Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnemeMspreiS beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. grrenumvranlio. Anzeiger Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit I" Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 66. Sonnabend, den 5. Juni 1880. 5. Ichrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Es ist ausgefallen, daß Fürst Bismarck an der Galatafel theilnahm, die gelegentlich der Verlobung des Prinzen Wilhelm auf Schloß Babelsberg stattfand. Der Fürst hält sich seit Jahren vom Hofe fern und erscheint nur, wenn er es nicht umgehen kann. Man munkelt abermals von einem Entlassungsgesuch des Reichskanzlers, das er für den Fall stellen wollte, wenn die kirchen- politische Vorlage vom Landtage abgelehnt würde. Eine anders lautende Vermuthung, nämlich daß das Abgeordnetenhaus im Fall der Ablehnung der Vorlage aufgelöst würde, hat offenbar mehr für sich. Indessen glaubt man in Negierungskreisen den Entwurf ohne Schwierigkeit durchzubringen. Der Fürst wird an den Berathungen des Abgeordnetenhauses nicht mehr theilnehmen, denn er gedenkt schon am 12. Juni, wie alljährlich, nach Kissingeu zu gehen. — Der russische Reichskanzler Fürst Gortschakoff, der zur Cur nach Baden- Baden reist, hatte am Dienstag eine Audienz beim Kaiser und beim Fürsten Bismarck. Der Audienz wird ein politischer Charakter nicht beigelegt. Es heißt, Fürst Gortschakoff mache den Eindruck eines völlig zerrütteten Greises, der kaum mehr fähig zu geistigen Ar beiten sei. Oesterreich. Kaiser Franz Joseph befindet sich gegenwärtig auf einer Inspektionsreise durch die böhmischen Garnisonen; man glaubt, daß diese Reise auch politische Zwecke habe; es gilt, die in Böhmen sich äußerst schroff gegenüberstehendenParteien zu versöhnen. — Die sich endlos hinziehenden Sessionen des Abgeordnetenhauses haben in Regieruugskreisen den Gedanken angeregt, die Tagegelder für die Abgeordneten aufzuheben und dieselben durch ein festes Gehalt von 1200 Gulden pr. Jahr zu ersetzen. Man glaubt nämlich, daß ver schiedene Volksvertreter es absichtlich darauf abgesehen, die Verhand- lnngen in die Länge zu ziehen, um mehr Diäten einstreichen zu können. — Die Czechen stellen jetzt eine recht bescheidene Forderung auf: Die Armee soll nach den verschiedenen Völkerschaften zerlegt werden, also in eine deutsch-österreichische, eine czechische, polnische, ungarische, kroatische u. s. w. Dabei würde wohl die Monarchie bald aus dem Leime gehen! Frankreich. Die bonapartistischen Blätter sind am Dienstag, den 1. Juni, dem Todestage des Prinzen Louis Napoleon, mit schwarzem Rande erschienen. — Am 14. d. sollen die neuen Fahnen vertheilt, und damit eine Vereidigung der Truppen verbunden wer den. Die Eidesformel lautet: „Ich schwöre Gehorsam der Verfassung und Treue der Regierung der Republik!" Man erwartet, daß eine größere Anzahl von Offizieren, die der bonapartistischen und legiti- mistischen Partei angehören, den Eid nicht leisten, sondern ihre Ent lassung fordern werden. — Kaum hat in Ungarn ein politisches Duell den Tod des einen Betheiligter. herbeigeführt, so steht in Frankreich ein neues Duell bevor, das ebenfalls einem politischen Scandal seinen Ursprung verdankt. Rochefort beschimpfte in einem veröffentlichteil Briefe den Polizeipräfecten Andrieaur, erklärte ihn für einen Mordgcsellen und behauptete, Andrieux's Schwager, Herr Köchlin, sei ein Mörder, er habe in dem vor einigen Monaten statt gehabten Duell mit Lambert (der getödtet wurde) unehrlich gehan delt. Köchlin hat infolge dessen Nachefort gefordert lind dieser hat das Duell angenommen. Nochefort's Zeugen find Clemenceau und Lockroy. Belgien. Der wegen angeblicher Geisteskrankheit abgesetzte Bischof von Tournay hat ein neues Manifest erlassen, daß in den Städten an den Maliern prangt. Dem Prälaten ist die politische Haltung der katholischen Partei ein Greuel, er wünscht, daß sie niemals mehr sich in die Wahlen mische. Der Schluß seines Mani festes