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Auerbach. Am vergangenen Montag Abend ist die Vogelge- sang'sche Spinnerei in Rodewisch vollständig niedergebrannt. Geising. In Löwenhain waren im Laufe vergangener Woche von 69 Schulkindern 47 an den Masern erkrankt. In Kamenz hat sich am 20. d. M. der 13jährige Schulknabe Karl Emil Golde erhängt. Der Grund zu dieser That ist nicht bekannt. In Sachen des Defizits der Sebnitzer Sparkasse berichtet das „Grenzblatt" Folgendes: Die Anfang der 70er Jahre von dem da maligen Gerichtsamtsrendanten Weichold vorgenommene Revision der städtischen Sparkasse hatte bereits große Unregelmäßigkeiten im Ge bühren mit dein Gelde der Sparkasse an den Tag gebracht und eine Schädigung derselben um circa 2400 Mark herausgestellt, für welche der Sparkassenkassirer Reinhardt, der sich mit der Stadt einigte, bis zur Höhe von circa 50 Prozent Ersatz leistete. Die jedes Jahr an die Kreisdirektion zu gebenden Jahresübersichten über die Bewegungen der Sparkasse waren nicht eingereicht worden, weßhalb vo» genannter Behörde Erinnerungen mit Strafverfügungen erlassen wurden. Mit stillschweigender Genehmigung des Registrators unterschlug Reinhardt diese Schriftstücke. Die Folge davon war, daß die Kreisdirektion einen Spezialkommissar zur Untersuchung des Sachverhaltes nach Sebnitz sandte und auf Grund der durch diese Untersuchung klargelegten Ver gehen die Entlassung Reinhardt's aus den städtischen Diensten ver fügte. Entgegen dieser Verfügung und trotz der gemachten Erfahr ungen haben sich damals die städtischen Kollegien, Stadtrnth und Stadtverordnete, bis auf eine kleine Minorität für die Beibehaltung Reinhardt's entschieden. Dieselbe Duldsamkeit, die bis dahin stattge funden hatte, wurde ferner ausgeübt, und die Frucht davon ist ein Defizit von 27,140 Mark. Erst mit dem Amtsantritt des Herrn Bürgermeister Blume, der mit ganzer Energie gegen die seitherige Geschäftsführung ankämpfte, wurde Ordnung in die Kassenverhältnisse der Sparkasse gebracht. Irgend welcher Verlust kann den Spareinlegern durch das Defizit uicht erwachsen, denn für die Spareinlagen haftet die Stadt mit ihren: gesammten Besitzthum. Döbeln, 21. Novbr. Von dem großen Loos ist diesmal ein Viertel in die hiesige Gegend gefallen. Ein Achtel gewann ein Dienst knecht in den: benachbarten Dorf Technitz. Derselbe hatte kurz zuvor das Unglück gehabt, von einen: Pferde mit den: Huf unter das Kinn geschlagen zu werden. In der Hitze des Wundfiebers hatte er sich den Verband losgerissen, sodaß derselbe von Neuem hergestellt werden mußte. Hoffentlich wird die Freude über das unverhoffte Glück zu seiner baldigen Heilung wesentlich beigetragen. Das andere Achtel gewann ein Geschäftsmann in den: benachbarten Dorfe Großbauchlitz. Aus Gera schreibt das dortige „Tageblatt": „Vein: Einkauf von Hasen dürste sich nach der schlimmen Erfahrung, welche Ende voriger Woche eine hiesige Hausfrau dabei gemacht, einige Vorsicht empfehlen. Dieselbe hatte eine:: ziemlich schweren Hasen von einer Marktfrau gekauft, der bei genauerer Untersuchung keinen Schuß auf wies. Wohl aber sah die eine Seite viel dunkler als die andere aus. Das