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Lokales und Sächsisches. — Am 15. d. M. und folgende Tage findet eine abermalige AuSloosung König!. Sachs. Staatspapiere statt, von welcher die 3<>/g landschaftlichen Obligationen vom Jahre 1830, - 40/g Staatsschulden-Cassenscheine - - 1847, - 30/0 dergl. - - - 1855, ingleichen die am I. Juli 1880 mit 6'^ 0/0 Prämienzuschlag zahlbar werdenden 40/0 sächsisch-schlesischen Eisenbahn-Actien betroffen werden. Die Inhaber von den genannten Staatspapieren werden hier auf noch besonders mit dem Hinzufügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und dem Dresdner Anzeiger veröffentlicht, auch bei sümmtlichen Bezirkssteuer-Einnahmen und Gemeindevorständen des Landes zu Jedermanns Einsicht ausgelegt werden. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen ausgeloosten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wieder aufgerufen, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Ausloosungen übersehen. Es können dieselben nicht genug davor ge warnt werden, sich nicht dein Jrrthum hinzugeben, daß, so lange sie Coupons haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Capital ungekündigt set. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung prüsentirten Coupons nicht vornehmen und lösen jeden echten Coupon ein. Da nun aber eine Verzinsung ansgelooster Ka pitale über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle stattfindet, werden die von den Betheiligten in Folge Unkenntniß der Auslös ung zu viel erhobenen Coupons seiner Zeit am Kapitale gekürzt, vor welchem oft empfindlichen Nachtheile sich die Inhaber von Staats- papieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der ge zogenen wie der restirenden Nummern) schützen können. Hiernächst ist die mittels Bekanntmachung des Landtags-Ausschusses zu Ver waltung der Staatsschulden von: 14. September 1878 erfolgte Auf kündigung des gesummten unverwandelt gebliebenen Restes der 50/0 Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Priorit^tsanleihe vom Jahre 1866 I^t. und L angelegentlichst in Erinnerung zu bringen. Die große Zahl der noch nicht zur Rückzahlung gelangten, gekündigten 50/0 Schuldscheine dieser Anleihe rind die fortgesetzte Prüsentirung dazu gehöriger Coupons läßt schließen, daß ein großer Theil der In teressenten die Kündigung gänzlich übersehen hat. Für alle Diese, welche übrigens hiermit zur ungesäumten Abhebung ihrer Kapitale aufgefordert werden, sei ausdrücklich wiederholt, daß alle nicht durch Abstempelung wieder auf 4 0/0 herabgesetzten Schuldscheine der vor genannten Prioritätsanleihe in Folge jener Aufkündigung am 2. Januar 1879 zahlbar geworden sind, daß von diesem Termine ab eine Verzinsung derartiger Kapitale nicht mehr stattfindet, vielmehr die Beträge der auf spätere Termine lautenden, erhobenen Coupons bei der künftigen Abhebung der Kapitale in Abzug kommen werden. Dresden. Nach einem dem „Dresdner Journal" zugegangenen Telegramm hat der Reichstag heute die Summe von 800,000 Mark als erste Rate für den Neubau einer Caserne für das von Meißen nach Dresden zu verlegende königl. sächsische Jägerbataillon Nr. 13 mit 138 gegen 96 Stimmen bewilligt. Chemnitz. Die hiesige Criminalpolizei hat dieser Tage einen guten Fang gemacht. In den letzten Wochen waren in der dortigen Gegend vielfach nächtliche Einbrüche verübt morden, und zwar in mancher Nacht in zivei, drei und vier Gebäuden, ohne daß man hätte der Diebe habhaft werden können. Dabei wurden nicht nur Geld und Kleidungsstücke gestohlen, sondern auch Fleisch, Schinken, Wurst, Brod, Cigarren, Uhren u. dergl., ja sogar in Furth ein lebendes Kalb. Die Trödler und Pfandleiher wurden von diesen Vorfällen in Kenntnis; gesetzt. Am Montag erschienen nnn bei einem Pfand leiher zwei Männer und wollten einen Regulator verpfänden. Der Pfandleiher benachrichtigte die Polizei und diese nahm Beide fest, und bald wurde festgestellt, daß der Regulator von einem in der Nacht zuvor im Gasthof zu Stelzendorf verübten Einbruch herrührte. Bei den weiteren Erörterungen wurden noch sechs, meist schon mehr fach bestrafte Personen festgenommen, die sich alle mehr oder weniger bei den Diebstählen, bez. der Vertreibung der gestohlenen Sachen betheiligt hatten; auch das Kalb mar geschlachtet und von sämmt- lichen gemeinschaftlich verspeist morden, die Knochen hatten dieselben verbrannt. Bergen bei Falkenstein. Voit der hiesigen Gemeinde kommt das ganze kommunliche Besitzthum, mitsammt dem Spritzcnhanse re., Mitte März zur nothwendigen Versteigerung. Es dürfte dies die erste Gemeinde in Sachsen sein, welche in diese fatale Lage geräth. Freiberg, 10. März. Heute Vormittag kurz vor 11 Uhr er folgte durch den K. Staatsanwalt die Jnhaftirung des Bergdir. Wengler. W. wollte für seine Person 60,000 Mark Caution stellen, wenn man ihn auf freiem Fuße lasse, was aber nicht angenommen wurde, da jedenfals dessen Flucht befürchtet wurde. Frankenberg, 10. März. In vergangener Nacht wurde in