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verblieben, als das glückliche Loos von den Mitgliedern der dem Einnehmer gehörigen sehr.bedeutenden Fabrik gespielt wurde. Dagegen ist ein Theil des 2. Hauptgewinnes von 300,000 Mark einem Ber liner Kellner zugefallen. — Der „Pilger aus Sachsen" berichtet in einer seiner letzten Nummern von einer Petition, die von einem Lausitzer Gutsbesitzer an den hohen deutschen Reichstag in Berlin um Wiederaufhebung des Civilstandsgesetzes vor einiger Zeit eingereicht morden ist. Die selbe hatte innerhalb weniger Tage 1254 Unterschriften, darunter von 96 Gemeindevorständen und 135 Gutsbesitzern erhalten. Die Zahl der Unterschriften, bemerkt Referent, würde noch wesentlich ver mehrt worden sein, wenn nicht einzelne Gemeindevorstände zugleich die Namen ihrer sämmtlichen Gemeiudeglieder unterschrieben hätten und wenn man die Petition noch länger und weiter in Circulation gesetzt hätte. Um nur einiges aus der Petition hervorzuheben, so sagt der Verfasser: „Dieselben Wünsche und Bitten, welche tausende achtbarer Männer aus mehreren preußischen Provinzen, von ihrem Gewissen getrieben, in Betreff der bürgerlichen Eheschließung und Führung der Personenstandsregister dem hohen Reichstage bereits in Bittschriften vorgetragen haben, liegen auch uns Bürgern des deut schen Reichs im Königreich Sachsen, und wie wir wissen noch Tausen den unsrer Landsleute am Herzen, deren Unterschriften herbeizuführen bei der Kürze der Zeit nicht mehr möglich war. — Daß die Ein führung der Standesämter und der bürgerlichen Eheschließung für unser engeres Vaterland keine Nothmendigkeit war, haben seiner Zeit zahlreiche Kundgebungen aus allen Landestheilen und Kreisen der Bevölkerung einmttthig ausgesprochen, es ist dies namentlich durch die wiederholten mit Rücksicht auf die Stimmung der Bevölkerung gegen die beabsichtigte Einsührung der Civilehe abgegebenen Erklär ungen und Abstimmung unsrer hohen Staatsregierung im Bundes- rath in gewichtigster Weise bestätigt worden. Die durch das Reichs - gesetz uns aufgedrungene Civilehe erwies sich mich sür unser Volk als im höchsten Grad lästig. Sie verursacht für unsere ohnehin schon schwerbelasteten Gemeinde einen sehr bedeutenden Kostenaufwand, der auf 1,800,000 Mark jährlich berechnet wird. Hierzu kommt der sehr beträchtliche Zeitaufwand, die nach Befinden sehr beschwerlichen, weiten, zeitraubenden, zum Theil mehrmaligen Wege auf die Standes ämter, die umständlichen und weitläufigen büreaukratischen Formen, die Vielschreiberei, was Alles mit der neuen Einrichtung verbunden ist, wodurch gerade den Aermeren unseres Landes, die von ihrer Händearbeit leben müssen, Verlust an Zeit und damit Verlust an Arbeitslohn auferlegt wird. Aber die Sache ist nicht nur kostspielig und lästig, sondern auch schädlich und uachtheilich. Denn die kirchlich und gläubig gesiunteu Mitglieder der christlichen Kirche werden zu Handlungen genöthigt, welche notorisch zur Demüthigung und Ein schränkung der Kirche überhaupt eingeführt sind. Die Nöthigung auch für sie, auf dem Standesamt zu erscheinen, verletzt den Grund satz der Gewissensfreiheit, wie jenen anderen bei Begründung des norddeutschen Bundes und deutschen Reiches wiederholt ausgesprochenen Grundsatz: daß die Regelung der kirchlichen Angelegenheiten den ein zelnen Bundesstaaten'vorbehalten bleiben solle. Besonders schmerz lich fühlen wir es, daß durch die Civilehe, wie es einst der Herr Reichskanzler Fürst Bismarck schon vor 30 Jahren vorhergesagt, unsereGeistlichen zu Schleppenträgern der niederen Büreaukratie herab- gewürdigt wrden. Aber noch mehr