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der Leipziger Hauptverein 20,500 Mark an 52 Gemeinden in und außerhalb Deutschlands. Die Summe, welche der Centralverein im Jahre 1877 an 1155 Gemeinden vertheilte, betrug 706,898 Mark. Welcher Segen und welche Freude für die beschenkten armen Ge meinden! Welcher evangelische Christ wollte zu solchen segensreichen Werke nicht gern ein Scherflein beitragen? Ja, „lasset uns Gutes thun an Jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen!" So lautet des Gustav-Adolph-Vereins Wahlspruch. Damit unsere Gemeinden einen klaren Begriff von der hohen Bedeutung und der ganzen Organisation des Gustav-Adolph-Vereins und seinem ausgedehnten segensreichen Wirken ^bekommen, wäre frei lich nothwendig, daß sie Gelegenheit suchten, den jährlichen Haupt- und Zweigvereinsversammlungen beizuwohnen, oder wenigstens die Jahresberichte zu lesen. Zu diesem Zwecke soll auch in diesem Jahre vom Stollberger Zweigvereins-Vorstande wieder ein „fliegendes Blatt" ausgegeben werden, das das Wichtigste aus der Gesammt- wirksamkeit desselben enthalten und das einem Jeden, der einen Liebes beitrag zu geben bereit ist, eingehändigt werden wird. Mag darum Niemand in unserer Gemeinde den Boten abweisen, der die Samm lung übernommen hat. Auch die kleinste Gabe wird dankbar ange nommen und hilft den Segen mehren. Niemand enschuldige sich mehr mit der gewöhnlichen leeren Ausrede: „Werweiß, wo das Geld hin kommt." Man vergesse doch ja nicht, daß die Verwaltung unter ge nauer Controls steht und daß kein Abgeordneter Reisegeld oder Diäten bekommt, sondern lediglich aus seiner Tasche zehren muß. Zum Schluß sei noch ein dichterischer Tafelspruch bei dem vor jährigen Festmahle zu Annaberg beigefügt, gedichtet von dem leider kürzlich verstorbenen, in jeder Hinsicht ausgezeichneten Seminardirector Schuster daselbst: Auf dem Friedhof draußen ist — eine Linde zu erblicken; Groß und herrlich, wie Ihr wißt, — kann sie unser Aug er quicken. Und so oft ich sie erschaut, — ward in mir die Sage laut. 's war ein Zweifler einst, der sprach: — „Einen Baum pflanzt in die Erde Mit dem Wipfel. Kommt der Tag, — wo er grünt durch dessen: Werde! j Dem ihr dienet, den ihr ehrt, — dann, dann bin auch ich bekehrt." Und der Baum wuchs, — und noch heut' — grünt die Auf erstehungslinde; Diesen Baum zeigt hocherfreut — jeder Vater seinem Kinde. Euch sei jetzt ein Baum gezeigt, — welcher dieser Linde gleicht. Der Verein, der uns auch rief, — gleicht der Auserstehungslinde, Denn er wurzelt fest und tief — trotzend jedem Frost und Winde, Obs auch ost unmöglich schien, — Gott erhielt, Gott schützte ihn! ° Dieser Baum in seiner Pracht — kann den Zweifler wohl be kehren, Ueber Gottes Huld und Macht, — kann er jedes Herz belehren, Er mag grünen und gedeih'», — Hoch, hoch der Gesammtverein! — Mit Herrn Oberförster Baumgartens Projectmacherei dürfte es für alle Zeiten vorbei sein. Genannter hat nämlich, da seine Stellung als Staatsdiener sehr erschüttert war, dieser Tage auch dem Ministerium des Innern sein Ehrenwort gegeben, nie wieder Hand an sein lenkbares (?) Luftschiff legen zu wollen. Das Ver sprechen Baumgartens wurde zu Protokoll genommen. Chemnitz. In Chemnitz stürzte am Sonnabend Abend ein Kaufmannslehrling am Pfortensteg in das Wasser. Sein