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überweisen, b) behufs sofortiger Erbauung eines neuen ConcerthauseS der Direktion der Gewandhausconcerle eine Garantiesumme bis zur Höhe von 400,000 M. als zinsfreien Vorschuß und unter der Be dingung späterer allmählicher Tilgung zu gewähren, o) ein „Museum Grassi", zunächst zur Aufnahme des Museums für Völkerkunde und des Kunstgewerbemuseums bestimmt, zu errichten. — Oelsuitz b. L., 2. December. Nach langen schweren Leiden verschied gestern der um unser Schulwesen hochverdiente Schul director Hertel, erst 52 Jahre alt. Seit 1849 in Niederzwönitz, Waldenburg und Lichtenstein im Lehramte thätig, ward er 1871 als Kirchschullehrer hierher berufen, in welcher Stellung er sich durch seine Tüchtigkeit wie durch seine Liebenswürdigkeit im Um gang so sehr das allgemeine Vertrauen erwarb, daß man ihn bei der Reorganisation unseres Schulwesens 1876 zum Direktor der neuen Zentralschule berief. Sein Andenken wird Allen, die ihm näher standen, theuer sein. — Mit Ablauf dieses Jahres legt der oberste Gemeindebeamte, Vorstand Schellenberger, sein Aint nieder. An dieser Stelle wurde vor Kurzem der bisherige Gemeiudekassirer Gustuv Nobis gewählt. — Schneeberg, 1. Decbr. Wie in verschiedenen anderen Seminaren unseres Landes, so fanden auch in diesen Tagen im Kgl. Lehrerseminare zu Schneeberg die diesjährigen Wahlfähigkcitsprüf- ungen statt. Als Kgl. Prüfungskommissar fungirte Herr Schulrath Naumann aus Zwickau, Examinatoren waren Herr Seminardirektor Henne, Herr Schuldirector Rabitz aus Zwickau, sowie die Herren Seminaroberlehrer Dr. Köhler, Zinne und Seydler. An den Prüf ungen nahmen 20 Schulamtskandidaten theil, von denen 18 ihre Vorbildung für den Lehrerberuf im Schneeberger Seminar erhalten hatten, 1 war ein Ausländer, 1 von einem anderen sächsischen Se minare. Drei Kandidaten traten während der Prüfung freiwillig von derselben zurück. Was die Prüfungsresultate anbelängt, so er hielten vierzehn in Sitten die I, drei die II; in Wissenschaften be kamen zwei die II, fünf die III, sechs die IV und vier die V Censur. Einer nochmaligen musikalischen Prüfung unterzog sich keiner der Examinanden, da die mit musikalischer Vorbildung bereits beim Kandidatenexamen die Berechtigung zur Uebernahme von Kirchschul lehrerstellen erhalten hatten. — Am 30. November wurde von einem Jäger aus Reichenbach auf Stangengrüner Revier ein sehr starker Raubvogel geschossen. Derselbe mißt bei ausgespannten Flügeln 113 Centimeter. Der glückliche Schuß war dadurch besonders interessant, daß der Geier im Walde dahinzog und ein Eichhorn in den Fängen hatte, mit melchem er gleichzeitig zu Boden stürzte. — Plauen i. V., 1. December. Gestern Nachmittag sollte ein hiesiger Fleischergeselle für seinen Meister von Leubnitz bei Plauen einen Ochsen holen. Als derselbe den Ochsen an einem Strick hinter sich herführend, Leubnitz kurz vorher verlassen hatte, stieß ihn der Ochse mit den Hörnern in das Gesäß und schleuderte ihn in die Lust. Das eine Horn war dem Gesellen durch das Fleisch bis auf den Knochen gedrungen. Trotz des starken Blut verlustes trieb er das Rind nach Hause, sagte aber auch hier noch nichts über den ihm zugestoßenen Unfall, bis ihn einige Zeit daraus seine Meisterin erschöpft in Hofe vorfand. Er befindet sich in ärzt licher Behandlung und es ist seine Unterbringung im Krankenhause angeordnet worden. — Greiz. Ein seltener Proceß wurde letzten