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in der Stunde (wie der große Zeiger einer Uhr) einmal herum dreht. Diese Walze bewegt einen durch Striche eingetheilten Papierstreifen, auf welchem mehrere Schreibstifte genau anzeigen, wie lange die Droschke überhaupt unter Benutzung war und ob ein, zwei, drei oder vier Sitze mit Fahrgästen besetzt gewesen sind. Dies mag für Man chen recht künstlich und unausführbar erscheinen. Die Mechanik kennt aber unter dem Namen „Registrir-Uhren" bereits viele derartige be währte Vorrichtungen. Zwickau, 2. Juni. Gestern Abend verunglückte auf einem Neu bau in Pölbitz der Handarbeiter Franz Albert Stüber aus Mosel durch Herabstürzen und erlitt mehrere Verletzungen, infolge deren er mittels Wagen in das Stadtkrankenhaus gebracht wurde. Daselbst wurden ein Bruch des linken Vorderarmes und verschiedene Kontu sionen ärztlich konstatirt, doch sollen diese Verletzungen nach dem Ausspruche des Arztes nicht lebensgefährlich sein. Crimmitschau. Am 1. Juni d. I. Abends 9 Uhr hat sich der Handarbeiter August Gottlob Kunze im Schwemmteich des Ritter gutes Schiedel ertränkt. Kunz hinterläßt 4 Kinder und soll Schwer- muth das Motiv zu diesem bedauerlichen Schritte sein. Buchholz. Die größten Posamenten-Handlungen wißen sich einer so lebhaften Nachfrage wie gegenwärtig nicht zu entsinnen. Kaum 60 Procent der Bestellungen konnten ausgeführt werden; es fehlte an Arbeitskraft. Wenn nun auch momentan eine kleine Ruhe einge- treten ist, so sieht das Gebirge doch wieder einem guten Jahre ent gegen. Der Hochgang der Industrie wird von den übrigen Gewerken empfindlich gefühlt. Den Baugewerken fehlt es in diesem Jahre an den brauchbaren Handlangern. Gute Dienstmädchen sind aus der hiesigen Pflege nicht zu haben. Unsere Industrie ist hauptsächlich Frauen- und Kinderarbeit. Hoheneck, 3. Juni. Heute früh von 11/2 Uhr an ist die Löbig'sche Schankwirthschaft hier abgebrannt. Leider ist die 16jährige Dienst magd Klara Poneski aus Niederwürschnitz in den Flammen umge kommen. Das Vieh ist gerettet, das Mobiliar nur theilweise. Die Entstehungsursache ist unbekannt. Eibenstock, 31. Mai. Vorgestern Abend ereignete sich in unserer Stadt ein sehr beklagensmerther Unglücksfall. Als nämlich die Ehe frau des Buchbindermstr. Adolph Werner hierselbst gegen 9 Uhr die Treppe im Hause herabsteigen wollte, verfehlte sie auf der Mitte derselben eine Stufe und stürzte jählings vornüber, so daß dieselbe sich beim Aufschlagen des Kopfes auf die Stufen derart verletzte, daß der Tod in Folge eines Schädelbruches schon nach 2 Stunden eintrat. Man vermuthet, daß das Unglück durch etwas hohe Absätze an den Schuhen der Verstorbenen hcrbeigeführt sein mag. Hartha. Am 31. Mai wurde das 50jährige Bestehen der hiesigen Schützengesellschaft festlich begangen. Ein eigenthümliches Zusammen treffen war es dabei, daß der diesmalige Schützenkönig derselbe Mann ist, welcher vor 50 Jahren zum ersten Male diese Würde erwarb, der noch rüstige Gutsauszügler Gottlob Schubert. Frankenberg. Aus Anlaß des Jubiläums der hiesigen Schützen gesellschaft wird bemerkt, daß die Schützengesellschaft zu Altenberg rhr erstes Vogelschießen im Jahre 1512 zu Pfingsten abgehalten hat, was aus den ihr ertheilten Privilegien hervorgeht. Sonach zählt die Altenberger Schützengesellschaft (früher „Häuer- und Schützen gesellschaft" benannt) zu den ältesten Schützengesellschaften des König reichs. Hainichen. Am 31. Mai Abends hat der Webermeister und Nachtwächter Friedr. Herm. Helbig freiwillig seinem