Hilferuf ward von der 71jährigen Wittwe S. gehört und trotz ihres hohen Alters eilte die brave Frau herbei und konnte den Ertrinkenden, der eben an einer sog. Schöpfe vorbeifuhr, erfaßen und mit Aufgebot aller ihrer Kräfte wirklich entreißen. Der vom Tod erstandene junge Mensch erholte sich in einer nahe gelegenen Wohnung schließlich so weit, daß er in einer Droschke nach Hanse fahren konnte. Chemnitz, 7. Mai. (Gerichtssitzung der Strafkammer I.) Der in Niederzwönitz wohnhafte, 38 Jahre alte Weber und Handelsmann Karl August Günther aus Kühuhaide, noch unbestraft, bezeugte und beschwor in einer beim vormaligen kgl. Gerichtsamte Stollberg wegen Diebstahls geführten Untersuchung unter anderem mit, daß er zu einer, gewißen Zeit mit dem damaligen Angeklagten M. an einem bestimmten Orte gewesen sei und Karte gespielt habe. Es ergab sich hinterher dringender Verdacht, daß er damit fahrlässiger Weise einen Falscheid geleistet habe, welchen Vergehens angeklagt er heute auf der Anklagebank erschien. Auf Grund der Ergebnisse der Beweisauf nahme vermochte sich der Gerichtshof von der Schuld des Angeklagten nicht zu überzeugen und sprach ihn deshalb frei. Den Vorsitz führte Herr Landgerichtspräsident Brückner. Die kgl. Staatsanwaltschaft war durch Herrn Staatsanwalt Bretschneider vertreten. Chemnitz, 10. Mai. (Gerichtsverhandlung der Strafkammer II.) In der Nacht vom 1. zum 2. Dezember 1878 wurden dem Haus besitzer Weigel in Zwönitz Würste und Speck rc. im Werthe von gegen 30 Mk. und in der Nacht vom 5. zum 6. Januar d. I. dem selben Schinken, Speck rc. im Werthe von gegen 15 Mk. gestohlen. Beide Diebstähle waren durch Uebersteigen eines Zaunes und Ein steigen durch ein Fenster verübt worden. Weiter waren dem Haus besitzer Bonitz in Kühnhaide in der Nacht vom 26. zum 27. Decbr. 1879 mittelst Einsteigens zwei Gänse und in der Nacht vom 26. zum 27. Decbr. 1879 dem Gutsbesitzer Noth in Niederzwönitz ein Messer gestohlen, nebenbei aber eine Lade, in welcher sich Geld befunden, durch einen Dittrich zu öffnen versucht worden. Glücklicherweise hatte das Schloß widerstanden, wie auch schließlich die Diebe durch das unerwartete Eintreten der Hausfrau gestört worden waren. Diese Diebstähle verübt zu haben, waren der, Handarbeiter Carl August Beier aus Zwönitz, 25 Jahre alt, wegen Diebstahls mehrfach vorbe straft, und der Handarbeiter Franz Arnold, gebürtig von Schwade bach in Böhmen, wohnhaft in Zwönitz, 32 Jahre alt, ein Mensch, der niemals eine Schule besucht hat, zum großen Theile geständig. Beier läugnete nur die Verübung des ersterwähnten Diebstahls, bei dem Arnold sich selbst als Hehler bekannte. Unter Berücksichtigung der Nückfälligkeit Beiers wurde dieser zu 4 Jahren Zuchthaus, Arnold zu 2 Jahren Zuchthaus, beide zu 5 Jahren Ehrenrechtsver lust und zu Stellung unter Polizeiaufsicht nach verbüßter Strafe ver- urtheilt. Mügeln, 11. Mai. Nächsten Monat werden es zweihundert Jahre, daß die hiesige Schützengilde besteht. Den Tag ihrer Gründ ung beabsichtigt, wie nicht anders zu erwarten, die Gilde in würdiger Weise zu begehen. Freiberg. Der Uhrmachermeister Bertram feierte am 2. Mai das goldene Jubiläum als Mitglied der hiesigen Schützengilde. Am Vormittage des Festes wurden dem Jubilar durch eine Deputation die Glückwünsche des gesammten