Mittwoch vor der Strafkammer des Fürstl. Landgerichts hier verhandelt. Vier Aerzte, die Herren Dr. inoä. Zopf, Dr. Eck. Lotze, Dr. Eck. Birk holz und LI. xraot. Behlitz waren die Angeklagten. Die Anklage lautete auf Beleidigung des Herrn Medizinalrath Physikus Dr. mock. Köttnitz hier, welcher gleichzeitig neben dem öffentlichen Ankläger, der Staatsanwaltschaft, als Nebenkläger auftrat. Die Angeklagten waren durch Herrn Obergerichtsanwalt Dr. Rein als Vertheidiger vertreten, während der Nebenkläger mit Rechtsbeistand, Herrn Rechts anwalt Stengel von Plauen erschienen war. Als medicinische Sach verständige fungirten die Herren Prof. Dr. nwä. Fritzsche aus Halle und Dr. moä. Schneider aus Hohenleuben. Außerdem wurden einige 40 Zeugen vernommen. Die Verhandlung dauerte unter dem Vor sitze des Herrn Landgerichtsprüsident Dr. Mortag von früh 9 Uhr mit einstündiger Unterbrechung bis Abends 10 Uhr. Es wurden die Angeklagten, dem Anträge Fürstl. Staatsanwalt entsprechend, und zwar die Herren LI. xruot. Behlitz und Dr. mock. Zopf zu je einer Geldbuße von 500 Mark ev. 5 Monaten Gefäugniß, Herr Dr. mock. Birkholz zu einer Geldbuße von 560 Mark ev. 2 Monate 6 Tage Gefängnitz und Herr Dr. mock. Lotze zu einer solchen von 580 Mk. ev. 2 Monate 1 Woche Gesängniß verurtheilt, von der vom Neben kläger aber behaupteten verläumderischen Beleidigung freigesprochen, wie auch auf eine Buße, die vom Nebenkläger gefordert, nicht er kannt wurde, weil derselbe unterlassen hatte, seinen diesbezüglichen Antrag gehörig zu begründen und die Höhe der Buße zu normiren. Gleich bei Beginn der Verhandlung kam der Fall vor, daß ein Arzt bei einer Niederkunst erfordert wurde. Da die sämmtlichen 5 Aerzte bei der Verhandlung zugegen waren, mußte einer vom Sitzungssaale aus abgesandt werden. — Aus Tetschen, 27. November, wird berichtet: Gestern Abend hörte der Bahnwächter der Dux - Bodenbacher Bahn unweit seines Standortes in der Nähe des Oertchens Herbstwiese ein jämmerliches Kindergeschrei. Trotzdem der um 9 Uhr in Bodenbach eintrcffende Personenzug jeden Augenblick erscheinen mußte, eilte der Wächter dennoch in der Richtung des Geschreies fort, und was fand er? Ein 3jähriges Kind, festgebunden auf den Schienen. Der entsetzte Mann schnitt die Fesseln des kleinen Wesens durch, brachte es nach seinem Hause und erstattete sofort die Anzeige. Wie.es heißt, soll die Rabenmutter bereits gefunden sein. Deutschland. Die Neichstagsverhandlungen über den Ham burger Zollanschluß und über den Etat entrollten ein sehr lebhaft gefärbtes Bild unserer gesammten inneren Lage und waren es vor Allem die Ausführungen des Reichskanzlers, welche diesem Bilde ein besonderes Colorit verliehen. Inder am Montag stattgefundenen Debatte über den Hamburger Zollanschluß gipfelten die Reden des Reichskanzlers hauptsächlich darin, daß er nachwies, wie seine Be strebungen stets die Vollendung der deutschen Einheit nach Außen und Innen zum höchsten Ziele gehabt habe und daß der Eintritt Hamburgs in den Zollverein nur einen weiteren Schritt auf dein Wege zu diesem Ziele bedeute. Auch am Dienstag, an welchem Tage der Reichstag in die Special-Discussion über den Etat trat, bildeten die Auslassungen des Fürsten Bismarck über seine Politik den Kernpunkt der Verhandlungen. Wiederholt trat er in seiner gewohnten, drastischen Weise den Angriffen der fortschrittlichen und secessionistischen Führern entgegen und charakterisirte namentlich