dem Parterre des Hauses des Bäckermeisters Lauge am Baderberg hier eingebrochen und verschiedene Werthsacheu und Geld gestohlen und es ist heute Mittag der hiesigen Polizei gelungen, den Urheber des Einbruchs in der Person des hiesigen Uhrenhändlers und Musikers Thierfelder ausfindig zu machen. Derselbe ist verhaftet worden, hat die That gestanden und ist auch geständig, den kurz vor Weih nachten im Hause des Hofraths Koch hier ausgeführten Diebstahl begangen zu haben. Geithain. Zur Richtigstellung der Notiz über die Ermittelung des Mörders des Lauterbacher Milchmädchens geht dem „Leipz. Tagebl." von zuverlässiger Seite die Mittheilung zu, daß der dort genannte Schuhmacher Sebastiu aus Lausigk, nur in völlig trunkenem Zustande der That sich gerühmt, bei seiner späteren Vernehmung aber jene durchaus iu Abrede gestellt hat und daß er deshalb und in Mangel aller sonstigen, auf ihn als Thäter hinweisenden Ver dachtsmomente alsbald wieder auf freien Fuß gesetzt worden ist. Mn weiblicher Vampyr. Roman von Th. Scuberlich. (Fortsetzung.) Hellmann's Tod brachte nicht die mindeste Veränderung in den äußeren Verhältnissen feiner Wittwe hervor. Nach wie vor bewohnte Blanka die schönen Räumlichkeiten, nach wie vor gebot sie über reiche Geldmittel und hatte ebenso wie früher eine Schaar Ver ehrer zu ihren Füßen, — ja, die Zahl derer, welche der jungen, schönen Wittwe, der Universalerbin eines, wie man allgemein annahm, fabelhaften Vermögens den Hof machten, steigerte sich bedeutend, doch wurden alle ohne Unterschied mit stolzer Kälte zurückgewiesen. Der einzige, nach außen hin kaum sichtbare Unterschied gegen sonst und jetzt bestand darin, daß nicht mehr Hellmann dem Vankier- geschäfte in den Parterreräumlichkeiten des alten, weitläuftigen Hauses als Chef .vorstand, sondern dessen früherer Prokurist, ein alter Jung geselle, der in dem Rufe eines Sonderlings stand und welcher nach dem Tode Hellmanns, dessen Schwächen er geschont hatte, seine An tipathie gegen Blanka offen zur Schau trug. Leider verbot ihr eine Testamentsklausel, ihrem Feinde Stellung und Wohnung zu kündigen, wie sie auch nach der lctzwilligcn Verfügung ihres Gatten keinen Anspruch auf den Ertrag oder die Kanfsumme hatte, wenn sie ent weder ihre Wohnung verließ und anderweitig vermiethete oder das Haus zu verkaufen beabsichtigte. Frau Hellmann war eben auch hier nur Nutznießerin. Nach ihrem Ableben sollte das Haus einer milden Stiftung zufallen. Mit geringschätziger Kälte ging Frau Hellmann an dem alten Geschäftsführer vorüber. Daß aber unter solchen Verhältnissen Georg's Stellung keine bleibende sein konnte, lag auf der Hand. Schon nach wenigen Wochen trat er mit der wenig überraschenden Meldung vor die Schwester, daß er aus seiner Stellung entlassen, und, wie er halb spöttisch, halb trotzig hinzusügte, nunmehr in der angenehmen Lage sei, den Haushofmeister der gnädigen Frau Schwester abgeben zu können, doch nur so lange, bis er der Gatte der kleinen, scheuen Virginie sein würde. „Weder das Eine noch das Andere wird der Fall sein," ver setzte hierauf kühl Frau Hellmann, während sie gleichmüthig den Roman anfhob, der ihr bei Georg's stürmischem Eintritt vom Schooße geglitten mar. Mit einem Gemisch von Zorn, Hohn und Tücke betrachtete der junge Wüstling seine Schwester, dann entgegnete er drohend: „Hüte Dich, mich zu reizen!" Blanka's Augen flammten trotzig auf. Nasch erhob „sie sich aus ihrer Stellung und erwiderte mit fester, volltönender Stimme: „Genug dieses albernen Gaukelspieles! Einmal muß es klar zwischen uns werden und so sage ich Dir hiermit, daß ich nach Hellmann's Tod Deine lächerlichen Drohungen nicht mehr zu fürchten brauche und daß ich meine Hand ganz von Dir abziehcn werde, sobald Du Dein früheres Benehmen niir gegenüber beibehälst. Meine Geduld ist erschöpft!" „Die meine auch," versetzte Georg lakonisch, während ein hämisches Lächeln über seine verlebten Züge glitt. Frau Hellmann ignorirte diese Worte. Nach einer Pause stillen Nachdenkens fuhr sie wieder fort: „Zwar hast Du es nicht verdient, daß ich Dir Wohlthaten er zeige, und doch will ich es thnn, noch dazu in der ausgiebigsten Weise. Dafür aber verlange ich unbedingten Gehorsam. So höre denn. Du verläßt Europa, gehst nach Amerika und gründest drüben ein Geschäft. Das Bankhaus vou Döring in Newyork wird An weisung von mir erhalten, Dir eine noch näher zu bestimmende Summe auszuzahlen, doch mir unter der Bedingung, daß Du Dich verpflichtest, nie wieder nach Europa zurückzukehren. Ich bin über zeugt, daß Du diesen Vorschlag mit beiden Händen ergreifen wirst." „Das sind wahrhaft romantische Ideen," rief Georg mit rauhem Lachen. „Ich habe meine theure, zärtliche Schwester viel zu lieb, als daß es mir möglich wäre, mich von ihr zu trennen, noch dazu auf Lebenszeit! Doch laß' uns die Sache kurz machen. Biete Alles auf, um Virginie zu bewegen, die Meine zu werden. Dann werde ich nie mehr Deinen Weg kreuzen, deün dann habe ich Alles, was ich wünsche."