Volltext Seite (XML)
Erscheint oöchmtlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). AbonnementLpreiS beträgt vierteljährlich 1 Mark SV Pf. prwnuwsranäo. Zwönitz und^mgegend. Amtsblatt für den Stadtgcmeinderath zu Zwönitz. 124 Dienstag, den 22. Oktober 1878. 3. Jahrg. Inserat« werden bi« spätestens Mittags des vorhergehenden Tages deS Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf-, unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Anzeiger für Bekanntmachung. Die nach Gesetz vom 14. September 1868 zur Bildung der Geschwornenliste aufgestellte revidirte Urliste hiesiger Stadt liegt vom 15. bis mit 28. October d. I. in der Raths-Expedition öffentlich ans und sind Erinnerungen gegen dieselbe, sowie etwaige Gesuche um Befreiung von dem Amte eines Geschwornen unter Angabe der Gründe bei Verlust derselben innerhalb dieser Frist bei dem Unterzeichneten anzubringen. Zwönitz, am 12. October 1878. Der Äürgerinel^er. Schönherr. Tagesgeschichte. Berlin, 19. Okt. Der Reichstag nahm das ganze Sozialisten gesetz bei der Namensabstimmung mit 221 gegen 149 Stimmen an. Fürst Bismarck verliest darauf die kaiserliche Botschaft, wodurch der Fürst, zum Reichstagsschluß ermächtigt, seine Befriedigung über das Zustandekommen des Gesetzes auSdrückt. Die Landesregierungen seien entschlossen, mit den vom Gesetz gewährten Mitteln einen aufrichtigen Versuch zu machen, die herrschende Krankheit zu heilen; schwerlich werde dies freilich in dritthalb Jahren gelingen, doch hofft die Re gierung alsdann auf weiteres Entgegenkommen des Reichstags. Die Sitzung schließt mit einem dreimaligen Hoch auf den Kaiser. Berlin, l9. Oktbr. Die Erklärung des Fürsten Bismarck beim Schluß des Reichstages lautet: „Wenn Sie mir gestatten wollen, am Schluß der Sitzungen noch einige Worte zu Ihnen zu reden, so geschieht es vorzugsweise, um dem Gefühl der Befriedigung Ausdruck zu geben, mit welchem die verbündeten Negierungen die Thatsache entgegennehmen, daß die Meinungsverschiedenheiten, welche am An fänge unserer Sitzungen das Schicksal ihrer Vorlage im Ganzen oder doch in höchst wichtigen Theilen zu bedrohen schien, auf dem Wege gütlicher Verständigung der Betheiligte» Ihre Genehmigung gefunden haben, sodaß ich mich nach der heutigen Abstimmnng und vermöge der vertraulichen Besprechungen, welche wir im BundeSrath in de» letzten Tagen gehabt habe», in der Lage befinde, voraussehen zu können, daß der heutige Beschluß vom BundeSrath einstimmige Annahme finden werde. Ich will damit nicht sagen, daß alle verbündeten Re gierungen gleichmäßig davon überzeugt wären, daß das Gesetz, wie es sich in Ihren Hänoen befindet, vollständig ausreichen werde, um die Zwecke, die wir bei Einbringung des Gesetzes im Auge hatten, zu er reichen (Hört!), sondern nur, daß alle Negierungen entschlossen find, den aufrichiigen Versuch zu machen, mit den Mitteln, welche dieses Gesetz ihnen gewährt, die Krankheiten zn heilen, von denen das Ge meinwesen ergriffen ist. Sollte die Erfahrung den Beweis liefern, das dieses nicht in vollem ausreichendem Maße eintreten werde, so werden die verbündeten Negierungen in der Lage sein, sich wiederum vertrauensvoll an Ihre Unterstützung zu wenden, um dem nachzu helfen, was jetzt nach Ueberzeugung der Negierungen nicht ausreichen wird. Dies wird geschehen, sei es auf dem Wege der Reform unserer allgemeine» Gesetzgebung, was das Richtigste sein würde, sei es durch Vervollständigung deS von Ihnen soeben volirten Gesetzes. Letzteres wird voraussichtlich ohne Zweifel der Fall sein bezüglich der Zeit dauer, welche durch das Gesetz gegeben worden ist, denn Niemand unter uns kann sich der Hoffnung hingeben, daß die Heilung der Schäden, die wir hiermit beginnen, in drittehalb Jahren vollendet sein wird, die verbündeten Regierungen schöpfen aber aus dem Ver lauf dieser Sitzung die Zuversicht, daß ihnen auch, nachdem