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für Dienstag, den IS. Juli 1881. 8« k. Jahrg. Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden TageS deS Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit tv Pf., unter „Eingesandt" mit 30 Pf. berechnet. Der n. Termin Einkommensteuer, welcher am 15. Juli d. I. fällig war, wird hiermit in Erinnerung gebracht. Localsteuer-Einnahme Nicderzwönitz, den 18. Juli 1881. Decker. Erscheint wöchentlich drei Mal und »war Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prssniiwsranäo. Zwönitz und Umgegend Organ für den Stabtgemeiuderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Tagesbericht. — Zwönitz, 18. Juli. Wir erlauben uns, an dieser Stelle die hiesigen Einwohner jedes Standes darauf aufmerksam zu machen, daß auf Anregung des Gewerbevereins morgen Abend Uhr im Saale des Hotel „Blauer Engel" der berühmte Phonetiker und Mechaniker W. Gittel aus Leipzig einen interessanten Vortrag über seinen neu verbesserten Edison'schen Phonograph halten und dem selben dem Publikum vorsühren wird. Mancher wird vielleicht fragen: „Was ist ein Phonograph und was für Vewandniß hat es mit demselben?" Phonograph heißt Schallschreiber. Ein Phonograph ist eine Schreib- und Sprechmaschine und die neueste und größte Erfindung der Neuzeit. Fast alle Zeitungen der Welt haben das Ueberraschendste und Interessante dieses Apparates beschrieben. In dem uns vorliegenden Prospecte heißt es: „Der Phonograph besitzt die Eigenschaft, alle durch Sprechen, Singen, Lachen, Husten, Pfeifen u. s. w. hervorgcbrachten Laute vorher genau zu notiren, und so dann auf Wunsch alles wortgetreu wiederzugeben, ob heute oder in 10 bis 100 Jahren, ob einmal oder 20 bis 50 Mal. Höchst über raschend ist, wenn der Apparat singt, auch 2- und 3-stimmig; aber ganz vorzüglich ist die Wiedergabe von dem vorher aufnotirten Musikstücke, Polka, Walzer u. s. w., welche der Phonograph ganz taktmähig wieder bläst, ob auf derselben Stelle oder an einem anderen Orte. Es muß Jedermann staunen, wenn der Apparet arbeitet, daß es der menschliche Geist dahin gebracht hat, einem tobten einfachen Metall die menschliche Sprache annähernd abzulocken." Dem Phonetiker Gittel stehen von fast allen größeren Städten, Vereinen, Gesellschaften, höheren und niederen Schulen die besten Zeugnisse zur Seite und ist es nur zu wünschen, daß ein jedes, dessen Zeit es nur irgend gestattet, diese seltene Gelegenheit benutzt, für ein geringfügiges Eintrittsgeld einen Phonograph kennen zu lernen. Der Vortrag ist nicht nur für die Gewerbevereinsmitglieder, sondern für Jedermann, der ein Interesse an der Sache bekundet, und wünschen wir von Herzen dem Phonetiker Gittel ein recht zahl reiches Auditorium. — Dresden. Die von dem hiesigen Verlagsbuchhändler A. Wolf eingereichte Gnadenschrift an Se. Maj. den König bezüglich seiner wegen Spielkartenstempelsteuer erfolgten Verurtheilung in über 52,000 Mk. Strafe hat den für den Petenten erfreulichen Erfolg gehabt, daß Se. Maj. die in der That eminente Strafsumme und namentlich deshalb, weil Herr Wolf allenthalben in gutem Glauben gehandelt, in 100 Mk. Strafe verwandelt hat. — Leipzig, 15. Juli. Fritz Käpernick, der schnellfüßige Garde grenadier, trat gestern Abend im zoologischen Garten am Pfaffen- dorfer Hof zweimal auf, um 8 und um 9 Uhr. Er erschien beide Mal in Gemeinschaft mit feinem 7 Jahre alten kleinen Bruder, der auch schon ganz erstaunliche Fertigkeiten im Laufen entwickelt, im schmucken Tricotanzug und trug beim zweiten Auftreten eine helm artige Kopfbedeckung. In der größten Ausdehnung des Gartens war im Rundkreise eine, wie uns die Verwaltung des Etablissements versicherte, 320 Meter umfassende Laufbahn abgesteckt, welche in Folge der Beschaffenheit des Terrains an einigen Stellen des für das Schnelllaufen erwünschten Charakters der Ebenheit entbehrte und dabei Schwierigkeiten bot, die bei den Vorführungen Kapernicks immerhin in Berücksichtigung gezogen werden müssen. Das erste Mal durchtrabte der Läufer 12 Mal die Bahn und zwar in der Zeit von 11 Minuten 