lautet: „Der Priester ist Herr der Kirche, der Bürgermeister Herr auf dem Nathhause. Alle beide sind dem Gesetze gehorsam — das ist die Lösung des gesunden Menschenverstandes, die dem Vater lande Ruhe, Gedeihen, Ehre und Freiheit sichern muß — eine Lösung, die zu den Gefühlen der Duldsamkeit und zu dem Wunsche nach Frieden stimmt." Schließlich sei noch des Gerüchts erwähnt, das der „Etoile Belge" mittheilt. Danach soll der Bischof Dumont aus Villers-Perwin plötzlich verschwunden sein. Ruhland. Wie der „Regierlingsbote" nieldet, wird das Mini sterium des Auswärtigen während der Abwesenheit des Fürsten Gortschakoff von dem Geheimen Rath Giers geleitet werden. Petersburg, S. Juni. Die Kaiserin von Ruhland ist heute gestorben. (Kaiserin Maria Alexandrowna, vorher Auguste Sophie Maria, ist geb. den 8. August 1824, Tochter des am 16. Juni 1848 verstorbenen Großherzog Ludwig II. voll Hessen und dessen Gemahlin Wilhelmine, gest. den 27. Januar 1836, Tochter des verst. Erbprinzen Karl Ludwig von Baden.) Türkei. Aus Konstantinopel kommt abermals eine sensationelle Nachricht. Im Ministerrath schlug Mahmud Nedim Pascha die Be rufung Midhat's und Said's nach Stambul vor. Er sagte, obgleich er stets Midhat's Feind gewesen, glaubte er doch, daß die Situation dessen Anwesenheit und Rath ersordere. Die Thatsache, daß Mahmud dies anrieth, machte den größten Eindruck und sämmtliche Minister billigten den Plan. Sie setzten eine Denkschrift an den Sultan auf, worin sie Midhat's und Said's Nückberusung anriethen. Der Sultan sendete nach der Ueberreichung derselben sofort ein Telegramm, welches Said zurückberief. Nun beginnt die Jntrigue. Der Premier- Minister ging zum Sultan und erklärte, obgleich er die Denkschrift unterschrieb, rathe er dem Sultan doch, den Wunsch des Minister- rathes nicht auszuführen. Der Sultan zerriß die Denkschrift und widerrief Said's Nückberusung. Echt türkisch! Kostales und Sächsisches. Dresden, 2. Juni. Das Programm für den am 17., 18. und 19. Juli d. I. in Dresden stattfindcnden 11. deutschen Feuerwehrtag ist ein vielversprechendes und enthält in seiner vorläufig festgestellten Fassung im Wesentlichen Folgendes: Am Sonnabend den 17. erfolgt die Begrüßung der Ankommenden an Bahnhöfen und Dampfschiffen; früh 9 Uhr erfolgt die Eröffnung der Ausstellung in der vormaligen Cavallerie- und Artilleriekaserne in Neustadt. Um 10 Uhr folgt hier auf die Feuerwehrausschußsitzung. Sonntag den 18. früh findet die Deputirtenversammlung statt; nach Beendigung derselben, und zwar Nachmittags 3 Uhr, setzt der Festzug, welcher ein imposanter sein wird, sich in Bewegung. Für den Begrüßungsabend (Sonnabend) ist das königliche Belvedere in Aussicht genommen; am Sonntag soll im Liuke'schen Bade die Festfeier stattfinden. Die Versammlung der Delegirten erfolgt in Bach's Salon. Montag den 19. früh 6 Uhr sind Spaziergänge auf Umwegen nach dem Großen Garten geplant; um 2—7 Uhr beginnen die Schulübungen im alten Reiterhof, welchen sich die Vorführung der mit Preisen gekrönten Geräthe anschließt. Der Centralausschuß hat in anerkennenswerther Weise beschlossen, daß dem Publikum Alles zugänglich gemacht werden soll, was den Feuerwehrmännern zutheil wird, sowohl die Ausstellungen, Uebnngen rc., als auch die Vergnügungen und zwar durch Lösung von Gast karten, welche für den verhältnißmäßig billigen Preis von 3 Mark per Stück abgegeben werden. Außerdem werden zu den einzelnen Festlichkeiten und Schaustellungen Eintrittskarten zu müßigen Preisen verabfolgt. Dresden. Arif der Pferde-Ausstellung war auch eine Droschke ausgestellt, die einen Control-Apparat enthält zur genauen Erkenn ung, wie lange diese Droschke während eines Tages in Benutzung war und durch wie viel Personen. Der Droschkenbesitzcr zieht früh vor der Abfahrt ein einfaches Uhrwerk auf, welches sich unter dem Rücksitz der Droschke befindet; ein gleiches Uhrwerk befindet sich unter den beiden Vordersitzen. Jedes Uhrwerk besitzt eine Walze, die sich