sie durch die loyale Ausführung des Gesetzes oas Vertrauen des Reichstages gerechtfertigt haben, die Hülfe, der Beistand und die Mitwirkung des Reichstages nicht fehlen wird. In diesem Vertrauen bleibt mir nur noch übrig, die formale Aufgabe, welche mir die allerhöchste Botschaft ertheilt, zu vollziehen. Ich erkläre im Namen der verbündeten Re gierungen und Sr. Majestät die Sitzungen für geschlossen." Offenbach a. M., 13. Oktbr. Das hiesige Organ der Sozial demokraten schreibt: „In der gestern stattgehabten Versammlung der hiesigen Mitglieder der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland« wurde die Auflösung der Mitgliedschaft beschlossen. Das riesige Vermögen wurde gethcilt." Paris, 18. Octbr. Die „Abendblätter" constatiren den un günstigen Eindruck, welchen die Ernennung des Grafen Beust zum österreichischen Botschafter in Paris auf die öffentliche Meinung in Deutschland gemacht hat. Die Blätter drucken die betr. Artikel der verschiedenen deutschen Journale ab, ohne aber bis jetzt irgend einen Kommentar daran zu knüpfen. Uokales und Sächsisches. — Laut dem fünften Verzeichniß der beim deutschen Reichstage eingegangenen Petitionen haben aus dem Königreich Sachsen pctitio- nirl der Bandmacher Philipp in Ohorn bei Pulsnitz um nochmalige Untersuchung eines Rechtsstreites, der Bergarbeiter Grimm in Meerane um Gewährung der nothwendigen Mittel zum Lebensunterhalte auf Grund des Haftpflichtgesetzes, eine größere Anzahl Vorschuß- und Kreditvereine, welche bitten, im Falle der Annahme des Sozialisten gesetzes dasselbe derart zu formuliren, daß dadurch die so wohlthätig wirkenden Schnlze-Delihsch'schen Genossenschaften nicht getroffen werden können. Dresden. Zur Feier des Geburtstages Sr. kais. Hoheit des Kronprinzen des deutschen Reiches durchzog am 18. die Reveille dec Militärmusik die Straßen der Residenz. Die Wachtmannschaften sind im Paradeanzug aufgezogen. — Der russische Gesandte in Dresden, Prinz Michael Gortschakoff, ältester Sohn des russischen Reichskanzlers, ist von einer Reise nach Berlin wieder auf seine» Posten zurückge kehrt. — Für den postalischen Verkehr mit Dresden ist zu beachten, daß die nach „Dresden-Neustadt" („Antonstadt, Alberstadt") gerich teten Postsendungen von den in Dresven-Neustadt befindlichen kaiser lichen Postämtern bestellt werden, so daß für diese Postsendungen in den meisten Fällen eine wesentliche Beschleunigung eintrilt, wenn dieselben von den Absendern neben dem Bestimmungsorte „Dresden" mit dem Vermerk „Neustadt bezw. Antonstadt, Albertstadt" versehen werden. Im Dresdener Neustädter Hoftheatrr trug sich dieser Tage hinter den Coulissen ein schreckenerregender Fall zu. Der Nonnenchor, der im dritten Akt des „Troubadur" zu singen hat, trat eben von der Bühne ab, als die Choristin Frau Stanislowna Nowitzky, die mitge sungen halte, mit einem leisen Schrei vom Schlage getroffen umsank. Sie wurde im Nonnenkostüm in eine Garderobe getragen, woselbst sie trotz sofortiger ärztlicher Hilfe starb, noch ehe ihr im Altstädtcr Theater als Maschinist angestellter Gatte herbeigekommen war. In diesem Augenblicke herrschte hinter den Coulissen arge Verwirrung, denn vier andere Choristinnen fielen bei dem Anblick ihrer entseelten Kollegin sofort in Ohnmacht. Ein interessantes „Vertheidiger-Turnier" wird aus Anlaß des in der nächsten Zeit vor dem königl. Schwurgerichtshofe zu Chemnitz zur öffentlichen Schlußverhandlung kommenden Falschmünzer-Monstre- Prozesses stattfinden. Nicht weniger als 31 Angeklagte beiderlei Ge schlechts sind in de» Anklagezustand versetzt, und hierzu sind gleichzeitig 19 Advokaten als Vertheidiger bestellt worben, zu denen außer Chemnitz auch Dresden, Leipzig, Annaberg, Mittweida und Frankenberg Con- tingente stellen. Bei dem kolossalen Umfange des Prozesses wird die Schlußverhandlung mindestens 8 Tage in Anspruch nehmen.