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Nichtamtlicher Teil. 100, 3. Mai 1910 sellschaft auch vielleicht unseren Ehrengästen willkommen sind. Aber in der Hauptsache möchte ich je;-t der Freude Ausdruck geben und der Dankbarkeit. Es bietet sich ja uns im Börsen verein nur einmal im Jahre die Gelegenheit, uns denjenigen dankbar zu zeigen, die dem deutschen Buchhandel, insbesondere dem Börsenverein, eine so warme Förderung haben zuteil werden lassen. Zur Bekundung der Gefühle, die uns alle be seelen, meine Herren, fordere ich Sie jetzt auf: Erheben Sie sich von den Sitzen und rufen Sie: Unsere Ehrengäste hoch! Herr Kommandierenoer General, General der Artillerie Exzellenz von Kirchbach: Meine hochgeehrten Herren! Gestatten Sie, daß ich dem hochgeehrten Herrn Vorredner zugleich im Namen der übrigen Ehrengäste herzlichen Dank ausspreche für die liebenswürdige Be grüßung, die er die Güte hatte an uns zu richten. Meine Herren, wenn ich heute die Ehre habe, als Vertreter der Armee das Wort zu ergreifen, so ist mir das eine ganz be sondere Freude, weil es mir erwünschte Gelegenheit bietet, Ihnen auszusprechen, daß auch die Armee die Bestrebungen des deutschen Buchhandels mit allergrößtem Interesse verfolgt. Wenn der deutsche Buchhandel in nicht hoch genug anzu erkennender Weise es zu seiner Aufgabe gemacht hat, die in dem Schrifttum niedergelegten Schöpfungen Einzelner den weitesten Kreisen des Volkes zugänglich zu machen und so diese Bildungsmittel in die weitesten Schichten hinaus zutragen, so hat auch die Armee ihren vollen Anteil an den Segnungen dieser Bestrebungen. Denn, meine Herren, auch wir Männer des Schwertes müssen Männer des Studiums sein. Es gilt auch bei uns, nicht bloß das Schwert zu führen, sondern, wollen wir unsere Aufgabe recht er füllen, so können wir es nur, wenn wir fleißig studieren. In dem Sinne, meine Herren, mit dem guten Lern- und Lehr material, das Sie uns zur Verfügung stellen, helfen Sie mit an Ihrem Teil, eine der Lebensbedingungen zu erfüllen, ohne die ein Heer der Jetztzeit nicht bestehen und nicht gedeihen kann. So lassen Sie mich denn, meine hochverehrten Herren, der Hoffnung Ausdruck geben, daß diese Bestrebungen nach wie vor und für alle Zukunft von gleichem Erfolg gekrönt sein mögen, und daß Sie immerdar Mitwirken werden an der Ver vollkommnung, der Erstarkung unserer heimatlichen Wehrkraft. In diesem Sinne, meine Herren, erhebe ich mein Glas und leere es mit dem Rufe: Der deutsche Buchhandel hoch! Herr Oberpostdirettor Dvmizlaff: Meine Herren vom Börsenverein der deutschen Buch händler! Unter denjenigen, die die Ehre hatten, zu Ihnen ein geladen zu werden, gehöre auch ich seit vielen Jahren. Ich bin auch schon öfter gefragt worden: Gefällt es Ihnen bei uns? Selbstverständlich konnte diese Frage nur mit den größten Lobesäußerungen beantwortet werden. Dann kam aber auch an mich die Frage: Warum sagen Sie das nicht einmal? d. h. mit anderen Worten: Warum geben Sie nicht ein mal einen Ton von sich? Meine Herren, gerade um dieses zu be gründen, wollte ich Sie einige Minuten in Anspruch nehmen. Wes halb ich bisher noch nicht gesprochen habe, dazu hatte ich zwei Gründe. Der erste Grund ist der, daß ja gar nichts Neues zu sagen ist (Heiterkeit). Es ist hier schon so viel gesprochen und so viel Gutes gesagt worden, daß wirklich einem schließlich nichts mehr übrig bleibt. Die Buchhändler Deutschlands sind ja die Pfleger von Kunst und Wissenschaft, das ist eine von den Redewendungen, die hier schon wiederholt gefallen sind. Sie fördern die Sittlichkeit — (Heiterkeit). Ich will das andere nicht sagen, das überlasse ich Herrn vr. Ruprecht. Sie sind die wahren Kulturträger der Nation. Sie sind unentbehrlich für die Stadt Leipzig (Heiterkeit), für die Post in Leipzig, für das deutsche Vaterland und für die ganze Welt (Heiterkeit). Meine Herren, das ist Ihnen ja alles bekannt. Deshalb braucht es nicht noch mal gesagt zu werden. Weiter ist uns allen bekannt der immense Reichtum der Buchhändler (allgemeine Heiterkeit). Ja, da höre ich doch einmal eine Zustimmung (Heiterkeit). Wenn ich bisher danach fragte, da