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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Ps. prssn»n>vra»<t». ÄMiger für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages deS Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit tk> Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderalh, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. ««. Sonnabend, den 22. Mai >88v. 5. Jahrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Der Mißklang, mit dem der deutsche Reichstag geschlossen wurde, hallt noch nach in die am Donnerstag begonnene Nachsession des preußischen Landtages; finden sich doch in ihm alle Parteien und ein großer Theil der Personen des Reichstages wieder. Die bedeutungsvollste Vorlage dieser Nachsession wird der Entwurf wegen der der Negierung zu ertheilenden discretionären Gewalt in der Handhabung der Maigesetze sein. Die Gesetze bleiben bestehen, das die Verhältnisse zwischen Staat und Kirche ordnende Princip bleibt unangetastet, nur die Anwendung der Gesetze soll Härten ver meiden können, um so dein ersehnten Friedensschluß wirksamer vor zuarbeiten. — Die Admiralität beabsichtigt, die Schiffe der ostasiatischen Station, sobald die kriegsdrohenden Verhältnisse zwischen China und Rußland einen ihren Anschein nach ernsteren Charakter annehmen, durch Zusammenziehung der übrigen transoceanischen Stationen zu verstärken. — Cs bestätigt sich, daß große Submissionen auf Eisenbahn material von Seiten der Negierung bevorstehen, da diejenigen Privat bahnen, welche in die Hände des Staates übergegangen sind, an gesichts der damals bereits drohenden Eventualität ihre Neuan schaffungen auf das äußerste Maaß beschränkten. Der Mangel an brauchbarem, fehlerlosem Betriebsmaterial bei gesteigertem Bedarfe der Staatsbahnen läßt umfassende Neuanschaffungen als dringlichst erscheinen. Oesterreich. Während der Pfingstferien des Parlaments ist ein Streit, nicht um des Kaisers Bart, aber um des Kaisers Wohn sitz ausgebrochen/ der eigenthümlicher Weise von dem officiösen Blatte der ungarischen Regierung, dem „Pester Lloyd", begonnen wurde. Die Ungarn MMi die Hälfte zur Civilliste, sie wollen auch den Kaiser für ein halbes Jahr in ihrer Mitte haben. Das letzte Mal aber hat sich der Hof nur sechs Tage in Ungarn aufgehalten und in diese Zeit sielen, wie das genannte Blatt klagt, zahlreiche Audi enzen, Empfänge von Deputationen, Besuche bei Wohlthürigkeitsfesten, in der Schützengesellschaft und auf den Wettrennplatz, Hossoireen und Hofdiners, daneben drei Truppenrevuen und die laufenden Negierungs geschäfte des Kaisers. Die Wiener Offiziösen begegnen dieser Klage mit folgenden Auslassungen: ^Ebenso gut könnten die Czechen fordern, daß der Kaiser als „König Son Böhmen" etliche Wochen in Prag, die Polen könnten von dem Monarchen in seiner Eigenschaft als „König von Galizien und Lodonierien" zeitweise in Krakau und ebenso könnten die übrigen Hauptstädte der vielen Länder Oesterreich- Ungarns die gleiche Vergünstigung fordern. Frankreich. Die Arbeitseinstellungen im Departement zu Nord nehmen einen bedrohlichen Character an. In Roubaix hatten sich mehrere Tausend Männer, Weiber und Kinder auf dem Boulevard de Paris versamnielt und zogen in Schaaren unter Absingung der Marseillaise nnd unter Geschrei und Drohungen durch die Stadt, wo gelärmt und getobt wurde. Die Mairie ward durch Gendarmen und Chasseurs zu Pferde geschützt. Nach Ankunft eines von Lille herbeigerufenen Bataillons wurde ein Cavallerieangriff auf die tobende Menge ausgesührt; die Arbeiter zogen sich zurück, kehrten unter wülhendem Geschrei wieder, und erst um Mitternacht wurden die Massen zerstreut. Eine Anzahl von Fenstern wurde eingeschlagen. Tie Aufregung ist groß; die Behörden trafen Vorsichtsmaßregeln, um einer Wiederholung von Unruhen vorzubeugen. Nach Roubaix wurde ein Bataillon Chasseurs zur Verstärkung geschickt. — Die Kaiserin Eugenie hatte vor ihrer Abreise nach dem Zulu lande der Kirche Notre-Damesdes-Victoires die mit Juwelen reich geschmückte