Schtttzenbundes dargebracht und ihm ein kostbarer Siegelring überreicht. Oederan. Der hiesige Gewerbe-Verein berieth in seiner letzten Versammlung über Gründung eines Kindergartens. Lichtenstein, 10. Mai. Der einige 40 Jahre alte und in guten Verhältnissen lebende Hausbesitzer und Oeconom Carl Türschmann hier wurde heute Vormittag 9 Uhr im hiesigen Nathsgefängnisse erhängt vorgefunden. Türschmann hinterläßt eine Frau und 9 Kinder. Weshalb er inhaftirt war, ist noch unbekannt. Falkenhain. Am Nachmittag des 10. d. hat sich aus un bekannten Gründen der 12jährige Schulknabe Friedrich Julius Pieschel, Sohn des dasigen Walderbeiters P., durch Stranguliren selbst entleibt. Belgern. Ueber eine Rencontre mit Wilddieben in der Drösch- kauer Waldung geht dem „O. T." folgende Mittheilung zu: Der dortige Förster war mit Ausmessungen beschäftigt, als in seiner Nähe ein Schuß fiel. Indem er der Richtung, aus welcher derselbe ge kommen, nachgeht, fällt ein zweiter, worauf ein Reh hervortritt und vor dem Förster zusammenbricht; aber auch ein Wilddieb zeigt sich dem Thier folgend, und zu seinem Schreck den Förster erblickend, ruft ihn dieser mit den Worten an: „Halt, Sie sind mein Arrestant, Sie haben den Rehbock geschossen!" Hierauf ergriffen sich Beide, der Förster hat jedoch leider das Unglück, zum Fall zu kommen; der Wilddieb entreißt ihm das Gewehr, entladet es, indem er in die Luft schießt, schlägt darauf den Förster mehrmals mit dem Ge wehrkolben auf den Kops, sodaß er im Blute schwimmend liegen bleibt. Nach einiger Zeit kommt der Förster wieder zur Besinnung und schleppt sich bis in das nahegelegene Dorf Kaisa, woselbst zu fällig der Gensdarm anwesend war. Er trug diesem den Sachverhalt vor und wurde der gedachte Verbrecher, welcher vom Förster als ein Bewohner Kaisa's erkannt worden, auch bei seiner Vernehmung ein volles Geständniß ablegte, sofort geschlossen zur Haft gebracht. Der Zustand des Försters ist sehr bedenklich. Vermischtes. * (Eine untergrabene Stadt.) Vor Monaten schon liefen be unruhigende Gerüchte durch die ungarische Bergstadt Kremnitz, daß infolge der sich unter Kremnitz hinziehenden Bergwerksschachte einzelne Stadttheile und Baulichkeiten sich zu senken begannen, und that-.' sächlich wurden an mehreren Häusern bedenkliche Nisse und Ver schiebungen wahrgenommen. Die Regierung entsandte sofort einen Berg-Ingenieur und die nun angestellten Untersuchungen ergaben ein mehr als bedauerliches Resultat: Kremnitz ist in ungeheurer Gefahr! Die große Stadtpfarrkirche erschien zunächst bedroht. Die zuerst an ihr Vorgefundenen Risse wurden immer größer und er weiterten sich, und da vor kurzem auch die starken eisernen Bänder rissen, welche die zwei Thürme mit einander verbanden, so mußte, um einen Einsturz zu vermeiden, unverweilt mit der der Abtragung der Kirche begonnen werden und sind die diesbezüglichen Arbeiten bereits in vollem Zuge. Eine Anzahl von Privathäusern hofft man durch unterirdische Stützen erhalten zu können. * Der Stadtrath in Gera beschloß in seiner am Freitag statt gehabten Sitzung, daß in Folge weiterer Ermittelungen und Re visionen der fernere Gebrauch der Bierdruckapparate, einschließlich der Spritzhähne im Geraer Stadtbezirke verboten und zur Beseitigung derselben eine Frist von 3 Monaten gestellt werden soll.