hieß es: Oho! dann sagten die Sortimenter: Das sind wir nicht, das sind die Verleger. Und sagte ich das einem Verleger, dann sagte der: Nein, das sind die Kom missionäre (Heiterkeit). So ist das immer; keiner will's sein. Das alte Lied: Lerne klagen, ohne zu leiden (Heiterkeit). Ja, meine Herren, und schließlich, wenn man einmal genau dahin sieht, dann Hausen die Herren Sortimenter, Verleger und Kommissionäre ganz friedlich zusammen in unserem feinsten Viertel in der Karl Tauchnitz-Straße; das ist der beste Beweis. Wollten sie das aber noch ableugnen, dann würde ich sagen: nun, dann wird es später der Vereinsbuchhändler sein; der wird dann auch in der Nähe der Karl Tauchnitz-Straße ein Haus bauen und nach berühmten Mustern oben hinschreiben mit Rücksicht auf die kolossalen Ballen, die er zu vertreiben hat: kckents st bullso! (Heiterkeit). Also, das ist alles be kannt, das hätte ich nicht zu sagen brauchen. Deshalb war eine Rede überflüssig. Es kommt der zweite Grund: Ich bin ein Feind der Reden überhaupt. Denn die Reden sind im allgemeinen vollständig unproduktiv. Ich bin ein Mann der Praxis und habe auf die Groschen zu sehen, und Reden machen kein Porto. Reden ist Silber, meinetwegen; aber Schreiben ist Gold. Sie haben da die Tafel, an der wir zu sitzen die Ehre haben, so hübsch mit den ersten Blüten geschmückt. Ich las vor kurzem, daß im Rheinland diesmal der Frühling so früh eingekehrt sei, die Pfirsichbäume in der schönsten Blüte stünden; da könnte man nun meinen, daß die Gärtner und Baumbesitzer darüber froh gewesen wären; aber sie waren es nicht; sie zogen die Stirn in Falten und sagten: O weh, die Blüten kommen zu früh; die Bienen fehlen, ohne Bienen keine Frucht. Meine Herren, das läßt sich ja nun passend anwenden. Die Blüten, das sind die Geistes blüten derjenigen, die schreiben, der Schriftsteller, und die fleißigen Bienen sind natürlich die Buchhändler, die durch ihren Verkehr eigentlich die Frucht erst zeitigen und dadurch für das allgemeine Wohl sorgen. Wir waren gestern hier in einer Versammlung, da hielt eine der Koryphäen unserer Universität eine sehr schöne Rede und sagte u. a.: Es trifft heutzutage nicht mehr zu, daß der Mensch lediglich dem schnöden Mammon nachjagt, sondern jeder tritt mit seiner Per sönlichkeit für das große Ganze ein. So mag das auch die Biene tun. Sie trägt ja die feinen Blütenteile nicht in der Absicht auf Gewinn in die einzelne Blüte hinein, sie tut das in einem dunklen Drang; aber, meine Herren, sie trägt nach her einen goldhellen Honig mit nach Hause. Gerade so die Buchhändler. Es sind ja nicht immer Pfirsichblüten; das sah ich in diesen Tagen, als ich eine Primel pflückte. Da krabbelte ein armseliges kümmerliches Bienlein heraus, das wohl noch nicht lange ausgekrochen war; aber den Honig sog es doch schon aus der Blüte heraus; es sah vielleicht so aus, wie ein angehender Sortimenter (Heiterkeit). Ja, meine Herren, ohne Blüten auch keine Bienen! Ich will nicht auf die Aus führungen des Herrn Avenarius Bezug nehmen, auf den Urheberschatz und auf die Invalidenversicherung der Schrift steller^ ich will auch nicht daran denken, daß es einmal heißen könnte: Judica, er ist schon da, der Börsenverein der deutschen Schriftsteller (Heiterkeit). Aber, meine Herren, Schriftsteller muß es geben, und ein gutes Einvernehmen ist für Sie und für uns von größtem Wert. Ich wünsche Ihnen also ein Meer von Geistesblüten im deutschen Dichterwald, Blüten von einem gesunden, kräftigen Stamme, und damit eine weitere frucht bringende Tätigkeit der deutschen Buchhändler, zum Nutzen aller und zum Segen der Menschheit. (Anhaltender Beifall.) Herr vr. Erich Ehlermann (Dresden), II. Vorsteher deS Börsenvercins: Meine Herren! Ich bin gewiß, in Ihrer aller Sinn zu sprechen, wenn ich den beiden Herren Vorrednern den wärmsten Dank der Versammlung ausspreche für die freundlichen Worte, die sie dem Börsenvcrein und dem Buchhandel gewidmet haben. Der Börsenverein wird sich aufrichtig bemühen, dieser Worte, die ihm heute gewidmet worden sind, sich auch in Zukunft würdig zu erweisen und die hohe Aufgabe, die ihm zugefallen ist, zu