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— Wie kürzlich mitgetheilt, beabsichtigte der Steinmetz Ufer von Pirna aus am Sonntag den Jungfernstein zu ersteigen. Dieses Unternehmen scheint viel Unangenehmes zur Folge gehabt zu haben, da der Mühlengrundstücksbesitzer und Gemeindevorstand Kotte aus Rathen den „Pirn. Anzeiger" schreibt, daß er gegen die Besteigung aus folgenden Gründen eingeschritten sei: erstlich liege zum größten Theil der Jungfernstein auf seiner Besitzung und der Weg zu dem selben führe durch seinen Hof, und zweitens müßte dabei ein großer Theil Kartoffelland und junge Waldpflanzung durchschritten werden; außerdem sei auch das Betreten der Pflanzung laut Anschlag bei 6 Mk. Strafe verboten. Obwohl anfänglich von User und noch 4 Genossen die Bekanntmachung respectirt worden sei, wäre doch später, als noch mehr Leute erschienen wären, der Aufstieg zur Ausführung gekommen und dadurch ein Theil seiner Anpflanzungen zertreten worden. — Zittau, 9. August. Die aufregende Kunde von einem in Althörnitz muthmaßlich in der Nacht vom Sonntag zum Montag verübten Morde kommt uns soeben zu. In dem kleinen Mühlteiche daselbst entdeckten gestern Vormittag gegen 10 Uhr die Kinder des Müllers, als sie zufällig dahin um zu angeln kamen, zu ihrem Schreck einen männlichen Leichnam. Sie liefen init der Botschaft natürlich sofort ins Haus; die Ortspolizei wurde in Kenntniß gesetzt und kam unverweilt zur Stelle, um den Leichnam aus dem Wasser zu heben. Bei erster Besichtigung fand man, daß der obere Schädelknochen am Kopf des Todten zerschmettert war. Da an jener Stelle, wo den deutlichen Spuren nach zu urtheilen, der Unglückliche in das Wasser gekommen, letzteres schon eine Tiefe von 1^2 in hat, so ist die An nahme ohne Weiteres ausgeschlossen, daß diese schwere Schädelver letzung durch den blosen Fall auf den Grund des Teichs herbeigeführt sein könnte, vielmehr ist sie ein Beweis dafür, daß hier ein scheuß liches Verbrechen vorliegt. Der Ermordete wurde als der 54 Jahre alte Inwohner und Schneider Gottlieb Schubert in Neuhörnitz re- cognoscirt. Von der Auffindung der Leiche wurde mit Kundgebung des Mordverdachts unverweilt das Amtsgericht Zittau benachrichtigt, und schon am Mittag, bis wohin die Leiche am Fundorte unter Be wachung blieb, erschien eine Gerichtscommission zur Aufnahme des Thatbestandes und aller einstweilen zu eruirenden Verdachtsmomente an Ort und Stelle. Bis zum Spätabend war die Commission un ausgesetzt thätig. Dem Mörder ist man auf der Spur. — In Ilmenau hat sich vor einigen Tagen ein bedanerns- werther Unfall ereignet, indem beim Zuschlägen einer Eisenbabn- wagenthür einem Mädchen vier Finger völlig zerquetscht wurden. Die Thüre konnte erst mit Hülfe eines Schlossers geöffnet werden, während bis dahin die Verünglückte in ihrer bedauernswerthen Lage unter unsäglichen Schmerzen verharren mußte. Deutschland. Berlin, 10. August. Die „Prov. - Corresp" schreibt bezüglich der an mehreren Orten Pommerns und Westpreußens staltgehabten, mit Beschädigung und Zerstörung des Privateigenthums verbundenen Ruhestörungen, das Ministerium des Innern habe den Regierungspräsidenten beauftragt, mit allen Mitteln der Wiederkehr von Ruhestörungen vorzubeugen und etwaigen erneuten Versuchen mit vollster Energie entgegenzutreten. Die betheiligten Behörden seien insbesondere angewiesen, der