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Verein, der Gewerbeverein und der Kaufmännische Verein in diesen Tage auf die an sie gelangte Aufforderung des hiesigen Raths eine gemeinschaftliche Versammlung ab, in welcher über die Frage der Aufhebung der Jahrmärkte verhandelt wurde. Die Versammlung beschloß nach längerer Debatte mit allen gegen eine Stimme, sich für Beibehaltung der Jahrmärkte auszusprechen. Der Handwerker verein und die Schuhmacher-Innung haben sich gleichfalls für diese Angelegenheit schon schlüssig gemacht und ihre Meinung dahin kund gegeben, die Jahrmärkte seien nur dann aufzuheben, wenn dies eine allgemeine Maßregel für ganz Sachsen würde. " Zwickau, 4. Juni. In vergangener Nacht gegen ^12 Uhr gewahrte ein patroullircnder Schutzmann auf dem Wege zwischen dem Gasthofe zum Paradies und dem Gutwasser'schen Hause einen Mann, welcher die Gegend zu recognosciren schien, beim Erblicken des Schutzmannes aber die Flucht ergriff und seinen Weg zwischen Stengels Gut und Gutwassers Hause nach Pöhlau zu nahm. Der Schutzmann verfolgte sofort den Verdächtigen, holte denselben auch bald ein und forderte ihn auf stehen zu bleiben. Plötzlich wendete sich jedoch der Flüchtling um und schlug mit einem 2/4 Meter langen starken Knüppel, welchen er bei sich führte, auf den Schutzmann los. Mit dem Seitengewehr parirte der Schutzmann die Schläge und es gelang ihm auch seinem Angreifer den Knüppel aus den Händen zu schlagen. Nun begann ein Kampf Mann gegen Mann, der Schutzmann faßte den Verdächtigen und nach längerem Ringen warf er ihn zur Erde und konnte ihn festhalten. Auf die Hilferufe des Schutzmanns eilten auch 3 Personen aus dem Stengelschem Gute herbei, der Hausmann von dort unterstützte auch den Schutzmann bei der Fesselung des Verdächtigen, der nunmehr nach der Polizeiwache und zu Arrest gebracht wurde. Bei der Visitation fand man auf dem Leibe des Arrestaten das ganze Diebeshandwerkszeug, Todschläger, mehrere Messer in Futteralen und dergl. mehr. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß ver Mann in böser Absicht sich diese Nacht in jener Gegend umhertrieb und möglicher Weise ist es nur der Ent schlossenheit und dem Muthe des Schutzmanns zuzuschreiben, daß er an einen Verbrechen verhindert wurde. Der Verdächtige ist ein arbeitsloser Handarbeiter aus Haßlau und sollen in seiner Wohnung sich noch mehr Diebesinstrumente vorgefunden haben. Stollberg. Am 4. d. früh wurde ein unbekannter alter Mann im Walde zwischen hier und Thalheim, am Walde liegend, in ganz erstarrtem, bewußtlosen Zustande aufgefunden und zunächst in das Bezirkskrankenhaus gebracht. Plauen. Der Müller und Mühlenbauer Dietzel aus Naitschau, welcher durch zweimaliges verwegenes Flüchten aus im Gange be findlichen Eisenbahnwagen, sowie durch sein räuberisches Auftreten eine traurige Berühmtheit erlangt hat und kürzlich in Wien aber mals verhaftet wurde, ist am 2. Juni mit einem Eilzuge, geschlossen und begleitet von zwei Amtsdienern, von Dresden aus nach Culm- bach, woselbst er eine zwölfjährige Zuchthausstraße zu verbüßen hat, transportirt worden. Nach Verbüßung dieser Strafen erwarten ihn noch verschiedene andere Strafanstalten, in denen er insgesammt noch ca. 10 Jahre Zuchthaus zu verbüßen hat. Dietzel ist nach dem „Dr. Anz." von Person klein und schmächtig, und wer nicht besonders auf ihn aufmerksam gemacht wird, dürfte ihn schwerlich für einen so ge fährlichen Menschen, wie er in der That ist, halten. Während seines kurzen Aufenthaltes