unser zerfahrenes Parteiwesen in scharfen Zügen. Dem gegenüber traten natürlich die eigentlichen Verhandlungen über den Etat in den Hintergrund und wurden die Positionen für den Reichskanzler fast debattelos bewilligt. In der am Mittwoch fortgesetzten Etats- berathung kain bei dem Capitel: Ausgaben des Auswärtigen Amtes, angeregt durch eine Interpellation des Abgeordneten Virchow, der „Culturkampf" zur Sprache. Fürst Bismarck erklärte auf die Frage des genannten Abgeordneten nach dem Stande der Verhandlungen Preußens mit der Curie, daß dies eine specifisch preußische Ange legenheit sei, worüber er im preußischen Landtage nähere Erläuter ungen geben werde. Jin preußischen Etat sei eine Position für eine diplomatische Vertretung bei der Curie vorgesehen, doch sei auch eine deutsche Vertretung bei der Curie in's Auge gefaßt, falls allgemeinere Interessen in den Vordergrund treten würden. Den Vorwurf Virchow's, beim Culturkampf nicht consequent verfahren zu sein, wies Fürst Bismarck entschieden zurück, wenn er wirklich den Culturkampf hätte sortsetzen wollen, so würde er dadurch be hindert worden sein, daß ihn frühere Buudesgenossen im Kampfe verlassen und in die Arme des Cenlrums getrieben hatten. Er sei eben im Interesse des Staates gezwungen, als er vor so und soviel Jahren handeln konnte. Einem anderen fortschrittlichen Abgeord neten, Hänel, gegenüber erklärte Fürst Bismarck, daß er bei allen seinen Bestrebungen die Fortschrittspartei gegen sich gehabt habe, während ihn das Centrum z. B. in der ZoUfrage unterstützt habe. Im weiteren Verlauf der Debatte bemerkte der Reichskanzler zur allgemeinen Ueberrafchung, daß ihn 1874 nicht der Liberalismus sondern die Rücktrittsdrohung seiner preußijchen Ministcr-Collegen zur Einführung der Civilehe bewogen habe. Nach weiterer, wenig erheblicher Debatte genehmigte der Reichstag den Etat des Aus wärtigen Amtes und setzte am Donnerstag die Special-Discussion über das Budget fort. Amerika. Die lächerliche Zeugenvernehmung im Proceß Guiteau zum Beweise dessen, daß Gmteau schon feit Jahren irrsinnig sei, dauerte während der letzten zwei Sitzungen des Gerichtes fort, und zwar sind es fast lauter Verwandte des Mörders, welche dies Zeugniß ablegen. Von unbetheiligter Seite hat man den Vorschlag gemacht, die ganze Gesellschaft wegen fahrlässiger Tödtung unter Anklage zu stellen, da es ihre Pflicht gewesen wäre, den wahnsinnigen Mordbuben in ein Irrenhaus zu schicken, ehe er sein Verbrechen begehen konnte. Zwischen zwei Heyen. Roman von F. Klinck. (Fortsetzung.) „Es würde wieder zu einer amüsanten Scene kommen. Erst ich und dann sie. Sie wissen ja, daß diese Lebensweise bei uns eine angenehme Abwechselung bildet. Doch ich bin nrcht gekommen, um darüber mit Ihnen zu reden," fuhr er beinahe düster fort. „Ich muß über einen Punkt Gewißheit haben. Murawjew hat sich um ihre Hand beworben." Wanda war erschreckt, geängstigt, aber auch verletzt über die Art und Weise, in welcher er mit ihr redete. Ihr weiblicher Stolz erwachte. „Wer giebt Ihnen das Recht, so mit mir zu reden?" entgegnete sie, gewaltsam ihre Fassung behauptend. „Wer? Sonderbare Frage, Wanda, nachdem ich gestern Zeuge Ihrer Unterredung mit Murawjew war." „Sie?" murmelte sie mit tonloser Stimme. Es wurde ihr dunkel vor den Augen, — sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Taumelnd faßte sie mit der Hand nach dem Ge büsch, als sollten die schwachen Ranken sie halten.