Volltext Seite (XML)
ältere Gräber — nach den darin gefundenen Gegenständen zu ur- theilen, aus der Zeit der hier seßhaften Urbevölkerung, der Hermun duren — bloßgelegt. Die Begräbnißstätte bildet eine nieitgestreckte, hügelartige Erhöhung. Dem Vernehmen nach sollen aus den ältesten Gräbern auch werthvolle Schmuckstücke aus Edelmetall' an's Tages licht gekommen sein. Möglicher Weise könnten die zahlreichen Skelette der obersten Schicht aus der Zeit herrühren, wo bei der unfern Kölleda gelegenen Rastenburg die Markgrafen Friedrich der Gebissene und Dietzmann die Kaiserlichen überfielen und deren viele erlegten, an den Gefangenen aber, namentlich den Edelleuten, wegen ihrer Mißhandlung des Weibsvolks und besonders der Klosterjungfrauen einen Nacheact ausüben ließen, der eine Wiederholung solcher Bru talitäten ihnen auf Lebenszeit unmöglich machte. Dies geschah im Jahre 1295. Näheres über den interessanten Fund steht zu erwarten. Der im Januar dieses Jahres in Leipzig verhaftete junge Mann, welcher sich für einen preußischen Offizier ausgegeben und dort, sowie vorher in Halle verschiedene Schwindeleien verübt hatte, ist am Sonnabend von dem Leipziger Schöffengericht unter Annahme mildernder Umstände zu 8 Monaten Gefängniß verurtheilt worden (unter Anrechnung von 1 Monat Untersuchungshaft). Der erst 18 Jahre alte Verurtheilte heißt Arthur Wilhelm Haan aus Nensalza und ist der Sohn eines früheren Steuerbeamten, der gleichfalls wegen Schwindeleien und Betrügereien mit den Kriminalbehörden wiederholt in Konflikt gekommen ist und dermalen eine Zuchthausstrafe in Wald heim verbüßt. Leisnig. Am 6. März stürzte der bei einem Gutsbesitzer in Altenhof dienende Kutscher Keller, während er mit Herabwerfen von Stroh beschäftigt war, vom Balken der Scheuer in einer Höhe von elf Metern auf das darunter liegende Kellergewölbe herab und zog sich dadurch so schwere Veletzungen zu, daß er nach wenig Stunden verstarb. Freiberg. Der Landesansschuß der sächsischen Feuerwehren hatte am 9. März hier eine Sitzung zu dem Zwecke, um mit den Vertretern der Stadt Freiberg die wegen des im Laufe des Jahres hier stattfindenden sächsischen Feuerwehrtages nöthigen Arrangements zu vereinbaren. Der Feuerwehrtag soll vom 9. bis 11. August ab gehalten werden und es wird ^amit wieder eine größere Ausstellung von Requisiten des Feuerlöschwesens verbunden sein. Buchholz. Am vergangenen Sonnabend hielten sich 2 Knaben, Söhne des Böttchers Lötsch und des Hutmachers Schubert, in den Abendstunden in einen: in dem Hoke des Ersteren errichteten Schnee tunnel auf. Durch das eingetretene Thauwetter hatten sich die Schneemassen erweicht, der Tunnel brach zusammen und begrub die Kinder im Schnee. Beim Ausgrabm fand man den etwa zwölf jährigen Lötsch todt und dem Schubert hatte die Last beide Beine gebrochen. Wolkenstein, 10. März. Durch Entgleisung der Maschine zwischen Station Annaberg und Schönfeld verspätete sich der heutige erste Zug aus Annaberg 6,2g früh um fünfviertel Stunde. Bei Beförder ung der entgleisten Maschine behufs der Reparatur nach Chemnitz entgleiste dieselbe abermals in der Nähe von Wolkenstein (bei Oberau), in Folge dessen der zweite Zug aus Annaberg 9 Uhr Vorn:, einen längeren Aufenthalt in Wiesenbad erlitt. Lötznitz, 10. März. In vergangener Woche hatte die Schneiders- wittwe Wötzel von hier das Unglück, auf der Hospitalstraße