Thier war vergiftet gefallen. Solche Fälle können sich wiederholen, da die zum Zwecke der Mäusevertilgung angeordnete Vergiftung nicht allenthalben mittelst Phosphorpillen, sondern hie und da mit einem Brei von Weizenmehl oder Gries mit Giftzusatz (Arsenik) bewirkt worden ist, dem auch Hasen und andere Thiere zum Opfer gefallen sind. Die polizeilichen Recherchen nach der Verkäuferin des erwähnten Hasen haben zu keiuem Ergebnis; geführt, da dieselbe falsche Angaben über ihren Wohnort gemacht zu haben scheint". Wir theilen Dies zur Warnung, aber auch als drastische Illustration dazu mit, welche Gefahren selbst für Menschen das Vergiften der Feldmäuse bringt. U l' e X a oder Auf dunklen Wegen. Roman von Ed. Wagner. (Fortsetzung.) Das Pärchen waren Pierre Renard und Felice, Lady Wolga's Kammermädchen, und sie sprachen über Alexa. Pierre Renard war von Montheron herübergeritten, um Felice zu besuchen, mit der er schon lange ein Liebesverhältnis unterhielt. Er hatte seine Geliebte zu einem Spaziergang eingeladen, was diese auch angenommen. Was ihn heute hierhergeführt, war vorzugsweise, etwas Näheres über Alexa m erfahren. „Wer iü diese neue Gesellschafterin der Lady Wolga?" fragte er mit gezwungener Gleichgültigkeit. „Wer ist diese Mademoiselle Strange?" „Sie ist eine junge Dame aus einem fremden Lande," erwiderte Felice. „Wo haü Du sie gesehen?" „Gestern Abend im Schlosse. Sie hat das Aussehen einer jungen Fürüin. Ist sie nicht eine Verwandte von Mylady?" „O nein. Sie ist Mylady's Gesellschafterin, nichts mehr. Aber wenn Du sie gesehen hast, Pierre, dann kannst Du sagen, Du hast die schön»e Dame in ganz England gesehen —" „Und eine, die den Herons von Mont Heron so ähnlich sieht, daß sie wirklich von ihnen abstammen könnte; sie sieht auch Lady Wolga ähnlich. Es ist ein ganz sonderbares Zusammentreffen. Hast Du die Aehnlichkeit nickt bemerkt?" „Auf den ersten Blick, und ebenso bemerkte Mylady dieselbe." „Ich sollte denken, Du würdest eifersüchtig auf diesen neuen Ankömmling sein, Felice." „Ich! Weßhalb? Mylady hält viel von mir, Pierre; aber ich bin keine Gesellschafterin für sie. Ich besitze zu wenig Bildung, als daß ich sie durch meine Unterhaltung interessiren könnte. Es ist Platz sowohl für Miß Strange, wie für mich, und wenn Mademoiselle Mylady gefällt, dann freue ich mich, daß sie hier ist." „Hat Miß Strange Verwandte?" „Nur ihr Vater lebt noch." Renard stutzte. „Ihr Vater?" rief er. Es lag so etwas Bedeutsames in den: Ton, mit welchem er diese Worte sprach, daß Alexa zitterte. Konnte dieser Mann ihre Abstammung errathen? Hatte ihre Aehnlichkeit mit ihren Eltern Verdacht in ihm erweckt? „In es denn so etwas Besonderes, daß das Mädchen einen Vater hat?" fragte Felice lachend. „Wo wohnt ihr Vater, Felice?" forschte Renard weiter. „Wie neugierig Du bist, Pierre," sagte Felice. „Ich sehe, Mademoiselle hat Eindruck auf Dich gemacht." „Ich interessire mich für sie wegen ihre Aehnlichkeit mit den Herons. Sage mir, wo befindet sich ihr Vater?" „Er lebt in Griechenland, glaube ich. Er hat schon viele Jahre dort gewohnt, aber Miß Strange ist eine Engländerin in jeder Be ziehung. Es ist nach ihrem