beklagen wir den Abgrund von wahr haft heidnischer Unkirchlichkeitund Kirchenfeindschaft, den dasNeichsgesetz vom 6. Febr. 1875 zum Theil wohl nur enthält, zum großen Theile aber hervorgerufen und herbeigeführt hat. Wohl hat dies der hohe Reichstag seiner Zeit weder gewollt, noch auch vorausgesehen, und namentlich hat unser erhabener Kaiser durch den berühmten Kaiserparagraphen jeden Mißbrauch des Reichsgesetzes verboten, wenn auch nicht ver hindern können. Abgesehen von den Dissidenten oder Confessiouslosen find in unserem Sachsen in den letzten 3 Jahren 705 Kinder unge tauft geblieben und 669 Ehen mit Verschmähung der Trauung ge schlossen worden. Wie saumselig sind ferner Planche im Suchen der Taufe und der Trauung; zu wie viele religiös uachtheiligen Mein ungen werden sie doch durch dieses Gesetz verleitet! Welcher Schaden für die Seelen, welche Gefahr sür den Staat, wenn mitten im Vaterlande ein neues Hcideuthum erwächst! Sind doch gerade die Socialdemokraten besonders begeisterte Lobredner der Civilehe und des Standesamtes. Wir würden es daher für die glücklichste Wend ung ansehen, wenn genanntes Neichsgesctz wieder aufgehoben und es den einzelnen Buirdesstaaten überlasten würde, für Dissidenten, Coufessionslose rc., das nöthige anzuordncn." Diels Petition schließt mit dem Gesuche um Aufhebung. . Hat sie zunächst auch noch keinen Erfolg gehabt, so werden wiederholt Petitionen doch endlich nicht ohne Erfolg bleiben, gerade wie der Baum nicht auf den ersten Hieb fällt. Dresden. Die anläßlich der Dresdner Pferdeausstellung von Er. Maj. dem König für das beste in Sachsen gezüchtete Pferd gestiftete Nemontoiruhr ist Glashütter Fabrikat. Die dortige Uhren industrie erfreut sich überhaupt, wie mit Genugthuung zu constatiren ist, immer größerer Werthschätzung. Unter den zahlreichen Geschenken, welche Herrn Buchdruckerei« besitzet' Reichardt in Dresden zu seinem 25jährigen Ehejubiläum überreicht wurde, befand sich auch eine Torte, welche Sr. Majesnn der König durch zwei Dienstleute sandte. Zur Nachfeier findet heute, Sonntag, auf dem Belvedere noch ein solenner Ball statt, zu welchem eine große Zahl distinguirter Persönlichkeiten Einladungen erhalten haben. Leipzig. Vor dem Reichsgericht wird nächstens ein Gegenstand zur Verhandlung kommen, welcher für sämmtliche Photographen Deutschlands und für das gesammte Publikum von weittragender Bedeutung ist. Ein Berliner Photograph, der wider den Willen und wider das Verbot eines Brautpaares, das sich bei ihm hatte photo- graphiren lassen, einen der gewonnenen Abzüge des Bildes in seinem Schaukasten öffentlich aushiug, wurde deshalb wegen Verbreitung dieser Photographie ohne Genehminung des Berechtigten von der Strafkammer zu 100 M. Geldbuße event. 10 Tagcu Haft verur- theilt. Der Vertheidiger des Verurtheilteu, Rechtsanwalt Munkel, wird sich bei diesem Bescheide nicht beruhigen und ein eudgiltiges Erkenntnis; des Reichsgerichts veranlassen. Die dritte Luftschifffahrt, welche von Frau Securius am Sonntag Nachmittag vom Reudnitz-Anger in Leipzig aus unter nommen wurde, hatte abermals (trotz des in Leipzig stattfindenden Wettrennens und trotz des etwas unsicheren Wetters) Tausende von Menschen herbeigclockt. Die Auffahrt ging wieder äußerst präcis von Statten. Die Luft war still, der Himmel bewölkt, uud als der Ballon aufstieg, fiel ein leichter Regen. Die schöne Lnftchifferin streute diesmal bei der Auffahrt Blumen und Photographien unter das Publikum. Als Balast führte sie keine Sandsäcke mit sich, sondern einen kleinen Ballen Papier, bestehend aus kleinen Prospecten des humoristischen Journals „Schalk." Die Luftreise am Sonntag schildert Frau Securius also: Je höher der Ballon stieg, desto stärker begann es zu regnen, und zwar so stark, daß das Regenwasser an der Wandung des Ballons herunter floß und sich in die Gondel ergoß. Die Luftschifferin hüllte sich in ihren Biantel, zudem fand ste es in den oberen Luftschichten sehr kalt, viel kälter als bei ihren beiden letzten Fahrten. Der Ballon stieg bis 2100 Meter. Zn ihrem Schrecken gewahrte Frau Securius, daß der „Neptun" beim Fallen nach einem stark bewaldeten Terrain trieb. Es war dies bei Altenhain (bei Trebsen), welches Dorf von einem Waldesgürtel umgeben liegt. Doch segelte das niedergehende Luftschiff noch glücklich bis zum Dorfe Altenhain, wo es indeß beinahe auf einem Hause niedergefallen wäre. Die Bewohner sahen mit Schrecken den Koloß herniederkommen; aber auch diese Gefahr ging glücklich vorüber. Schließlich durchstrich der Anker ein Kornfeld und haftete dann auf einem Feldwege; der Ballon kam in einem blühenden Napsfelde zur Erde. Die ganze Dorsschaft eilte natürlich herbei, so daß nach nur zweimaligem Aufschlagen der Gondel der Ballon festgehalten und die junge Luftschifferin auf's Land gebracht werden konnte. Leipzig. Am Donnerstag Nachmittag wurde auf dem Dresdener Bahnhofe in Leipzig ein mit dem Döbelner Persouenzuge ankommender Reisender polizeilich verhaftet, als er eben aus dem Wagen ausge stiegen mar, und zwar in Folge eines Steckbriefes, den die königl. Staatsanwaltschaft zu Oschatz wegen Unterschlagung hinter ihm er lassen hatte. Leipzig. In der an der Dresdner Straße in Leipzig gelegenen Schneidemühle, welche zur Zeit verlegt werden soll, verunglückte gestern Nachmittag der Arbeiter Ernst Burkhardt aus Nensellerhausen dadurch, daß er bei'm Auseinandernehmen eines großen Schwung rades von einem Theile ges letzteren an die Wand gedrückt und getödtet wurde. Der Kunstreiterdirector Herr H. Herzog wird Mitte Juni in einem comfortable eingerichteten, auf den» Neustädter Markt in Chemnitz erbauten Circus seine Vorstellungen beginnen. Das „Zw. Wochenbl." schreibt unter Zwlckau, den 29. Mai: Tie Ueberführung des wie gestern gemeldet in Werdau wegen Bet telns in Haft befindlichen Arbeiters Buschbeck von hier wird erst in der nächsten Zeit erfolgen, da derselbe dort vorher einer obschwebeu- den Verhandlung sich zu unterziehen hat. Buschbeck stellt die Ver übung des an Herrn Junghändel begangenen Verbrechens in Ab rede und behauptet, seit mehreren Wochen gar nicht hier gewesen zu sein; anderseits ist er von den betreffenden Personen in Marien thal, die vorgestern mit in Werdau waren, als derjenige recoguoS- cirt worden, der am Morgen knrz nach der That die noch in feinem Besitz befindlichen Stiefeln nebst Pelzmütze gebettelt hat. — In teressant ist, daß der den 29. März aus Sachsenburg, allwo er wegen Diebstahls 2^ Jahr zugebracht uud dreimal bestraft wurde, ent lassene Buschbeck bei seiner Entlassung als gesund und erwerbsfähig, guten Verstand und ziemliche Willenskraft besitzend aber auch als nicht ohne abenteuerliche Neigung nnd auch darum für das Gute noch nicht dauernd gewonnen bezeichnet wird. Die Zeit der Con- frontation mit Herrn Juughändel dürfte, wie mail sagt, obwohl der selbe sich nach Umständen wohl fühlt, noch von ärztlicher Begutacht ung abhäugen. Bereits gestern hatte sich wegen vermeintlicher An kunft Buschbecks auf hiesigem Bahnhofe bei Eintreffen mehrerer Züge eine bedeutende Menschenmenge angesammelt. — Außerdem berichtet aus Werdau das „Werd. W." in Sachen Buschbecks unter dem 28. Mai noch Folgendes: „Am 20. Mai wurde bekanntlich der Besitzer