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Kokales und Sächsisches. ... TrcSdeil, 26. Januar. Die heutige Sitzung der Zweiten Kammer dauerte nur eine Viertelstunde. Die der Genehmigung der Kammer unterbreiteten 88 49 bis 56 des für die Universität Leipzig neu zu erlassenden Statuts wurde ohne Debatte mit einigen von der Gesetzgebnngsdeputation beantragten Abänderungen und Zusätzen ge nehmigt, ebenso der Regierungsantrag wegen Gehaltsnachzahlung für die richterlichen Beamten und Staatsanwälte von, 1. October v. I. an. Zum Schluß ließ die Kammer eine Petition des Ge meindevorstandes Merbitz und Genoßen in Bohrn bei Berggießhübel nm Gewährung einer Beihülse aus Staatsmitteln ans sich beruben. Rach Erledigung der Tagesordnung erkundigte sich Abg. l'u. Heine über das Schicksal seines Antrags über das Eisenbahntarifwesen und wurde vom Abg. Kirbach, dem Korreferenten über diesen Antrag, dahin beschiedcn, daß die Referenten eine Vorlage für den nächsten Landtag beantragen würden. Dresden. Der Landesausschuß sächsischer Feuerwehren bielt vergangenen Sonntag eine Sitzung in Dresden ab. Von den Ver- Handlungsgegenständen ist besonders zu erwähnen, daß der l l. deutsche Feuerwehrtag Mitte Juli in Dresden abgehalten werden soll, zu welchem Zweck schon jetzt die Benutzung der alten Reiterkaserne in Neustadt gesichert wurde. Die genannte Kaserne ist für die in Aussicht genommene Ausstellung von Feuerlösch- und Rettungsgerathen außer ordentlich geeignet, ebenso für die projectirten wissenschaftlichen Prüf ungen der Ausstellungsgegenstände, wie nicht minder für vorzuneh mende Uebungen. Ferner soll den Theilnehmern am deutschen Feuer wehrtag eine vom Landesausschuß zu bearbeitende Festschrift über reicht werden, welche eine Geschichte des vaterländischen Fenerwehr wesens, desgleichen eine des Landesvereins sächs. Feuerwehren, sowie einen Bericht über den gegenwärtigen Stand des Feuerlöschwesens unter Beifügung statistischer Tabellen enthalten soll. Ricsa. Welch' »»heilsame Folgen oft eine unüberlegte und muth- willige Handlung im Gefolge haben kann, das beweist wieder nach stehender Vorfall, welcher sich am Freitag Nachmittag in einem be nachbarten Dorfe zugetragen hat. Während man daselbst in einem Gute mit der Inbetriebsetzung einer Dreschmaschine beschäftigt war und ein Arbeiter noch am Getriebe zu schaffen hatte, ertönte plötzlich aus dem Nachbargehöfte ein Schuß. Das vor den Göpel bereits gespannte Pferd, dadurch erschreckt und scheu gemacht, setzt plötzlich die Maschine in Bewegung, wodurch der oben erwähnte Arbeiter, Familienvater, einen Bruch beider Beine erlitt. Der betr. Gutsbe sitzer, welcher den Schuß abgcfeuert, hatte in seinem Gehöfte unter die Tauben oder Sperlinge geschossen und war dadurch der Veran lasser des Unglücks gewesen. Grimma, 25. Januar. Am 23. d. M. unternahmen 3 Damen aus hiesiger Stadt mit dem Geschirr des Brauereibesitzers Froberg eine Schlittenpartie, die jedoch in recht bedauerlicher Weise endete. Auf der Rückfahrt wurde das Pferd scheu, ging durch und über rannte einen hiesigen Realschüler, der einige Kontusionen erhielt. Auf der Brückengasse warf dann der Schlitten um, die 3 Damen fammt dem Kutscher wurden herausgeschleudert und trng die eine so bedeutende Verletzungen vom Falle davon, daß sie seitdem krank darnieder liegt. Krippen. In der Nacht zum 22. Januar löste sich in