Aussehen darauf zu schließen, daß ihr Vater ans vornehmen Stande ist." Es trat ein längeres Schweigen ein. Der Wind wurde heftiger, das Toben des Meeres nahm zu. Die ersten Worte, welche Alexa wieder vernäh:::, betrafen einen anderen Gegenstand. „Arme Mylady!" seufzte Renard. „Ihr Loos ist sehr hart ge wesen. Mein» Du, daß sie Mylord heirathen wird, Felice?" „Gewiß; sie wird ihn heirathen. Sie sind sogar schon verlobt, glaube ich; aber dies sage ich Dir nur im Vertrauen." „Mylady ist sehr reich und sie hat kein Kind; sie ist eines Herzogs Tochter und eines Herzogs Schwester, und würde eine gute Partie selbst für Mylord sein. Wäre ihr Kind am Leben geblieben, würde Mylord heute ohne Ansehen und ohne Vermögen sein. Da gegen wäre das Kind jetzt Marquise von Montheron. Ja, ja," fügte er hinzu, nachdenklich den Kopf wiegend, „wenn Constanze noch lebte! Aber es blieb nicht am Leben!" „Gewiß nicht?" „Es ertrank im Mittelländischen Meer, wie ich hörte. Wir, Mylord und ich, waren zu jener Zeit in Nizza. Der kleinen Marquise Tod machte damals großes Aufsehen. Der kleine Leichnam wurde nach mehreren Tagen gefunden. Aber wie wurde noch festgestellt, daß es der Leichnam des Kindes mar?" „An den: Goldhaar und an den Merkmalen," erklärte Felice. „Die Kleider waren fast unerkennbar; das Gesicht war gänzlich un kenntlich. Aber es wnrde nirgends ein anderes Kind vermißt, und das gefundene mußte die kleine Marquise sein. Mylady erkannte sie, ebenso der Herzog, die Wärterin und ich." „Also konnte kein Zweifel sein. — Höre den Wind, Felice!" Es trat wieder ein kurzes Schweigen ein, dann sagte Renard: „Weißt Du, Felice, meßhalb ich heute Abend eigentlich hier her gekommen bin?" „Jedenfalls, um meine Bekanntschaft zu erneuern." „Wir habet: unsere Bekanntsmaft über achtzehn Jahre erhalten, Felice. Du hast Dich stets geweigert, Mylady zu verlassen; aber wenn sie nun Mylord heirathet, webhalb sollen wir uns nicht auch heirathen? Denke an die Besuche, die ich Dir während der acht zehn Jahre gemacht habe. Ich bin gekommen und gegangen, ohne daß Du mir eine sichere Hoffnung gemacht hättest, und doch habe icy mich nie um ein anderes Mädchen gekümmert. Wenn ich wollte," fügte er stolz hium, „könnte ich eine Dame heirathen." „Du Pierre! Es ist nicht schön, sich so zu brüsten." „Es ist die Wahrheit. Aber ich habe es vorqezogen, auf Dich zu warten. Doch länger will ich nicht warten; willst Du mich heirathen?" „Ich habe mein Auskommen," sagte Felice vorsichtig. „Mylady ist stets großmüthig gegen mich gewesen, so daß ich mir. ein hübsches Sümmchen erspart habe. Aber Du, Pierre, würdest es schon nach einem Jahre so weit gebracht haben, daß ich Mangel leiden müßte. Du gebrauchst viel Geld und ich kann nie einen Mann heirathen mit den Gewohnheiten eines Verschwenders und mit dem Einkommen eines Dieners. Das hat mir schon lange im Sinn gelegen, und nun hast Du die Wahrheit." Renard lachte. „Wenn Du mir früher diesen Grund Deines Zögerns gesagt hättest, würde ich :hn Dir schon längst aus dem Kopfe getrieben haben," erklärte er. „Geld habe ich genug, und habe es schon seit Jahren gehabt. Ich habe das Einkommen eines Gentlemans und