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des Döbelner Vereins ihre Mitgliedschaft und damit ihre Stamman theile gekiindigt. Unter diesen Umständen hat der Aufsichtsrath auf den 21. d. M. eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, in welcher derselbe den Antrag auf Liquidation des Vereins stellen wird. Gleichzeitig wird derselbe aber die Gründung einer Aktiengesellschaft, resp. die Umwandlung, des jetzigen, auf solidarischer Haft beruhenden Vereins in einen Aktienvorschußverein vorschlagen. Schlettau, 19. Novbr. In das Dunkel der hier immer mehr mn sich greifenden Geschäftslosigkeit ist insofern ein Lichtblick gefallen, als gestern ein Achtel des großen Looses nach dem benachbarten Walthersdors kam. Der glückliche Gewinner ist ein armer Schuhmacher, der sich mit noch zivci anderen Personen in die Summe theilt. Am Abend des 19. entstand in Erdmannsdorf in dem zum Rittergut des Herrn Finanzministers von Könneritz gehörigen Schaf stallgebäude, in welchem größere Vorräthe an Hell, Stroh lind Kar toffeln nntergcbracht waren, jedenfalls.durch ruchlose Hand angelegt, ein Schadenfeuer. Das Gebäude brannte bis auf die Umfassungs mauern nieder und wurden sümmtliche darin befindlichen Vorräthe ein Raub der Flammen, während die angrenzenden Gebäude in Folge des energischen Eingreifens der dortigen und auswärtigen Feuer wehren verschont blieben, es auch gelang, den großen Rindviehbe stand ans dem sehr bedrohten Stallgebäude zu entfernen. Der Herr Finanzminister, welcher auf eine telegraphische Nachricht, Nachts 12 Uhr von Dresden auf dein Brandplatz anlangte, sprach sich sehr an erkennend über die mit großer Umsicht geleiteten und geschickt durch geführten Löscharbeiteu aus, und ist es auch iu der Dhat dem so fortigen, fachkundigen Eingreifen der Erdmannsdorfer Feuerwehr zu danken, daß das Feuer nicht eine größere Ausdehnung gewonnen hat. Aus der Oberförsterei Wermsdorf wird berichtet, daß bei deu in der diesjährigen Saison vom Jagdschloß Wermsdorf aus abge haltenen Hofjagden an Wildpret erlegt worden sind: 1 Stück Roth wild, 75 Rehböcke, 44 Rehe, 413 Hasen, 27 Kaninchen, 24 Füchse, 6 Fasanen, 3 Schnepfen, 3 Rebhühner, 1 Raubvogel; davon erlegte Se. Maj. der König: 1 Stück Rothwild, 24 Rehbücke, 11 Ziehe, 61 Hasen, 3 Kaninchen, 1 Fasan, 1 Schnepfe und 1 Rebhuhn. UleLa oder Auf dunklen Wegen. Roman von Ed. Wagner. (Fortsetzung.) 28. Kapitel. Betons ch t. Alexa erschien bei Tische ohne jede Spur von Aufregung ans ihrem edlen Antlitz. Ihre Ruhe und Selbnbehcrrschung gewannen den Beifall der Lady Wolga, welche selbst niemals vor der Gesellschaft zeigte, was sie empfand. Nach Tisch wurde ein Tänzchen arrangirt, und Alexa spielte auf dem Klavier dazu; daun folgten andere Unterhaltungen und Alexa war frei. Sie stahl sich an einen Fensterplatz und sah, halb von der Gardine verborgen, mit Interesse auf die lebhafte Scene. Das Feuer in den beiden Kaminen, das milde Licht der Kron leuchter, die kostbaren Kleider der Damen, dies Alles hatte einen besonderen Reiz für Alexa, denn es widerstritt so gänzlich ihrem einfachen Leben in Griechenland. Vorzugsweise aber ruhten ihre Blicke auf Lady Wolga, und sie betrachtete dieselbe Halo mit Ver ehrung