auf dem hiesigen Bahnhofe äußerte er schmun zelnd zu den sich an seinen Wagen herandrüngenden Personen, als diese seinen Namen nannten: „Ich bin doch überall bekannt!" Cunsdorf bei Reichenbach. Bei einem dem Brauereibesitzer Fischer hier gehörigen, erst 10 Jahre alten Pferde hatten sich im Magen Steine gebildet, welche den Tod in Folge hierdurch entstan denen Brandes herbeiführten. Diese Steine — vier an der Zahl — haben ein Gesammtgemicht von 2^ Kilo, der größte derselben einen Durchmesser von 12 Centimeter. Oschatz. Vor einigen Tagen hat sich der in der Bezirksanstalt Strehla untergcbrachte Handarbeiter Panitz, gebürtig aus Leißritz, angeblich wegen Lebensüberdrusses in einer Stube genannter Anstalt erhängt. Stolpen. In der Nacht zum Donnerstag Hai sich der ledige Fleischer und Fettviehhändler Zrischler in der Wohnung seines Schwagers zu Altstadt die Kehle durchschnitten. Zrischler soll sein nicht unbedeutendes Vermögen stets bei sich geführt haben aus Furcht vor Dieben und im Finstern nie mehr in's Freie gegangen sein. In Klcin-Zschocher starb vor einigen Tagen ein 2jähriges Kind infolge eines Jnsectenstiches. Das Jnsect hatte das Kind über dem linken Auge gestochen und entstand da eine enorme Geschwulst, die den Tod herbeiführte. Loschwitz. Ein 20jähriger Mensch von hier, dessen Vater vor einem Jahre bei Pillnitz tödtlich verunglückte, ist vor wenigen Tagen in Aussig zur katholischen Kirche übergetreten. Er war seit dem Tode seines Vaters in Schwermuth versunken und fand einzig Trost in den Lehren der katholischen Religion. Er will in das Grazer Prediger-Seminar eintreten und Weltpriester werden. Seiffen, 3. Juni. Der Waldarbeiter Herklotz aus Heidersdorf, welcher auf Hirschberger Revier beschäftigt war, wurde gestern von einem Baume, den einige andere Waldarbeiter in seiner Nähe fällten, erschlagen. Der Baum sollte nach der Voraussetzung und Berech nung der Leute in entgegengesetzter Richtung fallen, worin sie sich jedoch getäuscht hatten. Der Zuruf an Herklotz, sich schnell zu ent fernen, wurde zwar von demselben auszuführen versucht, doch erfaßte ihn der Baum noch und erschlug ihn sofort. — Vor einigen Tagen kam der Holzdrechsler Hänel in der Hetze'schen Fabrik in Seiffen mit der rechten Hand in die Zirkelsäge und wurde dabei schwer verletzt. Zittau. Am 3. d. Abends hat sich hinter dem Eckartsberger Viadlicte ein Lebensüberdrüssiger von dem um 9 Uhr 16 Minuten aus Görlitz in Zittau eintreffenden Zuge überfahren lassen. Die Persönlichkeit war noch nicht festgestellt. — Aus Furcht vor Strafe hat sich in der Nacht zum 5. d. der 19 Jahre alte Goldarbeiterlehr ling Max Rudolph mit Cyancali vergiftet. Ein Rausch ist einem Gutsbesitzer in dem nicht weit von Eger gelegenem Dorfe Stcibitz theuer zu stehen gekommen. Derselbe kam in der Nacht zum Dienstag in der vergangenen Woche schwer angetrunken nach Hause. Wohl die verdiente Strafpredigt seiner Frau fürchtend, schlug er sein Nachtlager in der Scheune auf; dabei verlor er sein Portemonnaie und um dasselbe zu suchen, zündete er Streichhölzchen an, setzte aber infolge seines Zustandes das umliegende Heu und Stroh, sowie bei den Bemühungen, das Feuer zu löschen, auch seiue Kleider in Brand, so daß er schließlich ins Freie fliehen mußte. In kurzer Zeit wurde das Wohnhaus von den Flammen ergriffen und seine im tiefsten Schlafe liegende Familie hatte Mühe, das bedrohte Leben zu retten. Da vermißte die Mutter plötzlich ihr Kind; verzweiflungsvoll rannte sie noch einmal in das