Krone, welche sie bei ihrer Krönung tragen sollte, mit der Bestimmung verehrt, daß sie die Stirn der Muttergottes in dieser Kirche zieren solle. Der Pfarrer der Kirche hat aber dieses Geschenk abgelehnt und die Herzogin von Mouchy, welche es überbracht hatte, ersucht, es der Kaiserin nach ihrer Rückkehr aus Afrika wieder zu zustellen. Belgien. Brüssel, 17. Mai. Seit Luthers Zeiten erlaubte sich noch kein Prälat dem Papste gegenüber, was der wegen an geblicher Geisteskrankheit abgesetzte Bischof von Tuornay, Dumont, in einem Schreiben an ein liberales Blatt sich gegen Papst Leo XIII. herausnimmt. Bischof Dumont beruft sich in seinem Schreiben auf die Gesetze der Natur und will, wie er sich ausdrückt, „Pecci (Familenname des Papstes) vor Gericht belangen", weil derselbe ihn (Dumont) für wahnsinnig ausgiebt. Rußland. Am Dienstag hat in Petersburg der Proceß gegen den bekannten Nihilistenchef vr. Weimar und neun seiner Genoffen begonnen. Weimar, ein hochangesehener Arzt und Inhaber vieler hohen Orden, ist bezichtigt, dem Mörder des Generals Mesenzows das Pferd verschafft zu haben, auf dem jener entfloh; dem Attentäter Solowjeff, ! den er ärztlich behandelte, Gift und eine Pistole gegeben zu haben ' und dem Nihilistenführer Fürsten Krapotkin die Mittel zur Flucht i aus dem Jnquisiten - Spital verschafft zu haben. Jnsgesammt sind ! 141 Zeugen geladen worden, davon 40 von der Vertheidigung. — Die Regierung soll entschlossen sein, in Folge des Beschlusses der Pekinger Negierung, den Gesandten Chunghow enthaupten zu lassen, ihren Geschäftsträger aus Peking abzuberufen und ihre Angehörigen in China unter den Schutz der Vereinigten Staaten zu stellen. Türkei. Nachdem man sich in Konstantinopel bezüglich des allgemeinen und unblutigen Aufstandes in Albanien kurze Zeit mit der einfachen Ableugnung beholfen hatte, kommen jetzt die bestätigen den Nachrichten von den verschiedensten Seiten. Die albanischen Be amten sind nach und nach sämmtlich zu ihren Landsleuten überge treten und diejenigen Führer, die das nicht aus nationaler Begeister ung thaten, thun es um des Vortheils willen, denn in Tust und Hum wird Sold gezahlt, was unter dem türkischen Commando nicht Vorkommen soll. Mukhthar Pascha's Corps, das nie beträchtlich war, ist infolgedessen noch mehr zusammengeschmolzen. Eine große Action der Albanesen gegen Montenegro scheint man im Augenblick nicht zu fürchten; für solch einen Plan war weder der Miridenfürst, noch waren hierfür die Häupter der Liga zu gewinnen. Ali Pascha er klärte, daß er sich auf die Vertheidigung des nationalen Bodens be schränke. Da nun auch die Montenegriner nicht Lust haben, zur j Offensive überzugehen, so wird die Lage der Dinge in der nächsten j Zeit schwerlich eine Aenderung erfahren, die Parteien werden einan der gegenüberstehen, ohne einander zu fassen und ohne eine Entscheid ung herbciznführen. Lokales und Sächsisches. — Das König!. Ministerium des Cultus und öffentlichen Unter richts hat neuerdings verordnet, daß Geldsammlungen in den Schulen fortan nur nach vorgängiger Genehmigung veranstaltet werden dürfen und daß die Entschließung wegen der Genehmigung, welche nur aus besonderen Gründen statthaft ist, für Volksschulen die Schulvorstände (Schulausschüffe), für höhere Schulen (Gymnasien, Realschule, Semi nare), welche nicht Staatsanstalten sind, die geordnete nächste Auf sichtsbehörde zu ertheilen, betreffs der höheren Schulen, welche Staats- anstaltcn sind, aber der Director dieser Anstalten bei der obersten Schulbehörde unmittelbar um Genehmigung nachzusuchen hat. — Sechs Wochen lang, vom 15. d. an, gilt die Schon- und Hegezeit für Schnepfen, Hühner, Auer- Birk- und Hasel-Wild. Wer dergleichen schießt, verfällt bekanntlich in strenge Strafe. Die Jagd auf männliches Edel- und Dammwild, Rehböcke und wilde Enten beginnt am 1. Juli. — Eine für die sächsischen Leinwandweber wichtige Entscheidung hat der Bundesrath getroffen. Er hat dem Reichstagsbeschluß zu gestimmt, daß der Flachszoll nicht eingeführt werde. Damit ver-