Ausbentung und Steigerung der vorhandenen Aufregung, welche aus der öffentlichen Erörterung der bezeichneten Ereignisse und ihrer Ursachen in von bekannten Ägita- tatoren abznhaltenden Versammlungen zu befürchten sein würde, zu begegnen, soweit dies überhaupt nach den Vorschriften thunlich sei, welche bezüglich der Verhütung des Mißbrauchs des Versannnlungs- rechts in Geltung stehen. Bezüglich der Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm in Hannover sind folgende Dispositionen getroffen worden: Der Kaiser wird am 1. September 4 Uhr Nachmittags ankommen und im Schlosse Wohnung nehmen. Für einen feierlichen Empfang werden die nöthigen Vorkehrungen getroffen. Am Eingänge der auf dem Ernst-August-Platz, wo sich der Bahnhof befindet, mündenden Bahnhofstraße wird eine Ehrenpforte errichtet werden, bei welcher die Begrüßung des Kaisers stattfindet. Am Abend werden die ver einigten Liedertafeln dem Kaiser ein Ständchen und einen Fackelzug bringen. Nach Abhaltung der großen Parade am 2. ist ein großes Diner im Schlosse und Abends Festvorstellung im Theater. Außer dem ist es in Anregung gebracht, die Sedanfeier in diesem Jahre mit dem feierlichen Empfange des Kaisers am 1. September in Ver bindung zu setzen. Man darf annehmen, daß wie vor sieben Jahren auch dieses Mal von 'Nah und Fern sich zahlreiche Fremde in Han nover einsinden werden, um den greisen Monarchen wieder zu sehen und zugleich auch den großartigen militärischen Schauspielen bei- zuwohuen. München, 9. August. König Kalakaua ist heute früh 6 Uhr von Wien hier eingetroffen und nach kurzem Aufenthalte nach Paris weitergreist. Bregenz, 9. August Der Kaiser von Oesterreich fuhr heute 9 Uhr Vormittags auf eiuem Separatdampfer nach der Insel Mainau zum Besuche des Grobherzogs von Baden. Von dort ans fährt er Mittags nach Friedrichshafen, wo er bei dem König von Württemberg dinirt, besucht alsdann den Prinzen Ludwig von Baiern in Lindau und kehrt Abends hierher zurück. In Flensburg standen kürzlich 11 angesehene Weinhändler und Kaufleute unter Anklage der Weinfälschung vor Gericht. Es handelte sich darum, daß ein aus Wein, Wasser, Spiritus, Kirschsaft u. s. w. angefertigtes Prodnct theilweise unter dem Namen Faqon- Wein, Medoc-Fa^on rc., im übrigen einfach als Medoc, fein Medoc, St. Julien, Bordeaux u. s. w. verkauft worden ist. Die Angeklagten glaubten sich damit entschuldigen zu könne», daß eininal der Preis ein so geringer sei, daß jeder Käufer wissen müsse, hierfür keine reinen Naturweine zu erhalten, daß andererseits der Ausdruck Faoon vollkommen die minderwerthige Qualität des „Weins" bezeuge. Beide Einwände wies das Gericht zurück. Sämmtliche 11 Geschäfte wurden zu je 100 Mark Geldstrafe verurtheilt. Italien. Die Nachricht, der Papst werde möglicherweise von Rom abreisen, ist unbegründet. Der Papst soll noch am Sonntag seiner Umgebung gegenüber geäußert haben, er sei entschlossen, Nom nicht zu verlassen, außer wenn er der brutalen Gewalt weichen müsse. Die Nuntien werden instruirt, in diesem Sinne zu antworten, wenn sie gefragt würden. Amerika. Nach einer Meldung aus New-Jork befinden sich in der Nähe der Niagarafälle zwei Männer unter polizeilicher Ueberwachung unter dem Verdachte, daß einer derselben der russische Nihilist Leo Hartmann sein mag. — In New-Jork ist die Meldung eingegangen, daß der berüchtigte Sioux - Indianer - Häuptling „Spotted Tail" (Fleckschwanz) von dem Vorsteher der Jndianer-Reservationspolizei, der selber ein Indianer ist und einen tiefen Groll gegen Spotted Tail hegte, ermordet worden sei. — Nach einer Meldung aus San Francisco ist der naturalisirte Deutsche Kleinschmidt von Eingebore nen der Insel Nembritain ermordet worden. — Neu-Britannien ist eine Insel im großen Ocean, vom 50 südlicher Breite durchschnitten und mit der Ostspitze bis an den 1700 östlicher Länge reichend. Dis Insel liegt nördlich von Nen-Guinea und ist durch den Georgskanal von der Insel Neu-Irland getrennt. Der Geist im Forsthansc. Fortsetzung. Raimund, welcher immer begieriger wurde, zu erfahren, welche Person er denn eigentlich vor sich habe, sagte dem Fremden Einiges über seine Liebe zur Musik, sowie daß er, dem Klange des Hornes nach zu schließen, einen geübten Hornbläser vor sich zu haben glaube, und sprach schließlich seine Verwunderung aus, daß der Fremde gerade diesen Platz zu seinen Hornübungen gewählt habe, der ihm so wenig Romantisches zu haben schien. „Geschmacksache, Herr", entgegnete der Fremde achselzuckend. „Ich kam vorbei, der Platz gefiel mir, und ich probirte mein Horn. Uebrigens kann ja ein Ort, welcher dem Einen unromantisch er scheint, dem Anderen dafür desto romantischer vorkommen". „Das glaube ich gern, und vielleicht ist dies in Bezug auf diesen Platz noch besonders stark der Fall". „Weshalb, mein Herr?" „Weil ich nicht zu irren glaube, wenn ich vermuthe, daß der Klang in gestriger Nacht von dem nämlichen Instrumente und von demselben Platze ausging, wie heute." „So, haben Sie gehört, Herr?" „Nicht nur ich", entgegnete Raimund, „sondern auch Andere. Ich glaube, der alte Förster Holm vernahm es auch". „Holm, Holm", murmelte der Fremde mit düsterer Stimme und fügte dann hinzu: „Förster Holm scheint kein Freund der Musik. — War es sonst wohl auch nicht. — Sie sind bei dem Förster Holm, Herr? — Recht, ich sah Sie in seiner Gesellschaft". Jetzt war Raimund überzeugt, daß er sich nicht geirrt habe, und er wurde dadurch nur um so gespannter auf das Weitere". „Mein Herr", sagte er, „Sie werden mir gestehen müssen, daß die Begegnung mit dem Förster Holm und mit Ihnen von sehr sonderbarer Art war, ferner, daß es mir wohl auffallend sein muß, daß Sie gestern und heute gerade an dieser Stelle Ihr Horn er schallen ließen. — Es ist dies fast wie eine bestimmte Absicht —" „Absicht hat Alles", antwortete der Fremde trocken. „Ich möchte sagen, es klingt wie eine Herausforderung", fuhr Raimund fort. „Ich denke nicht daran". „Förster Holm " „Ah", unterbrach ihn der Fremde schnell. „Förster Holm. — Grüßen Sie ihn und sagen Sie ihm, daß ich ohne Furcht vor ihm mich ihm baldigst persönlich und in seinem eigenen Hause vorstellen werde. — Und nun gute Nacht, mein Herr". Bei dem letzten Worte lüftete der Fremde seinen Hut und wandte sich zum Gehen. „Noch ein Wort, Herr", sagte Raimund schnell. „Was wünschen Sie noch?" fragte Jener, sich umdrehend. In diesem Augenblicke ranschte es im hohen Grase; als Beide sich nach diesem Geräusch umwandten, tauchte hinter dem Gebüsch eine Gestalt hervor. „Halt!" rief ihnen eine donnernde Stimnie zu, „Halt, Schurken!" Aus dieser Stimme erkannte Raimund sogleich, wer da noch kam, der alte Förster Holm; aber er entnahm aus dieser Stimme auch, daß der Alte voll Zorn sei.