Folge der Wasserstauung von den Schneemassen das Eis oberhalb Hernü- kretschen, so daß die Elbe vollständig mit Eismassen bedeckt und ein Ueberfahren nicht möglich mar. Dabei sind verschiedene Fährschluppen fammt Stegen durch das Eis mit fortgeuommen worden. An den Ufern und selbst auf der Mitte der Elbe stehen große Eisberge, bis 3 Ellen stark und von Grund aus fest. Frankenberg, 26. Jan. Eine überraschende Entdeckung wurde dieser Tage auf unserem Marktplätze bei einer Gemüsehändierin ge macht; in einem Krauthaupte, das einer Sendung afrikanischen Krautes zugehörte, fand sich noch lebend eine große Heuschrecke, vie von dem Custos der reichhaltigen, zoologischen Sammlung unserer Bürgerschulen alsbald als zur Species der berüchtigten Wanderheu schrecke gehörig erkannt und der erwähnten Sammlung einverleibt wurde. Werdau, 25. Jan. Gestern Abend wurde der Weber Ludwig Ferdinand Seiler von hier in seiner Wohnung erhängt ansgesunden. Derselbe steht im 46. Lebensjahre nnd hinterläßt drei Kinder im Alter von 19, 17 und 4 Jahren. Der Gedanke, daß er seine Familie von feiner Händearbeit nicht mehr ernähren könne, hat den Be klagenswertsten seit einigen Wochen in Schwermut!) versetzt. In dieser ist, wie er bei seinen Hinterbliebenen schriftlich hinterlassen hat, die Ursache zu diesem bedauernswerthen Schritte zu suchen. Hohenstein. Der Besitzer des erst im vergangenen Herbste theil- weise neu erbauten Restaurants Windmühle läßt einen Brunnen an legen und kommen dabei Dynamitpatronen zum Gebrauch. Am Freitag nun wollte einer der Arbeiter einige solcher Patronen er wärmen und legte sie ans den Ofen der Gaststube; nach kurzer Zeit fand die Explosion statt und zertrümmerte einen Theil des Hauses vollständig. Leider haben auch 2 Personell nicht unerhebliche Ver letzungen davon getragen, größeres Unheil konnte ungerichtet werden, wenn Gäste zugegen gewesen wären. Auerbach, 25. Januar. Ein beklagenswerther Unglücksfall hat sich vergangenen Freitag in Falkenstein ereignet. Etwa 6 bis 8 jagd lustige Bürger gingen an diesem Tage zu einer größeren Jagd auf die Werdaer Flur, um dort ein Kesseltreiben vorzunestmen. Es ge lang dabei, einen Hirsch aufzujazen, und, um denselben nicht in die nahe Bergner Waldung übergehen zu lassen, wurde ein Pelotonfeuer auf solchen gegeben. Man kann sich den Schreck der Jagdthcilnchmer denken, als anstatt des Hirsches einer der Jäger zusammenstürzte, von einer Kugel in den Unterleib getroffen. Der durch dieses Un glück Betroffene ist der Schnittwaarenhändler C. Bauer, Vater von mehreren Kindern. Bis Sonnabend Nachmittag war die Kugel noch nicht zu entfernen gewesen. Jügersgrün, 26. Januar. Heute Morgen wurde mit dem ersten Zuge der Bahnstreckcnarbeiter August Lange aus Jügersgrün ober halb Jügersgrün überfahren. Demselben sind mehrere Fußzehen und Finger abgefahren worden, auch ist derselbe so stark am Kopfe ver letzt, das; vermuthlich der Tod eintretcn wird. Zittau. Aus Unvorsichtigkeit verschluckte kürzlich ein junges Mädchen eine 'Nähnadel. Dasselbe hatte nach der bei Näherinnen üblichen Manier die Nadel in den Mund genommen. Während dessen wurde im Familienkreis gescherzt und gelacht. Das Mädchen lacht mit, ohne an die im Munde befindliche Nadel zu denken, und ver schluckt dieselbe. Sofort wurden alle erdenklichen Versuche angestellt, um die Nadel wieder zu erlangen, aber vergebens. Dem