von einem sehr schnell fahrenden Schlittengeschirr aus Kühnhaide bei Zwönitz überfahren zu werden. Die Bedauernswerthe hat so bedeutende Verletzungen erlitten, daß an ihren: Aufkommen gezweifelt wird. Auerbach. Hierselbst wurde angesichts der brennenden gewerb liche:: Fragen, an Stelle des seit Jahren schlafen gegangen Hand werkervereins, soeben ein Gewerbeverein in das Leben gernfen. Im Barmherzigkeitsstift zu Karncnz starb am 6. ds. Bits, nach schweren Leiden ein 2jähriges Kind aus Straßgrübchen. Das Kind hatte die Petroleumlampe vom Tisch gerissen und dabei den brennen den Inhalt über sich gegossen. Dieser Tage stürzte die Hintere Hälfte des Höhle'schen Wohn hauses in Hartmannsdorf bei Borna, in welchem sich auch der Knh- stall befand, plötzlich zusammen und zwar in Folge der außerordent lichen Schneelasten, welche die Wellerwände widerstandslos gemacht hatten. Kurz vor der Katastrophe hatte die Frau des Besitzers den Stall verlassen: aber auch von dem Viehbestand ist glücklicher Weise kein Stück beschädigt worden. Waldenburg. Die diesjährigen schriftlichen, mündliche,: und musikalischen Aufnahmeprüfungen im hiesigen Lehrerseminare haben am 6. und 7. d. M. stattgefunden, lieber 60 Knaben waren ange meldet, die sich den Lehrerberuf zur Lebensfrage gestellt hatten. Eine Reihe fernerer Anmeldungen, welche nach Ablauf des hierzu festge stellten Termins noch eingegangen waren, sind dabei unberücksichtigt geblieben. Zu den Prüfungen gelangten 53, von denen nur ca. 24 Aufnahme finden können. Die Examina der Abiturienten haben im schriftlichen bereits am 3. d. M. begonnen, die mündlichen sollen in der Zeit vom 24. bis 28. März und am 29. d. M. die Entlassung der Kandidaten stattfinden. Die Anzahl der Letzteren beträgt unge fähr 18; die Gesammtzahl des neuen Schülercötus wird sich von nächsten Ostern ab auf mindestens 140 belaufen. Halle. Am 5. März ereignete sich in dem Fabrikdorfe Merbitz am Fuße des St. Petersberges ein schwerer Unglücksfall. Ein Stall des dortigen Rittergutsgehöftes brach nämlich zum größten Theil in sich zusammen, wie verlautet, weil große Zuckermassen ans der dortigen v. Krosigk'schen Rübenzuckerfabrik auf dem Boden ausgestapelt waren. Nicht allein der Verlust an Zucker (die verschüttete Menge soll über 10,000 Centner betragen), sondern auch der an Rindvieh, das unter den Zuckerböden stand, soll bedeutend sein. Zwölf Thiere sollen von den Trümmern erschlagen worden sein. Wittenberg. An einer oberhalb der Eisenbahnbrücke gelegenen Stelle des Elbbettes wird ein Heraufquellen von Wasser bemerkbar, welches einen schwach salzigen Geschmack und an der Oberfläche eine Temperatur von -s- 180 R. hat. Die Erscheinung wird gegenwärtig näher untersucht. Mne Tochter Hamburgs. Roman aus der Franzosenzeit von I. Steinmann. kFortsetzung.) Hella trug wie immer ihr schwarzes Gewand, hoch bis an den schneeweißen Hals hinaufreichend. Der Wind und der schnelle Gang hatten die Wangen rothgefürbt und die Augen glänzten in feuchtem Schimmer. Das goldige Haar hing nicht mehr lose und wellig im Nacken, sondern war in zwei schweren Flechten um den Kopf ge schlungen. Sieh sah dadurch etwas älter und ernster aus, aber man hätte gewiß nicht sagen können, daß es sie weniger vortheilhaft kleidete. Als Hella in das kleine Wohnzimmer der Frau vom Hause trat, wurde sie auf das Freundlichste empfangen. Frau Wollnow