und Liebe, halb mit einem Gefühl von Eifersucht, weil sie die baldige Verlobung mit dem Marquis von Montheron vermuthete. „Wie kann sie meinen Vater vergessen, selbst wenn sie ihn todt glaubt?" dachte sie. „Doch wie schön sie ist!" Lady Markham näherte sich dem Mädchen mit gewinnendem Lächeln auf ihren, Antlitz, doch mit einem Herzen voll Neid und Mißgunst. Ihr ursprüngliches Mißfallen an Alexa hatte sich bereits in bittern Haß verwandelt, der mit jeder Stunde wuchs. „Lady Wolga's Neigung zu diesem Mädchen ist unbegreiflich!" dachte sie- „Sie ist zweifellos eine Abenteuerin, und ich hoffe, es beweisen zu können. Wie ist es möglich, daß eine Dame, welche die stolzeste Frau in England genannt wird, daß Lady Wolga sich für ein Mädchen interessiren kann, von dem Niemand weiß, wer sie ist und woher sie kommt, deren Vergangenheit in ein geheimnißvolles Dunkel gehüllt ist? Dieses Mädchen ist zu irgend einem Zweck in diesem Hause. Aber ich will sie entlarven!" Sie rückte einen Stuhl neben Alexa nnd setzte sich darauf. „Sie sitzen hier sehr einsam, Miß Strange sagte sie. „Weßhalb besehen Sie nicht ein Album oder gesellen sich zu den Andern?" „Ich sehe lieber zu," erwiderte" Alexa offen. „Es ist mir Alles so neu iu England, daß es mir mehr Vergnügen macht, zuzusehen, als mich selbst an den Belustigungen zu betheiligen." „Aber das Zusehen hat den Anschein des Beobachtens, der Spionage!" sagte Lady Markham trocken. Des Mädchens Gesicht erröthete. „Ich kann nicht denken, daß ich so falsch bcurtheilt werden sollte," erwiderte sie mit Entrüstung. „Ist es eine falsche Beurtheiluna?" fragte Lady Markham schonungslos. „Lassen Sie hören, Miß Strange: was sollen wir denken von einer jungen Dame, welche keine Verwandte in England hat und doch in England geboren ist? Was sollen mir denken von einer jungen Dame, deren Vater ihr erlaubt, von Griechenland nach England zu reisen ohne Begleitung, und der es ihr überläßt, sich selbst eine Stelle zu suchen? Ich halte nur etwas von einem jungen Mädchen, dessen Vergangenheit ganz bekannt ist, um welches kein Schatten von Geheimniß schwebt." „Lady Wolga ist mit der über mich eingezogenen Erkundigung zufrieden," sagte Alexa stolz. ,.AH, Lady Wolga ist zu vertrauensvoll und arglos, und deß halb geziemt es Denen, die ihr zugethan sind, ihre Interessen zu vertreten. Ich glaube nicht, daß Sie sind, was Sie zu sein scheinen, Miß Strange." „Mylady!" „O, Sie mögen entrüstet sein, aber ich glaube doch, daß Sie nur hier sind, um Ihre eigenen geheimen Zwecke zu verfolgen. Seien Sie gewarnt, Miß Strange. Lady Wolga hat Freunde, die über sie wachen, und wenn Sie ihr Schaden zuzufügen gedenken, werden Sie sich nur selbst Unannehmlichkeiten zuziehen." Alexa warf ihren Kopf stolz zurück. Hätte Lady Markham Alexa's wirklichen Namen gewußt, würde sich ihre Bosheit augenblicklich in die tiefste Demuth verwandelt haben; so aber lächelte sie über deren Entrüstung. „Ich werde Ihre Beleidigungen Lady Wolga mittheilen," sagte Alexa kalt. „Thun Sie das, nnd zeigen Sie sich selbst als das verrätherische Wesen, für welches ich Sie halte!" riet Lady Markham mit unver hohlenem Acrger. „Sie werden finden, daß ich eine alte nnd ver traute Freundin