herbeige- stolten Arzte blieb nur übrig, schleimige Speisen, den Genuß von Oelen rc. zu ordiniren, der Nadel selbst konnte man nicht mehr hab haft werden. Wenn auch der Zustand der Patientin nicht gerade lebensgefährlich ist, so hat die Unvorsichtige doch Schmerzen in hohem Grade auszuhalten. Mn weiblicher Mmmpyr. Noma» von T h. Seubert ich. (Fortsetzung.) Währenddessen schritt der Secretär der Fürsten Mutter, die ehr furchtsvollen Begrüßungen der ihm Begegnenden demüthig erwidernd, dem fürstlichen Schlosse zu, welches, auf einer kleinen Anhöhe gelegen, die Stadt beherrschte und ein ziemlich imposantes Bild bot. Die Dienerschaft ging mit tiefen Verbeugungen an ihm vorüber. In Nachdenken versunken, erstieg der Hofrath die breite mit Teppichen belegte Marmortreppe und wendete sich dann links, den Gemächern der Fürstin Mutter zu. Erst jetzt, wo er sich unbeobachtet wußte, belebten sich seine Züge. „Es erfordert doch wenige Mühe, sich die Kunst einer jungen, gefallsüchtigen Frau zn erwerbe»; ein wenig Schmeichelei, etwas schwärmerischer Augenansschlag, ein tieser Seufzer zur rechten Zeit, — das ist der ganze Zauberapparat, mit dem mau Wunder verrichten kann .... Sie wird, sie muß eine der Unseren werden; dafür will ich sorgen .... Sie ist ohne leibliche Erben und eS wäre doch jammerschade, würde einst das colossale Vermögen deS alten Hell mann zersplittert nnd vergeudet. Wir müssen cs für uuS zu sichern trachten. Ist nur erst einmal über kurz oder laug der alte Hellmann todt, so muß der jungen Wittwe Gelegenheit gegeben werden, ihre Schwächen an den Tag zn legen; sie fürchtet einen Eclat und eG greift mit Freuden die rettende Hand .... Ihr Ehrgeiz kommt uns gut zu Statten .... Ah, und nun auch noch diese kleine Ver wandte, welche so ganz allein steht und die „vielleicht" einst ein Ver mögen erben wird. Da ließen sich zwei Fliegen mit einem Schlage treffen. Ich muß mich doch gelegentlich über den Stand deS Norden'- schen Prozesses zn unterrichten suchen!" Er unterbrach jetzt seinen Gedankeugaug und näherte sich der Thür zum Vorzimmer. Bei seinem Eintritte erhob sich rasch ein Kammerdiener und trat ihm ehrerbietig entgegen. „Ist die Frau Fürstin zn sprechen," fragte der Nath. „Ihre Durchlaucht geruhen soeben das Frühstück cinzunehmen," versetzte der greise Diener mit einer Verbeugung. „Gut, da störe ich am wenigsten," bemerkte Bcrneck. Er näherte sich der Thur zum Boudoir der Fürstin und klopfte dreimal kurz und fchnell an; einer Anmeldung bedurfte der fürstliche Vertraute nicht. -- Das Wohngemach der Fürstin machte einen düsteren Eindruck. Dunkelbraune mit verblichenem Gold gepreßte Ledertapeten, düstere, schwerseidene halbzugezogene Gardinen; ein reich geschnitztes, aber steifes und unbequemes Möblement, im Hintergrund ein Betpult mit rothem Sammetpolster, darüber, als einziger Zimmerschmuck, eine Madonna mit dem Kinde. Alle die verschiedenen Kleinigkeiten, die das Gemach einer Frau sreundlich und gemüthlich machen, fehlten. Und dieses fast kirchenähnliche Zimmer paßte zu der Frau, mit dem einfachen, schwarzen Gewand, das sie seit dem vor Jahren erfolgten Tode ihres Gemahles nicht abgelegt hatte, wie zu den strengen, har ten, fast männlichen Zügen, diesen asketisch blickenden Augen, wie überhaupt der ganzen hohen, äußerst mageren Gestalt. Auf einenl niederen Tabnrett saß nilt einer Stickerei beschäftigt