machte dein jungen Mädchen Vorwürfe, daß sie in letzterer Zeit ihre Arbeit immer habe bringen lassen, und daß man zuletzt sogar ganz ihre Spur verloren habe. „Verzeihen Sie mir," entgegnete Hella mit leichtem, lieblichem Erröthen, „ich stehe so allein in der Welt, nnd obgleich ich nicht furchtsam bür, so kann ich in diesem Falle doch nicht umhin, zu ge stehen, daß ich die Straßei: und öffentlichen Plätze in dieser unruh- vollen Zeit lieber meide." „Sie haben Recht, mein Kind," sagte Frau Wollnom mit einem schweren Seufzer, während ein Schattei: über ihr edles, bleiches Ge sicht flog, „die Straße ist wahrlich kein Aufenthalt für junge, und," fügte sie mit einen: halben Lächeln hinzu, „hübsche Mädchen. Gott prüft uns schwer — er allein kann wissen, wann dem elenden Thuir und Treiben ein Ziel gesteckt wird." Sie seufzte noch einmal tief auf und lehnte sich dann mit ge schlossenen Augen iir die Kissen zurück. Hella wagte nicht, die ein getretene Pause zu unterbrechen, aber sie dachte darüber nach, was wohl diese reiche vielbeneidete Frau so bleich und aussehend glücklich machte. Ja, sie hatte eine Tochter verloren, ein schönes, liebens- werthes Mädchen, aber ihr war doch noch ein Sohn geblieben, ein Sohn, welcher der Stolz und das Glück seiner Eltern sein mußte. Frau Wolluow erinnerte sich aber bald wieder ihres Besuches. Schon nach wenigen Minuten richtete sie sich auf. „Setzen Sie sich, mein Kind," sagte sie freundlich, auf einen Stuhl in ihrer uninittelbaren Nähe deutend. „Sie wissen schon, was mich wünschen ließ, Sie zu sprechen. Die Altardecke, welche ange fangen, ist noch immer nicht beendet — meine Kopfschmerze!: lassen mich so wenig zu der Arbeit kommen und ich möchte sie doch nun in einige,: Wochen fertig gestellt sehen. Nicht wahr, Sie erzeigen nur den Gefallen? Sie mache,: es möglich, die Arbeit bis dahin zu vollenden?" „Gewiß, Sie können auf „sich rechnen." „Sie befreien mich von einer großen Sorge, Kind, und ich bin Ihnen von Herzen dankbar dafür," sagte Frau Wollnow. „Ich werde sofort die Decke herholen. Wollen Sie sie gleich mitnehmen, oder soll ich sie Ihnen zuschicken?" „Nein — ich werde sie mitnehmen," sagte Hella mit einer ge wissen Hast; lag ihr doch vor allen Dingen daran, Niemanden wissen zu lassen, wo sie sich aufhielt. „Tamnverzeiheu Sie nur einen Angenblick, ich werde sogleich wieder hier sein. Mit diesen Worten hatte Frau Wollnow das Gemach verlassen und Hella war allein. Sie fühlte sich beklommen und geängstigt und wünschte nichts sehnlicher, als erst wieder daheim zu sein. Sie war so sehr daran gewöhnt, allein und einsam zu bleiben, daß ein freundliches Wort ihr wehe that, — erinnerte ein solches sie doch daran, wie verlassen sie war. In demselben Augenblick wurde eine Seitenthür geöffnet und Hella, in der Bieinung, Frau Wollnow wieder eintreten zu sehen, wandte ihre Augen dahin, woher das Geräusch gekommen war. Aber wie gebannt, blieben ihre Blicke haften, mährend auch die letzte Spur von Farbe aus ihrem Gesichte schwand und ein leiser Schrei ihren Lippen entschlüpfte. Der Eingetretene war nicht minder überrascht und erstaunt, in dem Gemache seiner Mutter eine Fremde zu sehen. Eine Fremde! Waren sie ihn: denn fremd, diese Hellen Augen, die feinen Gesichts züge, jenes blonde Haar mit dem goldigen Schimmer? Wo hatte er diescs schöne Mädchen schon gesehen? Wo war sie ihm begegnet?