25 Secunden, was also die Entfernung einer Wegstunde von 7'/z Minuten in dem gedachten Zeitraum ergab. Noch viel bedeutender war die Leistung des Schnellläufers beim zweiten Auftreten um 9 Uhr, indem er die Bahn nicht weniger als 33 Mal in der Zeit von 33 Minuten 20 Secunden durcheilte; Käpernick legte also die Entfernung von anderthalb deutschen Meilen m nicht viel mehr als einer halben Stunde zurück. Stürmischer Beifall des Publikums belohnte ihn, als er zum letzten Mal, ohne irgend welche Ermüdigkeit zu zeigen, mit derselben Behendigkeit, mit der er begonnen, die Bahn durchlaufen hatte und am Ziele ange kommen war. Bei diesem zweiten Laufen rauchte Käpernick eine Zeit lang ganz gemüthlich seine Cigarre, darauf verzehrte er während des Laufens eine Semmel und nahm etwas Milch zu sich. Die Haltung der Beine Käpernicks ist, während er läuft, in der Knie gegend etwas nach vorn gebogen, im Uebrigen ist die Körperhaltung eine gerade und graziöse und es gewährt einen prächtigen Anblick, wenn er in schnelleres Tempo einsetzt und wie eine flüchtige Gazelle vor den Augen der Zuschauer vorübereilt. Der Schwerpunkt der Leistung Käpernick's liegt in der bewundernswerthen Ausdauer, mit der er läuft und wodurch es auch allein möglich ist, daß er im Wett rennen mit Pferden dieselben besiegt; er muß eben mit ganz anderen Flechsen und Sehnen und mit ganz anderen Athmungsorganen aus- gestattet sein, als sie gewöhnlichen Geschöpfen zu Theil geworden find. — Freiberg. Der „Freiberger Anzeiger" schreibt: „Wir werden ersucht, folgende Zeilen eines Briefes in unser Blatt einzurücken, welcher an einen Freiberger gerichtet ist, der längere Zeit in Amerika, Vereinigten Staaten, gelebt hat. Der Brief ist von dem Präsidenten einer Eisenhütten- und Kohlenwerk-Aktiengesellschaft und enthält für Kohlenbergleute, welche gesonnen sind, in Amerika eine Existenz sich zu gründen, eine Einladung, die für Betreffende von nicht geringem Interesse sein dürste. Hier die getreue Uebersetzung des auf die An gelegenheit sich beziehenden Inhalts: Mount Savage, Carter Co. Kentucky, 26. Juni 1881. Ich wünsche zu missen, ob Sie zwanzig oder dreißig tüchtige Kohlenbergleute, verheirathet, finden können, welche gegen September hierher zu kommen gesonnen wären, und welche die Mittel besitzen, die Reisekosten bis zu uns selbst zu bestreiten. Der nächste Weg führt über Baltimore oder Richmond, dann über Huntington auf der Chesapeak- und Ohio-Eisenbahn über Ashland nach Bush, zwei englische Meilen von dem Platze, wo für die Ankommenden neue Häuser mit Gärten eingerichtet sind, die sie miethfrei erhalten. Die zwei bedeutendsten Bergwerks-Gesellschaften in dieser Gegend zahlen 60—65 Cents ---- 21/2 Mk. für die Tonne 2000 Pfund Stück kohle; für Nuß- und Schuttkohle wird den Arbeitern nichts vergütet. Tüchtige Bergleute verdienen täglich 2—4 Dollars — 8—16 Mk. Wir wünschen sehr, Bergleute aus Sachsen zu engagircn. Wenn es denselben bei uns gefällt, und sie den Erwartungen entsprechen, möchten wir gern hundert und mehr noch mit ihren Familien hier bei uns angesiedelt sehen. Vor der Hand sehen Sie nur, ob sich gegen 20 gute Leute von 20—35 Jahren mit ihren Frauen und Kindern finden lassen, die auf ihre eigenen Kosten zu uns kommen wollen. Es sind bereits hier zwei deutsche Familien, die sich sehr wohl befinden. Jos. S. Woolfolk. Die Gegend im Osten des Staates Kentucky, nahe Virginien, ist äußerst gesund, Gebirgsland mit prächtiger Laubwaldung. Näheres mündlich oder brieflich mitzutheilen ist sehr gern bereit Ostückenberg, Freiberg." — Ehrenfriedersdorf. Der von den Touristen als eine der schönsten Perlen des sächsischen Erzgebirges anerkannte und daher fleißig besuchte Greifenstein hat in der nächsten Zeit eine Ausstatt ung zu erwarten, die allen Besuchern höchst erwünscht sein wird. Der hiesige Verschönerungsverein hat es nämlich übernommen, den Aufstieg, die Treppen nach dem Aussichtsfelsen, sicherer und be quemer zu machen, die im Laufe der Zeit gelockerten Stufen zu festigen, fehlende hinzuzuschaffen und die beschädigten Barrieren zu