der Lady Wolga bin und daß eine Fremde keinen genügenden Einfluß besitzen wird, um sie mir abwendig zu machen. Sagen Sie es ihr nnd sehen Sie, was dann geschehen wird." Alexa erwiderte nichts. Sie erkannte, daß sie, eine Fremde in diesem Hause, die Beleidigungen der Lady Markham nicht Lady Wolga mittheilen konnte. Vielleicht konnten ihre Angaben bezweifelt werden, vielleicht würde sie entlassen werden, wenn sie Klage erhob; dann schien ihr auch die Sache zu unbedeutend. Es blieb ihr nichts übrig, als gute Miene znm bösen Spiel zu machen. „Wenigstens bin ich nicht gezwungen, Sie ferner anzuhören, Lady Markham," sagte sie. „Ich bitte mich zu entschuldigen." Sie erhob sich, schritt durch den Saal und trat in die Halle. Die Hausthür stand offen, und das Brausen der gegen die Felsen fchlaaenden Wellen drang an ihr Ohr. Sie zögerte einen Augenblick, dann eilte sie hinauf in ihr Zimmer, nahm einen Shawl, huschte danu wieder die Treppe hinab nnd ging hinaus in's Freie. Es wehte ein ranher Wind. Alexa wickelte sich fest in den Shawl und schritt den Klippen zu, wo sie sich im Schutze eines hohen Felsens niedersetzte und dem Getöse des Anpralls der Wellen an dem zerklüfteten Felsenufer lauschte. „Ich habe eine Feindin im Hause," dachte sie. „Es ist gut, daß Mrs. Jngestre nur eine zeitweilige Heimath zu Montheron an geboten hat, denn wahrscheinlich werde ich Clyffebourne bald verlassen müssen. Aber was kann ich gethan haben, um mir den Haß der Lady Markham zuznziehen?" Der Himmel war mit Wolken bedeckt. Tiefe Dunkelheit umgab die Felsen, aber die weißen Schaumhäupter der Wellen nnter ihnen waren sichtbar. Offenbar war ein Sturm im Anzuge. Alexa hüllte sich noch fester in ihren Shawl und zog sich in eine in den Felsen gehauene Vertiefung zurück, um vor dem Wind geschützt zu sein. In demselben Augenblick wurden nahende Schritte und Stimmen hörbar. Alexa erschrak, blickte aus ihrem Versteck hervor und sah einen Mann und eine Frau Arm in Arm sich dem Felsen näheru, hinter welchem sie sich befand Sie waren nur noch einige Schritte von ihr entfernt. Alexa zog sich ganz in die Höhle zurück. Sie dachte, es seien Gäbe des Hauses und würden an ihr vorübergehen, ohne sie zu be merken. Aber bei den ersten ihr vernäudlichen Worten des Mannes wurde ihre Aufmerksamkeit erregt und sie zum Horchen gezwungen. (Fortsetzung folgt.) Ncrmischtes. * Düstere Gerüchte, welche in Kaiserslautern das allgemeine Tagesgespräch bilden, dürften, wenn solche sich bestätigen, nicht ge ringe Sensation weit und breit erregen. Sollen doch Personen aus genanntem Orte damit verknüpft sein, die sowohl im Handels- wie im gesellschaftlichen Verkehr sehr beliebt waren. Man erzählt sich, daß in den Jahren 1870 bis 1871 in Frankreich ein Raubmord be gangen worden und man dem Verbrecher in Kaiserslautern auf die Spur gekommen sei. Die Entdeckung hätte, wie das Nordpfälzische Wochenblatt erfahren haben will, der Versuch von Seiten der Inhaber der Papiere herbeigeführt, solche in Frankreich zu verkaufen. Tie französische Geheimpolizei habe davon Kenntnis; erhalten und die Spur von zwei Dctektives verfolgen lassen, welche auch noch einen bedeutende» Werth in denselben Papieren bei einem Finanzier in