brennende Haus und — fand unter dem einstürzenden Gebälk ihren Tod. Der nüchtern gewordene Mann hatte starke Brandwunden davongetragen. Vermischtes. * (Zwiebeln vor dem Auswachsen zu schützen.) Jede Hausfrau, welche größere Zwiebelvorräthe hat, wird nur zu oft durch das Auswachsen derselben, welches im Frühjahr die Zwiebeln in kurzer Zeit unbrauchbar macht, in Verlegenheit gekommen sein, und doch lassen sie sich leicht für das ganze Jahr conserviren. Man sucht die festen Zwiebeln im März aus und hängt sie in Netzen oder leichten Beuteln einige Tage und Nächte in die Räucherkammer. Der Rauch schadet dem Gelchmack nicht, erhält jedoch die Zwiebeln viele Monate hindurch fest und verhindert das Auswachsen derselben. * Auf den Linien der großen Berliner Pferdeeisenbahn sind während der drei Pfingstfeiertage 520,500 Personen befördert und 77,600 M. eingenommen worden. Zur Bewältigung dieser großen Passagierzahl waren 330 Wagen und 1800 Pferde in Thätigkeit. 17,140 Fahrten wurden zurückgelegt. Wäre die Witterung, zumal an den beiden letzten Tagen, günstiger gewesen, so würden noch größere Leistungen zu verzeichnen sein, die gegen das Vorjahr im Ganzen verhältnißmäßig zurückbleiben. * (Das Eisenbahn-Unglück bei Blumenberg.) Es ist aus den Aussagen vieler bei dem Unfall betheiligten, sowie auch unbetheiligten Personen (z. B. Feldarbeitern) zu entnehmen, daß der verunglückte Zug mit enormer Geschwindigkeit gefahren ist; eine sehr werthvolle Mittheilung dieser Art ist vom Herrn Grafen Miloradowitsch aus Petersburg und dessen Gemahlin, in dem am Schlimmsten zertrüm merten zweiten Personenwagen gesessen haben, gemacht worden. Beide geben auf das Bestimmteste an, daß der Zug so rasch gefahren sei und ihr Wagen so geschwankt habe, daß es ihnen nicht möglich gewesen sei, zu lesen, und daß sie sich über die auffallende Ge schwindigkeit ernstlich beunruhigt hätten. Die Untersuchung, welche an Ort und Stelle stattfand, würde sonach die Betriebsdirection entlasten und das Fahrpersonal belasten. Jndeß sind die Angaben doch sehr unklar; unsere schnellsten Züge erreichen noch nicht die Schnelligkeit der englischen Züge, beispielsweise zwischen Dover und London, wo ein Unfall unseres Wissens bisher nicht vorgekommen. Die Schnelligkeit allein kann also wohl schwerlich die Ursache der Katastrophe sein. Wie andererseits das „Tgbl. erfährt, sind die Untersuchungen jetzt so weit abgeschlossen, daß die vermuthliche Ur sache des Unglücks sich mit einiger Mehrheit feststellen läßt. Das Protokoll über die Vernehmung des Locomotivführers crgiebt, daß — ein sehr seltener Fall bei Eisenbahnunfällen —, die Locomotive zuerst entgleist ist, während meistens die Entstehungsursache auf Entgleisung von Wagen zurückzuführen ist. Anderseits ist durch die Aussagen festgcstellt, daß die Maschine in durchaus betriebs fähigem, gutem Zustande gewesen und zeigte der Befund derselben nach der Katastrophe, daß auch keineswegs etwa ein Nadreifenbruch oder sonst eine Befchüdigung vorgekommen ist, welche die Entgleisung und damit das stattgehabte Unglück erklären könnte. Weiter hat sich aber auch nicht der geringste Stützpunkt für die Vermuthung ge funden, daß Böswilligkeit bei dem Unglück die Hand im Spiele gehabt habe. Nach Maßgabe der Aussagen des Maschinenpersonals, die anzuzweifeln nicht die entfernteste Veranlassung vorliegt, bleibt allerdings nur übrig, eine Unzulänglichkeit der Betriebssicherheit des Bahnkörpers anzunehmen, eine Annahme, die auch sofort laut geworden ist.