Leben — im Erhardt'schen Teiche zu Ottendorf — ein Ende gemacht. Der Ge nannte, als fleißig und pünktlich in seiner Arbeit und seinem Dienste, sowie als bravsorgender Familienvater bekannt, befand sich in nicht schlechten Verhältnissen. Nur ein tiefgehender Zug von Schwermuth, woran er zeitweilig litt, hat ihn, den kräftigen, erst 38jährigen Mann unwiderstehlich in den Tod getrieben; er hinterläßt eine Wittme und 3 Kinder. In Rosenthal bei Königstein ist am Sonnabend ein Kind mit zwei Köpfen in tovtem Zustande zur Welt gekommen. Die Mutter soll sich den Umständen nach wohl befinden. Von der böhmisch - sächsischen Grenze, 1. Juni. Es ist fast unbegreiflich, daß trotz der hohen Strafen, welche auf den Vieh schmuggel gesetzt sind, noch immerwährend Leute ihre Freiheit und ihre Habe riskiren, um denselben auszuüben. Wird nämlich ein Schmuggler, der Vieh von Böhmen nach Deutschland einschwärzt, ertappt, so wird ihm nicht nur das Vieh weggenommen, sondern er wird auch wegen Nebertretung des Viehseuchengesetzes mit Gefäng- niß bestraft und muß überdies noch den fünffachen Zoll bezahlen. Demnach haben die sächsischen Zollbehörden seit dein Inkrafttreten des Viehzolles schon viele Rinder- und Pferde-Contrebandc gemackt. Erst vor 2 Monaten wurden einem Viehhändler 4 Kühe auf einmal weggenommen, und jetzt sind schon wieder 2 neue Fälle zur Anzeige ge kommen. Ein Bauer in Schönberg, welcher dicht an der böhmischen Grenze wohnt, hat 2 Kühe von Böhmen eingeschmuggelt, behauptet aber jetzt, daß er dieselben in Bayern gekauft habe. Da hierbei abör der große Unbekannte eine Nolle spielt, so schenkt man den An gaben weiiig Glauben. Interessant ist ein anderer Fall, in welchem eine Kuh die Zoll- uud Viehseuchengesetze ohne menschliche Beihilfe übertreten und sich allein von einem böhmischen nach einem sächsischen Grenzdorfe eingeschlichen haben soll. Aber dennoch wird der jetzige Besitzer der Kuh, weil er nachweislich die Ankunft derselben erwartete und sie sofort in seinem Stalle führte, nicht straflos ausgehen, wenn er auch vorgiebt, nicht zu wissen, woher das Thier stammt. — Die vor fast 2 Monaten beschlagnahmteil 4 Kühe werden in 8 Tagen versteigert. Der Profit, den die Zollcasse dabei gemacht hat, erleidet dadurch, daß für jede Kuh pro Tag hohes Futtergeld zu bezahlen war, einen bedeutenden Ausfall, zumal die hochtragenden Kühe keinen Milchertrag lieferten. 2 Kälber, die inzwischen geboren worden waren, sind bereits verkauft. Da alle zu Wirthschaftszwecken von Oesterreich eingeführten Rinder erst dann weiter verkauft werden dürfen, wenn sie mindestens 2 Monate lang bei dem ersten Besitzer gestanden haben, so rnußte natürlich auch die Zollbehörde diesen Termin abwarten, ehe sie zur Versteigerung schreiten konnte. In Zukunft soll die Sache anders gemacht werden, um nicht durch die hohen Futter- und Pflegekosten so große Einbuße zu erleiden. Die confiscirten Thiere sollen bald nach ihrer Wegnahme versteigert, dem Ersteher soll jedoch zur Bedingung gemacht werden, die Thiere mindestens 2 Monate lang zu behalten, bevor er sie weiter verkauft. — Dafür, daß manche Wirth- schaftsbesitzer den Viehschmuggel nicht für ein entehrendes Vergehen ansehen, diene folgendes Beispiel: Ein wegen eines solchen Falles Verdächtiger meint: „Und wenn der Galgen daneben steht, gepascht wird doch." GoSlar a. Harz, 27. Mai. Ein großer Waldbrand hinter unserem Nammelsberge, am sogen. Jungelsberg rc., wurde um 4 Uhr Nachmittags, nachdem er 7—8 Stunden gewüthet, glücklich gedämpft. Das ganze