer Feuergarbe glühende Kohlen stücke von bedeutender Größe in gefahrdrohenster Weise über den ganzen Ort hin, während ein Mauersturz nach der Südseite daselbst die ganze Telegraphenleitung der Dresden-Hofer Linie vernichtete. Der westliche Giebel zerschlug den Verbindungsgang zwischen Contor und Bäckerei und gebot dort der weitcrzingelnden Flamme ein er drückendes Halt, so daß diese beiden Baulichkeiten vom Brande ver schont blieben; der östliche zertrümmerte die Dampfmaschine, während das dichtangrenzende Kesselhaus unverletzt erhalten werden konnte. Inzwischen war die Hilfe aber auch von Nah und aus weiter Ferne eingetrofsen. Ein Hauptaugenmerk galt dem in nächster Nähe stehenden Bahnstationsgebäude, das man lange Zeit mit großen Wassermassen überschütten mußte. Dank einer absoluten Windstille blieb der Riesen- brand jedoch auf seinen Herd allein beschränkt. Der angerichtete Schaden an Mehl- und Fruchtvorräthen dürfte nach flüchtiger Ueber« schätzung wohl 100—130 Tausend Mark betragen. Als Entstehungs ursache muß und kann nur eine Selbstentzündung angenommen werden. Die Dampfmühle arbeitete mit 7 Mahlgängen und einem Spitzgang; ihr Waarenlager ist bei der Versicherungsanstalt „Thuringia", di« Gebäude sind in der Landesbrandkasse versichert und zwar hat letztere ca. 156,000 M. zu vergüten. Rotzwcin. Der zwischen den Genossenschaftern und den Gläu bigern des Vorschußvereius zu Roßwein, eingetr. Gen., verhandelte Vergleich ist im Hauptwerke zum Abschlusse gekommen. Die Ge- sammtsumme der Forderungen der Gläubiger beträgt rund 3,300,000 M. Der Beitritt zum Vergleiche ist für Forderungen im Betrage von über 3,000,000 M. bereits erklärt. Bei diesem dem Vergleichs werke günstigen Sachstande ist es angezeigt, mit der Ausführung, ohne Rücksicht auf die geringe Zahl der noch nicht beigetretenen Gläubiger, nunmehr zu beginnen. Die Genossenschafter, welche dem Vergleiche beigetreten sind, werden nun aufgefordert, bis 30. Sept, zunächst den vierten Theil der zur Zahlung übernommenen Schätz ungssummen an die Ausgleichskommission durch den Actiensckutzverein zu Roßwein einzuzahlen, so daß mit der Vertheilung an die beige tretenen und noch beitretenden Gläubiger begonnen werden kann. Es wird mit dieser Aufforderung einem von Genossenschaftern wie Gläubigern vielfach und dringend ausgesprochenen Wunsche ent sprochen und man ist auch der übereinstimmenden Ueberzeugung, daß dieser Schritt nöthig ist, um das angestrebte Ziel der Befreiung der Genossenschafter von der Solidarhaft und höchstmöglicher Befriedig ung der Gläubiger zu erreichen. Oschatz, 26. August. Se. Maj. der König wird Sonnabend, d. 28. d. M., von Wurzen kommend, dem Manöver der 1. Kavallerie brigade bei Dahlen beiwohnen. — Die Grummeternte hat, nachdem die Felder vollständig geräumt sind, ihren Anfang genommen und ist vollkommen zufriedenstellend. Zittau. Auf dem östlichen Flügel des hiesigen Bahnhofes brach am 24. August unter dem Dache Feuer aus, welches durch die an wesenden Arbeiter glücklicher Weise noch rechtzeitig gelöscht werden konnte. Zittau, 23. August. Die Ortschaften Spitzcunnersdorf, Warns dorf, Großschönau, Hermigsdorf, Jonsdorf, Grottau wurden am Sonnabend Mittag schwer von starkem Hagelschlag heinigesucht. In Hermigsdorf erschlug der Blitz auf freiem Felde den. beim Gutsbe sitzer Julius Kliemt in Dienst stehenden Knecht Rantze. In Jonsdorf schlug der Blitz in ein Wohnhaus. Bautzen, 24. August. Gestern kurz nach 12 Uhr Nachts ist in Sohland an der Spree das der verw. Döring gehörige Hausgrund stück, bestehend aus Wohngebäude, Stall, Scheune und Schlippenbau, total niedergebrannt. Das Feuer ist in der an das Wohnhaus an gebaut gewesenen Scheune auf bis jetzt noch unermittelte Weise aus gebrochen. Leider ist ein Menschenleben dabei verloren gegangen, indem einer der Söhne der genannten Wittwe, der 20jährige Weber Karl August Gustav Döring, in der Schlaftrunkenheit die nach der Hausflur führende Treppe verfehlt hat und in Folge dessen in den Flammen mit umgekommen ist. Es ist dies um so beklagenswerther, als der Verunglückte der Ernährer seiner kränklichen Mutter und zweier blödsinniger Brüder war, welche Letzteren wunderbarer Weise aus dem über und über brennenden Hause mit der Mutter sich ge rettet haben. Der Geliebte -er Tobten. Roman. Frei nach dem Französischen von Julius Detmoll. (Fortsetzung.) Weh! Drei Mal weh! Nicht das Heiligthum war geschändet. Die Kirche mar geschlossen . . . aber ein Grab war offen ... das Grab der Louise Desclaux! Und nicht nur offen war das Grab, der Leichnam des jungen Mädchens war aus seinem stillen Ruhebett herausgerissen und lag auf den Trümmern des Sarges! Die Erde war umgewühlt, das Leichentuch in Stücke zerrissen, das herausgerissene Kreuz hing aus der einen Seite, und das junge Kind lag, ein Lächeln auf den kalten Lippen, das nur das Herz erstarrte, auf dem weichen, weißen Schnee. Dichter fielen die Schneeflocken und bedeckten allmülig den starren Leichnam Louisen's und die entweihten Trümmer mit einem weihen Todtenschleier. Der empörte Himmel gab selbst dem armen entschlafenen Kinde ein Grab, der Allerhöchste, der in seinem todten Geschöpf geschändete Schöpfer, umhüllte sein entweihtes Ebenbild mit einem Leichentuch! Ich kann Ihnen den Zustand meiner Seele in diesem schrecklichen Augenblick nicht schildern, Ihnen nicht sagen, welche Gefühle meine Brust, mein wüstes Hirn durchkreuzten. Mein erster Gedanke war, Peter sei der Urheber dieser Schand- that . . . denn jetzt hatte ich die traurige, aber unerschütterliche Ge-