Jägerbataillon war bald am Orte der Gefahr und arbeitete mit großer Aufopferung; ihren und der Feuerwehren Bemühungen ist das Ersticken des verheerenden Elements zu danken. Es sind dennoch 300 Morgen Waldung der städtischen Forste in Flammen aufgegangen, weshalb der Schaden für uns sehr groß ist. Wie das Feuer entstanden ist noch nicht bekannt, doch kann es sehr leicht aus Unvorsichtigkeit entstanden sein. Vermischtes. * (Abermals ein eclatanter Beitrag zum Capitel der Gerichts kosten.) Der Herausgeber der in Charlottenburg erscheinenden Zeit ung „Neue Zeit" hatte auf eine Polizeiversügung, nach welcher er in eine Strafe von 3 Mark genommen war, Widerspruch erhoben und vom Charlottenburger Amtsgericht eine Freisprechung erzielt. Auf die Seitens der Amtsanwaltschäft eingelegte Berufung ist er vom hiesigen Landgericht II zu 2 Mark Strafe verurtheilt worden. Man wird sich sagen, das ist doch nicht so schlimm. Vor einigen Tagen erhielt er nun die auf einer Correspondenzkarte gedruckte Kostenrechnung über 39 Mk. 90 Pf., in welcher Summe allerdings die 2 Mark Strafe enthalten sind. * Berlin. Ueber einen zweifachen Mord, resp. Mordversuch, welcher Montag Abend in dem Hause Mathienstraße Nr. 3 verübt worden ist, berichtet das „B. T." Folgendes: In dein genannten, durchweg von anständigen Leuten bewohnten Hause betreibt in einer im Parterre gelegenen Wohnung die Wittwe Sommer in Gemein schaft mit ihrem etwas über 20 Jahre alten Sohne einen schwung vollen Handel mit neuen und alten Möbeln. Kurz vor 8 Uhr Abends wurde bei dem auf der andern Seite des Flurs wohnhaften Hauswirth heftig angeläutet und als dieser die Flurthür in Folge dessen öffnete, stand mit blutüberströmten Kopf und Gesicht der Sohn der Wittwe Sommer vor ihm, der nur unverständlich zu stammeln vermochte und dabei auf die Wohnung seiner Mutter wies. Der Hauswirth eilte unverzüglich in diese Wohnung und fand in einer vom Corridor und dem sog. Berliner Zimmer nur zu erreichenden Vorderstube, deren Zugangsthür weit geöffnet war, die Frau Sommer lang ausgestreckt und aus mehreren Wunden am Kops und Gesicht blutend an der Erde liegen. Sie war besinnungslos und röchelte, wie im Todeskampfe. Polizeilich und ärztlich wurde constatirt, daß die Verwundungen durch wuchtig geführte Schlüge mit einein schwe ren stumpfen Instrument, etwa mit einem Hammer, bewirkt worden' waren. Die Verletzungen der Fran Sommer sind leider so schwere, daß sie besinnungslos blieb und wenig Hoffnung auf die Erhaltung ihres Lebens vorhanden war; sie dürfte inzwischen wohl schon den Wunden erlegen sein. Ihr Sohn indeß, ein kräftiger junger Mann, scheint weniger schwer getroffen zu sein, denn er erlangte nach Ver lauf einer halben Stunde seine volle Besinnung wieder, so daß er im Stande war, nähere Angaben über den mörderischen Ueberfall zu machen, der ihm gegolten hatte. Er war nämlich von einem Aus gange zurückgekehrt und hatte, als er den etwas dunkeln Corridor betrat, von einem auf ihn zustürzenden fremden Manne die mörde rischen Streiche empfangen, worauf er sofort umkehrte und in der oben geschilderten Weise die Hilfe seines Hauswirths anrief, während welcher Zeit der Räuber, denn offenbar war es aus einen Raubmord abgesehen, spurlos verschwand. Die Beamten fanden eine Blutspur, welche aus dem Vorderzimmer durch drei andere mit Möbeln und dergl. voll gestellten Räumen bis zur Küche führte, in welcher eine größere Blutlache vorhanden war. An dieser Stelle muß der erste mörderische Angriff auf die noch rüstige Frau unternommen worden